Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Aussage von Herrn Dr. Stegner, wir interessierten uns nicht für Menschen mit geringeren Einkommen, ist angesichts unseres vorgelegten Antrags schlichtweg nahezu unverschämt.
Wir haben in unserem Antrag genau diese Sorgen artikuliert. Wir haben in unserem Antrag formuliert: Eine Erhöhung der jetzigen Regelaltersgrenze streben wir nicht an. Das heutige Rentenniveau sollte nicht weiter fallen.
Wer angesichts dieser Aussage hier seine alten Parolen kundtut, springt in dieser Rentendebatte entschieden zu kurz.
Um es klar zu sagen, meine Damen und Herren: Wer ein volles Arbeitsleben hinter sich hat, soll auch am Lebensabend mit seinem Partner oder seiner Partnerin vernünftig leben können. - Das ist unsere Position hierzu. Wir sollten eher betonen, dass uns da vielleicht etwas nicht unterscheidet, als neue Gräben zu ziehen.
Frau von Kalben hat gestern gesagt, 20 % der Kinder seien von Armut bedroht. Das sind in einigen Regionen und Städten zum Teil sogar mehr. Die Altersarmut steigt deutlich. Das Problem wird deutlich größer. Wir stimmen überein, dass wir alles tun müssen, damit diese soziale Problematik, die schon im jüngeren Alter als Jugendarmut oder im fortgeschrittenen Alter als Altersarmut prägt, verhindert wird. Die Öffnung der sozialen Schere darf nicht größer, sondern muss kleiner werden.
Die Rente liegt nicht im Tresor der Bundesbank, sondern sie muss erwirtschaftet werden. Deshalb gehören zur Rente gute Arbeitsbedingungen, gute Arbeits- und Ausbildungsverträge und Bildung.
- Herr Kollege Dr. Stegner, Bundestagswahl? Glauben Sie, dass Sie mit Ihrem Rentenantrag Herrn Schulz nach oben bringen?
Ob die Finanzierung der Rentensicherung nur durch Beiträge erfolgen kann, ist sehr fraglich. Wir brauchen auch private Formen. Wir brauchen auch betriebliche Formen, die allerdings wie in Amerika gestaltet sein können, denn es kann dem Betrieb ja auch schlechter gehen. Wir brauchen auch steuerliche Komponenten. All dies haben wir in unserem Antrag formuliert.
Ich will bei der Gelegenheit sagen: Ich finde diesen Jamaika-Antrag, den wir zum Thema Rente formuliert haben, anspruchsvoll und vielleicht sogar ein
klein wenig wegweisend. Das ist kein 08/15-Antrag, sondern der Antrag wird möglicherweise aus Kiel ein Signal in der Rentendebatte senden.
Zu diesen Eckpfeilern will ich nur kurz erwähnen: Rentenniveau nicht senken. Es liegt derzeit bei 48,2 %. Jeder kann sich ausrechnen, was wir meinen.
Altersgrenze 67. Mehr als das, was die Kanzlerin dazu gesagt hat, kann sie nicht sagen. Sie kann nicht deutlicher werden.
Wir brauchen flexible Formen. Dabei muss man zwei Dinge berücksichtigen: Wer weniger arbeitet, wird auch weniger Rente haben. Auch heute ist es schon möglich, neben der Rente zu arbeiten.
Herr Kollege Kalinka, da Sie auf Ihren wegweisenden Antrag verwiesen haben, frage ich Sie: Können Sie mir kurz erläutern, warum Sie in den Antrag geschrieben haben: „Eine Erhöhung der jetzigen fixen Regel der Altersgrenze streben wir nicht an“? - Warum haben Sie nicht geschrieben: „Wir lehnen eine Erhöhung ab“?
Wir haben eine Dreier-Aussage, durch die klar wird, wohin unsere Richtung gehen soll. Die ist damit formuliert. Ob sie damit ein Stück stärker so oder so akzentuiert wird? Wir machen im Übrigen nicht das Rentengesetz - das will ich an dieser Stelle deutlich sagen -, sondern wir haben eine Meinung, die deutlich wird. - Ich merke, wie sehr Ihnen unsere Meinung wehtut. Das merke ich daran, wie Sie darauf reagieren.
Vielleicht ist in dieser Debatte sichtbar geworden, dass es Ihnen nicht gelingt, einen Graben zwischen der einen und der anderen Seite aufzutun. Kurz gesagt: Unsere Aussage hat einen klaren Fixpunkt, der in den Äußerungen der Kanzlerin liegt.
Sonst hätte ich mich nicht gemeldet. - Sie haben eben wiederum vermieden zu sagen, dass Sie eine Erhöhung der Regelaltersgrenze ablehnen. Ich mache mir weniger Sorgen um Sie oder um Ihren Antrag, ich mache mir aber durchaus Sorgen, wenn Herr Schäuble sagt: 70 oder vielleicht ein bisschen mehr. - Dann mache ich mir Sorgen über die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die das nicht erreichen können.
Also: Warum vermeiden Sie es, jetzt den Satz zu sagen, dass Sie als Vertreter des CDU-Arbeitnehmerflügels das kategorisch ablehnen? Das können Sie hier doch sagen.
Herr Kollege, ich kann nur sagen, dass wir uns der Position der Kanzlerin, dass die Rente mit 67 bleiben soll, gut anschließen können; das gilt jedenfalls für mich. Wie das andere sehen, kann ich nicht sagen. Der eine oder andere mag vielleicht andere Aspekte stärker gewichten. Ich finde es wichtig, dass wir uns einig sind, dass es nicht unsere vorrangige Zielsetzung ist, hier für Veränderung zu sorgen.