Die Formulierung „sich an einem eventuellen Pilotprojekt zu beteiligen“ gleicht doch fast einem Begräbnis. Warum fordern Sie, liebe Damen und Herren von Jamaika, nicht ganz klar die schnellstmögliche Einführung einer ampelfarbenen Nährwertkennzeichnung wie den Nutri-Score?
Lassen Sie uns darüber in den Ausschüssen beraten. Wir beantragen die Überweisung aller drei Anträge sowohl in den Wirtschafts- als auch in den Umweltausschuss. - Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Ernährungsbedingte Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Adipositas, Diabetes, Bluthochdruck und andere sind in Deutschland vor Krebserkrankungen die häufigste Todesursache. Die Ursachen dafür sind vielfältig: Menschen bewegen sich weniger und achten weniger auf die Zusammensetzung ihrer Mahlzeiten, Stress im Alltag führt zu ungesunderem Essverhalten, und vor allem sind ungesunde Speisen oftmals verlockender und leider übrigens auch viel zu günstig im Vergleich zu gesunden Alternativen.
Ich darf auf den Kollegen Kumbartzky zurückkommen: Gerade wir hier sind eine besonders gefährdete Risikogruppe.
Vor allem wissen die Menschen oft nicht, was sie eigentlich konsumieren und welche Nährwertqualität die Speisen haben. Das muss sich ändern. Darüber sind wir uns ja alle einig. Denn wer liest schon
Wir brauchen eine deutliche, auf einen Blick zu verstehende Kennzeichnung. Hier sind wir als Politik dringend in der Verantwortung, zu einer Verbesserung für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu kommen.
Das fordern wir als Grüne seit Langem. Wirksam kann das nur sein, wenn Produkte nach demselben, also nach einem einheitlichen System gekennzeichnet werden. Auch darüber sind wir uns einig. Wirksam kann das zudem nur sein, wenn auch alle Produkte gekennzeichnet werden; denn sonst gibt es keine Vergleichbarkeit.
Gute Beispiele für eine klar verständliche und einheitliche Nährwertkennzeichnung gibt es schon in der Praxis. Auch das ist heute deutlich geworden. Es ist auch kein Geheimnis, dass der Nutri-Score ein europäisches Erfolgsmodell ist. Frankreich, Spanien und Belgien haben ihn bereits erfolgreich implementiert. Selbst in Deutschland gibt es erste Unternehmen, die ihn freiwillig verwenden. Das zeigt übrigens, dass ein vernünftiges und klar verständliches Kennzeichnungssystem nicht nur den Verbraucherinnen und Verbrauchern hilft, sondern auch für die Unternehmen, die gesunde Lebensmittel herstellen, eine echte Werbung sein kann.
Wir reden ja immer über Anreize statt Verbote. Ich finde, das ist einmal ein richtig gutes Beispiel dafür: ein Gebot, das einen Anreiz inkludiert: Produziere gesund, und die Menschen werden deine Lebensmittel kaufen!
Genau bei der Freiwilligkeit setzt aber auch das Problem an. Das ist heute schon deutlich geworden. Dadurch dass wir aktuell kein vernünftiges, einheitliches System haben, diversifiziert sich die Lage am Markt, und die Verbraucherinnen und Verbraucher laufen Gefahr, wieder einem Kennzeichnungsdschungel entgegenzusehen. Das wollen wir nicht, und deshalb fordern wir auch als Jamaika-Koalition eine einheitliche Kennzeichnung.
Auch beim Zeithorizont sind wir als Koalition ambitionierter, werte Kolleginnen und Kollegen. Wir denken, dass man sich durchaus bis zum Ende des Jahres für ein Modell entscheiden und die Imple
Die Modelle sind bekannt und liegen auf dem Tisch. Welches Modell dabei das logisch beste wäre, hat die Forsa-Umfrage im letzten Monat eindrucksvoll bewiesen. Das ist eindeutig und klar. Das unterstützen wir als Grüne. Wir müssen allerdings auch anerkennen, dass das Bundesernährungsministerium eine weitere Studie auf den Weg gebracht hat. Ich finde, zur finalen Entscheidung kann man diese auch noch heranziehen. Also warten wir die Ergebnisse ab. Ich bin sehr optimistisch bezüglich dessen, was dabei herauskommen wird. Schon jetzt ist klar: Wenn sich Frau Klöckner dann noch für das Modell des Max Rubner-Instituts entscheidet, zeigt das einfach nur, dass sie sich von den Verbraucherinnen und Verbrauchern sehr weit entfernt hat.
Gleichzeitig wollen wir aber auch unserer Verbraucherschutzministerin den Rücken stärken und ihr die Option bieten, sich in der Verbraucherschutzministerkonferenz für das sich in der Studie als am besten geeignet ergebende Modell einzusetzen. Deshalb die Offenheit in unserem Antrag. Zur Debatte stehen nämlich insgesamt vier Modelle.
Zentral ist - ich habe es betont -, dass wir zügig zu einer einheitlichen Nährwertkennzeichnung kommen, die von einer breiten Mehrheit getragen wird. Da bringt es nichts, wenn wir uns damit jetzt noch in die Ausschüsse begeben. Ich meine, dazu können wir uns heute schon positionieren. Ich hoffe, dass wir in diesem Sinne von der Landesebene noch einmal ein deutliches Signal nach Berlin senden und zügig zu einer einheitlichen Kennzeichnung kommen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Sie würden sich wahrscheinlich sehr wundern, wenn ich jetzt als Freier Demokrat nicht als ersten Satz sagte: Wir stehen für den mündigen Verbraucher, der seine eigenen Entscheidungen trifft.
- Ja, ihr dürft gerne applaudieren. - Um eigene Entscheidungen zu treffen, bedarf es aber auch der Informationen, bedarf es der verständlichen Informationen. Aus diesem Grunde stehe ich mit großer Sympathie der Idee gegenüber - Frau Metzner hat mich korrekt zitiert -, eine einheitliche, eine zügige, eine klar erkennbare Kennzeichnung von Lebensmitteln einzuführen. Das muss auch schnell sein; denn der mündige Verbraucher soll diese Informationen dann auch irgendwann einmal verwenden können.
Aber die Debatte, wie sie heute lief, greift für mich persönlich viel zu kurz. Was nutzt es uns, was nutzt es Ihnen, wenn Sie die Nährwerte eines einzigen Lebensmittels wissen oder eine pauschale Einstufung kennen, aber als Verbraucher nicht beurteilen können, wie es sich genau zusammensetzt?
Jeder von uns hat unterschiedliche Ernährungsgewohnheiten, unterschiedliche Geschmäcker, hat vielleicht Allergien, muss vielleicht darauf achten, dass ein Produkt kein Milcheiweiß enthält. Jeder von uns hat andere Bedürfnisse. Der Sportler, der Langstreckenläufer braucht etwas ganz anders als wir Abgeordnete, die wir hier nur herumsitzen und nichts tun - oder wenig tun, vom Kollegen Bornhöft einmal abgesehen.
Genau dort liegt doch das Problem. Wenn ich heute gute, eigene Entscheidungen treffen soll, muss ich meinen Lebensstil, meine persönlichen Vorlieben berücksichtigen. Das führt dazu, dass ich eigentlich einen privaten, persönlichen Ernährungsberater brauche.
Das genau ist der Gedanke, bei dem ich Sie mitnehmen möchte. Eine simple und eindimensionale Nährwertampel mag für ein durchschnittliches Individuum ausreichen, aber wir sind kein statistisches Mittel. Wir ernähren uns unterschiedlich.
Lassen Sie uns einmal kurz darüber nachdenken, wie eine moderne, zukunftsorientierte Nährwertkennzeichnung zusätzlich aussehen könnte.
- Gut, wunderbar. - Klären wir also bitte noch zusätzlich, dass die Menschen eigentlich einen echten Nutzen davon hätten, wenn sie Nährstoffinformationen nicht nur über ein einzelnes Produkt, sondern
über ihre gesamte Ernährung hätten und wenn sie diese zu einer persönlichen Nährwertauswertung oder zu ihrer persönlichen Ernährungsempfehlung nicht für ein Produkt, sondern für alles, was sie essen - zusammenführen könnten. Ein kleiner Löffel Nutella ist nicht schlimm.
Meine Idee, mein Ansatz, das, wofür ich werben möchte, ist, dass wir zusätzlich zu einer farblich abgestuften klaren Kennzeichnung am Produkt die Nährwertangaben als Open Data, beispielsweise über einen QR-Code, zur Verfügung stellen, sodass wir damit eine Basis haben, Nährwertangaben etwa in eine Smartphone-App einzulesen, und dies auch über mehrere, unterschiedlichste Produkte, um sie Sie kaufen ja nicht nur einen Joghurt, Sie kaufen Joghurt und andere Produkte, unterschiedlichste Produkte - in ein eigenes Ernährungsportfolio mit hineinzunehmen.
Das wäre ein Ansatz, wie Sie über eine reine Farbformel hinaus weiterarbeiten könnten. Das wäre eine moderne Nährwertkennzeichnung.
Meine Damen und Herren, es wäre noch viel mehr. Gerade gestern ist das diesjährige viel beachtete Ranking der leistungsfähigsten Digitalökonomien der Welt erschienen. Deutschland belegt hier einen ernüchternden 17. Platz. Besonders kritisiert wurde übrigens die Unfähigkeit, digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln. Die Bereitstellung von öffentlich zugänglichen Daten ist also auch ein Schlüssel zur Weiterentwicklung digitaler Ideen.
Mit dieser Fantasie müssen wir einmal loslaufen und dies auch in Berlin noch ein wenig nachschärfen. Damit geht die Forderung weiter als das, was Bundesernährungsministerin Julia Klöckner gerade erforscht, nämlich eine App, die Nahrungsmittel lediglich anhand der Nutri-Score-Ampel vergleicht. Das ist sinnlos und eine Verschwendung von Ressourcen.
Es gibt aber noch zwei weitere Punkte, die mir sehr wichtig sind. Erstens. Keine Nährwertampel dieser Welt, ganz gleich ob digital oder analog, unterstützt bewusste Konsumentenentscheidungen, wenn der Konsument ihre Bedeutung nicht versteht. Bildung und Information zur gesunden Ernährung sind daher die Grundlage dafür, Nährwerte überhaupt sinnvoll interpretieren und damit bewusste Entscheidungen treffen zu können.
Zweitens. Für mich klingt es wie ein Treppenwitz, dass wir zwar in 26 Staaten des Schengenraums grenzenlos reisen und in 19 Staaten mit dem Euro grenzenlos zahlen können, dass wir aber dann darüber diskutieren, ob wir vielleicht eine rein deutsche, eine rein nationale Lösung für eine Nährstoffampel einführen wollen. Es ist nur logisch, dass eine innovative, zukunftsgerichtete Lösung möglichst europaweit eingeführt werden sollte. Ich glaube, mit der eben dargestellten Idee haben wir auch einen Ansatz, Europa dafür zu begeistern und deutlich zu machen, dass wir hier etwas Innovatives hineinbringen, dass wir einen Mehrwert generieren können, der über eine reine Ampel, die auch wichtig ist, über eine reine farbliche Nährwertbewertung hinausgeht.