Alles, was wir derzeit tun, dient allein dem Zweck, sie und die medizinische Infrastruktur nicht zu überlasten.
Mit dem Bund haben wir vereinbart, die Zahl der Intensivbetten im Land zu verdoppeln. Für leichtere Krankheitsverläufe kommen auch Hotelbetten und Kureinrichtungen in Betracht, die wir dann dementsprechend ausrüsten.
Dahinter müssen momentan wirtschaftliche Belange zurücktreten, ebenso die Interessen eines jeden Einzelnen, auch wenn das für viele Betriebe und für viele Menschen extrem hart ist. Doch der Schutz der Gesundheit der Menschen in unserem Land hat jetzt Vorrang, der Schutz aller und in dieser Krise vor allem derjenigen Menschen, die besonders schwerwiegend am Coronavirus erkranken können.
Meine Damen und Herren, wir erleben extreme Einschnitte in unseren Alltag. Wir hatten eine vergleichbare Situation noch nie. Für viele Menschen stellen sich jetzt ganz praktische Fragen: Wie soll ich ohne Kinderbetreuung arbeiten können? Wie kann ich die Zeit ohne Aufträge durchstehen, wenn ich selbstständig oder freiberuflich arbeite? Etliche dieser Fragen sind zu klären.
Deshalb tagt das Kabinett derzeit täglich, auch am Wochenende. Wir werden tun, was erforderlich ist. Wir entscheiden tagesaktuell. Wir informieren tagesaktuell. Angesichts der dynamischen Entwicklung bitte ich ausdrücklich um Verständnis, dass auch diese Regierungserklärung noch nicht auf alles eine Antwort liefern kann. Das auszuhalten ist unangenehm.
Ich verstehe absolut, dass die Lage bei vielen Menschen nachvollziehbar zu Existenzängsten führt. Diese Sorgen erreichen mich und uns alle hier. Deshalb wiederhole ich die Versicherung, die Bundesund Landesregierung gegeben haben: Was immer erforderlich ist, um unsere Wirtschaft und unsere Bürger durch diese Zeit zu bringen, werden wir tun. Es ist für uns selbstverständlich, dass wir unsere Wirtschaft in dieser besonderen Situation schnell und unbürokratisch unterstützen. Das Kurzarbeitergeld ist ausgeweitet. Steuerstundungen werden er
Außerdem legen wir mit den Förderbanken ein Stabilitätspaket auf. Über eine Hotline informieren wir Unternehmen, wie sie Zugang zu den Finanzierungsmitteln erhalten. Es wird ein Darlehensprogramm der Investitionsbank für Firmen in Liquiditätsschwierigkeiten geben. Uns ist völlig klar, dass wir viele Firmen unterstützen müssen. Es geht um Existenzen, es geht um Arbeitsplätze. Besonders heftig trifft es in Schleswig-Holstein alle, die von Tourismus, Gastronomie und Veranstaltungen leben.
Deswegen ist es das richtige Signal, dass der Landtag uns heute in die Lage versetzt, entschlossen zu handeln. Ich danke den Regierungsfraktionen, der SPD-Fraktion und dem SSW für den Antrag, eine außergewöhnliche Notsituation festzustellen. Damit wird der heutige Nachtragshaushalt ergänzt, sodass wir die zulässige Kreditaufnahme um 500 Millionen € erhöhen können. Auf dieser Grundlage werden wir als Landesregierung die notwendigen Programme ausgestalten, damit wir helfen können, wenn Bundeshilfen und Versicherungsleistungen nicht greifen. Die 500 Millionen € sind gut angelegt, um den Gebeutelten zu helfen.
Meine Damen und Herren, weder die Virologen noch wir Politiker können derzeit sagen, wie lange die Ausnahmesituation andauern wird, wie lange wir gezwungen sein werden, unsere Kontakte zu beschränken und persönliche Interessen, ja persönliche Freiheiten zurückzustellen. Das Coronavirus ist eine Herausforderung für uns als ganze Gesellschaft.
Die kommenden Wochen werden für uns alle ein Kraftakt werden. Es kommt jetzt auf jede und jeden von uns an, dass wir aufeinander aufpassen und uns umeinander kümmern. Nehmen wir Rücksicht, halten wir Abstand. Helfen wir trotzdem Menschen, die allein nicht zurechtkommen. Wir müssen jetzt füreinander da sein.
Mir macht es Mut, wenn ich sehe, welche Initiativen in den sozialen Netzen bereits anlaufen: Da organisieren sich Nachbarschaftshilfen, um für Kranke und Ältere einzukaufen. Ich finde das großartig.
In der Krise zeigt sich der wahre Zustand unserer Gesellschaft. Ich erlebe derzeit, mit welcher Hingabe und welchem Verständnis unser Gemeinwesen dieser Herausforderung begegnet, wie im Gesund
heitswesen und an vielen anderen Stellen im Land hart dafür gearbeitet wird, die Versorgung zu sichern.
Meine Damen und Herren Abgeordnete, es gehört zu den lieb gewonnenen Ritualen im Landtag, dass wir am Ende von Reden klatschen. Wir haben aber gerade keine normale Zeit. Daher sollte unser aller Beifall den Heldinnen und Helden unserer Zeit gelten: den Ärztinnen und Ärzten, den Pflegenden, insbesondere in unseren Krankenhäusern, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Apotheken, unseren Polizistinnen und Polizisten, Tagesmüttern, Erzieherinnen, allen, die im Moment Kinder betreuen, Kassiererinnen, die in unseren Lebensmittelgeschäften arbeiten, allen Betrieben, allen Unternehmerinnen und Unternehmern, die im Moment um ihre Existenz zittern.
Sie alle stehen selbstverständlich für diejenigen, die sich im Moment gegenseitig helfen und diese Krise managen. Ihre Arbeit ist es, die mich fest daran glauben lässt, dass unser Land stärker aus dieser Krise herauskommt, als es in sie hineingekommen ist. Danke, dass es Sie alle gibt! Gemeinsam werden wir es schaffen!
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Oppositionsführer, der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Abgeordneter Dr. Stegner.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenige Tage können manchmal fast alles verändern. So war es in der vergangenen Woche. Meine Fraktion bereitete sich darauf vor, in dieser Tagung über starken Journalismus als Säule unserer Demokratie, über die EU-Ratspräsidentschaft und andere Themen zu diskutieren. Nichts davon ist unwichtig geworden oder würde es nicht verdienen, debattiert zu werden, aber die letzte Woche hat uns allen gezeigt, dass etwas ganz anderes derzeit viel wichtiger ist, was sich niemand von uns ausgesucht oder gewünscht hat.
Die Ausbreitung des Coronavirus und die weltweite Pandemie zwingen uns zu Maßnahmen, bei deren Ankündigung die meisten von uns noch vor wenigen Tagen ungläubig den Kopf geschüttelt hätten. Sie wirbelt auch den Ablauf unserer Landtagstagung durcheinander und zwingt in einer Weise zum
Handeln, wie ich das in meinem bisherigen politischen Leben noch nie erlebt habe und Sie vermutlich auch nicht.
Die Verhältnisse in Italien und Spanien, aber auch die Einschätzungen vieler kluger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geben uns einen Ausblick, was droht, wenn wir nicht schnell und konsequent genug handeln. Das ist ein gewaltiger Stresstest für unser hochleistungsfähiges Gesundheitssystem. Die kommenden Wochen sind entscheidend, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen und dadurch sicherzustellen, dass schwer Erkrankten zu jedem Zeitpunkt alle nötigen Behandlungsmittel zur Verfügung stehen.
Es geht um den Schutz von Vorerkrankten, von Älteren und Schwächeren, es geht - um es deutlich zu sagen - darum, das Leben unserer Eltern und Großeltern zu retten. Diese Aufgabe hat uneingeschränkt oberste Priorität, vor allen anderen Dingen.
Wir nehmen unsere Rolle als Opposition in diesem Haus ernst, denn Demokratie funktioniert nicht ohne kluge Gegenposition. Aber jetzt ist nicht die Stunde für die üblichen Rituale von Opposition und Regierung. Politik muss auf allen Ebenen verantwortlich handeln, und die Demokraten müssen zusammenhalten. Das können die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner von uns allen erwarten.
Darum danke ich der Landesregierung, ganz besonders Ihnen, Herr Ministerpräsident Günther, für die intensive und vertrauensvolle Zusammenarbeit der vergangenen Tage. Ich möchte mich auch beim besonders geforderten Sozialministerium, Herr Minister Dr. Garg und Herr Staatssekretär Dr. Badenhop, für das außerordentlich professionelle Management der vergangenen Tage aufrichtig bedanken.
All das hat dazu beigetragen, dass wir in Schleswig-Holstein besonders schnell und konsequent das Notwendige getan haben. Wir muten den Menschen eine ganze Menge zu: Die Schließung von Schulen und Kitas, Geschäften und Spielplätzen, Verbote von Veranstaltungen und Zusammenkünften, Schließung ganz vieler Bereiche wie der Gastronomie, wir greifen sogar in das ein, was Kirchen und Glaubensgemeinschaften tun, was der Staat sonst nie tut, wir sperren unsere Inseln, und es gibt viele andere gravierende Einschränkungen. Das öffentli
Die klare Botschaft ist: Je strikter wir alle die Beschränkungen einhalten, je konsequenter jeder von uns seine persönlichen Kontakte einschränkt, umso besser werden wir aus dieser Krise herauskommen, umso eher wird das gewohnte Leben allmählich zurückkehren können, obwohl ich glaube, dass nach der Krise fast nichts so sein wird wie davor.
Das geht jeden in unserer Gesellschaft an. Die Verantwortung tragen wir gemeinsam. Es liegt an jedem Einzelnen, durch die Einhaltung der Abstandsund Hygienehinweise einen unmessbar wichtigen Teil zur Verhinderung der Verbreitung beizutragen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, viele Menschen haben in Schleswig-Holstein in diesen Tagen große Sorgen: Eltern, die arbeiten müssen und sich Gedanken um die Betreuung ihrer Kinder oder finanzielle Einbußen machen, viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bangen, ob ihr Job die Krise überstehen wird, Kulturschaffende, Schausteller und viele andere, zum Beispiel im Veranstaltungsmanagement, die um ihre Existenz ringen, Selbstständige und Unternehmer, die mit Schließungen kämpfen oder nicht wissen, woher die Liquidität für die anstehenden Wochen kommen soll, und die Zeit ist knapp, Beschäftigte, die in Pflegediensten schon jetzt oft bis an den Rand der Erschöpfung für Pflegebedürftige tätig sind und die die jetzt anstehenden Herausforderungen auch noch bewältigen müssen, teilweise sogar noch zusätzliche wirtschaftliche Herausforderungen.
Für all die muss unsere Antwort als Politik klar sein: Wir kümmern uns, damit Arbeitsplätze und Einkommen gesichert werden, Soforthilfe gewährt wird und damit wir gemeinsam anständig durch die Krise kommen - koste es, was es wolle. Ich will das ausdrücklich betonen: Geld darf jetzt nicht die entscheidende Rolle spielen!
Ich füge hinzu: Jetzt ist noch weniger als sonst die Zeit, so zu tun, als sei es wie immer, und übermäßige bürokratische Herangehensweisen an den Tag zu legen.
Wer sich jetzt Gedanken um den Termin seiner Prüfung macht, Angst hat, eine Frist nicht einzuhalten, oder dringend eine Bescheinigung braucht, für den oder die muss es überall praxistaugliche Lösungen geben, pragmatisch, bürgerfreundlich und schnell. Und wenn nicht alles perfekt läuft - auch das muss
man in Deutschland sagen -, sollten wir darauf vertrauen, dass es morgen oder übermorgen so sein wird. In den nächsten Tagen, Wochen und Monaten sollen sich alle, die in der öffentlichen Verwaltung Verantwortung tragen, von der Frage leiten lassen: „Was kann ich dafür tun, um das Problem zu lösen?“, und nicht von der Frage, was andere tun müssen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, jeder von uns ist gefordert, auf diese Krise mit Solidarität zu antworten. Hamsterkäufe, Egoismus oder gar Corona-Partys sind das krasse Gegenteil davon. Nichts davon ist cool, wir müssen uns dagegen gemeinsam wehren.
Gerade darum ist es großartig zu sehen, wie viele Menschen in Schleswig-Holstein sich bewusst anders verhalten. Wir brauchen die engagierten Nachbarn, die Einkaufshilfen für ihre älteren Nachbarn organisieren oder selber anbieten, die sich kümmern, die da sind, die anpacken. Wir brauchen die verantwortungsvollen Unternehmerinnen und Unternehmer, die pragmatische Homeoffice-Lösungen für ihre Beschäftigten schaffen - auch da, wo es bisher nicht üblich war. Wir brauchen das medizinische Personal in Ausbildung oder Ruhestand, das sich jetzt freiwillig meldet, um in den kommenden Wochen mitzuhelfen und zu unterstützen. Das alles sind ganz starke Zeichen des Zusammenhalts in unserem Land. Vielen herzlichen Dank all denen, die das tun!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir Sozialdemokraten hatten eigene Vorstellungen, was den Nachtragshaushalt betrifft. Wir hatten darüber in der vergangenen Woche einige Kontroversen mit der Landesregierung. Jetzt ist es allerdings Zeit, einen Schritt zurückzutreten, denn die Vorzeichen sind andere. Es geht darum, gemeinsam ausreichend Geld zur Verfügung zu stellen, das dringend benötigt wird, um die Krise zu bewältigen. Darum werden wir dem Nachtragshaushalt heute zustimmen und die Zweidrittelmehrheit in diesem Hause sicherstellen.
Dasselbe gilt für das 500-Millionen-€-Hilfspaket, das wir gemeinsam auf den Weg bringen und mit dem wir unseren Teil dazu beitragen wollen, den Menschen im Land schnell und unbürokratisch unter die Arme zu greifen, all denen, die nicht durch
Bundeshilfen, durch Kurzarbeitergeld oder durch Versicherungslösungen erreicht werden; auch da muss man manchmal schnell helfen, wenn Versicherungen erst später zahlen, und dann wird das später verrechnet. All das kann man machen, wenn wir es nur wollen. Übrigens haben auch unsere Vorgängergenerationen Herausforderungen bewältigt. Daran sollten wir denken. Auch wir können das schaffen. Wir sollten die Zuversicht haben, das zu schaffen.
Wir wollen allen unter die Arme greifen, die unsere Hilfe brauchen. Wir wissen, dass bei vielen im Land eine dramatische Situation droht. Wir erwarten, dass der Spielraum genutzt wird, um denen zu helfen, die auf Unterstützung angewiesen sind, so wie ihn auch einzelne Kommunen oder andere Bundesländer schon nutzen, um in dieser schwierigen Zeit zum Beispiel Familien die Kita-Gebühren zu erlassen oder Unternehmen mit Liquiditätsschwierigkeiten unter die Arme zu greifen.
Wir wollen denen helfen, die zu den Verlierern der Krise wurden oder dazu zu werden drohen. Klar ist aber auch, dass es am Ende keine Gewinner der Krise geben soll. Meine Hoffnung ist, dass sich die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner solidarisch zu ihren Einzelhändlern verhalten, nicht einseitig auf den Versandhandel setzen und die eine oder andere Besorgung zurückstellen, denn davon profitieren wir alle.