Protokoll der Sitzung vom 17.06.2020

Ein bisschen differenzierter zu der Frage, wie kontrolliert werden soll, wie es gemacht werden soll! Wir denken darüber nach, wie man dies am stärksten und effektivsten machen kann.

(Beifall FDP)

Der dritte Punkt ist die Frage von Frau EickhoffWeber nach der Kontrolle. Kontrollen finden in den Betrieben natürlich statt. Tierärzte, Behörden sind alle da. Wenn es hier eklatante Situationen gäbe, wüssten wir dies oder es wäre mitzuteilen und abzustellen.

Der Sozialminister hat über die Arbeitsschutzbehörden nicht nur Informationswege gesucht, sondern in den letzten Jahren auch Kontrollen in die Wege geleitet. Es ist doch nicht so, als würde hier nichts getan.

Vierter Punkt: die Situation der Unternehmen. So sehr Missstände schärfstens zu kritisieren sind, bitte ich uns alle doch, eine Situation in Betrieben, die eine andere ist, zu sehen und zu differenzieren.

(Beifall Kay Richert [FDP])

Es kann nicht angehen, dass man pauschal draufhaut und auch die, die sich Mühe geben und die Regeln einhalten, in eine bestimmte Ecke stellt.

(Beifall CDU, FDP und SSW)

Dagegen wehre ich mich in aller Deutlichkeit.

Der Mindestlohn wird nicht nur eingehalten, sondern es wird, wie uns gesagt wurde, sogar darüber hinaus bezahlt.

Zu der Frage, ob man mit den Unternehmen Wohnraum schaffen kann, gibt es viele vernünftige Ideen. Es gibt sicherlich auch einzelne, die nicht darüber nachdenken. Aber bitte, lassen Sie uns gemeinsam differenziert über Dinge sprechen.

Angesichts der Zeit nur ein letzter Punkt: Werkverträge. Es ist nun doch nicht so, dass das Instrument an sich eine Katastrophe ist. Ein Missbrauch durch bestimmte Betriebe führt doch nicht dazu, dass ein solches Instrument grundsätzlich als vollkommen falsch angesehen werden muss.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Meine Damen und Herren, insofern sollten Sie bereit sein, auch einmal über unsere Argumente nachzudenken. Ich glaube, das würde sich gegenseitig lohnen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Jan Marcus Rossa.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich verläuft die Debatte in der Sache hier und heute etwas unglücklich, weil man versucht, sich in bestimmte Lager aufzuteilen, obwohl man sich in den meisten Punkten einig ist.

Wenn wir in Schleswig-Holstein Beschäftigungsbedingungen zu beklagen haben, die den sozialen Mindeststandards des deutschen Arbeitsrechts widersprechen, dann sollten wir hier alle gemeinsam zusammenstehen und dafür eintreten, dass unsere Regeln von allen eingehalten werden.

(Beifall FDP, CDU, Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Volker Schnurrbusch [AfD])

Sich hier hinzustellen und zu sagen, mit der FDP seien gewisse Sozialstandards nicht zu erreichen, ist allerdings indiskutabel.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Insofern muss man hier einmal geraderücken, dass das Sozialministerium nicht erst 2018 - das war der Auslöser für die Initiative bei der Konferenz der Arbeits- und Sozialminister im November 2019 - intensiv begonnen hat, die Unterkünfte von Werkvertragsarbeitnehmern zu überprüfen, und zwar auf der Grundlage der Arbeitsstättenverordnung. Das hat dann dazu geführt, dass dieser Überprüfungsdruck neue Vertragsgestaltungen hervorgebracht hat, die eine Überprüfung durch die Arbeitsschutzbehörden unmöglich gemacht haben.

Es war der Sozialminister - und für Sie der Hinweis: Er ist Mitglied der FDP

(Zuruf FDP)

und unser Landeschef -, der dafür gesorgt hat, dass das Thema auf Bundesebene behandelt wird. Ich finde, das sollte man in dieser ganzen Diskussion nicht vergessen.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt müssen wir uns wirklich noch einmal mit einer gewissen Nüchternheit angucken, wie auf die Beschlussfassung im Bundesministerium für Arbeit und Soziales reagiert wurde. Über ein halbes Jahr nach diesem Beschluss wird ein Eckpunktepapier mit zehn Eckpunkten vorgelegt, von denen die

(Werner Kalinka)

überwiegende Anzahl Prüfaufträge sind. Das heißt, es wird jetzt erst begonnen, Maßnahmen zu prüfen, mit denen man Missständen im Bereich der Fleischwirtschaft entgegenwirken kann. Da fehlt mir jedes Verständnis.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Da, wo konkrete Maßnahmen angekündigt werden, geht es um ein pauschales Verbot von Werkvertragsmodellen in der Fleischwirtschaft. Das ist aber nicht zielgerichtet. Ich kann Ihnen als wirklich erfahrener Arbeitsrechtsanwalt heute schon versichern: Es ist ein Leichtes, das Verbot von Werkvertragsmodellen zu unterlaufen und neue Lösungen zu finden. Wir haben so an dem Problem nichts verändert.

Unsere Hoffnung besteht schlicht und einfach darin, dass wir vor Ort die Rechte der Arbeitnehmer stärken und dass wir sie in den Schutz der Betriebsverfassung einbeziehen. Am Rande der Hinweis: Diese Idee kam aus der FDP-Fraktion, nämlich die Betriebsverfassung auf Werkvertragsarbeitnehmer auszudehnen.

Herr Abgeordneter, Sie müssen zum Schluss kommen.

Insofern finde ich Ihre Unterstellungen wirklich bodenlos und nicht akzeptabel.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Thomas Hölck.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Kilian, ich dachte, der Landtagspräsident heißt Klaus Schlie. Wenn es Beanstandungen im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen die Geschäftsordnung gäbe, dann würde dieser Landtagspräsident einschreiten.

(Zuruf Lukas Kilian [CDU])

Ich will noch einmal auf Ihren Antrag eingehen. Da fordert Jamaika mit den ehemaligen Mindestlohngegnern CDU und FDP, das Mindestlohngesetz dahin gehend zu verschärfen, dass das monatliche Ar

beitsentgelt nach Abzug der Mietkosten, die ein Werkvertragsarbeitnehmer oder eine Werkvertragsarbeitnehmerin aus Anlass und für die Dauer einer auswärtigen Beschäftigung für eine Unterbringung in der Nähe des Einsatzortes aufwendet, mindestens den Mindestlohn erreicht.

Ich finde: Wenn man solche Forderungen stellt, dann muss man diese erweitern, nämlich darauf, den Mindestlohn für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer so anzuheben, dass nach Abzug der Mietkosten ein Arbeitslohn in Höhe des Mindestlohns übrigbleibt; nicht nur für Werkvertragsarbeitnehmer, sondern für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land.

(Beifall SPD - Zurufe FDP)

Hinzu kommt, dass Sie die Wurzel des Übels nicht richtig anpacken wollen. Die Wurzel des Übels sind die Werkverträge gerade in der Fleischindustrie, weil sie dazu führen, dass diese Menschen nicht den Schutz haben, den andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer genießen.

(Zurufe FDP)

Deshalb ist es richtig, dass Hubertus Heil angekündigt hat, dass es ein Ende der Werkverträge in der Fleischindustrie zum 1. Januar 2021 geben wird. Das ist der richtige Weg, das ist der richtige Schritt. Wie ist denn die Situation der Werksarbeiterinnen und -arbeiter in Papenburg, die teilweise im Wald gelebt haben und in anderen Gegenden in Erdhöhlen leben? Das sind Zustände, die wir uns nicht leisten dürften. Diese sind dem Umstand geschuldet, dass Werkvertragsarbeitnehmer ihren Auftraggebern schutzlos ausgeliefert sind.

(Zuruf FDP)

Ich will Ihnen auch sagen: Ein Ergebnis der Coronapandemie ist, dass es Solo-Selbstständige sehr schwer haben, weil deren Umsätze und Gewinn weggebrochen sind. Der gute alte sozialversicherungspflichte Arbeitsplatz hat wieder einen neuen Wert bekommen, weil er mehr Schutz bietet als andere Beschäftigungsformen. Deshalb muss es ein Zurück zu dieser Beschäftigungsform geben. Dieser Arbeitsplatz muss wieder in den Fokus der Beschäftigung rücken.

(Beifall Wolfgang Baasch [SPD])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Kollege Baasch, die Unterbringungsbedingungen in den Unterkünften der Fleischindustrie sind nicht erst seit Corona bekannt. Dass sie schlecht sind, war schon vorher bekannt. Das aber hätte ich mir nicht vorstellen

(Jan Marcus Rossa)

können: In dieser Zeit wurden Hotels und Geschäfte geschlossen; es gibt für Saisonarbeiter Regelungen für die Unterbringung von Arbeitnehmerinnen und -nehmer, aber in der Fleischindustrie wird so weitergemacht wie zuvor. Das ist ein Menschenbild der Verantwortlichen gegenüber den Werkvertragsarbeitnehmern, das zynisch und infam ist. Es ist so etwas von verantwortungslos, dass man dort nach dem Motto vorgegangen ist: Raffgier vor dem Schutz des Lebens und der Gesundheit dieser Menschen. Das ist infam, das muss beendet werden, und das ist schnell zu beenden, weil diese Zustände so nicht haltbar sind.