Protokoll der Sitzung vom 13.11.2019

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Ich habe übrigens hinzugefügt: „auf Dauer nicht überlebensfähig“, weil die demografische Entwicklung bei den privaten Krankenversicherungen in

(Dr. Ralf Stegner)

zwischen so ist, dass sie auf Dauer - das bestreitet auch kaum jemand -

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

- Machen Sie sich einmal die Mühe und lesen Sie Dinge nach! Aber ich will es Ihnen einfacher machen: Völlig unbeschadet der Frage, was man volkswirtschaftlich beobachten kann - gar keine Schwierigkeit, das zu analysieren -, ist es so, dass die Sozialdemokratie in diesem Haus, ich glaube, auch der SSW und erhebliche Teile der Grünen finden, dass die Bürgerversicherung das bessere Modell ist, volkswirtschaftlich und sozial gerechter.

(Beifall SPD, Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])

Wir werden Sie irgendwann einführen, wenn wir die Mehrheiten dafür haben. Verlassen Sei sich darauf! - Vielen Dank.

(Beifall SPD - Zuruf: Weg ist er! - Heiterkeit)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Tobias Koch.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde gern zwei Aussagen des Kollegen Dr. Stegner richtigstellen, die so, wie sie hier vorgetragen wurden, unzutreffend sind. Sie hatten zum einen ausgeführt, dass die Beschäftigten auf die Besoldungsstrukturverbesserung von 1 % in den vier Stufen 2021 bis 2024 aufgrund des Tarifabschlusses einen Anspruch hätten. Das ist falsch. Der Anspruch der Beschäftigten bezieht sich auf die 12 Millionen €, die wir für die Verbesserung der Einstiegsbesoldung verwenden. Das Paket ist aus dem Tarifvertrag. Das wollen Sie oder will der Beamtenbund ja gerade für die 1.000-€-Zahlung einsetzen. Das, was wir darüber hinaus tun - die 1 % -, machen wir freiwillig als ersten Schritt für das Weihnachtsgeld. Das hat nichts mit dem Tarifabschluss zu tun. Das ist die erste Feststellung.

Die zweite Feststellung: Sie haben gerade argumentiert, gegen die private Krankenversicherung spräche, dass noch nicht einmal die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der privaten Krankenversicherung bei dieser versichert seien. Das können sie auch gar nicht sein, weil ihnen das untersagt ist. Sie erreichen mit ihren Gehältern die Beitragsbemessungsgrenze nicht, die dafür erforderlich ist. Deswegen dürfen sie sich nicht privat versichern lassen. Wenn man hier über Wahlfreiheit spricht, könnten

wir umgekehrt auch sagen: Wir führen die Wahlfreiheit für alle Beschäftigten ein,

(Beifall FDP - Annabell Krämer [FDP]: Bra- vo! - Dennys Bornhöft [FDP]: Na endlich!)

damit jeder Mensch die Chance hat, sich privat zu versichern. Das verhindern Sie, indem Sie die Beitragsbemessungsgrenze immer weiter nach oben setzen.

Kommen Sie also nicht mit solchen Vergleichen, und tun Sie nicht so, als ob etwas gegen die private Krankenversicherung spräche, weil Menschen, die sich dort nicht versichern dürfen, dort nicht versichert sind. Das ist einfach dummes Zeug, was Sie hier erzählen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, FDP und Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das Wort für die Landesregierung hat der Ministerpräsident Daniel Günther.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Wenn man eine leistungsfähige Verwaltung haben will, geht das nur mit hochmotivierten Beschäftigten. Angesichts der Debatte darf man auch einmal darauf verweisen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst eine hervorragende Arbeit leisten und wir stolz auf die große Expertise sind, die Angestellte und Beamte haben, und sie allerhöchste Wertschätzung verdient haben. Das will ich einfach einmal an den Beginn meiner Rede stellen, weil es mir wichtig ist, dieses Zeichen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes zu senden.

(Beifall)

Dafür müssen wir auch etwas tun.

(Beifall Beate Raudies [SPD] und Lars Harms [SSW])

Beamte haben ein besonderes Treueverhältnis, verpflichten sich auf Lebenszeit, und wir haben eine Verantwortung und Fürsorgepflicht. Da sind wir uns alle einig.

Mit Blick auf die Debatte, die hier stattfindet, muss ich sagen: Wir haben in Oppositionszeiten selten kritisiert, dass zwischen 2012 und 2017 nichts gemacht worden ist. Jetzt die Heldengeschichte aufzubauen, dass Herr Dr. Stegner gegen seine Koalitionspartner seit Jahren erfolglos versucht habe, et

(Dr. Ralf Stegner)

was für die Beamtinnen und Beamten in SchleswigHolstein zu tun, fand ich schon ein bisschen grotesk, wenn ich das einmal so sagen darf. Sich aber dann auch noch darauf zu versteifen und sich, da wir gemeinsam etwas vorgelegt haben, allen Ernstes hinzustellen und im Landtag von „nichts“ zu sprechen, wenn man fünf Jahre lang selbst nichts gemacht hat, das finde ich schon unverfroren.

(Beifall CDU, FDP und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie hätten die Chance gehabt. Mit den gleichen Reden, mit denen Sie sich heute dafür einsetzen, dass das passiert, hätten Sie sich im Landtag in der Zeit Ihrer Verantwortung dafür einsetzen können. Das wäre ein Stück glaubwürdiger gewesen.

Ich will ausdrücklich sagen, dass ich die Verhandlungen und Gespräche, die ich in der Vergangenheit mit den Gewerkschaften geführt habe, als außerordentlich angenehm empfunden habe. Die sind fair in die Verhandlungen hineingegangen. Manches, das in der Öffentlichkeit so dargestellt wird, fällt auf einen selbst zurück. Ich würde es fair finden, wenn auch ich einmal auf so einem Plakat drauf wäre und nicht nur die Frau Finanzministerin, weil es eine gemeinsame Verantwortung ist, die wir miteinander tragen.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Wenn man mit traurigen Kinderaugen in kalten Jahreszeiten Stimmung macht, weil die Beamtinnen und Beamte in Schleswig-Holstein ihren Kindern nun seit mehr als einem Jahrzehnt keine Weihnachtsgeschenke mehr geben dürften, muss ich bei aller Sympathie sagen, dass die Außenwirkung problematisch ist. Angesichts des Umstands, dass alle Beamtinnen und Beamte in Schleswig-Holstein für jedes Kind ohne Unterbrechung 400 € bekommen haben, finde ich eine solche Öffentlichkeitsarbeit unanständig.

(Lebhafter Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Dies passt im Übrigen überhaupt nicht dazu, wie wir uns miteinander auseinandersetzen. Die Demonstration, die in der letzten Sitzungswoche vor dem Landeshaus stattgefunden hat, fand ich geschmackvoll. Da gab es auch keine überzogenen Erwartungen an uns. Daher glaube ich, dass es klug ist, mit den Gewerkschaften noch einmal darüber zu sprechen, welcher Weg der richtige ist. So weitgehend - das ist richtig dargestellt worden - sind die finanziellen Forderungen an dieser Stelle nicht.

(Beifall Lars Harms [SSW])

Ich sage aber auch: Erstens darf man als Opposition nicht negieren - manches haben Sie auch mitgetragen -, dass wir in dieser Legislaturperiode bereits vieles für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemacht haben: Ergebnisse des Tarifabschlusses 2019 bis 2021 eins zu eins übernommen, die Anwärterbezüge gesondert erhöht, Aufstockung der Einstiegsämter. Sie kritisieren, dass das zu langsam sei. Beim Grundschullehramt haben Sie in Ihrer Verantwortungszeit nichts gemacht. Wir machen es mit Zulagen,

(Beifall CDU und FDP)

Erschwerniszulage, Jubiläumszulage. Wir haben immer über Arbeitsverdichtung gesprochen. Man muss berücksichtigen, dass wir ganz viele neue Stellen geschaffen haben, im Bereich Justiz, Polizei, teilweise in der Finanzverwaltung, in den Schulen. Das bedeutet Wertschätzung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ist ein Zeichen, das wir gemeinsam gesetzt haben.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Wir haben im Übrigen einen Vorschlag zur Verbesserung der Besoldungsstruktur vorgelegt. Das ist nicht nichts. Neben den Einstiegsgehältern sind dies noch einmal 1 % mehr Gehalt, zusammengenommen 47 Millionen €. Auch das ist ein Zeichen der Wertschätzung.

Herr Kollege Harms, ich fände es nicht klug, Ihren Antrag heute zu beschließen. Ehrlich gesagt wäre es nicht so schlimm, wenn wir heute gar keinen Beschluss fassen. Ein Beschluss würde nämlich die Gespräche nicht verbessern. Eines sage ich Ihnen in aller Offenheit: Wir sprechen mit den Vertreterinnen und Vertretern der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wenn wir umsetzen würden, was Sie vorschlagen, wäre das mitnichten das, was die von uns erwarten. 1.000 € für alle Beamtinnen und Beamte und sonst nichts führt zu den Verwerfungen, die dargestellt worden sind.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: So ist es!)

Herr Kollege Dr. Stegner hat darauf verwiesen, dass er damals darauf hingewirkt habe, dass wir es sozial ausgewogen gemacht haben, indem wir bis A 10 weiterhin 660 € bezahlt haben. Jetzt draußen zu erklären, dass wir stattdessen das Modell haben, alle ab A 11 bekommen 1.000 € und alle bis A 10 bekommen nur 340 €: Ich glaube, das bekommen wir alle gemeinsam nicht erklärt. Deswegen habe ich

(Ministerpräsident Daniel Günther)

das Gefühl, dass viele jetzt erkennen, dass unsere 1%-Regelung viel mehr Sicherheit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeutet,

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

weil wir dann eben nicht mehr über Sonderzulagen reden. Das ist ruhegehaltsfähig und wird dynamisiert. Wenn es weitere Besoldungssteigerungen gibt, wird es auch in dem Bereich mehr Geld geben. Wenn man das alles mit hineinrechnet, ist der vorliegende Vorschlag viel besser als das, was der Beamtenbund selbst von uns fordert.

Geben Sie uns deshalb die Chance, noch einmal mit den Gewerkschaften zu sprechen, ob nicht unser Weg der klügste ist und man einen gemeinsamen Blick darauf entwickeln kann! Wir würden dies auf jeden Fall gern versuchen. Ihr Antrag würde uns dabei überhaupt nicht weiterhelfen. Ich bitte Sie daher, dass wir gemeinsam versuchen, einen klugen Weg zu suchen, der allen Beamtinnen und Beamten in Schleswig-Holstein eine vernünftige Perspektive bietet.

(Anhaltender Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Lars Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, mit Freude habe ich vernommen, dass Sie das Gespräch mit den Beamten nicht nur führen, sondern auch weiterhin suchen wollen. Ich kann nachvollziehen, dass ein merkwürdiges Signal ausgehen würde, wenn wir heute über den Antrag abstimmen und Sie ihn ablehnen würden. Deswegen beantrage ich hier ganz formell, den Antrag in den Ausschuss zu überweisen.

(Zurufe CDU und FDP: Zurückziehen!)