Protokoll der Sitzung vom 17.06.2020

gen und Beschulung gehen nicht, wenn ich zu Hause arbeiten muss.

Deshalb ist es eben auch wichtig, dass wir dieses Themenfeld jetzt noch mehr in den Fokus nehmen. Ich widerspreche der Aussage, dass wir das bisher nicht im Blick hatten. Als im März die Entscheidung für den Lockdown gefällt wurde, war die Erkenntnis nicht da, die wir vielleicht - hoffentlich demnächst haben werden, dass Kinder weniger ansteckend sind. Die Rolle der Kinder im Pandemiegeschehen ist noch nicht geklärt. Da haben wir gesagt, wir müssten jetzt schützen. Die Mehrheit der Wissenschaft hat gesagt, das Wichtigste sei erst einmal, Kitas und Schulen zu schließen. Dem sind wir gefolgt. Ich glaube, das war trotz aller Belastungen der richtige Weg.

(Beifall Dennys Bornhöft [FDP] und Lars Harms [SSW])

Aber das heißt nicht, dass dieser Weg immer so weitergegangen werden muss. Ich glaube, es ist jetzt wichtig und gut zu überlegen, wie man eine Strategie für eine eventuelle zweite Welle entwickeln kann, falls im Herbst eine solche kommen sollte. Das bedeutet, wir müssen dann schauen, dass nicht wieder alle Schulen und Kitas in Stufen schließen, sondern wir müssen fragen: Wie kann man flexible Lösungen finden? Im Schulbereich haben wir dazu schon viel gehört. Genauso wollen wir das auch für den Kita-Bereich. Wir wollen Angebote schaffen, die vielleicht mehr Kindern die Teilhabe ermöglichen als bisher. Ich halte das für etwas sehr Wichtiges.

Außerdem brauchen wir finanzielle Entlastungen, wenn Eltern wieder darauf angewiesen sind, kurzfristig ihren Beruf zurückzuschrauben. Familien brauchen eine stärkere, auch finanzielle Entlastung. Der Kinderbonus, den die Große Koalition jetzt beschlossen hat, ist wirklich für viele Familien eine Hilfe. Aber das ist eben nur ein kleiner Baustein. Es ist ein einmaliger Zuschuss. Die SPD schlägt jetzt vor, dass wir einen weiteren Bonus in SchleswigHolstein auflegen. Ich bin fest davon überzeugt, das Wichtigste, womit wir den Eltern helfen können, ist, die Institutionen zu stärken. Die Institutionen müssen so aufgestellt sein, dass sie nicht schließen, und wir dürfen nicht noch einmal versuchen, hier oder dort etwas mit 300 € zuzukleistern. Das Entscheidende ist jetzt, dass wir die Schulen und die Kitas so stärken, dass sie nicht zumachen müssen.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Beifall Dennys Bornhöft [FDP])

Ich werde einen Punkt aus unserem Antrag herausgreifen, der sich in beiden Anträgen findet, in dem der SPD und in dem der Jamaika-Koalition, das ist das Thema der Kinderkrankentage. Ich war früher lange alleinerziehend und kann Ihnen sagen: Die Beschränkung der Kinderkrankentage ist wirklich ein großes Übel. Wie viele Menschen, insbesondere Frauen, kenne ich, die dann zum Arzt gehen und sich selbst krankschreiben lassen, obwohl sie gar nicht krank sind! Das ist ein Vorgang, der überhaupt nicht akzeptabel ist. Wenn wir jetzt davon ausgehen, dass die Eltern ihre Kinder in Eigenverantwortung möglichst bei jedem Schnupfen zu Hause lassen sollen, dann ist das noch viel illusorischer, mit 20 Tagen im Jahr auszukommen. Wenn wir gemeinsam dafür kämpfen können, fände ich das super. Wir haben jetzt schon ein breites Parteienbündnis, zumindest in Schleswig-Holstein, das sich an dieser Stelle gemeinsam für dieses Thema starkmachen will.

Frau Abgeordnete, kommen Sie bitte zum letzten Satz.

Ich komme sehr gerne zum Schluss, einen letzten Satz, wenn ich darf. - Mein Plädoyer ist: Lassen Sie uns die Institutionen krisenfest machen. Die Familien brauchen eine starke Stimme - mit oder ohne Corona. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Serpil Midyatli das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Familien waren, sind und werden auch weiterhin durch die Pandemie betroffen sein, und vor allem werden sie auch weiterhin sehr gefordert. Gerade im Lockdown haben wir gesehen, wie nötig Kinderbetreuung ist, insbesondere um Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren, und wie die Konstruktionen der Familien bei der Betreuung sind. Das sind tatsächlich für mich Erkenntnisse, die wir nach der Coronakrise noch weiter ausbauen müssen.

Daher freue ich mich tatsächlich, dass in dem Konjunkturpaket etwas für Familien enthalten ist, was

(Eka von Kalben)

sehr ungewöhnlich ist, das möchte ich hier betonen, es ist eigentlich ein Investitionsprogramm, um die Wirtschaft zu stärken. Aber für uns und mich insbesondere war es wichtig, ich habe mit Franziska Giffey gemeinsam gekämpft, um hier mit diesem Konjunkturprogramm wirklich etwas für die Familien herauszuholen. Es ist ungewöhnlich, aber es ist richtig, und es ist wichtig, und ich bin sehr froh darüber, dass wir nicht nur den Kinderbonus, sondern vieles mehr herausgeholt haben. Sie haben einiges ein bisschen hinten runterfallen lassen, aber das möchte ich gern nennen.

18 Millionen Kinder und Jugendliche werden von dem Kinderbonus profitieren. Wir haben aber auch das Infektionsschutzgesetz noch einmal deutlich verbessert: Es ist jetzt auch Teilzeit möglich. Das war Ihr Punkt, im Bund noch einmal zu schauen, welche Teilzeitregelungen es gibt, also Teilzeitmöglichkeiten hier noch einmal einzubinden.

Ich hätte sehr gerne erreicht - dafür habe ich hinter und vor den Kulissen sehr gekämpft -, dass Homeschooling nicht mehr als geeignete Betreuungsform aufgenommen worden wäre. Da haben wir uns unter den Ländern - und da nehme ich kein Land aus nicht durchsetzen können, weil die natürlich ein Wörtchen mitzureden haben.

Aber bitte vergessen Sie auch den Ausbildungsbonus nicht: 500.000 Jugendliche gehen jedes Jahr mit einer Ausbildung an den Start, und auch diese Jugendlichen werden mit dem Ausbildungsbonus jetzt unterstützt. Das ist richtig und wichtig.

(Beifall SPD)

Vielen Dank für dieses Lob. Das geht komplett an die SPD-Fraktion, wenn ich mir einmal vor Augen führe, wie gegen diesen Kinderbonus gewettert wurde.

(Beifall SPD)

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, viele Familien haben während des Lockdowns Sonderurlaub nehmen und Überstunden abgelten müssen, damit sie Kurzarbeitergeld beantragen können. Wir werden jetzt in den Familien die Situation haben, dass sie nicht wissen, wie sie die Ferienbetreuung der Kita-Kinder, aber insbesondere auch der Grundschulkinder gewährleisten sollen.

Liebe Frau Kollegin, ich habe gerade aufgezählt, was der Bund alles gemacht hat. Sie fordern in Ihrem Antrag auf Bundesebene weiter Verbesserungen ein. Aber jetzt ist doch die Zeit, den Familien zu sagen, was dieses Land macht, wo Jamaika Verantwortung für die Familien im Land trägt und sagt:

Wir testen ein bisschen und gucken, wie wir die Betreuung bis zum 31. August, also nach den Sommerferien, organisieren. Zur Information: Die Schulferien enden am 8. August und nicht am 31. August; ich weiß das so genau, weil ich am 8. August Geburtstag habe. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Geschenke bitte an die bekannte Adresse.

(Heiterkeit und Beifall SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir zeigen mit unserem Antrag deutlich, was wir erwarten: Beim Kinderbonus plus - so nenne ich das Ganze einmal können Sie sich entscheiden, ob Sie es monetär auszahlen wollen, für die Kinder kostenlosen ÖPNV in den Ferien gewährleisten wollen oder Ferienbetreuungsangebote in Form von Gutscheinen gewährleisten wollen. Wir haben uns Gedanken gemacht, der Bund hat geliefert, jetzt ist die Landesregierung am Zug.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn ich mir Ihren Antrag angucke, ist das wirklich alles ziemlich dünn. Wenn ich einmal einen Punkt herausgreifen darf: Sie wollen die Regelsätze für Kinder von Familien mit Hartz-IV-Bezug evaluieren. Ihre Evaluierungszeiten kennen wir von der Kita-Reform, das dauert drei bis fünf Jahre. Erst danach wollen Sie auf Bundesebene erreichen, dass der Regelsatz erhöht wird.

(Unruhe)

Die Krise ist jetzt, die Familien brauchen jetzt Unterstützung. Das haben wir hinter den Kulissen übrigens gemeinsam mit den Verbänden - DGB, Paritätischer - gefordert. Die CDU hat sich vehement geweigert, den Bonus bis Ende des Jahres zu gewähren.

Ich finde es im Übrigen erstaunlich, dass Sie jetzt mit diesem Antrag und Forderungen kommen, wo das Paket schon zusammengeschnürt ist. Ich hätte mir eine starke Stimme aus Schleswig-Holstein gewünscht, einen starken Ministerpräsidenten, der vor der Einigung über das Konjunkturpaket Forderungen für die Familien im ganzen Land durchsetzt. Da hätte ich mich sehr über Unterstützung gefreut. Die kam leider nicht, weder von Ihnen noch vom Ministerpräsidenten. Von daher wird es weiter an der SPD liegen, die Familien im Land zu unterstützen. Diese Verantwortung werden wir selbstverständlich wahrnehmen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

(Serpil Midyatli)

Ich habe einen wunderschönen Satz von Herrn Garg vergessen, vielleicht hebe ich mir den für einen Dreiminutenbeitrag auf.

(Annabell Krämer [FDP]: Was Herr Garg sagt, ist immer vernünftig! - Dennys Born- höft [FDP]: Deswegen sitzt er auch da, wo er sitzt! - Weitere Zurufe)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat die Abgeordnete Katja Rathje-Hoffmann.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit voller Wucht und damit verbunden mit vielen Schwierigkeiten und weitreichenden Folgen hat uns die Coronakrise nicht nur in Deutschland und in der Welt, sondern auch in Schleswig-Holstein total erwischt und vieles verändert, an das wir uns erst einmal gewöhnen mussten und was ganz anders war, als wir es kannten. Dies ist eine riesige Herausforderung und Zumutung zugleich. Von jetzt auf gleich war nichts mehr so, wie es vorher war.

Schulen und Kitas einfach geschlossen; das haben wir noch nie erlebt, jedenfalls nicht für so lange Zeit. Nur Kinder von Eltern, die in der kritischen Infrastruktur arbeiten, durften ihre Kinder notbetreuen lassen. Alle übrigen - das waren die allermeisten - mussten zu Hause bleiben und irgendwie betreut werden. Da hat man sich, wenn man es denn durfte, mit Bekannten oder Verwandten beholfen, aber zumeist sind die Mütter zu Hause geblieben und haben auf die Kinder aufgepasst. Ihnen möchte ich an dieser Stelle danken.

(Beifall)

Die meisten haben es irgendwie geschafft, über die Runden zu kommen, auch dank verständnisvoller Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die ich ebenfalls loben möchte. So mancher Arbeitgeber hat gesagt: „Bleib du zu Hause, du kriegst weiter dein Geld, Hauptsache, deine Kinder sind gut betreut.“ Ihnen allen gebührt unser großer Dank für diese großartige und spontane Leistung und Organisationsbereitschaft.

(Vereinzelter Beifall)

Wir können und konnten gemeinsam Dinge bewältigen, von denen wir vorher nichts wussten. SARSCoV-2 hat uns schwer belastet, nicht nur die Wirtschaft, das Gesundheitssystem und die Bevölke

rung, die Belastungen gingen auch tief hinein in das soziale Miteinander.

Nun holen wir uns das öffentliche und private Leben Stück für Stück wieder zurück. Der Landtag, die Landesregierung, die Bundesregierung und der Bundestag unterstützen in der Coronakrise gerade die Familien kraftvoll. Die weltweite Pandemie hat im besonderen Maß Auswirkungen auf Kinder, Jugendliche, Eltern, Großeltern, Seniorinnen, Senioren und ihre Familien. Mit dieser Wucht der Pandemie hat wohl keiner gerechnet. Deshalb wollen wir eigene Testungen vornehmen, um eigene Erkenntnisse zu SARS-CoV-2 und im Umgang mit Corona im Allgemeinen zu gewinnen.

Erfreulich ist, dass dieser abrupte Übergang von den allermeisten gut bewältigt worden ist beziehungsweise bewältigt wird; wir sind noch nicht durch. Hervorheben möchte ich die große Vernunft zur Akzeptanz, zur Rücksichtnahme und zur Einsatzbereitschaft, die Auswirkungen auf die Gesellschaft mitzutragen und zu ertragen. Wir unterstützen die Betroffenen bei den Folgen von Corona und wollen zukunftsfähig bleiben. Im Falle einer zweiten Welle brauchen wir zeitnah eine Strategie, um auch dafür gut gerüstet zu sein.

Die Konjunktur hat schwer gelitten - das sehen wir -, Arbeitsplätze sind von jetzt auf gleich verschwunden, weggefallen, und die Kurzarbeit ist das probate Mittel zum Zweck, um Arbeitsplätze zu sichern und zu erhalten.

Schleswig-Holstein hat 1 Milliarde € für zusätzliche Coronahilfen zur Verfügung gestellt - wahrlich kein Pappenstiel für so ein verschuldetes Land wie Schleswig-Holstein. Wir haben dafür gesorgt, dass Eltern während der Coronakrise keine Beiträge für die Kitas und die Grundschulbetreuungsangebote zu zahlen haben, für immerhin drei Monate. Das kostet 100 Millionen €. Wir freuen uns, dass alle Familien zusätzlich pro Kind einen Kinderbonus von 300 € vom Staat bekommen. Davon profitieren die geringen und mittleren Einkommen. Das ist Soforthilfe, die gut ankommt.

Im Zukunftspaket der Bundesregierung befinden sich zahlreiche weitere gute Möglichkeiten; ich will sie nicht alle nennen, dafür reicht meine Zeit nicht. Von der Absenkung der Mehrwertsteuer profitieren wir alle. Es gibt Überbrückungshilfen, es gibt vereinfachte Zugänge zur Grundsicherung bis zum 30. September, und es gibt die erweiterte Lohnfortzahlung, die hier schon angesprochen worden ist. Luft nach oben gibt es immer; ich finde es gut, dass es das überhaupt gibt, das ist ein Novum.

(Serpil Midyatli)

Zusätzlich werden der Kapazitätsausbau und der Um-, An- und Neubau von Ganztagsbetreuung in der Kita und der Schule beschleunigt. Ganz besonders hervorzuheben ist die Anhebung des Entlastungsbeitrags für Alleinerziehende - darüber freue ich mich ganz besonders - um mehr als das Doppelte von 1.908 auf 4.000 € für die Jahre 2020 und 2021. Das finde ich ganz toll; das ist Hilfe, die sofort ankommt.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Wir regen zudem auf Bundesebene die Anpassung der Teilzeitgesetze an. Außerdem möchten wir auf Bundesebene anregen, dass gerade in Pandemiezeiten ein sensiblerer Umgang mit Erkältungskrankheiten dazu führt, dass die Zahl der Kinderkrankentage erhöht wird.