Protokoll der Sitzung vom 13.11.2019

Dabei legen Sie den Finger durchaus zu Recht in die Wunde. Fehlbelegungen von 30 bis über 40 %, je nach Erhebung, zeigen ganz deutliche Fehlallokationen von Fördergeldern. Geförderte Wohnungen stehen also in Größenordnungen nicht denjenigen zur Verfügung, die sie am dringendsten benötigen.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Durch Ihre Fehlbelegungsabgabe gibt es kurzfristig keine einzige neue Wohnung auf dem Markt. Legen wir also Ihren untauglichen Versuch einmal beiseite, und gehen wir das Problem etwas grundsätzlicher an:

Der wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat das Thema soziale Wohnungspolitik im Jahr 2018 ausgiebig beraten und dazu ein erhellendes Gutachten vorgelegt.

Der Grundtenor ist: Es gibt heute ein Bündel an Maßnahmen, vom sozialen Wohnungsbau über Wohngeld bis hin zur sogenannten Mietpreisbremse, deren Wirksamkeit - höflich ausgedrückt - zu wünschen übrig lässt. Das Gutachten fordert die Politik auf, unwirksame oder kontraproduktive Maßnahmen zu beenden, planwirtschaftliche Eingriffe in den Wohnungsmarkt abzuschaffen und den sozialen Wohnungsbau zurückzufahren.

(Beifall Dr. Frank Brodehl [AfD])

Als Grund wurde unter anderem die Fehlleitung von Subventionen angegeben, also durchaus genau das Problem, das Sie hier angehen wollen. Ihren Lösungsvorschlag sieht das Gutachten - wenn überhaupt - nur als sehr schlechte Alternativlösung an.

Tatsächlich sieht die Lösung und auch die Empfehlung des Beirats anders aus, und zwar: alle Maßnahmen Stück für Stück zurückfahren, das Dickicht an Fördermaßnahmen durchschlagen und durch ein neues Wohngeld ersetzen. Damit erübrigt sich nämlich dann das Problem der Fehlbelegung. Damit ließen sich der Verwaltungsaufwand reduzieren und Bürokratie abbauen, meine Damen und Herren. Darüber hinaus ist die Erzählung vom bezahlbaren Wohnraum eine Nebelkerze. In vielen begehrten Regionen geht es schlicht darum, überhaupt ein angemessenes Wohnraumangebot zu haben.

(Beifall AfD)

Genau deshalb müssen die Bedingungen für Bauherren weiter verbessert werden. Von einer Absenkung der Grunderwerbsteuer - wir haben diese immer wieder gefordert - bis hin zu weniger ideologischen Dämmvorschriften; Bauen muss wieder günstiger werden, sonst wird Wohnen immer teurer.

Die Preise können Sie jetzt in qualifizierten Mietspiegeln festlegen lassen, und das auch aus der Landeskasse bezahlen, wie es jetzt die SPD beantragt. Eine Notwendigkeit für flächendeckende qualifizierte Mietpreisspiegel sehen wir jedoch nicht. Dort, wo die Kommunen diese für sinnvoll halten, dort sollen sie dies gern machen und es selbst bezahlen, aber nicht, weil gerade ein Fördertopf daherkommt. Bitte vergessen Sie nicht, dass ein Mietspiegel auch gepflegt werden muss. Das bedeutet dauerhafte Arbeit. Da muss dann wieder eine Planstelle geschaffen werden, aber das kennen wir bereits: Ganz egal, was die Genossen Sozialdemokraten so beantragen, am Ende muss mindestens immer eine Planstelle dabei herauskommen.

Statt am Bürokratieüberbietungswettbewerb von SPD und SSW teilzunehmen, stehen wir für eine

(Jan Marcus Rossa)

zielorientierte Diskussion, und diese führen wir gern anhand Ihrer Vorschläge auch im Ausschuss. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration, HansJoachim Grote.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass das Thema Schaffung von Wohnraum in diesem Haus ein Dauerthema ist, ist, glaube ich, selbsterklärend. Ich sehe den Antrag des SSW durchaus als Beitrag dafür an, dieses Thema aufzugreifen und zu sagen, welche Möglichkeiten wir haben. Das ist zum einen die Frage, welche Zielgruppen wir im Wohnraum und in der Wohnraumförderung erwähnen, und es ist zum anderen die Frage der Fehlbelegung. Ganz ehrlich, Herr Harms, zu Beidem muss ich sagen: Ich halte das nicht für den richtigen Weg.

Zum Ersten geht es um die Frage der Zielgruppen und darum, dass nach Ihrer Auffassung explizit Wohnungslose, Studierende und Auszubildende genannt und aufgenommen werden sollen. Die damalige Regierung hat im Jahre 2016 bewusst eine allgemeine Umschreibung der Gruppe vorgenommen, nämlich „Personen in sozialen Notlagen“. Damit war der Begriff schon umfassend umschrieben, insbesondere deshalb, wenn man das heute einmal nachliest, weil die aktuelle Unterbringung von Flüchtlingen ein Thema war. Wenn Sie in die Förderrichtlinien von heute hineinschauen, dann ist das ein sehr komplexer Bereich an Förderungen. Der betrifft inzwischen genauso auch die Förderung von Frauenhäusern und inklusiven Wohnprojekten, konkret das Projekt der Hempel-Stiftung.

Wir haben gerade auch im Bereich des studentischen Wohnens und im Bereich des erleichterten Bauens für kostengünstige Varianten die unterschiedlichsten Ausdifferenzierungen. Insofern halte ich die explizite Erwähnung dieser Gruppe eher für eine Eingrenzung des im Jahre 2016 gefassten globalen Begriffes. Aber darüber wird man im Ausschuss sicherlich diskutieren.

Nun zur Frage der Fehlbelegungsabgabe. Diese ist im Jahre 2004 von diesem Haus abgeschafft worden, weil die zu erzielenden Einnahmen durch den Verwaltungsaufwand - den man ja auch sehen muss,

nämlich fast 50.000 Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümer anzuschreiben, um von ihnen, das wird schon das erste rechtliche Problem sein, eine belastbare Einkommensbescheinigung zu bekommen, um dann zu prüfen, ob sie berechtigt sind oder nicht - bis zum Jahre 2004 mit weit über 50 % belegt waren, sodass man dieses mit Ausnahme von Hessen bundesweit nicht mehr hat. Und auch das Land Hessen hat dies nur noch auf freiwilliger Basis.

Wir dürfen bei aller auch gestaltenden Bedeutung nicht die Frage aus dem Auge verlieren: Was kostet das an Aufwand? Was schaffen wir an neuer Bürokratie? Aber auch darüber werden Sie im Ausschuss sicherlich noch miteinander diskutieren.

Den Antrag der SPD dagegen halte ich für einen richtigen Weg. Dieser Antrag fordert nämlich dazu auf, sich mit der Frage zu beschäftigen, vergleichbare Mieten in Schleswig-Holstein zu erreichen. Wir haben es gehört: Es gibt bislang nur vier Städte, die überhaupt einen qualifizierten Mietspiegel haben. Aber - und hier bin ich auch bei Herrn Rossa - wir müssen gucken, welches das richtige Instrument ist.

Allerdings keinen Mietspiegel zu machen, wie wir es schon einmal gehört haben, um zu verhindern, dass auch Mieten nach oben gesetzt werden, meine Damen und Herren, das ist ein bisschen Vogel Strauß: Wenn ich es nicht sehe, ist es auch nicht da. Diese Entwicklung sehe ich also nicht.

Der qualifizierte Mietspiegel - das hat die Rechtssituation gezeigt - ist natürlich gerade bei Streitfällen ein besser belegbarer Baustein als nur ein Mietenvergleich oder Sonstiges. Insofern habe ich den Vorschlag gesehen, eine Förderung zu erreichen, wenn es diesen qualifizierten Mietspiegel, diesen für die Kommunen sehr teuren Weg gibt und diesen möglicherweise auch seitens des Landes zu unterstützen. Ich finde, es ist eine kommunale Selbstverwaltungsaufgabe. Insofern sollten wir auch die Zuständigkeit dort lassen.

Aber wir dürfen Folgendes nicht verkennen: Wenn wir uns lebhaft über die Mietpreisbremse unterhalten und über die Realität sprechen, dass nur zwei der insgesamt zwölf Städte überhaupt einen Mietspiegel haben, dann zeigt bereits dies, dass das ein doch etwas eigenwilliges Verhalten derer ist, die heute mit Verve für den Mietspiegel werben, wenn ich keine Vergleichsmieten habe.

Insgesamt halte ich es für den richtigen Weg, einen Regelungsvorschlag zu machen, eine Förderung in Aussicht zu stellen, um auch den Kommunen bei

(Jörg Nobis)

der weiteren Bearbeitung Rechtssicherheit an die Hand zu geben. Wir selber würden dies gerade auch vor dem Hintergrund der im Bundesrat eingebrachten Regelungsvorschläge zum Schutz gegen Mietpreisüberhöhungen natürlich auch sehr begrüßen; denn dann ist es zwingend erforderlich, auch belastbare Mietpreise zu haben.

Ich glaube, meine Damen und Herren - so habe ich es den Beiträgen entnommen -, Sie haben einen durchaus großen Diskussionsbedarf. Insofern finde ich es toll, dass über alle diese Themen im Ausschuss diskutiert wird. Wir werden uns als Fachministerium gern und intensiv in diese Diskussion einbringen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall CDU, SPD und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann schließe ich die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf in der Drucksache 19/1751 dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich sehe, das ist einstimmig der Fall.

Es ist weiterhin beantragt worden, den Antrag in der Drucksache 19/1787 ebenfalls dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich auch hier um das Handzeichen. - Auch das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Pflegesituation verbessern - Kostenübernahme für Palliative Care Fortbildung für Pflegekräfte

Antrag der Fraktion der AfD Drucksache 19/1706

Weiterbildung in der Hospiz- und Palliativpflege

Alternativantrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/1732

b) Grundlagen zur Finanzierung einer generalistischen Pflegehelferausbildung schaffen

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/1714

Einführung einer generalistischen Pflegehilfeausbildung in Schleswig-Holstein

Alternativantrag der Fraktion der SPD und Abgeordneten des SSW Drucksache 19/1734

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die AfDFraktion hat der Herr Abgeordnete Claus Schaffer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Gäste! Sterben ist Teil des menschlichen Lebens. Menschenwürdiges Leben bis zuletzt will die Sterbe- und Trauerbegleitung durch persönlichen Beistand für den sterbenden Menschen selbst, aber auch für dessen Angehörige ermöglichen. Diesen Grundgedanken hatte schon die Hospizbewegung Anfang der 90-er Jahre in Deutschland aufgegriffen.

Die Palliativversorgung ist eine medizinische Versorgung schwerstkranker und sterbender Menschen, die die Linderung von Schmerzen und anderen Beschwerden in den Vordergrund stellt und zugleich Lebensqualität und Selbstbestimmtheit bestmöglich erhalten will. Doch sterbende Menschen fürchten sich oftmals nicht nur vor ihren eigenen Schmerzen, auch die Angst und Sorge, ihren Familien zu Last zu fallen, belastet sie sehr, wie ich auch selbst schon in der eigenen Familie erfahren musste.

Es bedarf daher nicht viel Fantasie, sich die enormen Belastungen und Anforderungen an die Palliativversorgung vorzustellen. Hier sind die Pflegekräfte, die Palliative-Care-Leistungen erbringen und dabei Schwerstkranke und sterbende Menschen annehmen, ihnen Geborgenheit geben, sie pflegen, unterstützen und bis zuletzt begleiten, besonders gefragt, aber eben auch besonderen Anforderungen ausgesetzt.

Pflegekräfte ohne eine zusätzliche Weiterbildung in der Palliativversorgung kommen schnell an ihre körperlichen und gerade auch seelischen Grenzen. Umso mehr bedürfen Pflegekräfte mit der beruflichen Weiterbildung in der Palliativversorgung unserer Unterstützung.

Der Wert und die Bedeutung der Palliative-CareFortbildung für die Pflegekräfte, aber auch gerade für die Pflegebedürftigen sind von höchstem Nutzen. Es ist nicht einfach, sich tagtäglich mit den Themen Krankheit, Sterben und Tod auseinanderzusetzen. Als Palliativpfleger muss man ein enor

(Minister Hans-Joachim Grote)

mes Maß an Empathie und sozialer Kompetenz mitbringen.