Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Die Auftragsvergabe zum Bau neuer Mehrzweckkampfschiffe an die niederländische Werftengruppe Damen ist ein schwerer Schlag für die Werftindustrie in Schleswig-Holstein. Zwar soll nach den Erklärungen der Damen-Gruppe ein überwiegender Fertigungsanteil bei Kooperationspartnern in Deutschland verbleiben, doch dies betrifft nur Blohm + Voss in Hamburg sowie die Peene-Werft in Wolgast.
Wie groß der in Deutschland verbleibende Wertschöpfungsanteil sein wird, kann derzeit ohnehin nicht verlässlich bewertet werden. In jedem Fall droht wichtiges Know-how verlorenzugehen, wenn, wie derzeit geplant, die Konstruktion der Schiffe in den Niederlanden erfolgt.
Vor diesem Hintergrund begrüßen wir es zunächst einmal, dass sich der unterlegene Bieter GERMAN NAVAL YARDS offenbar dazu entschlossen hat, ein vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren einzuleiten. In Anbetracht der wirtschaftlichen Dimension dieser Auftragsvergabe ist die Ausschöpfung des Rechtsweges nahezu zwingend. MKS 180 ist nicht nur ein Vorzeigeprojekt der Marine, sondern der Auftrag dafür sollte auch den Grundstein für zukünftige Schiffsexporte unserer Werften legen. Die negativen Konsequenzen für den Fall, dass die Auftragsvergabe an die niederländische Werftengruppe Bestand haben sollte, und davon muss leider ausgegangen werden, reichen damit über den vorliegenden Auftrag weit hinaus.
Welche Konsequenzen ergeben sich aber daraus? Für den Verteidigungs- und Sicherheitssektor bestehen auf EU-Ebene bereits aktuell zum Beispiel mit der Richtlinie 81 aus 2009 besondere Beschaffungsvorschriften, die den Wettbewerb stärken und dazu führen sollen, dass auch in diesem sensiblen Bereich mehr EU-weite Ausschreibungen erfolgen.
Wenn die Realität aber so aussieht, dass beim militärischen Schiffbau ein europaweiter Wettbewerb nicht existiert, weil alle anderen NATO-Partner derartige Aufträge an eigene Staatsunternehmen vergeben, so stoßen die Absichten der EU für mehr Wettbewerb hier an ihre Grenzen. Was nützt es der deutschen Werftindustrie, wenn sie sich dem europäischen Wettbewerb stellt, wenn es in anderen EULändern keine Ausschreibungen gibt, an denen man sich beteiligen kann? Da reicht es dann nicht, einfach nur ein Lippenbekenntnis zur EU abzugeben, wie wir es bei diesem Thema wieder einmal von den Grünen gehört haben. Die verehrte Frau Kolle
gin von Kalben wurde in der „Landeszeitung“ mit dem starken Spruch zitiert: Man müsse - ich zitiere mit Erlaubnis - das auch dann durchziehen, wenn es wehtue und man einen Auftrag nicht bekomme.
Frau von Kalben, das ist gegenüber einem Journalisten leicht gesagt, aber sagen Sie das bitte einmal auf einer Betriebsversammlung einer Kieler Werft. Die Reaktion dort würde Sie ganz schnell aus Ihrer Denkblase heraus in die Wirklichkeit transportieren. Mit solchen dahingeworfenen Sätzen erweisen sich die Grünen einmal mehr als Realitäts-, als Wirtschafts-, als Technikfeinde, die dieses Land an die Wand fahren wollen.
Hier handelt es sich eben nicht um irgendeinen kleinen Auftrag, sondern mit einem Vergabevolumen von 5,3 Milliarden € um den größten Auftrag der Bundeswehr. 5.300 Millionen €, davon können Sie richtig viele Lastenfahrräder kaufen, um das einmal deutlich zu machen, was das in Ihrer Welt bedeutet.
Nein, meine Damen und Herren, die Konsequenzen aus diesem Vergabedesaster dürfen nicht aus bloßen Appellen bestehen, sondern das muss konkrete vergaberechtliche Konsequenzen haben. Bereits jetzt sind die EU-Mitgliedstaaten berechtigt, Aufträge von der Richtlinie 81 auszunehmen, wenn dies notwendig ist, um eigene Sicherheitsinteressen zu schützen. Genau in diese Richtung sollten wir zukünftig auch beim Überwasserschiffbau für unsere Bundesmarine gehen und deshalb nationale Ausschreibungsverfahren anwenden.
Irgendwann hat die EU-Schwärmerei auch einmal ein Ende. Es kann nicht sein, dass Deutschland sich als einziges EU-Land an die Regeln hält und dafür bestraft wird. Wo freier Wettbewerb nicht stattfindet, ist eine nationale Auftragsvergabe einfach zwingend. Merke: National zu handeln, kann manchmal sehr sinnvoll sein.
Dem Antrag stimmen wir natürlich gern zu, und wir erwarten von der Regierung in Berlin eine Aufnahme des Überwasserschiffbaus als Schlüsseltechnologie. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Vertrag von Lissabon lässt Verzicht auf Ausschreibung bei Schlüsseltechnologien zu, meine Damen und Herren. Frankreich, die Niederlande und Großbritannien vergeben Aufträge daher direkt an eigene Werften. Das Argument, ein solches Verhalten sei uneuropäisch, greift nicht. Wir haben einen gemeinsamen europäischen Vertrag, der das zulässt, und dafür gibt es auch gute Gründe.
Zweitens. § 107 Absatz 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen lässt es zu, dass wir Schlüsseltechnologien frei vergeben, wenn wesentliche Sicherheitsinteressen berührt sind, und ich glaube, es ist eigentlich jedem klar, dass es dann, wenn es um nationale Verteidigungsinteressen und um Waffen in dieser Art und Weise geht, natürlich wesentliche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland betreffen kann.
Dieses Gesetz ist immerhin vom Bundestag beschlossen worden. Man stellt sich schon die Frage: Was haben die da eigentlich gemacht im Bundestag? Haben die da die ganze Zeit gepennt? Oder haben sie sich entspannt? Was haben sie getan? Es ist nichts passiert. Die Bundesregierung hat nichts getan, sondern bewusst gesagt: Wir wollen deutsche Werften nicht unterstützen, sondern wir wollen sie in irgendeiner Art und Weise an einer Leine ein wenig zügeln, weil die Militärindustrie nicht immer perfekt gearbeitet hat. Das sollte ein Disziplinierungsinstrument sein. Der Kollege Vogt hat das vorhin angesprochen. Das ist voll in die Hose gegangen.
Was ich nicht verstehen kann, ist, dass unsere eigenen Bundestagsabgeordneten anscheinend die ganze Zeit über seelenruhig geschlafen und nichts getan haben. Wenn es in diesem Hohen Haus irgendeine Aufforderung geben muss, dann ist es ein Appell an die Landesvorsitzenden von CDU und SPD, zumindest die eigenen Leute einmal auf den Pott zu setzen, damit so etwas nicht mehr geschehen kann, meine Damen und Herren.
Lieber Herr Kollege Harms, dem ersten Teil Ihrer Ausführungen stimme ich ja zu, aber wir sollten schon zur Kenntnis nehmen, dass das eine Vergabeentscheidung des Verteidigungsministeriums gewesen ist. Der Haushaltsausschuss des Bundestags befasst sich im Frühjahr damit.
Ich habe auch wenig Verständnis für die Abgeordneten, die die Brosamen, die in Hamburg davon abfallen, noch besonders herausstellen. Aber im Kern ist das eine Entscheidung des Bundesverteidigungsministeriums und der Bundesverteidigungsministerin gewesen. Weder das Kabinett noch der Bundestag haben sich bisher damit befasst. Nach den Regularien tut das der Haushaltsausschuss meines Wissens im März oder April. Dann sollte in der Tat auf die Verträge Bezug genommen werden.
Wie Sie es sagten, ich glaube, wir haben nicht viel davon, wenn wir jetzt pauschal das Parlament angreifen. Ich wünsche mir, dass die Bundesverteidigungsministerin vernünftige Entscheidungen trifft und dass der Haushaltsausschuss diese hinterher entsprechend billigen kann.
- Herr Kollege Stegner, ich bin da nicht ganz einig mit Ihnen. Ich glaube schon, es macht Sinn, dass wir die Bundestagsabgeordneten aus ihrem Schlaf wecken. Dazu können wir gern beitragen. Lieber Kollege, es ist ja so: Die Entscheidung darüber, wie die Vergabe zu laufen hat, ist im Jahr 2015 getroffen worden. Man hätte Zeit genug gehabt, auch die eigene Regierung auf den Pott zu setzen, sodass gesagt wird, dass das eine Schlüsseltechnologie ist und dass dies von deutschen Werften gebaut werden muss und von niemand anderem.
Ihr Parlamentsverständnis war während unserer gemeinsamen Regierungszeit genauso. Wir haben immer gesagt: Die Regierung arbeitet, aber das Parlament entscheidet. So ist es auch im Bundestag, nur das Parlament hat nicht entschieden, und das ist das Versagen des Parlaments. Zumindest unsere eige
Ich möchte das nicht über die Maßen vertiefen, weil wir, so glaube ich, im Kern hier über die Arbeitsplätze reden müssen, wie das die Kollegin Midyatli vorhin getan hat. Aber ich will schon sagen, dass unsere Kollegen im Deutschen Bundestag sehr wohl das Beschaffungswesen im Verteidigungsministerium scharf kritisiert haben, und zwar gerade im Zusammenhang mit der Beförderung von Frau von der Leyen nach Europa. Es gibt Untersuchungsausschüsse, die untersuchen, wie das da läuft. Es gibt große Schlampereien und vieles andere mehr. Das muss sich verändern.
Aber noch einmal: Der Haushaltsausschuss ist der Ausschuss, der sich nachher damit befasst und hoffentlich die Kriterien anlegt, die in den entsprechenden Verträgen angelegt sind, die Sie ja richtigerweise zitiert haben.
- Ich gebe Ihnen recht, es hat große Schlampereien gegeben. Über eine Schlamperei reden wir gerade. Wie gesagt, genau das darf sich nie wiederholen, dass wir einen solchen Auftrag und eine solche Technologie, bei der wir in Schleswig-Holstein wirklich führend sind und bei der wir wirklich das Beste liefern können, was es auf diesem Planeten geben kann, nicht kriegen und dass unsere Arbeitsplätze und Zuliefererarbeitsplätze gefährdet sind, nur weil ein Parlament keinen Bock hatte, seine Regierung zu kontrollieren. Das ist mir zu wenig.
Meine Damen und Herren, es ist so: Entweder das MKS 180 oder der Marine-Überwasserschiffbau allgemein hätten zur Schlüsseltechnologie erklärt werden können. Dann hätten wir eine freie Vergabe durchführen und dann hätte auch der Auftrag hier in Schleswig-Holstein landen können. Aber das alles steht im Konjunktiv, das ist nicht geschehen. Und das ist für uns eine reine Katastrophe.
Wenn wir uns anschauen, in welcher Lage wir nun sind, dann wäre es toll, richtig und vernünftig, die Vergabeentscheidung noch einmal zu rügen und zu
prüfen, ob man vielleicht einen Fehler im Vergabeverfahren finden kann, der es ermöglichen könnte, doch noch etwas zurückzudrehen.
In der Theorie muss möglicherweise auch noch der Weg zur Vergabekammer gegangen werden. Wir werden wahrscheinlich im Sommer wissen, ob die Vergabe gültig ist - dann ist der Auftrag weg - oder ob tatsächlich noch etwas zu rügen ist und die Ausschreibung deshalb erneut durchgeführt werden muss. Das Problem dabei ist nur: Es wird dann wieder eine Ausschreibung geben. Der Bau wird verzögert werden, was auch für die Bundeswehr nicht gut ist. Vor allem hätten wir dann immer noch keine Garantie dafür, dass die ins Auge gefasste Maßnahme hier bei uns durchgeführt werden kann. Auch das müssen wir wissen. Deswegen müssen wir auf drei Wegen vorgehen:
Erstens müssen wir prüfen, ob wir solche Vorkommnisse in Zukunft verhindern können. Der Haushaltsausschuss muss also blitzschnell beschließen, dass Marine-Überwasserschiffbau eine Schlüsseltechnologie ist, damit Aufträge für die Zukunft nicht mehr woanders hingegeben werden können.
Zweitens. Wir müssen Gespräche darüber führen, ob unsere Werftindustrie mittelbar vielleicht doch noch an dem Auftrag beteiligt werden kann. Vielleicht könnten ja diejenigen, die die Ausschreibung gewonnen haben, noch ein bestimmtes Know-how bei uns abfragen, wodurch wir - das wissen wir entsprechend eingebunden werden könnten.
Drittens. Wir müssen für den Unterwasserschiffbau, sprich: U-Boot-Bau, Kompensationen schaffen, um die Arbeitsplätze im Land halten und die Zulieferindustrien in Schleswig-Holstein unterstützen zu können.
Das sind die Aufgaben, denen wir uns nun stellen müssen. Diese Aufgaben müssen wir dringend und schnell erfüllen. Aber am Ende bleibt, meine Damen und Herren: Diese Auftragsvergabe ist so, wie sie gelaufen ist, ein typisches Versagen der Großen Koalition.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte begrüßen Sie mit mir gemeinsam auf der Besuchertribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtages Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule Nortorf. Herzlich willkommen!