Protokoll der Sitzung vom 23.01.2020

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nichts von dem, was bisher gesagt wurde, ist falsch; alles ist richtig. Die Metropolregion ist für SchleswigHolstein von besonderer Bedeutung. Mehr als 40 % der Menschen in Schleswig-Holstein leben in den Hamburg-Randkreisen. Ein bedeutender Teil unserer Wirtschaftskraft wird dort generiert. Das Durchschnittseinkommen in den Hamburg-Randkreisen ist deutlich höher als in den anderen Teilen unseres Landes.

Wir haben es dort aber auch mit einer ganze Reihe von Problemen zu tun - viele sind schon angesprochen worden -, zum Beispiel Verkehrs- und Infrastrukturprobleme. Wie kann eigentlich in den Hamburg-Randkreisen weitere Dynamik entstehen, wenn wir die Infrastrukturprobleme nicht gelöst bekommen? Wir werden sie am Ende des Tages nur gemeinsam mit Hamburg lösen können. Wie wollen wir in der Metropolregion Gewerbeansiedlungen fördern und neues Gewerbe entwickeln, wenn nicht gemeinsam mit Hamburg und auf der Basis einer vernünftigen Infrastruktur? Deshalb ist es sehr wichtig, dass wir gemeinsam über dieses Thema sprechen.

(Beifall FDP und CDU)

Es ist aber auch sehr deutlich zu fordern - Ines Strehlau hat die richtigen Stichworte genannt -, dass der Hamburger Senat bereit sein muss, auf Augenhöhe mit den Ländern der Metropolregion zu diskutieren. Es geht darum, eine gemeinsame Entwicklung der gesamten Metropolregion, nicht nur fokussiert auf den Erfolg Hamburgs, zu initiieren.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Metropolregion ist nicht eine Ansammlung von Bauerndörfern, sondern ganz klar ein Erfolgsfaktor auch für Hamburg. Menschen, die in der Metropolregion leben, arbeiten in Hamburg, um Hamburger Erfolg zu ermöglichen. Die Unternehmen, die in der Metropolregion existieren, befeuern den Hamburger Hafen und die Hamburger Wirtschaft insgesamt. Ohne die Unternehmen und die Gewerbeflächen im Umland wird auch Hamburg nicht erfolgreich sein.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die erste Schlussfolgerung haben wir bereits im Dezember gezogen; wir haben die Landesregierung gebeten, sehr kurzfristig einen Bericht dazu zu erstellen.

Wir alle unterstützen mit großem Engagement die Arbeit in den Arbeitskreisen. Wir freuen uns, dass dort so intensiv gearbeitet wird. Ich finde es richtig, dass sich auch das Parlament und der gemeinsame Ausschuss für die norddeutsche Kooperation mit den einzelnen Themen, unter anderem mit den in dem SPD-Antrag genannten, ausführlich beschäftigt.

Lassen Sie mich neben den Punkten, die Ines Strehlau schon angesprochen hat, noch ein paar Punkte nennen, die mir besonders Sorge machen. Ein Thema ist der gemeinsame Nordtarif und der öffentliche Nahverkehr insgesamt.

(Beifall Kay Richert [FDP])

Es kann nicht sein, dass Hamburg im HVV bestimmt und Schleswig-Holstein ihn bezahlt. Das funktioniert nicht. Da muss Hamburg umdenken.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das wird dann gelingen, wenn sich auch Hamburg noch mehr als Teil der Metropolregion versteht.

Auch das nächste Thema kennen Sie sehr gut - wir haben gestern ausführlich darüber diskutiert -: Moorburg versus Wedel. Es kann nicht sein, dass Hamburg die Emissionen nach Schleswig-Holstein leitet, aber auf den eigenen Bürgerentscheid verweist und behauptet, keine Emissionen zu verursachen. Das funktioniert auch nicht!

(Beifall FDP, CDU und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es sind klare Botschaften, die wir heute auch dem Hamburger Senat mitgeben können.

Die Zusammenarbeit funktioniert in einigen Bereichen gut; wir haben einige gute Institutionen. Aber sie muss noch besser, noch spürbarer werden. Die Metropolregion muss noch stärker initiativ werden. Ich finde es gut, dass sowohl die Landesregierung als auch das Parlament weiterhin eine gute Rolle spielen und intensiv tätig werden wollen.

Ich freue mich sehr darauf, im Ausschuss für norddeutsche Kooperation diesen Antrag im Detail weiter besprechen zu können. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)

Herr Abgeordneter, ich habe mir aufgrund Ihrer intensiven Gestik schon Sorgen gemacht, dass unsere Mikrofone in Mitleidenschaft gezogen werden. Aber es ist alles gut gegangen.

(Heiterkeit)

Für die AfD-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende, der Abgeordnete Jörg Nobis, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst kann man wieder einmal feststellen: Die SPD ist nicht auf der Höhe der Zeit. Wir haben hier gemeinsam erst im November - einstimmig, wohlgemerkt - einen Antrag beschlossen, in dem es heißt, dass uns die Landesregierung zum Ende des zweiten Quartals einen Bericht vorlegen möge. Wollen wir nicht den Bericht abwarten, um dann darüber zu diskutieren? Ist das nicht purer Antragsaktionismus der SPD? So würde ich es bezeichnen.

(Martin Habersaat [SPD]: Sie können sich doch wieder setzen und einfach abwarten! Niemand hindert Sie daran!)

In weiten Teilen wiederholt Ihr Antrag jedenfalls lediglich die seit Mitte Oktober vorliegenden Ergebnisse der OECD, die auch in dem Bericht zur Regionalentwicklung zu finden sind. Im darüber hinausgehenden Teil nehmen Sie den Bericht der Landesregierung eigentlich vorweg. Deshalb will ich mich ganz kurzhalten; denn ich denke, wir werden im Herbst noch eine Debatte dazu führen, dann aber vielleicht auf der Grundlage des Berichts der Landesregierung.

Die von Ihnen in Ihrem Antrag abgeleiteten Forderungen sind zum Teil völlige Selbstläufer, etwa die Nummer 1, eine gemeinsame Strategie mit den Ländern Hamburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern auszuarbeiten, aber auch die Forderung nach einer stärkeren internationalen Profilierung. Reine Selbstläufer! Gerade die Zusammenarbeit mit der Region Kopenhagen wird mit der geplanten und dann zu bauenden Fehmarnbelt-Querung sowieso steigende Bedeutung für die Metropolregion erfahren.

Wir halten es ebenfalls für dringend geboten, dass statt regionalem Klein-Klein der Blick auf das große Ganze gerichtet wird. Das gilt für die Zusammenarbeit im Bereich der Forschung natürlich ebenso wie für die Fragen des Wohnungsbaus sowie

der Ausbildung beziehungsweise Anwerbung von Fachkräften.

Ganz besonders deutlich wird es beim Thema Infrastruktur. Wo genau die Probleme liegen, darüber haben wir heute diskutiert: A 20, Eisenbahnknotenpunkt in Hamburg. Ihre schönen Worte von der SPD helfen uns da leider überhaupt nicht weiter. Da hilft nur - wir haben es heute schon gesagt -: Bauen, Bauen, Bauen! Vielleicht hilft auch eine Änderung des Planungsrechts.

Bei alledem müssen wir aber auch aufpassen, die in erster Linie zur Koordinierung gegründete Metropolregion nicht zu überfordern. Wir sehen daher zum jetzigen Zeitpunkt die Forderung nach Schaffung einer „Innovationsagentur Metropolregion“ eher kritisch. Dass die Metropolregion Hamburg Vorreiter beim Ausbau regenerativer Energien bleiben soll, ist natürlich ideologisch verbohrter Unsinn.

Wir haben schon heute darüber gesprochen; eben ist es wieder angeklungen. Fragen Sie Leute, die sich damit auskennen. Kraftwerk Moorburg: Es macht energiepolitisch keinen Sinn, 53 % der Energie, die in der Kohle steckt, in die Elbe abzuleiten, zusätzlich ein Gaskraftwerk zu bauen, um nachzuheizen, und deswegen das Kraftwerk Wedel nicht abzuschalten. Da wird energiepolitisch nicht bundesländerübergreifend gedacht. Das muss man ganz klar festhalten. Es ist leider den verbohrten Grünen in Hamburg zu verdanken, dass wir da nicht weiterkommen.

Damit will ich es für heute bewenden lassen. Wir werden im Herbst noch ausführlich Gelegenheit haben, über den Bericht der Landesregierung zu sprechen. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Metropolregion Hamburg ist eine Region von globaler Bedeutung und Reichweite. Doch verkauft sie sich manchmal auch unter Wert. Der OECD-Bericht zeigt uns auf, dass wir das Potenzial unserer Region noch lange nicht ausschöpfen. Der im vorliegenden Antrag enthaltene Neun-PunktePlan fasst die zentralen Handlungsempfehlungen dazu bündig zusammen.

Nun ist mehr Zusammenarbeit ja stets ein Schlüssel zu mehr Erfolg. Das ist auch mit Blick auf die Metropolregion nicht anders. Dabei ist unsere Zusammenarbeit insbesondere mit Hamburg seit Langem bereits sehr, sehr eng. Das kann und sollte man an dieser Stelle auch loben: Vieles läuft einfach sehr gut.

Ein besonders starkes Beispiel markiert die Hafenkooperation Elbe Seaports, in deren Rahmen die Unterelbehäfen Cuxhaven, Brunsbüttel, Glückstadt, Stade und Hamburg gerade erst im letzten Jahr das zehnjährige Jubiläum ihrer erfolgreichen Zusammenarbeit feiern konnten.

Auch rund um das Großprojekt Elbvertiefung arbeiten die Bundesländer sehr konstruktiv zusammen. Die Hafenwirtschaft ist und bleibt ein ganz großer Pfeiler und ein Aushängeschild für die Metropolregion. Dies sollte sich auch in einer gemeinsamen und starken Vermarktung und Zusammenarbeit unter einem Dach widerspiegeln. Vielleicht könnte man diesbezüglich von Rotterdam lernen und die Vernetzung direkt vorantreiben. Denn es kann bei einer globalen Betrachtungsweise nicht sein, dass der Tiefwasserhafen Wilhelmshaven und der Hafen von Bremen immer noch nicht in der Zusammenarbeit mitwirken. Da muss dringend etwas geschehen.

Vernetzung ist auch ein gutes Stichwort im Hinblick auf die Verkehrs- und Infrastrukturpolitik. Die Bürgerinnen und Bürger schauen doch zu allererst darauf, was ihnen dieses Kooperationsbündnis im Alltagsleben bringt. Hier geht es doch - das wissen wir alle - insbesondere um gemeinsame Infrastrukturprojekte, um Wohnungsbau und Gewerbeansiedlungen. Besonders interessant sind dabei natürlich der Ausbau und die Verbesserung der Verkehrsanbindung innerhalb der Metropolregion, wie auch im Antrag gefordert. Da ist auch wieder das Thema A 20 relevant.

Die Idee eines umfassenden Verkehrsverbundes bringen wir vom SSW unter dem Stichwort Nordtarif ja auch regelmäßig ein. Selbstverständlich sollten wir weiterhin daran arbeiten, uns noch intensiver als attraktive Verbindungsregion zwischen Skandinavien und Kontinentaleuropa zu positionieren und zu vermarkten. Auch das hat etwas mit Infrastruktur und Verkehrsverbindungen zu tun.

Apropos Vermarktung: Am Montag war zu lesen, dass Deutschland nun im jährlich aufgestellten Innovationsindex der Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg als - ich zitiere - „die innovativste Nation der Welt“ geführt wird. Darauf dürfen wir uns natürlich nicht ausruhen. Gerade Hamburg ist prä

destiniert dazu, als innovativer Forschungs- und Entwicklungsstandort noch deutlicher aufzutreten und die wirklich herausragenden Forschungseinrichtungen wie XFEL oder DESY noch stärker in den Vermarktungsfokus zu rücken. Davon profitieren nicht nur die Hamburger, sondern auch die gesamte Metropolregion und wir als Land SchleswigHolstein an sich.

Eine gemeinsame Marketingstrategie stärkt natürlich die internationale Sicherheit der Metropolregion als solche. Gleichzeitig ist es jedoch auch legitim - und förderlich -, dass die einzelnen Länder neben der Kooperation auch ihre eigenen Vorzüge betonen. Nehmen wir zum Beispiel den Tourismussektor: Hamburg ist eine Stadt von Weltrang und -ruf. Hundertausende nutzen das kulturelle und sportliche Angebot und genießen die Internationalität der Hansestadt. Das ist gut so. Das erfordert eine eigene Strategie. Umgekehrt erfreuen sich auch etliche an den touristischen Destinationen in Schleswig-Holstein. Auch das erfordert eine eigene Strategie. Diese doppelte Tourismusvermarktungsstrategie können und sollten wir noch weiterentwickeln.

(Beifall SSW und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Neben der Wirtschafts- und Verkehrspolitik gibt es selbstverständlich noch viele weitere Anknüpfungspunkte, die in einem solchen Bericht kaum detailliert zur Sprache kommen können. Dazu zählen wir beispielsweise den Bildungsbereich, wo wir schon recht viel auf die Beine gestellt haben, aber auch Kooperationen im Sozialbereich wie zum Beispiel die Möglichkeit, Frauenhausplätze im jeweils anderen Bundesland zu nutzen, und natürlich auch Nachhaltigkeitsprojekte, bei denen gerade die Hamburger noch sehr stark von uns abhängig sind, aber bei denen wir den Hamburgern gern weiterhelfen, da ihre wirtschaftliche Entwicklung auch den Menschen hier zugutekommt.

Das im Bericht aufgezeigte Potenzial hinsichtlich des Stichworts erneuerbarer Energien wird von der Jamaika-Koalition aktuell leider eher verhindert als gefördert; aber vielleicht schaffen wir in diesem Bereich ja irgendwann noch den Schlenker auf die Route Richtung Marktführer.

Insgesamt bleibt trotz unserer bereits sehr engen Kooperation innerhalb der Metropolregion immer noch Optimierungspotenzial, das wir schnellstmöglich strategisch angehen sollten. Den Antrag der SPD können wir daher insgesamt unterstützen. Wir freuen uns aber auch wie Bolle auf die Beratungen im Ausschuss.

(Lars Harms)

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration, HansJoachim Grote.