Ich bin aber tatsächlich der Meinung, dass wir nicht an einem Tag für europäisches Zusammenwachsen in der Verteidigungspolitik einstehen können und dann am nächsten Tag aus Sicherheitsgründen Rüstungsvorhaben nicht in die Niederlande vergeben wollen. Wir Grünen haben bereits deutlich gemacht, und es gilt weiterhin: Nationale Alleingänge bei der Rüstungspolitik tragen nicht dazu bei, dass wir wirtschafts- und sicherheitspolitisch die europäische Integration verstärken. Wenn wir es mit einer europäischen Sicherheitspolitik ernst meinen - beispielsweise in Form einer europäischen Armee -, gehört perspektivisch auch dazu, dass wir die notwendigen Rüstungsprodukte in Europa herstellen.
Im Grunde muss die Rüstungsindustrie eine europäische Schlüsseltechnologie werden, um die Herausforderungen in der Welt meistern zu können.
Lieber Kollege Koch, das ist keine wohlfeile, liebe Frau Midyatli, das ist keine törichte Forderung, sondern es ist eine sehr europäische Forderung.
Andererseits haben Sie aber vollkommen recht, dass wir feststellen müssen, dass trotz regelmäßiger Aufforderung der Europäischen Kommission wichtige europäische Verbündete auf nationale Alleingänge setzen und nicht bereit sind, ihre Rüstungsausschreibungen auch für deutsche Unternehmen zu öffnen. Das ist fatal, wohlfeil und töricht.
Deshalb brauchen wir einen fairen Wettbewerb. Fair wäre es, wenn wirklich alle Länder ihre Schiffsprojekte europäisch ausschrieben. Dann könnte auch GERMAN NAVAL YARDS Kiel davon profitieren. Dann hätten wir dort den Profit einer europäischen Gemeinschaft.
Das ist zurzeit nicht der Fall. Daher sind auch wir der Meinung, dass die Bundesregierung den Überwasserschiffbau als Schlüsseltechnologie einstufen sollte. Dann kann auch die Bundeswehr auf europäische Ausschreibungen verzichten. Das ist fair, aber natürlich nicht europäisch. Darauf habe ich hingewiesen.
Für uns in Schleswig-Holstein und Norddeutschland sind die Werften von herausragender wirtschaftlicher Bedeutung. Sie tragen wirklich bedeutend zur Wertschöpfung bei und sichern Arbeitsplätze und Steuereinnahmen. Deshalb müssen wir alles tun, um Kiel als Produktions- und Forschungsstandort zu unterstützen.
Wir müssen dies auch deshalb tun, weil unser Land viel dazu beitragen kann, den Schiffbau zukunftsfähig zu machen, zum Beispiel durch nachhaltigere Produktionsweisen. Unabhängig vom Bau von Kriegsschiffen werden wir in Zukunft auf die zivile Schifffahrt angewiesen sein und müssen diese ganz neu ausgestalten.
Im wirtschaftlichen Wettbewerb und in Verantwortung für die Arbeitsplätze im Land können wir nicht akzeptieren, strukturell benachteiligt zu werden.
Ich danke der Landesregierung. Im Gegensatz zur SPD sehe ich sehr wohl das Engagement unseres Ministerpräsidenten und danke ihm dafür sehr herzlich. Ich danke der ganzen Landesregierung, aber auch allen Kolleginnen und Kollegen hier im Haus, dass wir einen gemeinsamen Antrag zu diesem Thema hinbekommen haben. Ich glaube, nur, wenn wir geschlossen agieren, haben wir eine perspektivische Chance, von dem Kuchen Schiffbau noch etwas für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kiel abzubekommen. Insofern danke ich Ihnen, dass wir in dieser Frage hier im Haus Geschlossenheit zeigen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Vergabeentscheidung zum MKS 180 sind unsere schlimmsten Befürchtungen wahr geworden. Die Bundesregierung hat dem Industriestandort Schleswig-Holstein massiv geschadet. Es ist ein großer Verlust für die Beschäftigten, nicht nur in den Werften, sondern auch bei den großen Zulieferbetrieben, von denen wir hier im Raum Kiel und im Rest des Landes viele haben. Es werden Steuereinnahmen und Know-how verloren gehen. Mich macht das schon fassungslos.
Diese Ausschreibung war natürlich eine Drohung in Richtung deutscher Rüstungsindustrie. Das Problem ist nur: Das Ergebnis ist ein Desaster. Es hat nicht dazu beigetragen, dass es besser wird, sondern, dass es schlechter wird.
Die schwarz-rote Bundesregierung hat insofern unserem Standort einen echten Bärendienst erwiesen. Das ist ein schwerer Schlag für uns als Bundesland und ein fatales Signal, denn bei unseren europäischen Verbündeten und anderen ist es natürlich keine Werbung, bei uns in Deutschland Schiffe zu bestellen, wenn wir selbst einen Auftrag nach Holland geben. Frau Midyatli, ich glaube insofern, man muss die Exporte - gerade an unsere befreundeten europäischen Partner - differenzierter sehen und beim Thema Rüstungsexporte in Zukunft insgesamt etwas differenzierter argumentieren.
Natürlich ist es richtig, wenn jetzt endlich der Marineschiffbau zur Schlüsseltechnologie erklärt wird, wie es im Unterwasserbau schon der Fall ist. Es ist aber die Frage, ob es im Zweifel nicht schon zu spät ist. Es ist wichtig, es zur Schlüsseltechnologie zu erklären - auch zivil kann das für unser Bundesland wichtig sein -, ich muss aber noch einmal sagen: Dieser Auftrag ist insgesamt mit Blick auf die Bundeswehr problematisch.
Ich höre von ranghohen Offizieren, die es besser beurteilen können als ich, dass beim MKS 180 zwei Schiffe zu wenig bestellt werden. Es ist auch viel zu spät. Ich kann viele Offiziere der Marine verstehen, die jetzt sagen: Zumindest ist erst einmal der Auf
Es gibt insgesamt ein Problem beim Etat der Bundeswehr, er muss angesichts der Herausforderungen, die wir leider international haben, weiter erhöht werden. Auch das Beschaffungswesen der Bundeswehr muss insgesamt reformiert werden. Es ist sehr problematisch, dass es dort seit Jahren nicht vorangeht.
Wir in Schleswig-Holstein sehen es kritischer, als es in anderen Bundesländern gesehen wird. Dort wird es ganz anders bewertet. Nicht nur die Niederlande profitieren, sondern eben auch Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. Es gibt auch Koalitionsabgeordnete, die das eigentlich ganz toll finden und für richtig halten. Ich wundere mich sehr über die Bundesregierung und finde, das Erbe von Frau von der Leyen als Verteidigungsministerin ist einmal mehr problematisch.
Frau Midyatli, Sie haben die Union hier sehr zackig angegriffen. Ich frage mich allerdings auch: Was macht die SPD eigentlich in der Bundesregierung?
Die Gewerkschaften kritisieren zu Recht nicht nur die Union, sondern auch die Sozialdemokraten. Die Ausschreibung ist 2015 gestartet worden. Der Ministerpräsident hieß damals nicht Daniel Günther, sondern Torsten Albig. Das gehört auch zur Wahrheit. Als stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende sollten Sie an der Stelle vielleicht etwas selbstkritischer sein.
Auch meine Partei hat einen Obmann im Verteidigungsausschuss, der es nicht verstanden hat. Er hat gesagt, es sei doch eine gute Entscheidung, wir seien europäisch, und es sei gut. - Das Problem ist nur: Das Rüstungsgeschäft ist in dieser Dimension kein echter Wettbewerb, sondern ein hochpolitisches Geschäft. Europäische Lösungen hin oder her - Europa hat noch nie als Einbahnstraße funktioniert. Das weiß kaum ein Land besser als das unsere.
haben staatliche Konzerne, selbst die Norweger. Wir haben es ja bei den U-Booten gesehen. Wenn man echten Wettbewerb haben will, ist die spannende Frage:
Sollten wir unsere Werften verstaatlichen? - Das will wahrscheinlich niemand, wahrscheinlich noch nicht einmal Sie. Oder wir sollten sagen: Wenn wir echten europäischen Wettbewerb haben, dann sollten es auch private Konzerne sein, damit das auch wirklich ein Wettbewerb ist und nicht ein politisches Geschäft, bei dem nur jeder an sich denkt.
Meine Damen und Herren, die Werft GERMAN NAVAL YARDS wird jetzt rechtliche Schritte gehen. Ich hoffe, dass etwas dabei herauskommt.
Wir sehen bei anderen Vergaben im Bereich der Bundeswehr, dass die Anfechtungen oft erfolgreich sind. Das sagt viel über das Beschaffungswesen der Bundeswehr aus. Ich freue mich über den Vorschlag der Gewerkschaften, sich jetzt im Norden zusammenzutun. Der Ministerpräsident und der Wirtschaftsminister haben bereits mit den Betriebsräten und den Gewerkschaften gesprochen. Wir brauchen ein breites Bündnis in unserem Bundesland und müssen das Lobbying in Berlin deutlich verstärken.
Wir haben bald die Auftragsvergabe für die Fregatte F 127. Das ist ein kleineres Schiff, insgesamt aber doch ein größerer Auftrag der Bundesmarine. Wir müssen sehen, dass wir uns als Land SchleswigHolstein noch lauter und stärker aufstellen, damit die Aufträge zu uns kommen, unser Industriestandort gestärkt wird und unser Bundesland insgesamt mehr prosperiert. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Auf der Besuchertribüne begrüßen wir den Botschafter der Ukraine, Seine Exzellenz, Herrn Dr. Andrij Melnyk. - Herr Botschafter, Exzellenz, seien Sie uns herzlich willkommen im SchleswigHolsteinischen Landtag!