Protokoll der Sitzung vom 17.06.2020

Ja, gern.

Herr Kollege, Sie betonten gerade, dass das Landwirtschaftsministerium für das Thema Schlachtbetriebe zuständig gewesen sei.

- Nein. Sie müssen mir schon genau zuhören.

Dennoch möchte ich Sie fragen, ob Sie die Pressemitteilung des damaligen Landwirtschaftsministers Robert Habeck vom 20. März 2015 kennen, in der er erklärt, dass er sich mit Clemens Tönnies einig sei, dass in dem Betrieb in Kellinghusen die Arbeitsbedingungen, die Hygienebedingungen und die Tierschutzbedingungen zuverlässig eingehalten und zuverlässig überprüft werden müssten.

Wenn ein Mitglied der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung, ein Landwirtschaftsminister, sich öffentlich so zu den Arbeitsbedingungen äußert, muss es eine Art von Zuständigkeit gegeben haben.

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Der ist doch überhaupt nicht zuständig dafür!)

Andernfalls wäre es ja nicht möglich gewesen.

Außerdem wurden hier in den letzten Jahren alle Anträge immer von den Landwirtschaftsministern beantwortet. Und dabei haben schon immer auch die Themen des Arbeitsschutzes eine Rolle gespielt. Deshalb fordern wir ja Klarheit in der Landesregierung darüber, wer für das Thema Schlachthöfe zuständig ist. - Danke.

(Beifall SPD)

- Ich kann nur wiederholen, was ich gerade gesagt habe. Schon in der vergangenen Legislaturperiode und auch in dieser Legislaturperiode war es so und ist es so, dass das Umweltministerium nicht für den Arbeitsschutz auf den Schlachthöfen zuständig ist. Das Umweltministerium ist zuständig unter anderem für die Veterinärbehörden, allerdings nicht für den Arbeitsschutz. Dass sich ein Ministerium zu einem gebündelten Thema äußert, ist auch nicht unüblich. Es waren doch Ihre Ministerien, die in der letzten Legislaturperiode für die Themen Wohnraum, Arbeitsleben und Arbeitsschutz zuständig waren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Ich komme zurück zu den Punkten, die ich ansprechen wollte. Ich hatte zweitens über die Beschlüsse des Bundes gesprochen.

Drittens geht es mir um das Thema Mindestlohngesetz. Herr Kollege Hölck, mitnichten ist es so, dass eine pauschale Erhöhung des Mindestlohns dazu beitragen würden, dass wir in Zukunft keine Verstöße gegen das Mindestlohngesetz mehr haben würden. Da ist unser Vorschlag viel zielführender, weil er sagt: Das Abziehen der Miete vom Entgelt am Ende des Monats führt dazu, dass ein Verstoß gegen das Mindestlohngesetz vorliegt. Wir können trotzdem den Mindestlohn erhöhen. Unser Gesetzesvorschlag ist also noch notwendig und zielführend.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Viertens. Was das Thema Betriebsverfassungsrecht angeht, muss ich Herrn Kollegen Rossa recht geben; das war innerhalb der Koalition überhaupt nicht umstritten. Am Ende ist es sogar ein Vorschlag der FDP-Kollegen gewesen, den wir dankenswerterweise aufgegriffen haben.

(Zuruf FDP: Aha!)

Wir sind sehr froh, dass wir in diesem Bereich so gut zusammenarbeiten können.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Insofern komme ich gleich zu Punkt fünf: Werter Kollege Baasch, Ihren Pessimismus nehme ich als Lob für unsere Vorschläge, was die Umsetzung anbetrifft. Ich würde mich freuen, wenn Sie uns unterstützten. Sie sagen doch eigentlich, dass unsere Vorschläge gut sind. Dann unterstützen Sie uns doch bitte auf Bundesebene bei der Umsetzung.

(Zuruf Serpil Midyatli [SPD])

Das würde dazu führen, dass sich die Situation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer merkbar verbesserte. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Kay Richert.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Über viele Äußerungen, die in der Debatte gefallen sind, könnte man noch trefflich streiten. Auch ich habe übrigens den Eindruck, den Herr Kollege Kilian wiedergegeben hat: Sie sind an der Debatte überhaupt nicht interessiert und hören gar nicht zu, sondern Sie spulen zu dem, von dem Sie hoffen, dass es kommen möge, das ab, was Sie sich vorgenommen haben.

Das fängt an mit der Behauptung, hier gebe es noch viele Abgeordnete, die der Meinung seien, dass man die Ausbeutung verlängern müsse. - Ich frage mich: Wer denn?

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

Oder die Aussage, wir müssten das nicht hier behandeln, sondern wir müssten es öffentlich machen. Wo ist es denn öffentlicher als im Parlament?

(Beifall FDP)

Dann haben Sie von der SPD gesagt, mit den Missständen müsse endlich Schluss sein. - Ja, damit haben Sie recht. Deshalb unterbreiten wir Vorschläge, die tatsächlich praktikabel und umsetzbar sind.

Herr Kollege Baasch, wenn Sie sich Ihren Antrag anschauen und diesen mit unserem Antrag verglei

chen, dann müssen doch auch Sie sehen, dass von Ihren sieben Spiegelstrichen drei - wenn auch mit anderen Worten, aber inhaltlich ähnlich - bei uns auftauchen. Mir ist klar, dass Sie jetzt nicht Ihre Anträge zerreißen und mit Jubelgeschrei auf unsere Seite überlaufen werden. Aber bitte bewegen Sie doch die Argumente, die wir hier gebracht haben, in Ihrem Herzen und kommen Sie zu dem Schluss, dass auch Sie unserem - guten! - Antrag zustimmen können.

(Beate Raudies [SPD]: Und umgekehrt? Ihr habt immer die Wahrheit gepachtet, nicht?)

Was ich auch noch sagen muss: Frau Eickhoff-Weber, Sie haben behauptet, ich hätte mich über Sie lustig gemacht. Das habe ich nicht gemacht, ganz bestimmt nicht. Das war und ist nicht meine Intention. Wenn es so herübergekommen ist, dann tut es mir leid. Ich habe mich mit Ihren Sachargumenten auseinandergesetzt. Persönliche Angriffe liegen mir fern. Vereinfachung, Unsachlichkeit, persönliche Angriffe und Beleidigungen sind nicht mein Markenzeichen; das ist das Markenzeichen Ihres Fraktionsvorsitzenden.

(Zurufe SPD: Oh! - Jetzt beleidigen Sie aber!)

- Na ja, gucken Sie sich die Social-Media-Veröffentlichungen von diesem Herrn Doktor an; dann werden Sie mir zustimmen.

(Beifall FDP)

Von solchen Dingen distanziere ich mich. Ich finde, das ist schlechter Stil. Ein solcher Stil gehört nicht hierher. Lassen Sie uns weiterhin sachlich diskutieren!

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da keine weiteren Kurzbeiträge vorliegen, hat nun für die Landesregierung der Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren, Dr. Heiner Garg, das Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Zunächst einmal: Niemand muss sich Sorgen um meine Zitate machen. In der Regel meine ich das, was ich sage. Gerade wenn ich mir dieses Thema anschaue, komme ich zu dem Ergebnis: Wir als Landesregierung sind insgesamt auf einem exzel

(Joschka Knuth)

lenten Weg, das genau so umzusetzen, und zwar nicht erst seit gestern und nicht erst seit der COVID-19-Pandemie.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber es ist vollkommen richtig, dass diese Pandemie die Arbeits- und die Unterbringungsbedingungen von - oftmals osteuropäischen - Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die in großen Schlachtoder in Weiterverarbeitungsbetrieben beschäftigt sind, in den Fokus der gesamten Öffentlichkeit gerückt haben. Auch in Schleswig-Holstein sind in mehreren großen Schlachtbetrieben Probleme aufgetreten.

Meine Damen und Herren, wir alle wissen doch, von wem wir sprechen. Wir wissen es ganz genau. Sie können die Betriebe zwar nicht an den Fingern einer, aber an den Fingern zweier Hände abzählen. Wir wissen genau, wo der Hase im Pfeffer liegt.

In Schleswig-Holstein sind in mehreren großen Schlachtbetrieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter positiv auf das SARS-CoV-2-Virus getestet worden. Das wissen wir im Übrigen auch deshalb, weil wir bereits am 8. Mai 2020 die Testung der Belegschaften inklusive der bei Subunternehmen Beschäftigten in sechs großen Betrieben in Schleswig-Holstein angeordnet haben.

Einzelne Großunternehmen, und zwar bundesweit, nutzen unter Einsatz von gering bezahltem Personal, zumeist aus osteuropäischen Ländern, Gesetzeslücken, um deutsches Arbeitsschutzrecht systematisch zu umgehen und damit die Arbeitskosten niedrig zu halten.

Ja, meine Damen und Herren, es ist der Wille dieser Landesregierung, mit diesem Geschäftsmodell ein für alle Mal Schluss zu machen.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist nämlich - auf diesen Punkt möchte ich besonders hinweisen - eine massive Wettbewerbsverzerrung zulasten der kleinen und mittelständischen Betriebe, die wir auch in Schleswig-Holstein haben, über die derzeit leider nicht diskutiert wird.

(Beifall FDP und CDU)