Protokoll der Sitzung vom 21.02.2020

Wie ich sehe, wird das Wort zur Begründung nicht gewünscht. Ich eröffne somit die Aussprache.

Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Thomas Hölck.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU hat mit den gebrochenen Wahlversprechen der Akzeptanz für die Windenergie schwer geschadet.

(Lachen Christopher Vogt [FDP] - Peer Knöfler [CDU]: Das ist doch die Rede vom letzten Mal!)

Ich darf Sie von der Union an Ihre vollmundigen Versprechen erinnern: 1.200 m Abstand zu Siedlungen, 500 m zu Splittersiedlungen. Natürlich ist nichts daraus geworden. Das war vorher klar. Sie haben die Bürgerinnen und Bürger hinter die Fichte geführt und wissen jetzt nicht, wie Sie wieder nach vorne kommen sollen.

(Zuruf SPD: Genau! - Beifall SPD)

Sie haben den Ausbau der Windenergie an die Wand gefahren!

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Jetzt muss der Karren aus dem Dreck der JamaikaKoalition gezogen werden.

(Zurufe und Unruhe CDU und FDP)

Wir leisten der Landesregierung dabei gerne Nachhilfe: Wir sehen eine Möglichkeit darin, die Menschen da, wo die Windenergie erzeugt wird, finanziell zu belohnen.

(Beifall SPD)

Das ist aus unserer Sicht ein wesentlicher Baustein für das Gelingen der Energiewende. Dabei geht es nicht darum, die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger zur Windenergie zu erkaufen. Windenergie ist nichts Schlechtes oder Verwerfliches. Es geht um Verteilungsgerechtigkeit: Die Menschen wollen an den Gewinnen der Investoren teilhaben. Das will die SPD mit einem eigenen Landesgesetz verbindlich auf den Weg bringen. Wir wollen das regeln. Dabei müssen die Kommunen im Vordergrund stehen.

(Christopher Vogt [FDP]: Wo ist das Gesetz denn?)

Vorschläge für Beteiligungsformen von Kommunen und Bürgern an Windenergievorhaben gibt es genug. Einige Bundesländer sind damit schon wesent

(Ministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack)

lich weiter als Schleswig-Holstein. In Brandenburg zum Beispiel ist seit zwei Monaten das Windenergieanlagenabgabegesetz in Kraft. Selbst die Kolleginnen und Kollegen der CDU haben dem dort zugestimmt. Das ist sehr fortschrittlich; diesen Fortschritt wünschen wir uns auch in Schleswig-Holstein.

(Beifall SPD)

Allerdings müssen wir feststellen: Schleswig-Holstein ist bei diesem Thema leider kein Vorreiter.

Wir bevorzugen Modelle, bei denen die Kommunen - also die Allgemeinheit - verpflichtend an den Gewinnen der Investoren beteiligt werden. Allein die Beteiligung einzelner Bürgerinnen und Bürger ist zwar weit verbreitet und auch nicht verkehrt, führt aber wieder zu Ungerechtigkeit, denn Menschen mit geringem Einkommen können meist nicht investieren und werden damit benachteiligt.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Vogt?

Nein, jetzt nicht. - Gleichzeitig können wir durch Bürgerwindgeld eine direkte Entlastung der Bewohner im Außenbereich ermöglichen. Ich kann mir vorstellen, dass wir dort auf die Stromsteuer verzichten oder durch eine Sonderabgabe der Windparkbetreiber über ein Bürgergeld zu einer direkten Entlastung kommen.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Eine erfolgreiche Energiewende ohne Akzeptanz der kommunalen Ebene kann und wird es nicht geben.

(Zuruf Claus Christian Claussen [CDU])

Das sollte allen bewusst sein, und auch die Landesregierung muss es endlich mit in den Blick nehmen.

(Beifall SPD)

Neben der Umweltverträglichkeit, der Versorgungssicherheit und der Wirtschaftlichkeit ist die Akzeptanz nämlich die vierte zentrale Säule der Energiewende. Es ist ein Irrglaube zu meinen, man könnte sie alleine durch pauschale Abstandsregelungen erreichen. Das ist nicht mein Bauchgefühl, sondern die Forschungsergebnisse der letzten Jahre sagen: Verteilungsgerechtigkeit macht bei der Akzeptanz

den großen Unterschied aus. Das hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung herausgefunden.

(Beifall SPD)

Es gibt in Schleswig-Holstein bereits regionale Erfolgsmodelle. Dabei ist Nordfriesland eine Vorzeigeregion.

(Lars Harms [SSW]: Wie immer!)

Dort werden die Windparks nämlich zu 90 % über die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger betrieben. Das hat dazu geführt, dass in Nordfriesland die Windenergie wirklich akzeptiert ist und es nie Streit gab, wenn die Anlagenhöhe gestiegen ist.

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das ist doch etwas ganz anderes! - Wortmeldung Claus Christian Claussen [CDU])

In Nordfriesland kann man erkennen, was eine Beteiligung der Menschen an den Gewinnen ausmacht. Insofern ist dies eine Vorzeigeregion. Es ist dort alles freiwillig. Wir wollen aber Verbindlichkeit. Deshalb darf es nicht auf die lange Bank geschoben werden.

Herr Abgeordneter?

Wir brauchen eine verbindliche Regelung im Land und deshalb verstehe ich auch nicht, dass Jamaika einen Antrag stellt, das alles wieder nach Berlin zu schieben. Wir haben keine Zeit mehr abzuwarten, sondern müssen jetzt handeln.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: So ist es! - Beifall SPD)

Wir müssen jetzt für die Akzeptanz sorgen und dürfen nicht wieder lange warten. Wir brauchen eine landeseigene Regelung. Lassen Sie uns mutig vorangehen. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Claussen?

Das ist jetzt zu spät.

(Lachen CDU - Zuruf CDU: Wir haben doch keine Zeit mehr, Herr Hölck!)

(Thomas Hölck)

Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Andreas Hein das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Hölck, bis jetzt dachte ich, dass nur die Abgeordneten einer bestimmten Fraktion Anträge aus anderen Bundesländern abschreiben und hier vorlegen. Offenbar bin ich aber einem Irrtum aufgesessen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das ist daneben, Herr Kollege! - Weitere Zurufe und Unruhe SPD)

Wie Sie selbst in Ihrer Begründung schreiben, haben sich die Landtage von Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern damit auseinandergesetzt.

(Anhaltende Unruhe und Zurufe SPD)

- Ich verstehe Ihre Unruhe.

(Beate Raudies [SPD]: Nee! - Sandra Red- mann [SPD]: Überhaupt nicht! - Weitere Zu- rufe SPD)

Weiter ist im Jahr 2016 bei uns in Schleswig-Holstein durch das Innenministerium, das Wirtschaftsministerium und die Staatskanzlei geprüft worden, ob eine Regelung zur Bürger- und Gemeindebeteiligung wie in Mecklenburg-Vorpommern Anwendung finden kann.