Protokoll der Sitzung vom 20.02.2020

(Beifall FDP, SSW und vereinzelt CDU)

denn es muss für die SPD und für die hiesige Fraktion sehr schmerzhaft sein, dass Sie mit Ihrer Verbotsstrategie, die Sie im Online-Glücksspiel lange verfolgt haben, auf völlig verlorenem Posten und völlig einsam zurückgeblieben sind.

(Zuruf: Das ist ein Alleinstellungsmerkmal!)

- Das ist ein Alleinstellungsmerkmal. Dass Sie unseren Antrag als einen Jubeltag verunglimpfen wollen, macht die Sache nicht besser.

(Zuruf SPD)

Es gibt durchaus parlamentarische Gründe dafür, warum dieser Antrag hier und heute debattiert werden muss. Ich weiß, dass Sie es nicht gern haben, wenn wir in die Vergangenheit zurückgucken, aber gucken wir in die Vergangenheit zurück und erinnern wir uns an den 22. September 2017. Den habe ich persönlich im Parlament noch gar nicht miterlebt, aber ich konnte in Protokollen darüber nachlesen. An dem Tag hat dieser Landtag sehr deutlich die Bedingungen, die eine künftige Glückspielregulierung haben muss, beschlossen. Dieser Beschluss ist so eng gewesen, dass er nicht im hundertprozentigen Einklang mit dem steht, was jetzt im Glücksspielstaatsvertrag geregelt werden wird.

Wenn wir unsere Landesregierung ermächtigen wollen - das ist der Grund für diesen Antrag - diesen Glücksspielstaatsvertrag Anfang März 2020 auf der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz zu unterzeichnen, dann müssen wir uns heute mit diesem Thema befassen und den Weg dafür freimachen, Herr Dr. Dolgner.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das haben Sie schlicht übersehen. Das mache ich Ihnen nicht zum Vorwurf, aber dann müssen Sie sich jetzt die Kritik an Ihrem Beitrag anhören und gefallen lassen, Herr Dr. Dolgner. Sie liegen schlicht daneben.

(Beifall FDP, CDU und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Glücksspielstaatsvertrag wird Gegenstand dieses Parlaments werden, sobald er durch die Landesregierung unterzeichnet ist, und nicht vorher. Das ist auch parlamentarische Tradition und Gepflogenheit, und das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Dolgner?

Herr Rossa, Sie als Jurist können mir doch sicherlich den Teil der Geschäftsordnung und der Verfassung zeigen, der dieses Parlament dazu verpflichtet oder es der Regierung nicht ermöglicht, einen Staatsvertrag zu unterzeichnen, ohne Vorabzustimmung des Parlaments. Sagen Sie mir bitte, bei wie vielen Staatsverträgen die

(Lasse Petersdotter)

ses Verfahren, das Sie heute wählen und das angeblich so normal ist -

(Zurufe CDU)

- Ich weiß, dass euch das unangenehm ist. Ich stelle aber die Frage Herrn Rossa. Warum seid ihr denn so unruhig? Ich will nur etwas lernen.

(Zurufe CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Dolgner.

- Ich will nur etwas lernen. Herr Rossa belehrt so gern, da will ich etwas von ihm lernen.

(Zurufe CDU und FDP)

Ich will von ihm gern lernen, bei wie vielen Staatsverträgen dieses Verfahren, das so normal ist, in der Geschichte Schleswig-Holsteins so durchgeführt worden ist.

Bei dem Verfahren, das Sie erwähnen, hat sich das Parlament geweigert, die Zuführung des Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrages überhaupt anzunehmen und zu beraten. Das ist also ein schlechtes Beispiel. Herr Rossa, ich will nur ein Beispiel dafür, dass das normal ist.

Nein. Herr Dolgner, Sie reden an der Sache vorbei. Das ist das Problem.

(Beifall FDP - Dr. Kai Dolgner [SPD]: Billi- ge Ausflucht!)

Der entscheidende Punkt ist, dass wir am 22. September 2017 einen Beschluss gefasst haben, in dem wir ganz eindeutig festgelegt haben, welche Bedingungen in der Glücksspielregulierung künftig erfüllt sein müssen. An diesen Beschluss ist die Landesregierung gebunden, wenn sie sicherstellen möchte, dass dieser Landtag am Ende - nach Parlamentsbefassung - einem Staatsvertrag zustimmt. Dieser Staatsvertrag steht im Widerspruch zu einem Landtagsbeschluss. Darum geht es.

Es geht nicht darum, ob wir uns vorher mit diesem Staatsvertrag befassen wollen oder nicht, sondern wir müssen von diesem Beschluss des Landtags wegkommen, damit Daniel Günther als Ministerpräsident des Landes am 5. März 2020, wenn ich mich recht erinnere, diesen Staatsvertrag unterschreiben kann. Ansonsten stellt er sich mit seiner

Unterschriftsleistung gegen einen Beschluss des Landtags. Darum geht es. Dieser Landtagsbeschluss vom 22. September 2017 wird mit der heutigen Debatte, der Abstimmung und einer Zustimmung zu diesem Beschluss relativiert und da, wo er dem Glücksspielstaatsvertrag entgegenstehen würde, aus der Welt geschafft. Das ist alles.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Zwischenbemerkung?

Herr Rossa, vielen Dank dafür. Ich habe also gelernt: Das Parlament fasst einen Beschluss. Um sicherzustellen, dass Ihre Regierung ihn tatsächlich ausführt, brauchen Sie einen weiteren Beschluss. Das ist interessant. Danke für diese Lehrstunde. Dann kann ich mich auf das nächste Mal durchaus vorbereiten.

Ich möchte übrigens für die SPD-Fraktion sagen, dass der damalige Parlamentsbeschluss, der uns jetzt bindet, ohne Ausschussberatung und ohne Fachberatung gefasst worden ist. Das machen Sie jetzt noch einmal.

(Zuruf Lukas Kilian [CDU])

- Sie werden ja vielleicht auch noch einmal in der Opposition sitzen, Herr Kilian. Dann werde ich Sie so reden hören, wie Ihre Vorgänger in der letzten Wahlperiode geredet haben.

(Lukas Kilian [CDU]: Wenn ich so rede, dann hör ich auf!)

- Herr Dolgner, auch diese etwas hilflosen weiteren Deutungsversuche ändern an der Sachlage leider nichts.

(Dr. Kai Dolgner [SPD]: Danke!)

- Ich bin noch nicht fertig; ich kann noch ganz lange. Sie müssen die Sachlage zur Kenntnis nehmen. Das fällt ja manchmal schwer, weil es den eigenen politischen Überzeugungen so zuwiderzulaufen scheint, aber hier geht es wirklich nur darum, dass wir in diesem Parlament eine Beschlusslage hinbekommen müssen, die einer Unterschriftsleistung nicht entgegensteht. So einfach ist das. Und dafür

(Jan Marcus Rossa)

brauchen wir wahrlich keine Ausschussbefassung zu diesem Thema und zu der Frage, ob der Ministerpräsident einen Glücksspielstaatsvertrag unterschreiben darf oder nicht.

Um mehr geht es hier und heute nicht. Das haben Sie missverstanden. Das mag ich Ihnen zugutehalten. Allerdings war Ihr Auftritt hier mit derart viel Power vorgetragen worden, dass die Richtigstellung durch mich jetzt etwas schmerzhafter ist, als das hätte sein müssen.

(Beifall FDP und CDU)

Ich möchte mich den Danksagungen und Glückwünschen nicht nur anschließen, ich möchte sie wiederholen. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass wir insbesondere im GAK, im gemeinsamen Arbeitskreis Glücksspiel, gemeinsam mit dem Chef der Staatskanzlei und der Verstärkung durch den SSW mit Lars Harms wirklich konstruktiv in den vergangenen Monaten zusammengearbeitet haben.

Wir haben hier in Schleswig-Holstein natürlich auch aufgrund unserer praktischen Erfahrungen, die wir in den vergangenen Jahren im Bereich des Online-Glücksspiels haben sammeln können, ganz klare Vorstellungen gehabt. Wir haben Ihnen in unseren Gesprächen auch immer wieder gesagt, was wir uns von Ihnen wünschen, und Ihnen eine Art Verhandlungsmandat mitgegeben. Das hat Ihnen das Leben sicherlich nicht leichter gemacht, Herr Schrödter, das ist ohne Frage so. Wie man mir zugetragen hat, mussten Sie sich von Ihren Staatskanzleikollegen den Vorwurf anhören, es gehe nicht alles nach der Nase der Schleswig-Holsteiner. - Ja, aber doch sehr viel. Im Ergebnis können wir das feststellen, und das ist ein großer Erfolg, den sie da in den Verhandlungen erreicht haben, das möchte ich ausdrücklich sagen.

(Beifall FDP und CDU)

Es hat sich glücklicherweise weitgehend durchgesetzt: Wenn wir in Deutschland illegales Glücksspiel wirksam bekämpfen wollen, dann muss das legale Angebot eine attraktive Alternative zum Schwarzmarkt sein. Das war eines der Hauptargumente gegen das generelle Verbot von OnlineGlücksspielen.

Hohe bürokratische Hürden gefährden dieses Ziel. Deshalb wird nach dem letzten Verhandlungsstand auch noch darüber diskutiert, ob zum Beispiel eine flexiblere Limitregelung nicht sinnvoller wäre, um den Sumpf des Schwarzmarktes wirklich nachhaltig trockenzulegen.

Aber man muss natürlich bei Staatsverträgen realistisch sein, und das sind auch wir. Hier sind 16 Bundesländer, die sich mehrheitlich starr für ein Verbot des Online-Glücksspiels ausgesprochen haben, unter einen Hut zu bringen gewesen. Das ist gelungen, und das sollte man auch nicht gefährden.

Wir können mit diesem Verhandlungsergebnis hier in Schleswig-Holstein durchaus gut leben. Ein schleswig-holsteinischer Sonderweg, den wir im Jahre 2012 eingeschlagen haben, steht nicht mehr zur Verfügung, wenn Online-Glücksspiel in Deutschland in allen anderen Bundesländern zugelassen wird. Wir würden so unattraktiv werden, dass Online-Glücksspiel in Schleswig-Holstein dann kaum noch stattfände.