Protokoll der Sitzung vom 20.09.2017

Sie merken: Wir haben ein sehr offenes Ohr für dieses Programm und glauben immer noch, dass es gut und richtig ist. Wir glauben, dass die Landesregierung hier neue und gute Schwerpunkte einbaut. Deswegen werden wir dies positiv begleiten. - Vielen Dank.

(Beifall SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt SPD)

Zu einem Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Ralf Stegner das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte mich hier eigentlich nicht zu Wort melden, aber nach dem eindrucksvollen Beitrag der Kollegin Krämer, die die Finanzministerin für ihre Politik der letzten fünf Jahre harsch kritisiert hat, dort sei Geld gehortet worden, es sei planlos und alles falsch gewesen, möchte ich Sie ausdrücklich in Schutz nehmen, Frau Ministerin, wenn es Ihre eigene Fraktion schon nicht tut. Das war ein hervorragendes Programm, das Sie sehr gut administriert haben.

Politische Glaubwürdigkeit bedeutet übrigens, dass man bei Regierungswechseln das, was man vorher richtig gefunden hat, auch nachher richtig findet.

(Beifall SPD und SSW - Christopher Vogt [FDP]: Sie haben heute Morgen das Gegen- teil behauptet!)

Wenn Sie das tun, werden Sie auch immer unsere Anerkennung und Zustimmung finden. Immer dann, wenn Sie es nicht tun und Dinge, die Sie vorher kritisiert haben, anders machen, kriegen Sie unsere Kritik. Das ist politische Glaubwürdigkeit. Unglaubwürdig ist es hingegen, sich hier hinzustellen und etwas zu loben, was man vor ganz kurzer Zeit noch heftig kritisiert hat, und darüber hinaus noch so zu tun, als sei es etwas völlig anderes. Wir sind hier, zumindest weitgehend, unter Menschen, die verfolgt haben, was in der letzten Legislaturperiode gewesen ist.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Abschaffung des Soli durch Herrn Schulz!)

Deswegen noch einmal, Frau Ministerin: Sie setzen das, was wir vorher gemacht haben, fort. Das ist prima. Dafür haben Sie unsere Unterstützung. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf, Drucksache 19/142, sowie den Antrag, Drucksache 19/ 199, dem Finanzausschuss zu überweisen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist einstimmig. Dann ist das so beschlossen.

Die Parlamentarischen Geschäftsführer haben sich verständigt, den Tagesordnungspunkt 15 vor der Mittagspause zu beraten. Ich rufe Tagesordnungspunkt 15 auf:

Regulatorische Rahmenbedingungen für Sektorenkopplung und Energiespeicher anpassen

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/143

Speichertechnologien weiterentwickeln und Privilegierung im EEG erhalten

Alternativantrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/201

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete der CDU-Fraktion Andreas Hein.

(Lars Harms)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In diesem Antrag geht es um die Rahmenbedingungen, die notwendig sind, um unsere Energiewende erfolgreich voranzubringen und fit für die Zukunft zu machen. Es ist schon viel geschafft. Wir sind von den alten Energieträgern wie Kohle oder Atom auf zu den neuen.

(Martin Habersaat [SPD]: Gegen den Wider- stand der CDU!)

Dabei konnten sich die neuen Energieträger am Markt durchaus etablieren und zeigen täglich, gerade in Schleswig-Holstein, ihre Leistungsfähigkeit. Sie zeigen, dass sie bereits in der Lage sind, unsere Gesellschaft größtenteils mit Energie zu versorgen. Was wir jetzt allerdings brauchen, ist parallel zum Netzausbau der Ausbau von Speichern und Flexibilitäten. Nur so können wir unsere erneuerbaren Energien tatsächlich vollständig nutzen.

Es gibt bereits vielfältige Einsatzgebiete und Techniken, und es gibt viele Bedarfe zur Zwischenspeicherung von Strom. Mit Speichern lässt sich der Energieverbrauch an den Nutzungszeitraum oder Nutzungszeitpunkt anpassen.

Für die verschiedenen Bedarfe stehen unterschiedliche Speichertechnologien zur Verfügung: Kurzzeitspeicher wie Kondensatoren, Spulen oder Akkus, Mittelfristspeicher wie zum Beispiel Druckluftspeicher oder Pumpspeicherkraftwerke, die bereits heute im Megawatt- oder sogar im Gigawattbereich arbeiten. Auch für Langzeitspeicher existieren bereits unterschiedliche Technologien wie zum Beispiel Power-to-Gas oder Power-to-Liquids. Langzeitspeicher werden erst bei sehr hohen Anteilen an Strom der erneuerbaren Energien mit relevanten Überschüssen und Mangelsituationen benötigt.

Speicher sind damit bereits jetzt in der Lage, Großkraftwerke zeitweise zu ersetzen. Zu den effizientesten Speichern zählen Pumpspeicherwerke, die bereits seit Jahrzehnten im Einsatz sind.

Die elektrische Energie des Stroms kann aber auch auf chemische Energieträger übertragen werden, was sowohl eine spätere Rückverstromung als auch die Nutzung anderer Energiesektoren ermöglicht. Man nennt das Power-to-X. Der derzeit zukunftsfähigste chemische Energieträger scheint Wasserstoff zu sein. Er lässt sich vielfältig einsetzen, veredeln und speichern.

Die Speichertechnologien eignen sich aber auch zur Sektorenkopplung, also zur Überführung der Ener

gie in andere Nutzungszwecke außerhalb des Stromsystems. Damit erhalten wir die notwendigen Flexibilitäten für unser Stromsystem. Denn das Stromsystem der Zukunft muss flexibler werden. Warum muss es das? - Weil die Stromnachfrage beispielsweise von Großverbrauchern, die zeitlich verschoben wird, also auf Engpässe oder Überspeisung reagiert, zur Netzstabilität beiträgt. Auch der anstehende Netzausbau kann durch den Einsatz von Speichern und Flexibilitäten optimiert werden.

Große Speicherpotenziale sind sowohl in der Industrie als auch im Verkehrssektor vorhanden. Sie erhöhen die Dekarbonisierung und sind zentrales Mittel im Klimaschutz. Daher sind auch Forschung und Entwicklung inklusive der Demonstrationsvorhaben von großer Bedeutung. Auch hier sind die Potenziale noch längst nicht ausgeschöpft. Für eine effiziente Langzeitspeicherung sind jedoch signifikante Kostensenkungspotenziale erforderlich. Bessere Erlösmöglichkeiten bei den Speichern sind am Strommarkt kurzfristig aber eher nicht zu erwarten. Diese werden sich erst mit dem Abbau von Überkapazitäten verbessern.

Nun gibt es unterschiedliche Positionen zur Frage der Einordnung der Speicher im Energierecht. Abweichend von der jetzigen Rechtslage vertreten wir die Auffassung, dass Stromspeicher, die netzdienlich sind, keine Letztverbraucher sind. Daher sind die entsprechenden Rahmenbedingungen und Regeln für Speicher, aber auch zur Sektorenkopplung von zentraler Bedeutung. Somit sind sie von Letztverbraucherabgaben und Steuern zu befreien und Regelungen an die Marktentwicklung anzupassen.

Ich bitte um Zustimmung zu diesem Antrag.

(Beifall CDU und FDP)

Herr Abgeordneter Hein, ich danke Ihnen für Ihre erste Rede im Schleswig-Holsteinischen Landtag.

(Beifall)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Thomas Hölck das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag der Regierungskoalition hat die Koalition erfolgreich aus ihrem Koalitionsvertrag abgeschrieben. Auch das ist eine Leistung. In der Sache ist der Antrag nicht unbedingt falsch, allerdings ist er zu kurz gedacht.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Herr Kollege, es stellt sich zum Beispiel die Frage, warum nur Pumpspeicherkraftwerke von den Netzentgelten befreit werden sollen. Kommt es den Antragstellern auf die Umsetzung ihrer Forderung an, oder kann sich diese Koalition nicht auf mehr verständigen? Wenn Sie es mit Ihrer Forderung wirklich ernst meinen, dürfen Sie sich nicht auf einen Energiespeicher festlegen. Die Forderung zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit von Stromspeichern muss doch technologieoffen gestellt werden. Oder wollen Sie andere Speichermöglichkeiten schlechterstellen?

Tatsache ist: Speicher sind für die Optimierung des Energiesystems auf verschiedene Art und Weise zur Verbesserung der volkswirtschaftlichen Bilanz der Energiewende notwendig. Zurzeit werden Energiespeicher als Erzeuger oder Letztverbraucher im Stromsektor definiert. Damit werden sie ihrer Funktion nicht gerecht. Es fallen Steuern und Abgaben bei der Stromeinspeisung an, obwohl überhaupt kein Strom verbraucht wird. Nach dem Stromabfluss werden erneut Steuern und Abgaben für den Endverbraucher fällig, obwohl kein Strom produziert wurde. Diese Doppelbelastung darf nicht erhalten bleiben. Insofern sind wir uns bei diesem Antrag einig.

Sehr verehrte Damen und Herren, die Energiewende hat sich in den vergangenen Jahren in der Regel im Strombereich abgespielt. Wir müssen sie jetzt in den Wärme- und Mobilitätsektor tragen. Deshalb nimmt die Sektorenkopplung einen immer wichtigeren Stellenwert ein und ist bei der Verzahnung der Bereiche Wärme, Mobilität und Strom unerlässlich.

(Beifall SPD)

Nur so kann die notwendige Flexibilität im Bereich der erneuerbaren Energien gewährleistet werden. Es ist richtig: Wir haben derzeit noch genügend Flexibilität im System. Das wird sich mit dem erfolgreichen Netzausbau schnell ändern. Das heißt, wir brauchen mehr erneuerbare Energien, damit wir folgerichtig auch mehr systemische Aufgaben übernehmen können.

Sehr verehrte Damen und Herren, Onshore ist derzeit die wichtigste Erzeugerform von erneuerbaren Energien. In Schleswig-Holstein sind 12.000 Arbeitsplätze von Onshore abhängig. Wenn man sich die Diskussion auf der Messe HUSUM Wind anschaut: Die Hersteller von Windkraftanlagen sind unter Druck, sie befinden sich in der Krise. Hunderte von Arbeitsplätzen sind in Schleswig-Holstein in

Gefahr. Es ist den Firmen und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht damit geholfen, dass die Koalitionsregierung den Planungsprozess für Vorrangflächen weiter verzögert. Wir brauchen Planungssicherheit für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und für die Branche.

(Beifall SPD und SSW)

Sonst werden die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Unternehmen Verlierer der Wahlversprechen von CDU und FDP.

Richtig ist, dass die Ausschreibung von Windparks in der aktuellen Form für die Branche ebenfalls nicht hilfreich ist und den Firmen zu schaffen macht. Einige Projekte, die einen Zuschlag erhalten haben, dienen offenbar zur Spekulation und werden wahrscheinlich nie realisiert. Leider verfallen dann diese Kontingente und stehen der Industrie nicht mehr zur Verfügung. Es bedarf der Überarbeitung der Rahmenbedingungen für die Ausschreibungen.

Es ist aber auch dringend notwendig, dass wir ausreichend erneuerbare Energien haben, und es ist dringend notwendig, dass das EEG, wie es zurzeit gilt, im Grundsatz erhalten bleibt. Wenn sich der interessierte Abgeordnete mit dem Bundestagswahlprogramm der FDP beschäftigt, schaudert ihm. Darin steht:

„Deshalb wollen wir das Dauersubventionssystem des EEG mit Einspeisevorrang und -vergütung beenden.“

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ja, das wollen wir!)