Meine Damen und Herren, in vielen Reden ist auch das zu Recht zum Tragen gekommen: Dahinter steht ein Menschenbild, das niemand sich zu eigen macht oder sich zu eigen machen will. Ich habe jedenfalls keine Rednerin und keinen Redner, weder von den die Koalition tragenden Fraktionen noch
Eine völlig neue Erkenntnis sind diese Missstände in der Fleischindustrie wahrlich nicht. Die Landesregierung hatte lange vor Ausbruch der COVID-19Pandemie die Initiative ergriffen, um etwas gegen diese Missstände in der Fleischindustrie zu unternehmen.
Erstens. Mein Haus hat - Herr Abgeordneter Rossa sagte es - von 2018 bis Anfang 2020 dafür gesorgt, dass die Staatliche Arbeitsschutzbehörde bei der Unfallkasse Nord in Zusammenarbeit mit dem Zoll, den Bauordnungsämtern und den Gesundheitsämtern eine Informations- und Überwachungskampagne zu den Unterbringungs- und den Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen und der fleischverarbeitenden Industrie durchgeführt hat. Die beteiligten Behörden haben damals übrigens ausgesprochen eng und gut miteinander kooperiert; das werden sie weiterhin tun.
Zweitens. Als Konsequenz aus den Ergebnissen genau dieser Kampagne zwischen 2018 und Anfang 2020 haben wir auf der vergangenen Arbeits- und Sozialministerkonferenz im November 2019 einen Antrag eingebracht, in dem Lösungsansätze zur Beseitigung der widrigen Bedingungen in der Fleischwirtschaft klar aufgezeigt werden.
Meine Damen und Herren, ob man das „abgespulte Reden“ oder wie auch immer nennt: Ich glaube, zumindest bei diesem Thema wäre es ganz angebracht gewesen - zu diesem Ergebnis komme ich auch, wenn ich die Debatte im Sozialausschuss rekapituliere -, wenn man sich von dem einen oder anderen lieb gewordenen Klischee über politische Mitkonkurrenten verabschiedet hätte.
Diese ASMK-Initiative ist damals mit einem 16zu-0-Beschluss angenommen worden. Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren aller denkbaren Couleur haben sich dahinter versammelt, weil niemand einen Fortgang dieser Entwicklung dulden will und alle, das heißt Verantwortliche jeder Couleur, daran arbeiten wollen - übrigens gemeinsam mit dem Bund; denn nur mit diesem gemeinsam wird es uns gelingen, die Missstände abzustellen -, dass endlich überall vernünftige Arbeits- und Unterbringungsbedingungen hergestellt werden.
angesichts der Missstände in der Fleischwirtschaft strukturelle Veränderungen herbeizuführen und die Probleme damit an der Wurzel zu packen. Dazu gehört, dass privat angemietete Wohnungen den Anforderungen des Arbeitsstättenrechts zu unterwerfen sind. Was denn sonst, meine sehr geehrten Damen und Herren?
Beschäftigte von Werkvertragsunternehmen sind rechtlich in das Arbeitsschutzsystem der auftraggebenden Betriebe einzubinden
Natürlich ist auch eine manipulationssichere Zeiterfassung einzuführen. Zu den Krokodilstränen, die das eine oder andere Unternehmen geweint hat, dass das alles nicht möglich sei, kann ich nur sagen: Manipulationssichere Arbeitszeiterfassung gibt es in anderen Branchen schon viel, viel länger, und diese haben auch nicht gelitten, nachdem sie sie eingeführt hatten.
Meine Damen und Herren, all diese hochaktuellen Forderungen finden Sie in diesem ASMK-Antrag. Hinsichtlich der Arbeits- und Wohnbedingungen der Beschäftigten in der Fleischwirtschaft, das haben viele Rednerinnen und Redner schon vorher deutlich gemacht, gibt es kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsdefizit, und das soll sich jetzt ändern.
Im Zeichen der Coronakrise ist die Bundesregierung jetzt tätig geworden. Ich erkenne das ausdrücklich an. Das habe ich dem Kollegen Heil auch mitgeteilt und ihm die ausdrückliche Unterstützung Schleswig-Holsteins sowie meine persönliche Unterstützung bei der Umsetzung zugesagt, um da überhaupt keine Missverständnisse aufkommen zu lassen.
Meine Damen und Herren, es wäre auch komisch, wenn ich das nicht gemacht hätte, denn der Bund hat wesentliche Forderungen Schleswig-Holsteins in sein Eckpunktepapier aufgenommen. Für eine schnellere und wirksamere Umsetzung dieses Vorhabens hat der Bund natürlich die volle Unterstützung Schleswig-Holsteins, gleichwohl - das betone ich an dieser Stelle - Schleswig-Holstein diesen Prozess natürlich kritisch begleiten wird. Aus Sicht der Landesregierung besteht an verschiedenen Stellen dieses Eckpunktepapiers Nachbesserungs- und Präzisierungsbedarf. Im Papier des Bundesarbeitsministeriums sind die Regelungen an mancher Stel
le schlicht und ergreifend zu schwach ausgestaltet, um die Defizite in der Unterbringung bei den Beschäftigten der Werkvertragsunternehmen zu beseitigen.
Lieber Herr Minister, ich begrüße ausdrücklich das, was Sie erklärt haben, da Sie somit auch inhaltlich das unterstützen, was wir richtig finden. Aber Sie werden Verständnis dafür haben, dass man in der Debatte Anmerkungen macht, wenn man die gemeinsame Presseerklärung der Jamaika-Koalition zu den Gesetzen liest, wenn ein Vertreter Ihrer Fraktion das Gegenteil zu dem, was Sie gerade ausgeführt haben, gesagt hat. Deshalb begrüße ich, dass das Wort des Ministers gilt. Davon gehe ich aus. Wir sind sehr zufrieden damit, dass das so ist.
Herr Dr. Stegner, ich nehme das jetzt als Bemerkung zur Kenntnis. Ich denke, darunter leiden die, die in der Opposition sitzen. Aber es ist ja das Schöne, dass man in der Regierung zwar am Handeln gemessen wird, man aber auch wirklich entsprechend gestalten kann. Ich meine, bei diesem Thema für die Landesregierung in Anspruch nehmen zu dürfen, dass wir bisher sehr aktiv gewesen sind und dies auch künftig nicht nachlassen werden.
Meine Damen und Herren, im Eckpunktepapier des Bundes ist bislang lediglich eine Informationspflicht für den eine Unterkunft stellenden Arbeitgeber einschließlich der Werkvertragsunternehmen vorgesehen. Ich bin aber davon überzeugt, dass wir eine Regelung brauchen, dass sämtliche, auch private Unterkünfte, die Beschäftigten durch ihren Arbeitgeber oder einem Dritten zu Wohnzwecken zur Verfügung gestellt werden, als Unterkünfte im Sinne der Arbeitsstättenverordnung definiert werden. Nur so können wir in Zukunft konsequent handeln. Ich will nicht auf den Good Will oder die Freundlichkeiten irgendwelcher Unternehmen angewiesen sein, die höflich gestatten, dass man vielleicht doch kontrollieren darf. Ich will vielmehr, dass eine regelmäßige staatliche Kontrolle durch die Arbeits
Denn nur so lassen sich Mindeststandards in diesen Einrichtungen durch die staatliche Arbeitsschutzbehörde wirksam kontrollieren. Das Ziel muss sein, dass die Beschäftigten von Werkvertragsunternehmen unter den gleichen Bedingungen arbeiten wie die Stammbelegschaft in den fleischverarbeitenden Betrieben. Wichtig ist, dass dafür rechtssichere Lösungen entwickelt werden. Die Mitbestimmungsrechte der bei den Werkvertragsunternehmen Beschäftigten müssen gestärkt und für die Betroffenen auch praktisch nutzbar werden. Ich finde, der Antrag der regierungstragenden Koalition sagt klipp und klar aus, dass es eine wirklich gute Initiative ist. Vor dem Hintergrund bedanken wir uns als Landesregierung explizit hierfür, dass wir den Rücken gestärkt bekommen.
Die Einführung einer verpflichtenden digitalen, manipulationssicheren Arbeitszeiterfassung, wie sie bereits in der ASMK-Initiative gefordert wird, hat der Bund zugesagt. Man könnte das beispielsweise durch ein System, das es mit einem Fingerabdruck möglich macht, sehr einfach und sehr modern und manipulationssicher umsetzen.
Damit Werkvertragsbeschäftigte wirklich etwas von ihrem Lohn behalten, dürfen natürlich die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Beförderung nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden. Auch das ist etwas, was in der Initiative der koalitionstragenden Fraktionen aufgegriffen wird.
Ähnliche Regelungen sind im neuen Entsendegesetz im Übrigen bereits getroffen worden. Auch für die Beschäftigten von Werkvertragsunternehmen brauchen wir hier rechtssichere Lösungen. Eine Möglichkeit könnte aus Sicht der Landesregierung sein, das Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft entsprechend zu ergänzen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das gemeinsame Ziel von Bund und Ländern ist eindeutig: Den Missständen in der Fleischwirtschaft soll und muss ein Ende gesetzt werden. Die richtigen Ansätze für strukturelle Veränderungen liegen vor. Es muss jetzt darum gehen, sowohl im Interesse der bei den Werkvertragsunternehmen Beschäftigten, aber auch im Interesse der kleinen und mittelständischen Betriebe, die sich anständig ihren Mitarbeite
rinnen und Mitarbeitern gegenüber verhalten, die bestmöglichen Lösungen zu finden. Ich fand, ehrlich gesagt, nach einigen Runden im Sozialausschuss, Herr Vorsitzender des Sozialausschusses, dass wir an sich auf gar keinem schlechten Weg sind.
Das sage ich auch ausdrücklich an die demokratische Opposition gerichtet. Wir haben hier in Schleswig-Holstein in den letzten Jahren aus meiner Sicht den richtigen Ton getroffen, und zwar alle zusammen. Das will ich Ihnen ausdrücklich eingestehen. Nur mit diesem Zusammenhalt wird man auf der Bundesebene dafür sorgen können, dass die noch zu präzisierenden Formulierungen im Arbeitsschutzpaket der Bundesregierung tatsächlich in entsprechend wirksame Regelungen umgesetzt werden können.
Ich lade Sie dazu ein, gemeinsam mit der Landesregierung dafür zu sorgen, dass dies lieber über kurz als über lang in Berlin Realität wird. Die Landesregierung wird auf jeden Fall weiterhin ihren Beitrag dazu leisten. - Ich bedanke mich bei Ihnen fürs Zuhören.
Meine Damen und Herren, der Minister hat die im Ältestenrat vereinbarte Redezeit nur um 5 Minuten überzogen. - Ich sehe aber nicht, dass jemand aus den Abgeordnetenreihen von der erweiterten Redezeit Gebrauch machen will. Damit schließe ich die Beratung, und wir kommen zur Abstimmung.
Ich lasse über die Anträge in der Sache abstimmen. Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/2188, abstimmen. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten der SPD und SSW. Wer ist dagegen? - Das sind alle anderen Abgeordneten. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Ich lasse dann über den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/2253, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Abgeordneten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, FDP, CDU sowie die Abgeordnete von Sayn-Wittgenstein. Wer ist dagegen? - Das sind die Abgeordneten der SPD-Fraktion und der AfD-Fraktion. Damit ist dieser Antrag angenommen.
Wir kommen zu dem Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/2189. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktion der SPD sowie die Abgeordneten des SSW. Wer ist dagegen? - Das sind alle anderen Abgeordneten. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Wir kommen dann zum Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/2190. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Abgeordneten von SPD und SSW. Wer ist dagegen? - Auch hier sind es alle anderen Abgeordneten. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.
Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung polizei- und ordnungsrechtlicher Vorschriften im Landesverwaltungsgesetz (LVwG- PORÄndG)
Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile das Wort der Ministerin für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung, Frau Dr. Sabine Sütterlin-Waack.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Polizeirecht wurde bei uns in Schleswig-Holstein zuletzt 1992 grundlegend überarbeitet. Es folgten dann im Jahr 2007 noch weitere Ergänzungen und punktuelle Veränderungen. Mittlerweile sind aber neue Bedrohungslagen entstanden, die unsere Polizei bewältigen muss.