ne Herausforderung. Wir brauchen in der Demokratie die Auswahl, die Vielfalt, und dies muss sich jenseits der Rechten abspielen. Wir müssen also beides tun: als Demokratinnen und Demokraten zusammenstehen, aber auch so stark sein, dass wir uns untereinander noch in Regierung und Opposition aufteilen.
Für uns in Schleswig-Holstein ist es deshalb auch weniger schwierig, sich gegen rechts abzugrenzen, weil wir beides haben: eine funktionierende Regierungskoalition und eine starke demokratische Opposition. Deshalb ist es für uns auch gut möglich, Politik ohne die AfD zu machen.
In anderen Ländern ist das schon deutlich schwieriger. Nicht nur deshalb sind wir Grüne völlig klar der Meinung, dass auch die Linke in dieses demokratische Spielfeld gehört, zumal ich finde, dass die Links-Rechts-Vergleiche die Nazis verharmlosen.
Das teilen übrigens auch die Menschen in meiner Partei, die zum BÜNDNIS 90 beziehungsweise zur Bürgerrechtsbewegung gehörten, und das sind Menschen, die allen Grund hätten, sich von den Linken zu distanzieren.
Es gibt auch Stimmen, die die Ausgrenzung der AfD infrage stellen, weil sie sich gerne als Opfer inszenieren. Wir haben es gestern Abend schon erlebt - wir werden es sicher gleich auch noch in der Rede von Herr Nobis hören, wenn er dann sagt: Ich werde hier als Opfer in die Ecke gedrängt; wir sind demokratisch gewählt und werden von den anderen Demokraten ausgegrenzt.
Diese Opferinszenierungen gehen mir so etwas von auf den Keks. Gauland zum Beispiel bezeichnete die Wahl des Ministerpräsidenten in Thüringen als normal, obwohl direkt danach die AfD in Thüringen selber gesagt hat, dass sie die FDP auf die Bühne gelockt und in einer inszenierten Wahl den Kollegen gewählt hat. Es macht doch deutlich, dass hier eine Strategie verfolgt wurde und hier nicht irgendetwas aus Versehen passiert ist. Eine Strategie, der wir nicht auf den Leim gehen dürfen.
Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist nicht normal, wenn Antidemokraten die Demokratie erschüttern, das ist gefährlich. Die Verharmlosungstaktik der AfD, gerade auch hier im Parlament, macht mich wahnsinnig. Kein Wort von einer Distanzierung zu den Äußerungen von Höcke, Gauland oder gar ihrer Ex-Kollegin von Sayn-Wittgenstein. Auf verschiedene Rückfragen - und wir haben
mehrfach von Ihnen gefordert, sich von den Kollegen zu distanzieren - sind Sie ausgewichen, sind Sie zurückgewichen, genauso wie gestern Abend in der Förde-Runde.
Deshalb kommt für uns eine Zusammenarbeit mit Ihnen heute und in Zukunft nicht infrage. Aus diesem Grund werfe ich Sie auch in einen Korb mit Ihren Parteikollegen, die undemokratisch, rassistisch und geschichtsvergessen sind, und viele von denen sind auch Nazis.
Meine Damen und Herren, eine Partei, die von vielen Menschen gewählt wird, kann rechtsradikal sein. Davon müssen wir uns abgrenzen, von ihren Wählerinnen und Wählern aber nicht. Was können wir aber nun dafür tun? - Klar, dann kommt immer die Antwort: Machen Sie doch gute Politik! - Aber gute Politik gegen AfD-Stimmen zu machen, ist leichter gesagt als getan. Denn, welche Politik ist gut? Politik muss unterschiedliche Interessen bedienen. Die einen finden die eine Politik gut, die anderen die andere. Das ist das Wesen der Demokratie, dass man nach einem Kompromiss sucht, weil es eben so unterschiedliche Interessen gibt. Es gibt nicht die gute Politik, genauso wenig, wie es den einen Bürgerinnen-/Bürgerwillen gibt, wenn es heißt, dass wir auf die Bürgerinnen und Bürger hören sollen. Es gibt sehr verschiedene Interessen. Hier Kompromisse zu finden, ist das Anstrengende an der Demokratie, und diese Kompromisse anschließend zu erklären, ist anstrengend, aber nötig.
Populistinnen und Populisten haben es da einfacher. Die sagen: Schwarz ist schwarz und weiß ist weiß. Mehr Farben gibt es nicht. - Demokratie und unsere Gesellschaft sind aber bunt. Unser Job ist es, dies positiv zu füllen. Wir müssen unsere Antworten mit verständlichen Worten erklären, einfache Worte, aber nicht einfache Lösungen.
Wir Demokratinnen und Demokraten werden unsere Arbeit verteidigen und werden die Menschen für die Demokratie zurückgewinnen. Jetzt erst recht! Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin dafür dankbar, dass wir heute gemeinsam die Aktuelle Stunde beantragt haben. Das ist in diesen aufgeheizten Zeiten, wo ja so manches aus den Fugen zu geraten scheint, ein ganz wichtiges Signal an die Bevölkerung in Schleswig-Holstein. Es macht deutlich, dass wir in diesem Bundesland bei allen politischen Unterschieden, die wir gern noch lebhafter austragen sollten, einen demokratischen Grundkonsens haben sollten. Der lautet: Nie wieder darf der rechte Rand hier eine Chance haben.
Gerade bei jemandem wie Herrn Höcke gibt es keinerlei Zweifel mehr, wo er politisch und in welcher widerlichen Tradition er steht. Gerade Thüringen hat eine besondere Geschichte, was das angeht. Ich fürchte, da hat Herr Stegner ausnahmsweise recht, als er Herrn Gauland erwähnt und ihn als die Mitte der Partei bezeichnet hat. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Das macht sehr deutlich, wo die AfD in ihrer Gesamtheit mittlerweile angekommen ist.
Man denke allein in den letzten Tagen an Höckes Auftritt bei PEGIDA in Dresden oder auch an das rassistische Kindermalbuch in Nordrhein-Westfalen. Es ist unvorstellbar, was dort mittlerweile mit Steuergeld finanziert wird. Auch der Mord an Walter Lübcke, rechte Terrorakte und rechte Terrorpläne, die in diesen Tagen aufgedeckt wurden, fallen nicht vom Himmel, sondern haben eine Vorarbeit, die dem Ganzen zugrunde liegt.
Der Eklat bei der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen war aus der Sicht meiner Fraktion und unserer Landespartei ein beschämender Vorgang; denn ein liberaler Regierungschef kann niemals einen Regierungsauftrag aus einer Wahl ableiten, die nur durch die Stimmen von illiberalen Demokratieverächtern vom rechten Rand, ermöglicht wurde.
Unsere Weltoffenheit, unsere Toleranz sowie unser positives Menschen- und Gesellschaftsbild stehen dem der AfD diametral entgegen. Insofern kann es keinerlei Kooperation geben, auch eine solche nicht.
Thomas Kemmerich hätte die Wahl zum Ministerpräsidenten nicht annehmen dürfen. Man kann auch darüber streiten, ob es angesichts der unklaren Ver
hältnisse in Thüringen überhaupt schlau war, im dritten Wahlgang als Gegenkandidat zur AfD anzutreten. Thomas Kemmerich wollte der Kandidat der Mitte sein, aber durch die Finte der AfD, ihrem Kandidaten, den sie im dritten Wahlgang noch einmal vorgeschlagen hatte, keine einzige Stimme zu geben, konnte er eben nicht der Ministerpräsident der Mitte sein. Ich bedaure es sehr, dass Herr Kemmerich rund einen Tag gebraucht hat, um diesen Fehler einzuräumen und zu korrigieren.
Meine Damen und Herren, man muss sich erst einmal auf diese Methoden einstellen, und Thüringen ist da sicherlich eine Lehre. Bei allem Respekt vor unserer Kommunalpolitik - allein die Tatsache, dass die AfD einen parteilosen Bürgermeister eines sehr kleinen Dorfes für dieses hohe Amt des Ministerpräsidenten vorgeschlagen hat, hätte einen misstrauischer werden lassen müssen.
Ich kenne Thomas Kemmerich persönlich. Er ist ein erfolgreicher Unternehmer und ein engagierter Demokrat, der sehr offensiv gegen die AfD in Thüringen Wahlkampf gemacht hat. Dass er aber die Wahl angenommen und sich dann zu spät korrigiert hat, hat die FDP bei vielen Menschen in den Verdacht gebracht, dass wir insgeheim mit Demokratieverächtern gemeinsame Sache machen würden, wenn sich das für uns lohnt. Sie glauben gar nicht, wie sehr uns das schmerzt. Der Einsatz gegen Rechtsextremismus ist für mich persönlich bis heute eines der Hauptmotive, warum ich mich politisch einbringe. Wenn ich an Demonstrationen teilnehme, dann fast ausschließlich an solchen gegen Rechtsextremismus und Rassismus. Dafür darf es in unserer Gesellschaft keinen Platz geben.
Auch mich haben viele Bürger in den letzten zwei Wochen angesprochen und gesagt: Naja, das war zwar nicht schön, aber der Mann ist doch gewählt, und dann lasst ihn doch erst einmal arbeiten. Das ist doch euer Parteifreund. - Ich entgegne dann darauf: Wie soll er denn unter solchen Umständen überhaupt regieren? Das ist ja allein rechnerisch schon gar nicht möglich, aber das ist auch moralisch nicht in Ordnung.
Wir hätten uns die erste Wahl eines FDP-Ministerpräsidenten seit 1953 - das können Sie mir wirklich glauben - offen gestanden völlig anders vorgestellt. Wir hatten gedacht, wir könnten uns freuen. Das war aber in Thüringen nicht der Fall.
Die Reaktion meiner Partei war zunächst zu zögerlich, das ist unstrittig. Auch wir in Schleswig-Holstein wurden von der Entwicklung in Thüringen kalt erwischt. Wir haben uns damit zu wenig auseinandergesetzt. Wir waren zunächst ziemlich sprachlos, haben uns dann aber sehr schnell maximal davon distanziert.
Wir hätten uns als gesamte Partei viel früher und viel intensiver mit der Tatsache auseinandersetzen müssen, dass in Thüringen Linke und AfD erstmals eine rechnerische Mehrheit in einem Parlament haben und dass wir dort keine Zuschauer sind, sondern Verantwortung tragen und es neue Lösungen geben muss. Es hat in Thüringen auch Gespräche gegeben; auch die FDP hat eine partielle Zusammenarbeit bei bestimmten Vorhaben angeboten. Trotzdem war es eine schlechte Vorbereitung und ein Desaster, das am Ende dabei herausgekommen ist.
Insofern hat der Eklat von Erfurt meine Partei in eine Krise gestürzt. Christian Lindner hat sich im Deutschen Bundestag im Namen der Freien Demokraten entschuldigt. Er hat zuvor im Bundesvorstand die Vertrauensfrage gestellt. Dass sich einige meiner Parteifreunde zunächst über die Wahl eines FDP-Parteifreundes gefreut haben, ist zutreffend. Für uns stand dennoch immer außer Frage, dass wir jegliche Kooperation mit der AfD ausschließen. Dazu gehört auch dieser Vorgang. Dass das einige zu spät begriffen haben, bedauern wir sehr.
Es gibt auch kein „bürgerliches Lager“ mit der AfD. Dieses Wording haben sogar einige Journalisten in Ostdeutschland übernommen. Ich lasse mich schon ungern mit der Union - aus völlig anderen Gründen - in ein bürgerliches Lager bringen, weil ich nicht genau weiß, was das ist.
Mit diesem Framing wird versucht, die AfD massiv zu verharmlosen. Ich sage ganz deutlich: Wer wirklich Bürgersinn hat, hat mit dieser Partei nichts zu tun, er gehört ihr nicht an, er wählt sie nicht, und er unterstützt sie nicht. Das ist keine bürgerliche Partei.
Uns wurde auch vorgeworfen, dass wir Herrn Ramelow und Herrn Höcke beziehungsweise Linke und AfD gleichsetzen würden. Da wurde teilweise unsauber argumentiert. Ich sage ganz deutlich: Wir würden die AfD und jemanden wie Herrn Ramelow, der fünf Jahre Ministerpräsident war, der
Rückhalt in Thüringen genießt, nicht gleichsetzen; das ist nicht das Gleiche. Wir arbeiten im Bundestag, zum Beispiel bei der Einsetzung von Untersuchungsausschüssen oder der Reform des Wahlrechts, auch mit den Linken zusammen. Auch in Thüringen hat es - wie gesagt - Gespräche mit Herrn Ramelow und zumindest die Zusage einer partiellen Zusammenarbeit gegeben. Das würden wir mit der AfD nicht machen.
Das heißt aber nicht, dass die Linke für uns eine normale Partei ist. Auch das will ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen. Das hat mit der Vergangenheit zu tun, mit der aus unserer Sicht unzureichenden Distanzierung und schlichtweg mit der Programmatik und mit bestimmten Mitgliedern, die in dieser Partei immer noch in Führungspositionen sind. Deshalb kann es zwischen uns und den Linken keine Koalition geben. Mit der AfD gibt es aber keinerlei Kooperation. Das ist der entscheidende Unterschied.
Jüngste Personalentscheidungen der Linken-Bundestagsfraktion bestätigen uns darin. Ich weiß, dass es auch innerhalb anderer Parteien, auch im linken Spektrum, Diskussionen gibt. Ich verweise nur auf das Interview von Frau Lütkes, die Ministerin in Thüringen werden sollte und wahrscheinlich auch wird, die sich ebenfalls von einer Zusammenarbeit auf Bundesebene distanziert hat. Aber das ist keine Gleichsetzung mit einer rechtsextremen Partei - das will ich ganz deutlich sagen -, das ist etwas anderes.
Am meisten hat mich an dem Eklat in Thüringen die Tatsache geärgert, dass wir dazu beigetragen haben, dass es der AfD gelungen ist, insbesondere jemandem wie Björn Höcke, die Demokratie in Deutschland vorzuführen. Das ist das Beschämende. Teilweise wurde durch diese Aktion auch die Bundespolitik ins Chaos gestürzt, und das mit einem ziemlich billigen Trick, mit dem man hätte rechnen können. Meines Wissens war es das erste Mal, dass man in einem Wahlgang jemanden vorschlägt und ihn dann nicht wählt. Das zeigt das, was Herr Stegner angesprochen hat: Das ist das Muster, das wir aus der Vergangenheit kennen, dass man das Parlament mit seinen eigenen Mitteln vorführt und damit die gesamte Demokratie delegitimieren will. Dagegen müssen wir uns zur Wehr setzen.
Das ist natürlich verschlagen und ehrlos, aber wir müssen uns als Demokraten auf diese zerstörerischen Instrumente besser einstellen.