Protokoll der Sitzung vom 20.02.2020

(Zuruf: Die Unterstützung braucht er!)

- Die Unterstützung braucht er jetzt ganz dringend das glaubt Ihnen doch kein Mensch. Sie wollten einen Jubelantrag für heute, Sie wollten einen Schaufensterantrag. Wenn Sie Interesse an einer ernsthaften Beratung haben, stimmen Sie dem Überweisungsantrag der SPD zu.

Ich beantrage die Überweisung Ihrer Vorlage in den Innen- und Rechtsausschuss und in den Sozialausschuss. Hier ist Rhodos, hier können Sie jetzt springen. Sie wollen jetzt nach 16 Jahren, diese Zeit nicht mehr für die parlamentarische Beratung geben. Da hilft alles Geschimpfe und Genörgel nicht, weil diese Fragen, wie man den Spielerschutz gewährleistet, wie die Erlaubnisse erteilt werden sollen und so weiter, schlicht und ergreifend elementar wichtige und komplexe Fragen sind. Die verdienen nach 16 Jahren allemal eine Ausschussberatung.

Ich würde mich abregen, wenn einer von Ihnen zusagen würde, der Überweisung zuzustimmen. Herr Arp, Sie haben dann die Möglichkeit, im Innenund Rechtsausschuss all Ihre guten Argumente noch einmal vorzutragen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Für die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Lasse Petersdotter das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich muss schon sagen, ich finde es ein bisschen verwirrend, was in den letzten drei Stunden passiert ist.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Annabell Krämer [FDP])

Ich meine, es wurde von hier vorne aus selten zu so vielen Gesprächen beim Kaffee eingeladen. Auch der letzte Beitrag, Herr Kollege Dolgner! Zumindest heute Vormittag misst man den Abstand zwischen zwei Nebelkerzen in „Dolgner“, wenn man sich nicht irgendwie mit dem Thema auseinandersetzen will.

(Beifall und Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung des Abgeordneten Dr. Dolgner?

Ja, gern.

Sie stimmen mir doch zu, dass die fachliche Auseinandersetzung einer Gesetzesnovelle in den Ausschüssen stattfindet.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das habe ich Ihnen eben gerade angeboten.

(Zuruf Lars Harms [SSW])

Auch die fachliche Auseinandersetzung zu Anträgen findet im Ausschuss statt. Ich hätte gern die Begründung, wenn Sie jetzt so frühzeitig die fachliche Auseinandersetzung mit uns führen wollen, was denn inhaltlich gegen eine Ausschussüberweisung spricht - weil Sie mir gerade vorwerfen, Nebelkerzen zu werfen -, um die Dinge entsprechend zu diskutieren.

(Unruhe - Glocke Präsidentin - Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Nein, er hat von Nebelkerzen gesprochen und sich auf Allgemeinplätze begeben, Frau von Kalben.

- Natürlich gehört die inhaltliche Debatte in die Ausschüsse, genauso wie der erste Entwurf des Gesetzes,

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Annabell Krämer [FDP])

genauso wie der Staatsvertrag selbst mit der ersten und der zweiten Lesung in den Ausschuss überwiesen wird, so wie es dieses parlamentarische Verfahren vorsieht.

Jetzt, nach einer sehr langen Debatte, haben wir einen Entwurf, über den wir sprechen können und wir heute auch diskutieren wollen. Ich wollte ihn inhaltlich diskutieren. Aber nichtsdestotrotz findet die parlamentarische Debatte wie immer in aller Ausführlichkeit statt. Man kann über alle Anträge und Gesetze im Ausschuss diskutieren.

(Dr. Kai Dolgner)

Erst gestern hatten wir einen großen Block der SPD, der sich gegen eine Ausschussberatung des PKK-Antrags ausgesprochen hat. Okay, das kann jede Fraktion so entscheiden. Aber über diesen Antrag kann man in der Sache entscheiden, weil wir die Befassung mit dem Gesetz und dem Staatsvertrag ohnehin noch im Ausschuss haben werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und SSW)

Vor meiner Wahl - damit wollte ich eigentlich anfangen - hatte ich wenige Berührungspunkte mit der politischen Diskussion um das Glücksspiel. Ich hatte durchaus Berührungspunkte zum Glücksspiel selber, aber nicht mit der politischen Debatte. Ich muss auch sagen, ich hatte von diesem Verbot gar nichts mitbekommen. Das ist für mich schon interessant und eines der wenigen Themen - das muss ich jetzt auch an Sie, liebe SPD, richten bei dem Wirklichkeit und politische Maßnahmen dermaßen weit auseinanderklaffen. So etwas, wie in dieser Frage, habe ich selten erlebt.

Auf der einen Seite steht das Verbot des OnlineGlücksspiels in Deutschland und auf der anderen Seite das riesengroße und bunte Angebot, das seriös in deutscher Sprache daherkommt. Man braucht keinen Zugang über Darknet oder Shadow, sondern bekommt Zugang über Google. Ich gebe „Glücksspiel“ ein, bekomme ein Angebot und kann spielen, obwohl das alles verboten ist und man davon am Ende des Tages nichts mitbekommen hat.

Viele Nutzerinnen und Nutzer, die in dieser Situation sind und spielen, wissen gar nicht, dass sie sich strafbar machen, aber auch Verbraucherschutzrechte wie zum Beispiel das Recht haben, das verlorene Geld wieder einzuklagen. Das alles ist völlig unklar, und es war in den letzten Jahren sicher nicht hilfreich, dass man das so im Unklaren gelassen hat.

Auf die Punkte hinsichtlich der Geldwäsche komme ich gleich noch zu sprechen.

Ich möchte Ihnen das ganze Ausmaß der Absurdität zeigen. Twitch ist eine Plattform, auf der man online Computerspiele gucken kann. Da kann man sich auch online Glücksspiele ansehen. Da sind Leute, die online Glücksspiele spielen. Die drücken die ganze Zeit nur auf einen Knopf eines Automaten und verlieren oder gewinnen dabei Geld. Das gucken sich zehntausende Menschen an. Dieser Mensch, der da spielt, sitzt in Deutschland und spielt ein illegales Spiel, und trotzdem ist es überhaupt kein Problem, das so zu machen. Er verdient sein Geld nicht mit dem eigentlichen Spiel, sondern

weil er Links zu den Casinos unten in der Videobeschreibung hat. Er bekommt einmal Geld für die Leute, die sich beim Casino angemeldet haben und - was noch viel interessanter ist - er erhält Geld für jeden Euro, den der Mensch, der sich über seinen Link angemeldet hat, verloren hat, in Höhe von etwa 50 %. Das ist die Realität.

Auf der anderen Seite hat man eine politische Debatte über die Aussage: „Glücksspiel ist in Deutschland verboten“, und will sich damit nicht auseinandersetzen; denn Deutschland hat den größten Online-Glücksspielmarkt Europas. Deutschland hat den größten Online-Glücksspielmarkt in der Europäischen Union, obwohl das hier verboten ist. Wir sind gänzlich weg von der Wirklichkeit und glauben so, eine Parallelwelt aufbauen zu können.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und SSW)

Beim größten Online-Markt der Europäischen Union - über ein illegales Spiel - können wir sehr viel über Geldwäsche sprechen. Das wird garantiert nicht dadurch abgeschwächt, dass wir es jetzt endlich mit einem Staatsvertrag schaffen, die Situation zu regulieren. Wir legalisieren, um zu regulieren.

Liebe CDU, das ist die gleiche Logik - ich muss es einmal erwähnt haben -, wie bei Cannabis. Das ist völlig deckungsgleich übernehmbar.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW - Jette Waldinger-Thiering [SSW]: Genau!)

Denn wir legalisieren, um zu regulieren, weil das Totalverbot krachend gescheitert ist. Es ist wirklich absolut deckungsgleich. Ich denke, intellektuell sehen Sie es genauso. Ich weiß, die Tradition steht einem da manchmal im Weg.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Endlich werden wir auch die Anbieter zum Spielerund Spielerinnenschutz verpflichten. Das gab es bisher nicht. Durch den Glücksspielstaatsvertrag wird es ein automatisches Früherkennungssystem für spielsuchtgefährdete Spielerinnen und Spieler geben.

Wir werden eine anbieterübergreifende Sperrdatei haben, wir werden anbieterübergreifende Einsatzlimits von 1.000 € haben; Sie haben dies genannt. Wir werden einen Panikknopf für 24 Stunden haben. All diese Beispiele sind nur einige unter vielen, die endlich den Spielerschutz stärken werden

(Lasse Petersdotter)

und im bisherigen illegalen - aber sehr präsenten Angebot nicht vorhanden waren.

Da ich nur noch eine Dreiviertelminute Redezeit habe, will ich noch einen Satz zu Ihnen sagen, Herr Kollege Arp. Ich möchte Ihnen danken für die Zusammenarbeit und für die hartnäckige Arbeit an diesem Thema über 15 Jahre. Ich bin wirklich froh, dass Sie das Thema der A 20 noch weiter haben werden. Mal schauen, ob Sie darauf noch 15 Jahre politische Laufbahn aufbauen können.

(Heiterkeit)

Vielen Dank für diese gute Zusammenarbeit auch zum Thema Glückspiel.

Wenn ich mir alte Protokolle ansehe, war die Situation in der Debatte nicht immer ganz einfach. Der Staatsvertrag ist ein Kompromiss. Am Ende des Tages wird nicht jeder damit zufrieden sein, aber meine Fraktion und ich sind mit diesem Kompromiss sehr zufrieden. Er bringt die Regulierung mit der Legalisierung und der liberalen Idee zusammen, ebenso und vor allen Dingen aber mit dem Spielerschutz. Nur gegenüber einem dunklen Markt, den man aufhellt, kann man wirklich behandeln. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und SSW)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Jan Marcus Rossa das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Dolgner, Sie haben mit Ihrem Beitrag meine Rede komplett auf den Kopf gestellt. Das ist nicht so schlimm. Es war ein Musterbeispiel von Frustrationsbewältigung,

(Beifall FDP, SSW und vereinzelt CDU)