Protokoll der Sitzung vom 17.06.2020

Wir regen zudem auf Bundesebene die Anpassung der Teilzeitgesetze an. Außerdem möchten wir auf Bundesebene anregen, dass gerade in Pandemiezeiten ein sensiblerer Umgang mit Erkältungskrankheiten dazu führt, dass die Zahl der Kinderkrankentage erhöht wird.

Frau Abgeordnete, kommen Sie bitte zum letzten Satz.

Ja, das will ich machen. - Zum Schluss möchte ich die Erweiterung des Kinderzuschlags für Geringverdienende lobend erwähnen und für die Inanspruchnahme werben. Denn nicht jeder, der berechtigt ist, nimmt das Geld in Anspruch. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Dennys Bornhöft das Wort.

(Zuruf Sandra Redmann [SPD])

Die Farbe meiner Maske ist bewusst gewählt, Frau Kollegin Redmann. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Coronapandemie hat alle Menschen vor enorme Herausforderungen gestellt, und sie wird es auch noch eine Weile tun. Wichtig ist und bleibt unser Umgang mit dem Virus: nicht verharmlosend, aber auch nicht angstmachend. Dass Schleswig-Holstein im Bundesvergleich die niedrigsten Infektionsraten hat, verdanken wir einerseits dem konsequenten Handeln der Landesregierung, unserem Minister Garg, den vielen fleißigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Gesund

heitswesen, andererseits vor allem unserer Bevölkerung, den vielen besonnenen Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteinern, die die Vorgaben umsetzen und dazu beitragen, dass wir im Vergleich zu dem, was um uns herum passiert, gute Verhältnisse haben.

(Beifall FDP)

Unternehmen, Arbeitsplätze, aber auch aus finanzpolitischer Sicht Steuereinahmen sind wegen des Shutdowns in Gefahr. Hierfür wurden Landes- und Bundeshilfsprogramme geschnürt, die vielen Menschen helfen. Auch wenn Familien von einigen Maßnahmen profitieren, so entwickelt sich deren Situation doch zu einer stetig wachsenden Belastung. Haushalt, Kindererziehung und berufliches Engagement waren schon vor Corona nur durch perfekte Organisation und Nutzung entsprechender unterstützender Infrastruktur zu schultern.

Mit dem unvorbereiteten Wegbrechen der Kinderbetreuung, aber auch den Kontaktbeschränkungen zu den Großeltern verschärfte sich die Situation weiter. Homeoffice und Kindererziehung unter einen Hut zu bringen, ist ohne externe Unterstützung schwierig. Zu behaupten, Homeoffice könne gleichzeitig neben Kinderbetreuung erfolgen, verkennt die hohe Leistung, die Erzieherinnen und Tagesmütter tagtäglich verrichten.

(Vereinzelter Beifall FDP - Dr. Frank Bro- dehl [AfD]: Und Mütter!)

- Da kann man auch einmal für die Erzieherinnen und Erzieher und Tagesmütter klatschen, die das machen. Deren Arbeit ist mit der geschilderten Situation definitiv nicht gleichzusetzen.

(Vereinzelter Beifall FDP und CDU)

Auch im Bundestag wird in dieser Woche noch darüber gesprochen. Die FDP-Bundestagsfraktion hat beispielsweise einen Entlastungskatalog für Eltern im Homeoffice eingebracht, der, wie ich glaube, auch heute beraten wird.

Kinder werden in Zeiten der Coronapandemie bereits bei kleinsten Erkältungssymptomen vom Besuch einer Kita oder einer Schule ausgeschlossen. Dies ist im Sinne der Prävention richtig, führt aber dazu, dass berufstätige Eltern häufiger als bisher Fehltage wegen der Erkrankung eines Kindes haben werden. Um unseren Eltern, vor allem Alleinerziehenden, mehr Freiraum zu geben, werden wir nochmals an den Kinderkrankengeldanspruch herangehen müssen. Eine Ausweitung der maximalen Kinderkrankentage ist daher geboten. Unser heutiger Antrag ergänzt somit die vor Kurzem, Anfang

(Katja Rathje-Hoffmann)

2020, hier auf den Weg gebrachte Initiative, den Kinderkrankengeldanspruch auszuweiten.

Der vom Bund beschlossene Kindergeldanspruch in Höhe von 189 € war für Familien im Leistungsbezug in der Zeit wichtig, in der durch Hamsterkäufe preiswerte Produkte in den Discountern häufig nicht erhältlich waren. Der Kinderbonus von 300 € ist prinzipiell auch eine gute Idee. Ich finde es aus finanz- und sozialpolitischer Sicht gut, dass hier das Gießkannenprinzip nicht angewandt wird, sodass Hochverdiener - wie wir alle hier - trotz kleiner Kinder diesen Bonus nicht bekommen. Das Geld ist knapp bemessen. An dieser Stelle ist es gut, dass es an die wirklich Bedürftigen geht.

Eine Einmalzahlung für Familien ist schön und gut. Es bedarf aber weiterer systematischer Anpassungen in Form einer Evaluierung und Neubewertung der tatsächlichen finanziellen Bedarfe im Leistungsbereich des SGB II. Als Lehre aus dem Corona-Shutdown sollte hierbei auch das Zivilschutzkonzept der Bundesregierung mit dem Namen „Zuhause eine Notration anlegen“ Beachtung finden.

Auch wenn viele Einschränkungen mit sinkenden Infektionszahlen zurückgenommen und Schulen und Kitas vielerorts wieder geöffnet werden konnten, müssen wir weitere Perspektiven für die Zukunft schaffen. Vor allem Familien brauchen langfristigere Strategien, um langfristig beruflich, urlaubsmäßig und so weiter planen zu können.

Forschung ist ein wichtiger Faktor. Wir müssen uns aber auch präventiv auf das weitere Infektionsgeschehen der sogenannten zweiten Welle vorbereiten - siehe, was in den letzten Tagen aus Peking berichtet wurde! Die Frage ist nicht, ob, sondern nur, wann und wie stark sie ausfallen wird. Es ist also wichtig und richtig, nunmehr aktiv voranzugehen und unter Einbeziehung von Wissenschaft und Bildungsträgern ein verlässliches Betreuungskonzept zu erarbeiten, wie wir es in unserem Antrag fordern.

Regionale Maßnahmen sollen den Grundpfeiler bei diesen Betreuungskonzepten darstellen, welches die Betreuung unserer Kinder auch in einer weiteren Coronawelle weitestgehend sicherstellen soll.

Da ich ein bisschen Zeit habe und sich die SPDLandesvorsitzende dankenswerterweise um unseren Antrag gekümmert hat, habe ich ein bisschen Zeit, mich um den SPD-Antrag zu kümmern, dem wir heute nicht zustimmen werden und den wir nicht in den Sozialausschuss überweisen werden. Das ist auch kein Wunder, weil er inhaltlich nicht ganz stringent ist. Einerseits fordern Sie einen anrech

nungsfreien Kinderbonus. Wir haben gerade festgestellt, er ist nicht anrechnungsfrei. Bei Leuten mit hohem Einkommen wird er angerechnet.

(Beate Raudies [SPD]: Genau wie das Kin- dergeld!)

Andererseits möchten Sie eine einkommensabhängige Kindergrundsicherung haben. Ich kann Ihr Anliegen zwar nachvollziehen, aber wenn man sagt, es geht um das Kind - das sollte die Ursache für die Kindergrundsicherung sein -, sollte die finanzielle Situation der Eltern unerheblich sein. Deswegen ist eine einkommensunabhängige Kindergrundsicherung der richtigere Weg.

Weil Ihr Antrag nicht ganz stringent ist, lehnen wir ihn heute ab. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Für die Abgeordneten des SSW hat die Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering das Wort.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Allen ist bewusst, dass uns das Coronavirus vor nie da gewesene Herausforderungen stellt. Die Auswirkungen dieser Pandemie sind riesig und treffen im Grunde alle Mitglieder unserer Gesellschaft. Gleichzeitig sind nicht zuletzt die wirtschaftlichen Folgen für die Menschen sehr unterschiedlich. Deshalb haben wir in den vergangenen Wochen viel darüber diskutiert, welchen gesellschaftlichen Gruppen wie geholfen werden muss.

Das ist gut und richtig so, weil weder Bund noch Länder über unbegrenzte Finanzmittel verfügen. Doch bleibt es in all der Hektik und Unruhe besonders wichtig, auch an die Menschen zu denken, die ihre Interessen nicht so lautstark äußern können.

Für den SSW ist völlig klar, dass viele Familien zu dieser Gruppe gehören. Deshalb ist es wichtig, dass wir hier und heute darüber reden, wie wir sie in Zeiten von geschlossenen Betreuungseinrichtungen und wochenlangem Homeoffice entlasten können. Weil wir schon zur letzten Plenartagung einen sehr ähnlichen Antrag eingebracht haben, will ich hier und heute an Obdachlose und Menschen mit geringen finanziellen Ressourcen erinnern. Auch sie sind von der Krise hart getroffen. Sie schaffen es kaum, sich im gleichen Maße Gehör zu verschaffen wie andere gesellschaftliche Gruppen, die vielleicht ein

(Dennys Bornhöft)

fach nur besser organisiert sind. Für uns steht fest, dass diese Menschen nicht noch weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden dürfen. Sie benötigen dringend unserer Hilfe.

(Beifall SSW)

Es ist keine Frage, dass Eltern von Kita- oder schulpflichtigen Kindern seit Wochen Großartiges leisten. Viele übernehmen schlicht und ergreifend zwei Jobs, neben ihrem eigentlichen Homeoffice auch den des Erziehers oder der Lehrerin. Da ist es doch kein Wunder, wenn man an Grenzen stößt und auch langsam nicht mehr kann. Deshalb ist es folgerichtig, wenn wir uns schnell auf Hilfen verständigen, bis Schulbetrieb und Arbeitswelt wieder halbwegs normal laufen. Die Betonung muss hierbei auf dem Wort „schnell“ liegen, denn viele Familien sind längst am Ende ihrer Kräfte. Das wird sich kaum dadurch ändern, dass sie vorübergehend etwas mehr Kindergeld bekommen.

Ich will absolut nicht falsch verstanden werden. Natürlich sind ein Kinderbonus oder erweiterte Möglichkeiten, in Teilzeit arbeiten zu können, in einer solchen Krise sinnvoll. Das gilt auch für den Ansatz, das Kinderkrankengeld familienfreundlicher zu regeln, denn auch hier stehen Eltern durch Corona vor besonderen Herausforderungen. Die bisher geltenden zehn Kinderkrankentage dürften für viele Familien jedenfalls kaum reichen. All diese Maßnahmen bringen Familien größere Flexibilität, aber diese Flexibilität brauchen viele schon jetzt. Deshalb muss Berlin dringend liefern.

Aus Sicht des SSW ist gerade dort, wo wir als Land direkt verantwortlich sind, mehr Tempo nötig. Natürlich müssen wir mehr darüber lernen, wie sich dieses Virus bei Kindern und Jugendlichen ausbreitet. Deshalb ist es dringend geboten, gerade mit den Einrichtungen, die Erfahrungen durch die Notbetreuung haben, eigene Testreihen zu starten.

Doch nicht nur hier muss schneller gehandelt werden. Auch das Konzept zum Umgang mit einer möglichen zweiten Welle sollte schneller kommen. Statt sich im August mit den Trägern zusammenzusetzen, müssen hier und jetzt konkrete Maßnahmen für die Sicherheit der Kinder erarbeitet werden, denn der Druck für viele Eltern und Kinder ist schon heute groß. Sie brauchen zumindest ein kleines bisschen Planungssicherheit und die Gewissheit, dass ihre Kinder bald wieder in den Bildungseinrichtungen betreut werden können.

(Beifall SSW)

Für die Landesregierung hat der Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren, Dr. Heiner Garg, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Coronapandemie ist mit Sicherheit eine der größten Herausforderungen, die Schleswig-Holstein, die Deutschland - genauer gesagt die Menschen - seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu bestehen hatten. Wir haben zur Eindämmung der Pandemie tief in nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche eingreifen müssen. Das haben alle Menschen, aber in ganz besonderer Weise die Familien auch in unserem Bundesland zu spüren bekommen.

In Kitas und Schulen gab es über Wochen nur eine Notbetreuung. Diese Entscheidung war aus epidemiologischer Sicht richtig, und sie war notwendig, wie die aktuelle positive Entwicklung gerade in unserem Bundesland zeigt. Diese hat uns jetzt den Spielraum für Öffnungen gegeben. Aber natürlich hatten und haben diese Maßnahmen ganz erhebliche wirtschaftliche und soziale Folgen. Sie hatten weitreichende Konsequenzen für das Leben aller Familien in Schleswig-Holstein.

Dass Eltern neben ihrer beruflichen Tätigkeit im Homeoffice sich über mehrere Wochen um ihre Kinder kümmern mussten, war für nahezu alle mit Sicherheit nicht leicht. Eltern mussten ihren Kindern bei den Schulaufgaben helfen, und manche von ihnen mussten die Kleinsten unserer Gesellschaft auch noch rund um die Uhr versorgen. Die Enge der eigenen Häuslichkeit und die sehr eingeschränkten Möglichkeiten der Freizeitgestaltung für Kinder und Jugendliche gerade auf dem Höhepunkt der Pandemie haben in vielen Familien mit Sicherheit zu Konflikten geführt, auch das sollten wir nicht vergessen.

Für mich steht fest: Wir sind mitten in der Pandemie, wir haben sie auch angesichts der derzeit positiven Entwicklung nicht hinter uns gelassen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Eltern haben in dieser Situation Außergewöhnliches geleistet. Ihnen gebührt unser aller Dank, und ich möchte mich von Herzen bei ihnen bedanken!

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

(Jette Waldinger-Thiering)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Familien hat es zum Teil am härtesten getroffen, insbesondere diejenigen, die aufgrund der Krise große finanzielle Einbußen hatten. Ich sage es in allem Ernst: Wir waren und wir sind als Landesregierung gefordert, insbesondere den Familien zu helfen. Auch wenn man den Anschein erwecken will, dass das noch nicht geschehen sei, will ich sagen: Wir haben das getan. Ich will sehr deutlich sagen: Wir haben alle Familien im Land, und das war eine richtige Entscheidung, für drei Monate von den KitaBeiträgen befreit, und zwar unabhängig davon, ob die Notbetreuung in Anspruch genommen wurde oder nicht.

(Beifall Dennys Bornhöft [FDP])

Das Land hat hierfür 75 Millionen € zur Verfügung gestellt. Wir haben zudem Maßnahmen ergriffen, um die Notbetreuung in den Kitas im Land so gut wie möglich sicherzustellen und auch die gute Betreuungslandschaft finanziell zu unterstützen. So werden wir die Kita-Betriebskostenfinanzierung an die Kreise und kreisfreien Städte vollständig auskehren, auch wenn die Leistungen durch die Träger nicht in vollem Umfang erfüllt werden konnten.