Protokoll der Sitzung vom 19.06.2020

Ein anderer Aspekt ist, dass wir auch größere Transparenz gewährleisten können. Aktuell kann teilweise nicht abschließend nachvollziehbar dargestellt werden, wie mit Daten von Bürgerinnen und Bürgern umgegangen wird, wenn diese in einer Microsoft-Anwendung gespeichert werden. Sie kennen die große Debatte zwischen der Bundesregierung und Microsoft, weil dieses Unternehmen auf seinen Servern in den USA Daten speichern will und wir nicht abschließend garantieren können, was damit passiert. Das ist anders, wenn wir mit OpenOffice-Anwendungen arbeiten. Damit sind wir auch transparenter gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern.

Zu den finanziellen Aspekten ist bereits etwas gesagt worden.

Was ich auch immer für einen sehr interessanten Aspekt halte - der Minister hat es schon sehr gut dargestellt -, ist der Energieverbrauch. Man hat manchmal den Eindruck, die Closed-Source-Software sei eine Blackbox, weil man nicht jeden

(Präsident Klaus Schlie)

Schritt nachvollziehen kann. Wir können einzelne Faktoren dieser Software sozusagen nachmessen, indem wir feststellen, wie hoch der Stromverbrauch eines Gerätes ist, das auf Closed-Source-Software läuft. Wenn aber der Stromverbrauch nach dem Speichern eines Dokuments noch nach oben geht nachdem man aufgehört hat, daran zu arbeiten -, dann fragt man sich schon: Wofür wird die Energie jetzt eigentlich verbraucht? Was passiert in der Software?

Das können wir allerdings nicht nachvollziehen, wenn wir den Rechenprozess innerhalb der Software nicht auslesen können. Auch deshalb ist es so interessant, eigene Softwarelösungen anzuwenden. Dort können wir genau nachvollziehen, wann welche Energie wofür verbraucht wird.

Bei den Rechenleistungen, die notwendig sind, um eine gesamte Landesverwaltung mit ihren Zehntausenden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Laufen zu halten, macht es richtig etwas aus, wenn wir künftig darüber auch den Energieverbrauch besser steuern können.

To cut a long story short: Schleswig-Holstein ist ein echter Vorreiter bei der Anwendung von OpenSource-Lösungen. Die Anwendung von Open-Source-Lösungen führt dazu, dass wir als Land aus der Digitalisierung neben der Stärkung der Datensouveränität auch beim Energieverbrauch explizit Vorteile ziehen. Es zeigt sich, dass unser Land gute, praktikable Digitalpolitik macht. Ich bin sehr froh, Digitalpolitik in diesem Zusammenschluss und in diesem Land machen zu dürfen. Ich freue mich auf die weiteren Beratungen und die künftigen Projekte. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Stephan Holowaty.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Herr Minister, zunächst einmal ganz herzlichen Dank für Ihren Bericht zu dem Thema Open Source. - Ja, die Jamaika-Koalition hat, und das voller Überzeugung, vereinbart, den Einsatz von Open Source im Lande entschieden voranzutreiben.

Sie haben eine Reihe von guten Gründen genannt, warum wir das tun sollten. Im sogenannten Back

end, also bei den Serveranwendungen im Hintergrund, ist es schon seit eh und je der Fall, dass Open Source eine immer stärkere Rolle spielt.

Mit der Umstellung der rund 25.000 Arbeitsplätze des Landes auf Open-Source-Software haben Sie ein extrem ambitioniertes Projekt gestartet. Ich denke, das wird ein erfolgreicher Meilenstein der Arbeit des Ministeriums bei der weiteren Digitalisierung Schleswig-Holsteins sein. Damit werden wir zum Vorbild für andere Verwaltungen im gesamten Bundesgebiet.

(Beifall FDP)

25.000 Arbeitsplätze, Betriebssysteme, Arbeitsplatzsoftware mit zum größten Teil neuem Aussehen und neuer Bedienung, neuen oder erweiterten Funktionen; 25.000 Arbeitsplätze mit den unterschiedlichsten technischen Voraussetzungen, unterschiedlichsten Anschlüssen, unterschiedlichsten Supportstrukturen und unterschiedlichsten Softwareverteilungsmechanismen - das ist eine reife Leistung. Das auch noch mit einem so klaren Zeitplan zu hinterlegen, ist mutig; aber es überzeugt und bringt uns voran. Man kann solche Projekte nur mit einem klaren Zeitplan umsetzen.

(Beifall FDP)

Wir haben natürlich auch Risiken in diesem Projekt; die eine oder andere kritische Bemerkung ist schon gemacht worden. Es geht ja nicht nur um die Formatierung eines Word-Dokuments. Es geht darum, dass Formulare von den Anwendern in Word gestaltet worden sind, die irgendwo auf meinem eigenen Desktop liegen, die ich für meine Arbeit, für meine Kollegen gemacht habe und die nicht auf einem zentralen Rechner liegen.

Es gibt Kalkulationsmodelle in Excel, es gibt Präsentationsvorlagen in PowerPoint. Das ist nicht nur Optik, sondern es ist harte Funktionalität, die dahinterliegt. Es gibt einen Datenaustausch zwischen den Behörden im Land, zwischen den Behörden, Bund und dem Land, zwischen den Kommunen und dem Land, aber natürlich auch zwischen den Bürgern und den Behörden. Auch diese Formate müssen entsprechend beachtet werden. Wir müssen dafür sorgen, dass trotzdem alle anderen Partner zugreifen können. Das ist eine große Aufgabe, die ein sehr dezidiertes Projektmanagement erfordert.

Sie wissen alle, die Stadt München ist vor einem Jahr mit einem solchen Projekt – ich formuliere es einmal vorsichtig - krachend gegen die Wand gefahren. Auf der anderen Seite hoffe ich aber sehr, dass genau aus diesem Projekt einiges an Erfahrun

(Joschka Knuth)

gen einfließt, sodass man aus den Fehlern, die dort gemacht worden sind - das waren ganz viele Fehler, im Bereich der Nutzerakzeptanz, Herr Dr. Dunckel -, lernt und mit einem anderen, moderneren Ansatz gefahren wird.

Wir sollten auch die anderen Erwartungen richtig setzen. Jetzt bin ich froh, dass die Finanzministerin Frau Heinold anwesend ist. Denn ein Kostensparmodell ist das auf den ersten Blick nicht.

(Dennys Bornhöft [FDP]: Auch auf den zweiten nicht!)

- Wahrscheinlich auch nicht auf den dritten, Herr Kollege Bornhöft, vollkommen richtig. Wir haben ja beide in diesem Umfeld schon Projekte durchgeführt. Die Lizenzkosten, die man einerseits spart, sind keine Einsparungen, die man jetzt plötzlich für - Entschuldigung, Herr Kollege Tietze - Radwege einsetzen kann, sondern das sind Kosten, die man wiederum in die Umstellung, in die Konversion der Systeme einsetzen muss. Möglicherweise muss man in den ersten fünf Jahren sogar noch mehr Mittel dafür aufwenden, als man unmittelbar erst einmal spart.

(Beifall Dr. Heiner Dunckel [SPD] und Kirs- ten Eickhoff-Weber [SPD])

Jetzt kommen wir zu den wirtschaftlichen Auswirkungen, Herr Professor Dunckel, und das ist nicht uninteressant. Dieses Projekt ist auch eine Chance für die Digitalwirtschaft in unserem Land, für selbstständige Berater und Trainer, die wir in großen Mengen für unsere 25.000 Arbeitsplätze benötigen werden, für die vielen freiberuflichen LibreOffice-Experten in diesem Land. Binden Sie die ein, und lassen Sie uns dafür sorgen, dass Dataport nicht nur als ein monolithischer Dienstleister gesehen wird, sondern all die Experten, die es in diesem Lande gibt, intensiv einbindet.

Übrigens, viele Kommunen und Behörden im Land setzen sowieso noch Windows 7 und Office 2010 ein. Es besteht Handlungsbedarf. Das ist also nicht nur ein Spaßprojekt. Es besteht Handlungsbedarf auf dem Desktop, und deshalb ist es wichtig, das entsprechend voranzutreiben.

(Beifall FDP)

Denken wir auch noch an die Einführung neuer Anbindungen und an die Künstliche Intelligenz, Umsetzung des Online-Zugangsgesetzes, neue und innovative Datenauswertung, die Weiterentwicklung von Datenschutz und Datensicherheit. Ich könnte die Liste jetzt fast unbegrenzt fortführen. Die Digitalisierung ist noch viel mehr als die Umsetzung ei

nes Desktops auf eine neue Softwaretype oder auf eine neue Softwarestrategie. Auch für diese Projekte braucht unser Land engagierte Digitalexperten.

(Beifall FDP)

Lassen Sie uns nicht in die Situation hineinlaufen, die wir zurzeit bei den Tiefbauingenieuren vorfinden. Wir müssen auch Dataport darin unterstützen, sich noch deutlich schlagkräftiger, sich noch deutlich breiter und deutlich stärker aufzustellen.

Wir werden diesen Bericht gerne im Ausschuss weiter diskutieren. Lassen Sie mich jetzt zu einem allerletzten Punkt kommen: In welchem Ausschuss werden wir das künftig behandeln? - Ich denke, wir haben so viele übergreifende Themen in diesem Land, die die Digitalisierung betreffen und die nicht nur ein einzelnes Fachthema sind. Daher möchte ich dem Landtag und Ihnen, meine Damen und Herren, gerne die Anregung geben, dass wir einmal über einen Digitalisierungsausschuss sprechen sollten. Dort wäre das Thema richtig aufgehoben. Vielen Dank.

(Beifall FDP und SSW)

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Claus Schaffer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister Albrecht, vielen Dank für den Bericht. In der Tat, wir haben am 14. Juni 2018 beschlossen, dass quelloffene Software in der öffentlichen Verwaltung genutzt werden soll. Wir haben den Antrag unterstützt und beobachten gespannt die Veränderungen, die im Land damit einhergehen werden.

Der Bericht führt auf, dass microsoftbasierte Produkte in der öffentlichen Verwaltung bis zum Jahr 2025 auslaufen sollen und stattdessen eine Umstellung auf Open-Source-Software erfolgen wird. Das kommt uns sehr entgegen; denn, meine Damen und Herren, die AfD fordert seit September 2013, dass ein Umstieg auf Open-Source-Software in der öffentlichen Verwaltung geschehen soll. Das war einer unserer Punkte in einem Programm, das bei uns den Titel „Digitales Deutschland“ gehabt hat.

Für die Einführung quelloffener Software sprechen Wirtschaftlichkeit, Innovationsfähigkeit und natürlich auch Sicherheit. Die Abhängigkeit von einzelnen Herstellern wie zum Beispiel Microsoft und deren Lizenzmodellen halten auch wir für problema

(Stephan Holowaty)

tisch, umso mehr dann, wenn klassische und populäre Bürosoftware inzwischen fast ausschließlich über Abo-Lizenzmodelle verfügbar sind und so dauerhafte Bindungen erzeugen, wo wir eigentlich mehr Flexibilität haben wollen.

Entscheidet sich zum Beispiel ein Anbieter proprietärer Software, seine Lizenzen erheblich zu verteuern, gibt es für Behörden als Nutzer nur die Möglichkeit, dies entweder zu akzeptieren und mehr zu zahlen oder eben dann doch einen aufwendigen Wechsel zu vergleichbaren Produkten vorzunehmen mit allem, was dann an mangelnder Kompatibilität damit einhergeht.

Open-Source-Software bietet gegenüber dem Vendor Lock-in mannigfache Vorteile. Die quelloffene Software ist flexibler, da es einfach auch möglich ist, in eigener Zuständigkeit die Systeme weiterzuentwickeln. Systeme können auch dann weiter betrieben werden, wenn der einstige Softwarehersteller seine Produktlinie umstellt oder sogar ganz vom Markt verschwindet.

Auch im Lichte der Cyber-Kriminalität ist die Einführung von Open-Source-Software sinnvoll; denn Netzangriffe - auch die öffentliche Verwaltung ist hier zunehmend betroffen - richten bundesweit einen enormen Schaden an.

Open-Source-Software ist den kommerziellen Angeboten an der Stelle auch überlegen, weil die Software quelloffen ist. So kann im Grunde jedermann, der eine Sicherheitslücke entdeckt hat, einen Patch schreiben. So hat sich tatsächlich weltweit eine riesige Community herausgebildet, die schnell und effizient Sicherheitslücken identifizieren und durch Updates schließen kann.

Bei proprietärer Software liegt ein Sicherheitsupdate in der Verantwortung eben jenes Herstellers, der vielleicht gar nicht so gern auf seine Fehler in seinem Produkt hingewiesen werden möchte.

Open-Source-Software kann heute bereits in bestehende Sicherheitslösungen integriert werden. Eigene Verschlüsselungsprogramme können beispielsweise direkt eingebunden werden. So lässt sich die Software maßgeschneidert an vorgegebenen Sicherheitsanforderungen ausrichten. Ein weiterer Vorteil von Open-Source-Software liegt in zumeist erheblich niedrigeren Anforderungen an die Hardware im Vergleich zu beispielsweise Microsoft-Produkten. Auch dies dürfte sich in der Tat unmittelbar auf den Haushalt der öffentlichen Verwaltungen auswirken.

Noch ein weiterer wichtiger Grund, der der quelloffenen Software den Vorteil gibt, ist tatsächlich die

Flexibilität, wenn es um Schnittstellen zu anderen Systemen geht. Das ist bei proprietärer Software zumeist dann problematisch, wenn Branchenriesen ihre Claims durch unterschiedliche und geschlossene Schnittstellentechniken abstecken. Open-SourceSoftware stellt sich hier sprichwörtlich offener dar.

Für das Gelingen der Umstellung der öffentlichen Verwaltung auf Open-Source-Software ist von grundlegender Bedeutung, dass in den Verwaltungen an einem Strang gezogen wird. Auch die Nutzer müssen natürlich mitgenommen werden. Zu den Nutzern gehören aber auch die Bürger, die eben nicht direkt in der Verwaltung arbeiten, sondern irgendwann in den Vorteil von E-Government kommen sollen. Denn auch E-Government funktioniert nicht mit Insellösungen. Die Digitalisierung der Verwaltung muss auf kommunaler bis in die Landesebene und darüber hinaus einheitlich gedacht und auch so gewährleistet werden.

Kurzum: Open-Source-Software ist tatsächlich eine Alternative, und es ist eine gute Alternative. Deswegen ist sie uns auch so sympathisch. - Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben.