Weiter ist im Jahr 2016 bei uns in Schleswig-Holstein durch das Innenministerium, das Wirtschaftsministerium und die Staatskanzlei geprüft worden, ob eine Regelung zur Bürger- und Gemeindebeteiligung wie in Mecklenburg-Vorpommern Anwendung finden kann.
Herr Kollege Hein, ich möchte eine Zwischenbemerkung machen. Ich verwahre mich im Namen der SPDFraktion, uns hier mit einer Fraktion zu vergleichen, die Anträge abschreibt. Wir kommen schon selbst auf die Inhalte unserer Ideen. Sie können sie inhaltlich ablehnen. Sie sollten aber in diesem Hause nicht solche Vergleiche führen.
- Herr Dr. Stegner, ich habe die Fraktion noch nicht einmal benannt. Ich habe nur gesagt, dass es Fraktionen gibt.
Eine entsprechende Regelung wurde allerdings in Schleswig-Holstein aufgrund rechtlicher Bedenken nicht umgesetzt. Jetzt raten Sie einmal, wer 2016 federführend in der Verantwortung war?
Das waren Sie. In Mecklenburg-Vorpommern ist es übrigens zwischenzeitlich zu einer Beschwerde gekommen, sowohl beim Landesverfassungsgericht als auch beim Bundesverfassungsgericht. Mein Fazit also: Der Antrag ist gut gemeint, Abschreiben reicht aber eben nicht.
Wie sollten wir jetzt ziel- und ergebnisorientiert weiter vorankommen? Wichtig für die Akzeptanz bei uns - da sind wir uns, glaube ich, alle einig - ist eine frühzeitige Information und Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sowie der Kommunen.
(Die Abgeordneten der SPD-Fraktion verlas- sen mit Ausnahme des Fraktionsvorsitzenden den Saal - Zuruf CDU: Wer rausgeht, muss auch wieder reinkommen, das hat Wehner schon gesagt!)
Schleswig-Holstein ist mit seiner Beteiligung im Planungsumfeld bereits heute Vorbild. Auch freiwillige finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger gehören für mich dazu. Es ist beispielsweise an der Westküste und vor allem in Nordfriesland mit den Bürgerwindparks sehr gut gelungen.
Den Kommunen steht es frei, sich ebenfalls aktiv zu beteiligen, über das Ob und Wie muss vor Ort diskutiert und entschieden werden.
Wir treten weiterhin für die Stärkung der Bürgerwindparks sowie für eine besondere Berücksichtigung von Energieerzeugungsgemeinschaften ein. Wir regen auch an, auf Bundesebene eine Servicestelle für breit angelegte Information und weitere akzeptanzfördernde Maßnahmen einzurichten.
Die Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein hat im Koalitionsvertrag vereinbart, auf Landesebene eine unabhängige Clearingstelle für Fragen des Windkraftausbaus einzurichten, die bei Konflikten moderiert und vermittelt sowie Bürgerinnen, Bürger und Kommunen berät. Die gesetzgeberischen Grundlagen für die Clearingstelle befinden sich aktuell in der Erarbeitung.
Nun noch zum Stichwort Zubau: Zur Umsetzung der Energiewende muss von der Bundesregierung ein Zeit- und Mengengerüst über Zwischenschritte 2030, 2040 und 2050 für den Ausbau erneuerbarer Energien unter Berücksichtigung des Atomausstiegs und des Ausstiegs aus der Braun- und Steinkohle vorgelegt werden. Die Erhöhung des Ausbauziels für die Offshore-Windenergie von 15 GW auf mindestens 20 GW bis 2030, für die wir alle kämpfen, kann nur ein Zwischenziel sein.
Ich fasse noch einmal zusammen: Die Schaffung einer bundesweiten Regelung für frühzeitige Informations- und Beteiligungsmöglichkeiten, Durchführung einer bundesweiten Akzeptanzkampagne für den Ausbau der Windenergie, freiwillige finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger beim Ausbau der Windenergie, das muss aus Sicht Schleswig-Holsteins sichergestellt werden. Dass gerade die Kommunen profitieren, die die Belastung tatsächlich tragen, sollte selbstverständlich sein. Dies gelingt möglicherweise durch die Änderung der Gewerbesteuerzerlegung zugunsten der Standortgemeinden und sollte geprüft werden.
Wie Sie sehen, packen wir gemeinsam vernünftig an. Ich bitte, unserem Antrag zuzustimmen. - Herr Dr. Stegner, ich finde es gut, dass Sie bis zum Ende geblieben sind. Ich will Sie keineswegs mit irgendwem in irgendeine Ecke stellen oder mit irgendetwas vergleichen. Ich stelle nur ganz sachlich fest: Diesen Antrag gab es in anderen Bundesländern schon einmal in ähnlicher Form. Das wollte ich damit nur zum Ausdruck bringen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Von meiner Seite erst einmal herzlichen Dank für den Aufschlag der SPD, also den Antrag, durch den wir im Land und in diesem Plenum wieder eine Debatte über Bürgerbeteiligung haben.
Bürgerbeteiligung bedeutet Transparenz, Dialog und Überzeugung dahin gehend, wo man steht und hinwill, aber auch Anhören und Lernen, was noch besser geht. Die Ziele der Energiewende und des Klimaschutzes sind in Schleswig-Holstein und auch auf internationaler Ebene und durch die EU vorgegeben.
Unsere einzige ökonomische Perspektive ist es, den Klimawandel bis 2050 - Sie können alle rechnen und wissen, das sind noch 30 Jahre - möglichst auf plus 1,5 °C zu begrenzen. Das bedeutet eine weitgehende Dekarbonisierung der Wirtschaftskreisläufe. Je schneller und günstiger wir das umsetzen, desto kostengünstiger wird der Transformationsprozess.
Die Erzeugung erneuerbarer Energien basiert heute und zukünftig umfangreich auf kostengünstiger Wind- und Sonnenenergie - kostengünstig dank vieler mittelständischer Unternehmen und Pioniere gerade hier aus Schleswig-Holstein, die sich frühzeitig an Entwicklung und Investitionen herangewagt haben.
Energiewende und Klimaschutz, das heißt heute und zukünftig auch: Ja, das Land verändert sich sichtbar. Nicht umsonst ist eine Windkraftanlage immer wieder positives Zeichen und Werbung für unser Land.
Wir haben mit dem Energiewende- und Klimaschutzgesetz 2017 festgelegt, wo wir hinwollen. 2025 - zeitnah und nach dem Abschalten der letzten AKW 2021 - sollen 37,5 TWh Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt werden. Wir sind in der Endphase eines Landesentwicklungsplans, eines transparenten Planungsprozesses, an dessen Ende 98 % der Fläche des Landes nicht mit Windenergieanlagen überplant sind und auf 2 % der Landesfläche onshore Anlagen mit insgesamt 10 GW Leistung entstehen.
Zur Wahrheit gehört aber, dass wir - auch in Schleswig-Holstein - sehr viele Arbeitsplätze im Bereich der Erneuerbaren verloren haben. Es gehört dazu wenn ich die Zahlen richtig verstanden habe -, dass wir hier im vergangenen Jahr das erste Mal weniger erneuerbaren Windstrom erzeugt haben. Es wird schwierig, sollte dieser Trend sich verstetigen, überhaupt die Ziele 2025 zu erreichen.
Wir werden im Laufe der kommenden Monate in eine Debatte einsteigen, wie die Ziele nach 2025 bis 2030, 2040, 2050 fortgeschrieben werden und wir es umsetzen können.
Wir haben in Schleswig-Holstein mit einem vorgezogenen, transparenten Beteiligungsprozess bei der Planung von Stromleitungen und Infrastruktur gezeigt, wie deren Bau zeitnah realisiert werden kann.
Auch Bürgerinnen und Bürger haben in SchleswigHolstein immer wieder vorgemacht, wie man sich in Energiegenossenschaften vor Ort beteiligt und zur Umsetzung kommt. In den letzten Jahren haperte es daran, dass wir andere Regularien haben, die die Bürgerbeteiligung schwieriger gemacht haben. Es kann bei der Bürgerbeteiligung aber nicht darum gehen, dass wir erst einmal das beste Beteiligungsmodell entwickeln und dann weitermachen. So kann es nicht gehen.
Das Thema ist in der Umsetzung hochkomplex; das haben wir alle bei den Beiträgen gemerkt. Ich warne davor, Erwartungen zu wecken, dass es morgen Geld - Cash - gibt, wenn Anlagen für erneuerbare Energie in Sichtweite entstehen. Das wird wieder nur Frustrierte und Enttäuschte bewirken. Es ist ein dynamischer Prozess, da stärker einzusteigen.
Worum geht es in unserem Antrag? - Es geht einfach darum, bundesweite Regelungen für eine frühzeitige Beteiligung zu finden. Wir aus SchleswigHolstein haben unter anderem in Kooperation mit zahlreichen Institutionen - Stichwort: Hochschule Flensburg - das Siegel für faire Windenergie geliefert. Das kann dabei helfen. Wir haben bundesweite Informationsformate nötig, in denen die Themen Klimawandel und erneuerbare Energien offensiv angegangen werden. Die Stärkung von Bürgerenergie durch die Einrichtung einer bundesweiten Servicestelle gehört genauso dazu wie das, was wir in Schleswig-Holstein durch einen Risikofonds für Bürgerenergieprojekte schon umsetzen.
Freiwillige Beteiligung muss endlich wieder gestärkt werden. Eine positive finanzielle Beteiligung der Kommunen könnte über Änderungen bei der Gewerbesteuerzerlegung, wie von Sachsen-Anhalt vorgeschlagen, erreicht werden. Wir haben weiterhin noch eine ganze Reihe anderer Dinge zu überprüfen.