Protokoll der Sitzung vom 15.11.2019

(Beifall FDP, Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Joschka Knuth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Auch die AfD-Fraktion unterstützt den Erhalt der Provinzial-Versicherung als Versicherer in öffentlicher Trägerschaft in Schleswig-Holstein. Fusionen, Zusammenschlüsse oder Übernahmen von öffentlichen Versicherern sorgen in jüngster Zeit immer wieder für Schlagzei

(Joschka Knuth)

len, nicht nur innerhalb dieser Branche. Denken Sie nur an die Commerzbank.

Gerade die Fusionsverhandlungen um die Provinzial-Gesellschaften haben sich in den vergangenen Jahren durchaus problematisch gestaltet, seit im Jahr 2013 die ersten Überlegungen hierzu angestellt wurden. Seitdem sind die Gespräche immer wieder ins Stocken geraten, denn offensichtlich gibt es Spannungen zwischen den Anteilseignern. Zwar haben beide Seiten bereits im Oktober 2018 eine Absichtserklärung vorgelegt, die den Fahrplan der Fusion festlegte und rückwirkend zum 1. Januar 2019 vollzogen werden sollte. Die Informationen über die Zukunft der von der Fusion betroffenen Arbeitsplätze waren dabei aber so unzureichend, dass der frühzeitige Widerstand der Gewerkschaften gegen die Fusionspläne nicht überraschen konnte.

Dass der Zusammenschluss wirtschaftlich sinnvoll ist, wird wohl kaum jemand bestreiten, doch wie immer in solchen Fragen wollen die Fusionspartner eigene Besitzstände verteidigen. Gerade die Ertragslage der Provinzial NordWest ist offenbar besonders gut. Vor diesem Hintergrund ist es richtig, wenn der Landtag heute geschlossen Stellung bezieht und der Landesregierung den Auftrag erteilt, sich im Fall der Fusion von Provinzial NordWest und Provinzial Rheinland für den Erhalt des Standortes Kiel mit seinen Beschäftigten einzusetzen.

Die bisherigen Äußerungen der Unternehmensleitungen in Bezug auf den Kieler Standort waren leider wenig konkret. Wir würden es daher begrüßen, wenn das Signal aus diesem Hause die Mitarbeiter und vor allem die Unternehmensführungen erreicht und so zur Sicherung von möglichst vielen Arbeitsplätzen in Kiel beitragen kann. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Provinzial steht immer wieder mal als Diskussionsthema auf der Tagesordnung zu Recht, denn die Provinzial ist keine x-beliebige Versicherung, wie wir vom SSW jedes Mal aufs Neue betonen. Sie ist ein Beispiel dafür, dass Geschäft und soziales Engagement sich nicht ausschließen müssen. Marktaktivität, Gemeinwohlverpflichtung und Daseinsvorsorge gehen hier Hand in

Hand. Der gesellschaftliche Wert dieser öffentlichrechtlichen Versicherung ist ganz offenkundig. Die Provinzial NordWest ist für Schleswig-Holstein ein ungemein wichtiges Unternehmen. Jegliche Veränderungen sind von uns genauestens zu prüfen. Im Zuge der laufenden Fusionsgespräche haben wir daher diesen gemeinschaftlichen Antrag eingebracht.

Die Verhandlungen sind von großer Tragweite. Mit dem Zusammenschluss der Provinzial NordWest und der Provinzial Rheinland entstünde der zehntgrößte Versicherungskonzern in Deutschland, der seine Policen über die Sparkassen in SchleswigHolstein, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern vertreiben würde. Das ist eine gewaltige Veränderung, bei der wir in Schleswig-Holstein selbstverständlich ganz genau auf die Auswirkungen, insbesondere für den Standort Kiel, schauen müssen.

Der vorliegende Antrag formuliert die entscheidenden Kernforderungen, die sich aus dem Status quo ableiten lassen. Besonders wichtig ist natürlich, dass die Provinzial und damit deren Auftragserfüllung weiterhin bei uns im Land bestehen bleiben. Der Standort Kiel muss erhalten bleiben.

Fusionsgespräche sorgen selbstverständlich für Unruhe unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, da es letztendlich immer auch um die künftige Anzahl und Qualität der Arbeitsplätze geht. In diesem konkreten Fall sprechen wir von rund 1.000 Arbeitsplätzen in Kiel. Wir vom SSW haben uns bei derartigen Diskussionen schon immer auf die Seite der Beschäftigten gestellt, die bereits in der Vergangenheit engagiert und völlig zu Recht nicht nur für ihre Arbeitsplätze, sondern auch für ihr Unternehmen hier vor Ort gekämpft haben.

Eine gut aufgestellte Provinzial-Zentrale in Kiel ist zu wichtig für Schleswig-Holstein, als dass wir in dieser Hinsicht Einbußen in Kauf nehmen könnten, zumal dies konsequenterweise mit einer Verschlechterung des Leistungsspektrums verbunden wäre. Das ist selbstredend nicht zu akzeptieren.

Wir brauchen im Fall der Fusion eine starke Konzernzentrale in Kiel, sodass die Beschäftigten nicht um ihre Arbeitsplätze fürchten müssen, möglichst in der Nähe wohnen bleiben können und stets rechtzeitig und umfassend über neue Entwicklungen informiert und auf Augenhöhe ins Boot geholt werden. Die Einbeziehung der Arbeitnehmervertretungen hebe ich an dieser Stelle ausdrücklich hervor, da sich Sorgen- und Konfliktpotenziale so bereits

(Volker Schnurrbusch)

im Vorwege mindern und im Optimalfall lösen lassen.

Fusionsverhandlungen sind keine Angelegenheit, die nur auf Führungsebene diskutiert werden sollten. Alle Betroffenen gehören hier eingebunden.

Mit dem vorliegenden Antrag formulieren wir einen klaren Auftrag an die Landesregierung. Wir stehen gemeinsam hinter der Provinzial, die bei uns in Schleswig-Holstein eine lange Tradition hat. Ihre Beschäftigten sind engagiert, ihre Kundenbindung hoch, kurz: Die Provinzial ist seit jeher tief in Schleswig-Holstein verankert. Daran gibt es nichts zu rütteln. Wir setzen weiterhin auf einen starken Standort in Kiel. Nur so wird die Provinzial ihren Auftrag weiterhin zufriedenstellend erfüllen können. Das liegt in unser aller Interesse. - Jo tak.

(Beifall SSW und SPD)

Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus, Dr. Bernd Buchholz.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Diskussion hier hat gerade gezeigt, dass sich der Landtag fraktionsübergreifend zu einem starken Versicherer in öffentlicher Trägerschaft bekennt. Das gilt auch für die Landesregierung des Landes Schleswig-Holstein. Ich kann Ihnen versichern, dass wir die geplante Fusion der Provinzial NordWest und der Provinzial Rheinland sorgfältig beobachten und, soweit das möglich ist, auch aktiv begleiten.

Als das Memorandum of Understanding von den Partnern Ende des Jahres 2018 unterschrieben worden ist, um eine etwaige Fusion einzuleiten, sind wir vom Sparkassen- und Giroverband unmittelbar und unverzüglich unterrichtet worden, um die entsprechenden Themen prüfen zu können. Nach den öffentlich-rechtlichen Verträgen aus dem Jahr 2005 gibt es Regelungen, dass, wenn sich Aktienverkäufe ergeben, ein Zustimmungserfordernis der Landesregierung und des Landes Schleswig-Holstein besteht.

Nach dem gegenwärtigen Stand der uns bekannten Themen ist die Fusion zwischen Provinzial Rheinland und Provinzial NordWest von ihrer Dealstruktur her aber nicht auf Aktienkäufe gerichtet, sondern soll vielmehr unter dem Dach der Holding mit

einer weiteren Sacheinlage - quasi als Einbringen eines weiteren Gesellschafters - zur Verbesserung der Gesellschafteranteile, aber nicht zu Aktienverkäufen führen, was dazu führt, dass es keinerlei Zustimmungen durch das Land bedarf. Dies ist ein Zeichen dafür, dass die aktiven Einflussmöglichkeiten des Landes gewährleistet sind.

Durch die Aufnahme weiterer Gesellschafter sinkt der Gesellschaftsanteil des Sparkassen- und Giroverbandes von etwa 18 % auf 10 %. Durch weiter geltende Stimmrechtsvorgaben wird allerdings gewährleistet - das war uns wichtig -, dass keine strukturellen Veränderungen ohne Zustimmung und damit Einflussmöglichkeiten des Landes beschlossen werden können. Weiterhin streben wir an, dass an Beschlüssen über strukturelle Veränderungen erhöhte Ansprüche gestellt werden sollen, zum Beispiel Einstimmigkeitserfordernisse. Im Detail ist man da aber noch gar nicht weitergekommen.

Der Sitz von Provinzial Nord Brandkasse AG und Lebensversicherung AG bleibt Kiel. Das ist in den öffentlich-rechtlichen Verträgen festgeschrieben. Es besteht Einvernehmen - das wird im Memorandum of Understanding festgeschrieben -, dass hier auf jeden Fall zumindest ein wesentlicher operativer Geschäftsbetrieb aufrechterhalten wird. Wie sich das im Einzelnen ansonsten auf unterschiedliche Standorte auswirkt, steht zum gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt nicht fest. Die Landesregierung hat allerdings sehr deutlich gemacht, dass es unser Bestreben ist, hier am Standort in Kiel möglichst alle Arbeitsplätze in der bewährten Art und Weise zu erhalten und den Standort Kiel darüber hinaus möglicherweise zu stärken, weil er sich als ein besonders erfolgreicher Standort in diesem Bereich insgesamt darstellt und dargestellt hat.

Die öffentlich-rechtliche Prägung der Provinzial Holding bleibt durch die Aufnahme weiterer Aktiengesellschafter gewahrt, weil alle hinzutretenden Gesellschaften derzeit unter einer Holding agieren, die wiederum von öffentlich-rechtlichen Einrichtungen getragen werden, sodass hier kein Problem entsteht. Wir haben in den Gesprächen mit dem Sparkassen- und Giroverband, aber auch mit der Provinzial Rheinland deutlich gemacht, dass uns sehr viel daran liegt, dass im weiteren Verlauf des Prozesses auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Betriebsräte in den Prozess einbezogen werden, wie wir selbst für uns in Anspruch nehmen, dass wir daran beteiligt werden wollen.

Die Themen, die bei mir dahin gehend bisher angekommen sind, lassen noch nicht unbedingt überwiegend wahrscheinlich werden, dass es tatsächlich zu

(Flemming Meyer)

dieser Fusion kommt. Das werden wir abzuwarten haben. Es ist aber betriebswirtschaftlich und gesamtökonomisch kein falsches Thema, in diesem Umfeld von anderen Versicherern eine größere und damit noch stärkere Einheit zu schaffen. Wie dies im Einzelnen verläuft, darüber werden wir unterrichtet. Dabei die Interessen des Landes und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Auge zu haben, ist Aufgabe der Landesregierung, die sie selbstverständlich wahrnimmt. - Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung in der Sache. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich sehe, dass ist einstimmig so beschlossen.

Ich mache nun geschäftsleitende Bemerkungen, damit sich alle darauf einstellen können. Die parlamentarischen Geschäftsführungen haben vereinbart, die Tagesordnungspunkte 38 und 45 auf die Dezember-Tagung zu verschieben.

Ich rufe nunmehr Tagesordnungspunkt 6 auf:

Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Presse (Landes- pressegesetz)

Gesetzentwurf der Fraktion der AfD Drucksache 19/1718

Bericht- und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses Drucksache 19/1767

Ich erteile das Wort der Frau Berichterstatterin des Innen- und Rechtsausschusses, die gerade nicht im Raum ist. - Könnte das ein Mitglied des Innen- und Rechtsausschusses übernehmen?

Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich verweise auf die Vorlage.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Rother, für diese umfangreiche Berichterstattung.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat für die AfD-Fraktion der Abgeordnete Volker Schnurrbusch.

(Zuruf)

- Herr Schaffer? - Herr Claus Schaffer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Gäste! Die Ablehnung unseres Gesetzentwurfs zur Änderung des Landespressegesetzes im Innen- und Rechtsausschuss am 23. Oktober 2019 und die Verweigerung eines parlamentarisch allgemein üblichen Anhörungsverfahrens ist aus unserer Sicht in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Wahrsagerqualitäten des Kollegen Rossa offensichtlich sehr begrenzt sind. In der Plenardebatte am 26. September 2019 hatte Herr Rossa noch lautstark ein Anhörungsverfahren im Innen- und Rechtsausschuss angekündigt und auf die kommenden Debatten verwiesen, in denen er uns verschiedene Dinge ins Stammbuch schreiben wollte. Nun haben Sie sich im Innen- und Rechtsausschuss gegen die inhaltliche Debatte und für den Weg der Bequemlichkeit entschieden.

(Dr. Frank Brodehl [AfD]: Musterdemokra- ten!)

Das ist ein weiteres Beispiel der Ausgrenzung der AfD-Fraktion aus dem parlamentarischen Diskurs, und das auch noch auf Kosten der in Fachausschüssen üblichen Gepflogenheiten.

Sie können sich dafür wieder einmal gegenseitig als vermeintliche Front der Demokraten feiern, gegen die AfD Flagge gezeigt zu haben. Wer aber in diesem Landtag derart lautstark für Medien-, Meinungs- und Pressevielfalt das Wort ergreift, wie dies in der Debatte zu unserem Gesetzentwurf geschehen ist, sollte es doch eigentlich nicht nötig haben, jetzt parlamentsintern einen politischen Mitbewerber aus dem Meinungsdiskurs auszugrenzen.