Protokoll der Sitzung vom 21.09.2017

Herr Dr. Stegner, kommen Sie bitte zum Ende.

Dem Antrag des SSW stimmen wir übrigens auch zu. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall SPD, SSW und Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Werner Kalinka das Wort.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Werner! - Beifall FDP)

Wolfgang, ich werde dich vermissen.

(Heiterkeit und Beifall CDU, FDP und Lars Harms [SSW])

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Aussage von Herrn Dr. Stegner, wir interessierten uns nicht für Menschen mit geringeren Einkommen, ist angesichts unseres vorgelegten Antrags schlichtweg nahezu unverschämt.

(Beifall CDU, FDP und Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir haben in unserem Antrag genau diese Sorgen artikuliert. Wir haben in unserem Antrag formuliert: Eine Erhöhung der jetzigen Regelaltersgrenze streben wir nicht an. Das heutige Rentenniveau sollte nicht weiter fallen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sollte!)

Wer angesichts dieser Aussage hier seine alten Parolen kundtut, springt in dieser Rentendebatte entschieden zu kurz.

(Dr. Ralf Stegner)

(Beifall CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Um es klar zu sagen, meine Damen und Herren: Wer ein volles Arbeitsleben hinter sich hat, soll auch am Lebensabend mit seinem Partner oder seiner Partnerin vernünftig leben können. - Das ist unsere Position hierzu. Wir sollten eher betonen, dass uns da vielleicht etwas nicht unterscheidet, als neue Gräben zu ziehen.

Frau von Kalben hat gestern gesagt, 20 % der Kinder seien von Armut bedroht. Das sind in einigen Regionen und Städten zum Teil sogar mehr. Die Altersarmut steigt deutlich. Das Problem wird deutlich größer. Wir stimmen überein, dass wir alles tun müssen, damit diese soziale Problematik, die schon im jüngeren Alter als Jugendarmut oder im fortgeschrittenen Alter als Altersarmut prägt, verhindert wird. Die Öffnung der sozialen Schere darf nicht größer, sondern muss kleiner werden.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Die Rente liegt nicht im Tresor der Bundesbank, sondern sie muss erwirtschaftet werden. Deshalb gehören zur Rente gute Arbeitsbedingungen, gute Arbeits- und Ausbildungsverträge und Bildung.

(Beifall Martin Habersaat [SPD] - Beate Raudies [SPD]: In der Tat!)

Das alles gehört zur Rente, und das steht in unserem Antrag.

(Beifall CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Bundes- tagswahl!)

- Herr Kollege Dr. Stegner, Bundestagswahl? Glauben Sie, dass Sie mit Ihrem Rentenantrag Herrn Schulz nach oben bringen?

(Heiterkeit und Beifall CDU, FDP und Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ob die Finanzierung der Rentensicherung nur durch Beiträge erfolgen kann, ist sehr fraglich. Wir brauchen auch private Formen. Wir brauchen auch betriebliche Formen, die allerdings wie in Amerika gestaltet sein können, denn es kann dem Betrieb ja auch schlechter gehen. Wir brauchen auch steuerliche Komponenten. All dies haben wir in unserem Antrag formuliert.

Ich will bei der Gelegenheit sagen: Ich finde diesen Jamaika-Antrag, den wir zum Thema Rente formuliert haben, anspruchsvoll und vielleicht sogar ein

klein wenig wegweisend. Das ist kein 08/15-Antrag, sondern der Antrag wird möglicherweise aus Kiel ein Signal in der Rentendebatte senden.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Zu diesen Eckpfeilern will ich nur kurz erwähnen: Rentenniveau nicht senken. Es liegt derzeit bei 48,2 %. Jeder kann sich ausrechnen, was wir meinen.

Altersgrenze 67. Mehr als das, was die Kanzlerin dazu gesagt hat, kann sie nicht sagen. Sie kann nicht deutlicher werden.

(Beate Raudies [SPD]: Davor haben wir ja gerade Angst!)

Wir brauchen flexible Formen. Dabei muss man zwei Dinge berücksichtigen: Wer weniger arbeitet, wird auch weniger Rente haben. Auch heute ist es schon möglich, neben der Rente zu arbeiten.

(Zuruf SPD: Schrecklich!)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Dr. Dolgner?

Deswegen habe ich innegehalten, Frau Präsidentin.

(Heiterkeit CDU)

Das ist sehr freundlich von Ihnen. - Herr Dr. Dolgner, bitte.

Herr Kollege Kalinka, da Sie auf Ihren wegweisenden Antrag verwiesen haben, frage ich Sie: Können Sie mir kurz erläutern, warum Sie in den Antrag geschrieben haben: „Eine Erhöhung der jetzigen fixen Regel der Altersgrenze streben wir nicht an“? - Warum haben Sie nicht geschrieben: „Wir lehnen eine Erhöhung ab“?

(Zurufe SPD: Das wäre zu entschieden! Sie brauchen immer eine Hintertür!)

Wir haben so viele Türen offen, dass wir keine Hintertüren brauchen.

(Werner Kalinka)

(Heiterkeit und Beifall CDU, FDP und Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Könnten wir uns jetzt auf die Beantwortung der Frage konzentrieren?

Wir haben eine Dreier-Aussage, durch die klar wird, wohin unsere Richtung gehen soll. Die ist damit formuliert. Ob sie damit ein Stück stärker so oder so akzentuiert wird? Wir machen im Übrigen nicht das Rentengesetz - das will ich an dieser Stelle deutlich sagen -, sondern wir haben eine Meinung, die deutlich wird. - Ich merke, wie sehr Ihnen unsere Meinung wehtut. Das merke ich daran, wie Sie darauf reagieren.

(Beifall CDU und Kay Richert [FDP])

Vielleicht ist in dieser Debatte sichtbar geworden, dass es Ihnen nicht gelingt, einen Graben zwischen der einen und der anderen Seite aufzutun. Kurz gesagt: Unsere Aussage hat einen klaren Fixpunkt, der in den Äußerungen der Kanzlerin liegt.

Der Abgeordnete Dr. Dolgner möchte eine weitere Frage anschließen.

Wenn er Lust dazu hat.

Sonst hätte ich mich nicht gemeldet. - Sie haben eben wiederum vermieden zu sagen, dass Sie eine Erhöhung der Regelaltersgrenze ablehnen. Ich mache mir weniger Sorgen um Sie oder um Ihren Antrag, ich mache mir aber durchaus Sorgen, wenn Herr Schäuble sagt: 70 oder vielleicht ein bisschen mehr. - Dann mache ich mir Sorgen über die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die das nicht erreichen können.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Also: Warum vermeiden Sie es, jetzt den Satz zu sagen, dass Sie als Vertreter des CDU-Arbeitnehmerflügels das kategorisch ablehnen? Das können Sie hier doch sagen.

Herr Kollege, ich kann nur sagen, dass wir uns der Position der Kanzlerin, dass die Rente mit 67 bleiben soll, gut anschließen können; das gilt jedenfalls für mich. Wie das andere sehen, kann ich nicht sagen. Der eine oder andere mag vielleicht andere Aspekte stärker gewichten. Ich finde es wichtig, dass wir uns einig sind, dass es nicht unsere vorrangige Zielsetzung ist, hier für Veränderung zu sorgen.