Protokoll der Sitzung vom 21.09.2017

Vielen Dank. - Eigentlich ist es ja nur ein Verwaltungsakt; der kostet nun mal Geld. Ich zum Beispiel habe noch den rosa Führerschein, den ich auch irgendwann umtauschen muss. Das wird dann auch Geld kosten, und das habe ich mir auch nicht ausgesucht. Im Grunde ist es also doch nur ein Verwaltungsakt, der nun mal Geld kostet.

- Dass Ihre Partei von Menschenwürde, von Gleichstellung und von Vielfalt nicht besonders viel versteht,

(Jörg Nobis [AfD]: Darum geht es doch jetzt gar nicht!)

machen Sie auch mit solchen Vergleichen deutlich. Da kann ich Ihnen aber wohl nicht mehr helfen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Lars Harms [SSW])

Ich bin aber ganz froh darüber, dass Sie sich hier zu Wort gemeldet haben; denn Ihre Partei ist das beste Beispiel dafür, dass der Kampf gegen Homo- und Transphobie noch nicht gewonnen ist, sondern dass es inzwischen Kräfte gibt, die mit der Diskriminierung von sexuellen Minderheiten billig Stimmung machen wollen. Das ändert auch eine lesbische Spitzenkandidatin nicht.

Sie haben als Pressesprecher der AfD-Landtagsfraktion einen Herrn Rohling eingestellt, der ein Gegner der sogenannten Bildungsszene ist und der

(Rasmus Andresen)

sich sehr stark homophob engagiert. Das macht deutlich, welches Gesicht die AfD hat. Deshalb ist es wichtig, dass wir hier im Parlament gemeinsam und geschlossen gegen Homo- und Transphobie stehen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Lars Harms [SSW])

Der 1. Oktober ist ein guter Tag für unser Land; es ist der Tag, an dem viele Menschen gleichgestellt sein werden, und zwar unabhängig davon, ob sie heiraten wollen. Das hat auch für mich als homosexueller Mann, der nicht vorhat zu heiraten, eine wichtige Bedeutung, weil man gleichgestellt wird und weil man damit ein Stück mehr Menschenwürde erhält.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

- Wenn es anders wäre, würde ich das nicht mit Ihnen diskutieren, Frau Raudies.

(Heiterkeit)

An diesem Tag wird also ein Stück mehr Gleichstellung hergestellt. Niemandem wird durch diesen Schritt etwas genommen, aber viele gewinnen sehr viel Freiheit und sehr viel Würde zurück. Dies halte ich für sehr wichtig, und deshalb haben wir diesen Antrag heute eingebracht. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Wolf- gang Kubicki [FDP] und Lars Harms [SSW])

Für die FDP-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Dennys Bornhöft das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Zum Ende der laufenden Legislaturperiode des Bundestags wurde es noch einmal richtig spannend. Am 26. Juni dieses Jahres äußerte sich die Bundeskanzlerin Angela Merkel weniger restriktiv als sonst bei der Öffnung der Ehe für alle, also für gleichgeschlechtliche Partnerschaften, und verwies auf eine Gewissensfrage. Dieser Ball wurde von der Opposition und der SPD aufgenommen, und innerhalb weniger Tage wurde die Ehe für alle auf die Tagesordnung gesetzt und dann noch mit breiter Mehrheit verabschiedet.

An dieser Stelle möchte ich mich bei den Sozialdemokraten, Grünen, Linken sowie den paar CDUAbgeordneten bedanken, die nun eine Entscheidung bereits in dieser Legislaturperiode herbeigeführt ha

ben. Etwas wehmütig muss ich hinzufügen, dass es mich als Liberalen etwas geschmerzt hat, dass es kein Ja der Freien Demokraten bei dieser bedeutsamen Entscheidung im Bundestag geben konnte. Unbenommen davon halte ich es aber für sehr gut, dass die Entscheidung mit großer Mehrheit getroffen wurde.

In der Kürze der Zeit - von der Idee, es noch in diesem Jahr umzusetzen, und der schlussendlichen Verabschiedung - ist es begründet, dass hier und da noch etwas nachgesteuert werden muss, um fortschreitend Benachteiligung gleichgeschlechtlicher Pärchen abzubauen.

Mit vorliegender Drucksache möchten wir gewährleisten, dass diejenigen, die sich bereits eine Lebenspartnerschaft haben eintragen lassen, für die Eintragung der Umwandlung in eine Ehe nicht ein weiteres Mal Verwaltungsgebühren zahlen müssen. Das betrifft - es gab ja gerade die Frage nach der Finanzierung in Schleswig-Holstein bis zu 4.300 Paare, die davon profitieren könnten; denn so viele eingetragene Lebenspartnerschaften haben wir derzeit in Schleswig-Holstein. Die Gebühren liegen im Schnitt zwischen 40 und 150 €, je nachdem, welche ausländischen Rechtskreise noch heranzuziehen sind.

Mit der Verabschiedung der Eheöffnung für Homosexuelle ist der Kampf gegen Diskriminierung und auch Hass gegen nicht heterosexuelle Menschen noch lange nicht erfolgreich abgeschlossen. Ich denke beispielsweise an das Blutspendeverbot für Schwule. Es wurde zwar etwas gelockert. Aber nun heißt es, dass die Blutspende möglich ist, wenn man ein Jahr lang keinen Verkehr hatte. Welch ein Hohn!

(Zuruf Lars Harms [SSW])

Wenn ich als heterosexueller Mann häufig einen draufmache, dann habe ich wahrscheinlich kein Problem bei der Blutspende.

Das Blutspendeverbot aufgrund von sexueller Orientierung oder von sexuellem Verhalten ist per se diskriminierend und sollte daher überdacht werden.

(Beifall FDP und Rasmus Andresen [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Insbesondere in unserer Gesellschaft müssen wir noch weiter am Abbau von Vorurteilen und Abscheu arbeiten. Ganz plakativ zeigt uns das in der letzten Woche die selbst ernannte „Demo für alle“, die - als besorgtes Bürgertum getarnt - ganz offen gegen LGBT hetzt und versucht, Stimmung gegen diese Menschen zu machen. In der letzten Woche

(Rasmus Andresen)

sollte es einen Halt des Busses auf dem Kieler Rathausplatz geben. Wegen des Windes wurde die Fahrt aber abgesagt. Gegebenenfalls war es aber auch Gottes Zorn in Form des Sturmes, der den Bus und dessen Mitfahrer in Kiel gar nicht haben wollte. Wer weiß das schon.

Wir sind eine offene und tolerante Gesellschaft. Vielfalt und gegenseitiger Respekt sind unsere Stärke. Hierfür lohnt es sich zu kämpfen, im Großen wie im Kleinen.

Mit der vorliegenden Drucksache sorgen wir für etwas mehr Gerechtigkeit. Wir würden uns über ein breites positives Votum in diesem Hohen Hause sehr freuen. - Danke schön.

(Beifall FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die AfD-Fraktion hat Dr. Frank Brodehl das Wort.

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Das war jetzt viel AfD-Schelte. Aber wir halten das aus. Doch reden wir zur Sache.

Homosexuelle Paare, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, können das ab dem 1. Oktober in eine Ehe umwandeln lassen. Das hat der Gesetzgeber so gewollt. Er hat deswegen das Lebenspartnerschaftsgesetz geändert. Danach ist für die Umwandlung lediglich erforderlich, dass die beiden Lebenspartner gemeinsam vor einem Standesbeamten erscheinen und dort erklären, miteinander eine Ehe auf Lebenszeit führen zu wollen. Ist eine solche Erklärung von beiden ohne Benennungen abgegeben, gilt die Lebenspartnerschaft als in eine Ehe umgewandelt, und zwar rückwirkend.

Ab dem Tag der Umwandlung haben die Lebenspartner dann dieselben Rechte und Pflichten, und zwar so, als ob sie am Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft geheiratet hätten. Das ergibt sich klar aus Artikel 3 Absatz 2 des Gesetzes.

Die Fraktionen von CDU, Grünen und FDP wünschen nun, dass diese Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe kostenlos erfolgen soll. In Ihrem Antrag begründen sie dies wie folgt:

„Gleiche Liebe, gleiche Rechte bedeutet auch, dass Menschen, die bereits für die Eintragung der Lebenspartnerschaft Gebühren

entrichtet haben, nicht ein zweites Mal … zur Kasse gebeten werden.“

(Beifall Lars Harms [SSW])

- Genau, danke. - Das klingt gut, und das ist auch gut, insbesondere angesichts der Rückwirkung, die mit der Umwandlung von Lebenspartnerschaften in eine Ehe verbunden ist. Schließlich werden die Lebenspartner vom Zeitpunkt der Umwandlung an rechtlich so gestellt, als hätten sie bereits bei der Begründung der Lebenspartnerschaft die Ehe geschlossen.

Einem solchen Antrag kann man nur zustimmen, zumindest dann, wenn das zur Beurteilung dieses Antrags maßgebliche Kriterium Liebe heißt. Tatsächlich ist es aber so - das wissen Sie auch alle -, dass in Schleswig-Holstein die Pflicht zur Zahlung von Verwaltungsgebühren weniger mit Liebe zu tun hat, dafür aber umso mehr mit dem Verwaltungskostengesetz des Landes Schleswig-Holstein und dessen Ausführungsverordnungen.

So findet sich zum Beispiel im letzten Kommentar unter der Tarifstelle 19 - Personenstandsrechtliche Angelegenheiten - die Regelung, dass für die Prüfung der Ehefähigkeit 50 € erhoben werden müssen und für die Prüfung der Voraussetzungen für eine Lebenspartnerschaft derselbe Betrag.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Einwandfrei! So ist das!)

- Alles gut, genau, einmal gezahlt.

Was die Gebührenverordnung aber nicht vorsieht, ist der hier in Rede stehende Fall der Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Genau!)

Das bedeutet: Es gibt derzeit in Schleswig-Holstein gar keine Gebührenpflicht für die Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe. Es ist mir auch noch nicht bekannt geworden, dass irgendjemand so etwas einführen will oder die Einführung angeordnet hat.

In Ermangelung einer solchen Gebührenpflicht erweist sich der Antrag der Regierungsfraktionen als reine wahlkampfgetriebene Luftnummer. Jamaika versucht mit diesem Antrag lediglich, ein politisches Statement abzugeben, was durchaus legitim ist. Das Ganze ist trotzdem ein Just-for-Show-Antrag, der ein Problem zum Gegenstand hat, das es weder rechtlich noch tatsächlich gibt.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])