Protokoll der Sitzung vom 18.03.2020

Wir wollen denen helfen, die zu den Verlierern der Krise wurden oder dazu zu werden drohen. Klar ist aber auch, dass es am Ende keine Gewinner der Krise geben soll. Meine Hoffnung ist, dass sich die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner solidarisch zu ihren Einzelhändlern verhalten, nicht einseitig auf den Versandhandel setzen und die eine oder andere Besorgung zurückstellen, denn davon profitieren wir alle.

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und Volker Schnurr- busch [AfD])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor zwei Wochen hat meine Fraktion in Sonderburg wie so viele andere in Schleswig-Holstein und Dänemark in diesem Jahr an das friedliche Grenzjubiläum erinnert. Corona fühlte sich damals noch weit weg an, und es war an dem Abend nicht vorstellbar, dass Deutschland und Dänemark nur wenige Tage später die Grenzen zueinander schließen würden. Das ist eine von vielen Maßnahmen, die man im Rückblick bewerten muss. Wenn die Bemühungen, die wir anstellen, erfolgreich sind, werden Kritiker später sagen, das sei zu einschneidend gewesen. Diese Kritik ist deutlich leichter zu ertragen, als wenn wir es umgekehrt machten und nicht alles täten, um Menschenleben zu retten.

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

(Dr. Ralf Stegner)

Zusammenhalt ist nicht nur zwischen Opposition und Regierung, sondern in der gesamten Gesellschaft das Gebot der Stunde. Schleswig-Holstein hat vieles gemeinsam durchgestanden, wir werden auch diese Krise meistern. Mein großer und aufrichtiger Dank geht an alle, die in Pflege, öffentlichem Dienst, in der Lebensmittelversorgung und an vielen anderen Stellen ihre Pflicht tun - übrigens mit größeren Risiken als wir Abgeordnete - und dafür sorgen, dass das Land am Laufen gehalten wird. Ich glaube, dass das großartig ist. Vielleicht wird die Krise auch der dringend notwendige Anlass sein, neu zu bewerten, welche Arbeit uns viel wert sein sollte.

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Ich bin fest davon überzeugt, dass wir diese große Herausforderung bewältigen können und gemeinsam mit Besonnenheit, Verantwortung, Solidarität und Mitmenschlichkeit bestehen werden. Bei allen gravierenden Problemen gelingt es uns vielleicht sogar, in dieser Krise neuen gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stiften. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW, Volker Schnurrbusch [AfD] und auf der Regierungsbank)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat deren Fraktionsvorsitzender, Herr Abgeordneter Tobias Koch.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Zuallererst Danke, dass Sie hier im Landtag, aber auch schon während der ganzen letzten Tage immer die richtigen Worte finden. Sie geben den Menschen damit Halt und Orientierung. Genau darauf kommt es jetzt an.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Meine Damen und Herren, wir befinden uns in einer absoluten Ausnahmesituation. Etwas Vergleichbares hat bislang niemand von uns erlebt. Wir alle sind davon betroffen, und für viele Menschen ist das mit schwerwiegenden Konsequenzen verbunden.

Deshalb ist jetzt nicht die Zeit für politische Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Opposition, sondern jetzt gilt es, gemeinsam zu handeln. Die Fraktionen dieses Hauses tun das in außerge

wöhnlicher Art und Weise. Über alle Parteigrenzen hinweg beweisen wir damit Haltung und übernehmen Verantwortung.

Stellvertretend für die gesamte Opposition gilt mein besonderer Dank Ihnen, Herr Dr. Stegner, für das besonnene und konstruktive Einbringen, mit dem Sie sich als Oppositionsführer in dieser Situation an die Seite der Regierung gestellt haben.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Das ist in der Tat nicht selbstverständlich, und mit Ihnen zusammen am Kabinettstisch zu sitzen, war auch für mich ein besonderes Erlebnis.

(Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle aber vor allem auch unserer Landesregierung meinen Respekt zollen für das entschlossene und konsequente Handeln in den letzten Wochen sowie die transparente Kommunikation. Dieses Lob gilt allen Regierungsmitgliedern, aber auch ich möchte Gesundheitsminister Dr. Heiner Garg, Staatssekretär Dr. Matthias Badenhop und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ihres Hauses besonders erwähnen. Sie machen alle eine exzellente Arbeit. Danke dafür!

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und Volker Schnurr- busch [AfD])

Schleswig-Holstein gehörte bei dem Verbot von Veranstaltungen über 1.000 Teilnehmern und bei der Schließung von Kitas und Schulen jeweils zu den ersten Bundesländern, die solche Maßnahmen entschieden haben. Mit dem Verbot sämtlicher öffentlicher Veranstaltungen und der Schließung zahlreicher Einrichtungen hat unsere Landesregierung bereits letzten Samstag die Blaupause für die BundLänder-Vereinbarung zwei Tage später geliefert.

Die Absperrung der Inseln ab Montagfrüh und die über die Bundesregelung hinausgehende Schließung von Restaurants und Hotels mit gestriger Verordnung zeigen einmal mehr, dass wir in Schleswig-Holstein entschlossen handeln.

Dabei steht für mich außer Frage: All diese Maßnahmen sind zwingend notwendig, denn nur so können wir die Ausbreitung von COVID-19 verlangsamen und damit Menschenleben retten. Deshalb gilt mein Dank an dieser Stelle allen Beschäftigten unseres Gesundheitswesens: Krankenschwestern, Pflegern, Ärztinnen und Ärzten, Rettungssanitätern, Laborassistenten und vielen mehr. Ihr Dienst

(Dr. Ralf Stegner)

für unsere Gesellschaft hat schon immer und jetzt ganz besonders unsere höchste Anerkennung und Wertschätzung verdient.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und Volker Schnurr- busch [AfD])

Überhaupt möchte ich Danke sagen, dass es Menschen gibt, die sich für andere einsetzen und ihnen helfen. In solchen Notsituationen kommt es umso mehr auf Solidarität und Achtsamkeit im Umgang miteinander an.

Meine Gedanken sind deshalb auch bei all denen, die durch diese Krise auf ganz andere Art und Weise in Mitleidenschaft gezogen werden, nämlich Arbeitnehmer, die ihren Job verlieren oder von Kurzarbeit betroffen sind, sowie Freiberufler und Unternehmer, deren berufliche Existenz bedroht ist.

Wie schon in der Finanzkrise im Jahr 2008 werden wir damit konfrontiert sein, dass es zu einer zeitgleichen, weltweiten wirtschaftlichen Abkühlung kommt. Die Folgen einer solchen globalen Rezession sind immens, erst recht für die exportorientierte deutsche Wirtschaft.

Mit vereinfachtem Kurzarbeitergeld, unbegrenzten Liquiditätskrediten und zusätzlichen Investitionen hat die Bundesregierung bereits umfassende Hilfen in die Wege geleitet. Als Land leisten wir mit den im Nachtragshaushalt vorgesehenen 500 Millionen € unseren eigenen Beitrag dazu.

Dank der Schuldenbremse ist die deutsche Staatsverschuldung in den letzten zehn Jahren von über 80 % auf unter 60 % des Bruttoinlandsprodukts gesenkt worden. Dadurch ist der deutsche Staat jetzt voll handlungsfähig und kann hohe Milliardenbeträge mobilisieren, um einer negativen Wirtschaftsentwicklung entgegenzuwirken.

Auch die Schuldenbremse unserer Landesverfassung erlaubt explizit eine Kreditaufnahme zur Bewältigung von außergewöhnlichen Notsituationen, sofern der Landtag heute mit Zweidrittelmehrheit zustimmt. Was für ein starkes Zeichen für unsere Demokratie, dass uns das in der Kürze der Zeit hier gemeinsam gelungen ist! Herzlichen Dank allen Fraktionen!

(Beifall im ganzen Haus)

Ebenso dürfen nach dem Mechanismus der Schuldenbremse konjunkturell bedingte Mindereinnahmen am Ende des Haushaltjahres durch Kredite ausgeglichen werden. Auch davon werden wir bei Bedarf Gebrauch machen müssen.

Man stelle sich einmal vor, wir hätten die Schuldenbremse im vergangenen Jahr aufgeweicht und hätten in guten Zeiten angefangen, Ausgaben über Kredite zu finanzieren; dann besäßen wir diese Risikotragfähigkeit jetzt nicht.

Unser Ziel und unsere Aufgabe sind es, von der deutschen Bevölkerung so weit wie möglich Schaden abzuwenden, in gesundheitlicher ebenso wie in wirtschaftlicher Hinsicht. Deshalb werden wir alles dafür tun, dass unser Land gestärkt aus dieser Krise hervorgeht. Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 hat Deutschland eine zehnjährige Erfolgsgeschichte geschrieben. Das muss auch dieses Mal unser Ziel sein.

(Vereinzelter Beifall)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch kurz auf eine zweite Konsequenz aus der CoronaKrise eingehen, nämlich die erforderliche Ursachenforschung. Es fällt auf, dass wir mit SARS und den verschiedenen Varianten der Vogelgrippe in den letzten zwei Jahrzehnten bereits ähnliche Infektionskrankheiten erlebt haben, deren Ausbreitungsgeschwindigkeit und Sterblichkeitsrate zwar hinter der jetzigen Pandemie zurückblieben, die aber allesamt ihren Ausgang in China genommen haben. Bei SARS war es die Provinz Guangdong, der Ursprung des Vogelgrippe-Erregers H5N1 wird in Hongkong verortet, und jetzt war es die Stadt Wuhan in der Provinz Hubei.

Angesichts dieser Gemeinsamkeit halte ich es für angebracht, in Fragen von Tierhaltung und Lebensmittelsicherheit stärker auf die Volksrepublik China einzuwirken. China ist der zweitgrößte Produzent von Geflügelfleisch weltweit und liegt bei Eiern mit 40 % Weltmarktanteil sogar in der Spitzenposition. Wenn wir in Deutschland über Massentierhaltung diskutieren, dann sind das für chinesische Verhältnisse wahrscheinlich alles Kleinstbetriebe. Das müssen wir uns in der politischen Diskussion vor Augen führen, wenn wir über heimische Produktionsbedingungen entscheiden.

Niemandem ist damit geholfen, wenn aufgrund immer höherer Auflagen landwirtschaftliche Tierproduktion aus Deutschland ins Ausland abwandert und dort zu deutlich schlechteren Bedingungen erfolgt, als es in Deutschland der Fall ist.

(Beifall CDU und FDP)

Gegen Massentierhaltung in China vorzugehen, erscheint mir daher die viel notwendigere Maßnahme als manche Diskussion, die wir in Deutschland und Europa führen. Ich finde, hier ist die internationale

(Tobias Koch)

Staatengemeinschaft aufgefordert zu handeln. Wie die Corona-Pandemie zeigt, sind das keine innerchinesischen Angelegenheiten, sondern das Verhalten Chinas hat - wie beim Klimaschutz - Auswirkungen auf die ganze Welt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, alles in allem werden die Zeiten herausfordernd. Bislang konnte Jamaika unter bestmöglichen Rahmenbedingungen regieren. Die eigentlichen Führungsqualitäten zeigen sich aber immer erst in der Krise. So wie unsere Landesregierung die Situation in den letzten zwei Wochen gemeistert hat, bin ich mir sicher, dass wir auch diese Bewährungsprobe bestehen werden. Lassen Sie uns als Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner zusammenhalten. Herzlichen Dank, und bleiben Sie gesund!

(Beifall im ganzen Haus)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat deren Fraktionsvorsitzende, die Abgeordnete Eka von Kalben.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hier vor einer relativ leeren Besuchertribüne zu sprechen, zeigt, dass wir in einer anderen Situation sind. Normalerweise würden dort Schülerinnen und Schüler sitzen. Ich begrüße Sie trotzdem sehr herzlich bei dieser Debatte.

Meine Damen und Herren, ich möchte mich dem Dank meiner Vorredner anschließen. Das ist nicht nur ein Dank an die Landesregierung, die hier einen wirklich großartigen Job macht, sondern auch an uns als Parlament, wie wir zusammenhalten, insbesondere ein Dank an die Opposition.

Ich möchte meinen Dank besonders gegenüber denjenigen aussprechen, die zurzeit heilen, die sich auf eine Krise in den Krankenhäusern vorbereiten, die dafür sorgen, dass alle Menschen versorgt sind, die trösten und helfen, auch gegenüber denjenigen, die Angst davor haben, einsam zu sein, wenn sie eventuell in Quarantäne kommen, und auch gegenüber denjenigen, die dafür sorgen, dass wir weiter sicher leben; bei all den schwierigen Restriktionen, die durchgesetzt werden müssen, hat auch die Polizei in unserem Land eine schwierige Herausforderung vor sich.