Protokoll der Sitzung vom 26.08.2020

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Dennys Bornhöft das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser UKSH ist der einzige Maximalversorger, den wir im Land haben. Damit geht für die Klinikstandorte in Kiel und Lübeck auch große Verantwortung einher.

Das erste Halbjahr 2020 hat ein weiteres Mal verdeutlicht, wie verlässlich die Mitarbeiter unseres Universitätsklinikums sind. Die Kapazitäten für Intensivbeatmung wurden zügig und drastisch erhöht. Das Pflegepersonal, die Ärztinnen und Ärzte, aber auch der Hausservice und weitere, die die Klinik am Laufen halten, haben Enormes geleistet. Hierfür kann man nicht genug danken. Herzlichen Dank an die Belegschaft des UKSH für das letzte halbe Jahr!

(Beifall FDP und CDU - Zuruf Birte Pauls [SPD])

(Dr. Marret Bohn)

Den meisten von uns ist klar, dass das Pflegewesen im Hinblick auf Personalmangel, Mehrbedarfe der Finanzierung, Arbeitsbelastung und berufliche Selbstbestimmung vor Herausforderungen steht. Beifallklatschen und eine Einmalzahlung - wie der Pflegebonus - sind schön und gut, helfen aber nicht strukturell. Es sollte mittlerweile wirklich bei allen angekommen sein, dass es dauerhafter, struktureller Verbesserungen bedarf.

Heute sprechen wir über Kompetenzen und Entscheidungsfindung in der Pflege am UKSH. Man fragt sich im Vorwege, wie man in diese Debatte hineingeht. Aber die Kollegin Birte Pauls macht es einem ja dann doch immer ein bisschen einfacher. Zitat: „Pflege am UKSH stärken - nicht schwächen!“ So lautet der Titel des „bahnbrechenden“ SPD-Antrags. Wenn man diesen Titel liest, ist man schon richtig gespannt, was die Sozialdemokratie im Sinne der gut 3.500 Pflegekräfte am UKSH vorhat.

Fordern Sie, den Pflegekräften mehr Mitspracherecht einzuräumen und Ihnen eine starke Stimme zu verleihen, die wirklich ihre Interessen vertritt und von der sie sich repräsentiert fühlen? Leider weit gefehlt! Statt um 3.300 Personen geht es in Ihrem Antrag nur um eine einzige Person: um die konkrete Ausgestaltung beziehungsweise Ausschreibung eines Vorstandspostens beim Universitätsklinikum.

Ich kann das Ansinnen, das auch Herr Stegner gerade noch einmal vorgetragen hat, im Grundsatz nachempfinden. Allerdings wird dies dem reißerischen Titel, den Sie hier vorgelegt haben, schlichtweg nicht gerecht.

Dankenswerterweise wurden vom Ältestenrat der SPD-Antrag und unser Jamaika-Gesetzentwurf in eine Debatte zusammengefasst. Dadurch haben wir die Möglichkeit, auch über wirkliche Verbesserungen für pflegerische Entscheidungen zu sprechen.

Das UKSH ist rechtlich und organisatorisch ein komplexes Konstrukt. Als Klinikum an einer Universität und 100-prozentige Tochter eines Bundeslandes haben wir mit anderen Rahmenbedingungen umzugehen als beispielsweise bei einem kommunalen, privaten oder Wohlfahrtsverbandsklinikum. Diesem Umstand haben wir als Jamaika-Koalition bei dem Ziel, die pflegerische Expertise und Entscheidungskompetenz zu stärken, deutlich Rechnung getragen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf stellen wir klar, dass bei den wesentlichen Entscheidungen, die in Kiel und Lübeck, also vor Ort getroffen werden, auch die pflegerische Seite mitbestimmen muss. Damit gehen wir deutlich über

die SPD-Forderung hinaus, die sich rein auf den beruflichen Hintergrund eines Vorstandsmitglieds reduziert.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir konkretisieren die Entscheidungsfindung in den beiden Campusdirektionen, die direkte Auswirkungen sowohl auf die Patientinnen und Patienten als auch auf die Belegschaft haben. Aus unserer Sicht stärken wir so die Pflege am UKSH mehr, als wenn wir die Stellenbeschreibung eines Vorstandspostens zusammenkürzen.

Auch unsere Gesetzesänderung, die ohne Zweifel eine Verbesserung zum Status quo darstellt, ist nur eine kleine Stellschraube im System. Es ist aber eine Stellschraube, die an die jeweilige Struktur herangeht und deshalb auch dauerhaft etwas verändern wird - sowohl in Kiel als auch in Lübeck.

Neben Arbeitsbedingungen, mehr Kolleginnen und Kollegen, mehr eigener Selbstbestimmung gibt es noch weitere Möglichkeiten, die wir als Politik zur echten Stärkung der Pflege erwirken können. Wir haben hier eine große Verantwortung. Gerade in dieser Debatte möchte ich noch einmal darauf verweisen, dass wir nicht Verunsicherung oder Ängste bei den Pflegekräften schüren dürfen. Insbesondere jetzt in der Coronapandemie sollten wir das nicht tun. Alle, die wir hier im Landtag sitzen, sei es regierungstragend oder oppositionell, haben eine große Verantwortung gegenüber der Bevölkerung, aber natürlich auch gegenüber dem medizinischen Personal. Da sollten wir nicht mit einer Skandalisierung oder der Verbreitung von Schreckensszenarien hantieren. Das verunsichert unnötig in einer ohnehin schon angespannten Situation. Mein ganz persönlicher Wunsch ist, dass wir hier alle vorsichtig formulieren und agieren. Ich sehe auch schon, dass sich die eine oder andere Person zu Recht angesprochen fühlt.

(Zuruf SPD)

- Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP und CDU)

Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Claus Schaffer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ziel der Reform der gesetzlichen

(Dennys Bornhöft)

Struktur der Hochschulmedizin an den Standorten in Kiel und Lübeck der UKSH ist es, die jeweiligen Strukturen zu stärken. So bestehen die Campusdirektionen aus jeweils einer wissenschaftlichen, einer kaufmännischen, einer ärztlichen und einer pflegerischen Direktion.

Ausgesprochen positiv ist es gerade für den Bereich der Pflege, dass diese Position nicht nur dadurch aufgewertet wird, dass die Funktion des Pflegedirektors zukünftig im Hauptamt ausgeübt wird, sondern dass der Bereich der Pflege zukünftig neben dem technischen Dienst und der ärztlichen Versorgung ein Stimmrecht im Vorstand der jeweiligen Campusdirektionen erhält. Dies begrüßen wir gerade für den so wichtigen Bereich der Pflegekräfte, da diese in den letzten Monaten während der Coronakrise herausragende und vorbildliche Leistungen erbracht haben und auch immer noch erbringen werden. - Vielen Dank an dieser Stelle.

Dem Antrag der SPD-Fraktion können wir dagegen unter keinem denkbaren Aspekt zustimmen. Das können wir schon allein deshalb nicht, weil es aus unserer Sicht auch kein Erfordernis dafür gibt, das hier parlamentarisch zu diskutieren. Ein Berichtsantrag im Ausschuss wäre bereits ausreichend gewesen.

Die Forderung der SPD-Fraktion, die Stelle des Vorstandsvorsitzenden für Krankenpflege immer mit einer Person zu besetzen, die professionelle Pflegekompetenz aufweist, hat reinen Schaufenstercharakter und ist schlichtweg überflüssig. Das zeigt auch die jetzige Ausschreibung.

(Beifall Jörg Nobis [AfD])

Meine Damen und Herren, dass der Pflegevorstand des UKSH über fachliche Kompetenz in der Pflege verfügen muss, ist eine Selbstverständlichkeit. Dazu bedarf es eigentlich keiner weiteren Erörterung. Jetzt ist es zur Ausschreibung der Stelle gekommen, und die Position könnte zukünftig zum Beispiel auch mit einem Juristen besetzt werden, der ansonsten auch allen anderen Anforderungen entspricht. Es wird sicherlich keine Fehlentscheidung werden.

Schon der Blick in die Aufgabenbeschreibung zeigt, dass der Vorstand für Krankenpflege auch für Patientenservice und Personalangelegenheiten zuständig ist. Das Aufgabengebiet ist vielfältig und erfordert auch juristische Kenntnisse im Arbeitsund Sozialrecht. So werfen beispielsweise allein die Unterstützungsangebote bei sozialdienstlichen Problemen eine Vielzahl komplexer juristischer Fragen auf. Zudem werden Beratungsleistungen zu den verschiedenen Formen der Pflege, wie etwa der am

bulanten Pflege, der Kurzzeitpflege oder auch der Verhinderungspflege, erbracht. Es werden auch rechtliche Fragen zum Schwerbehindertenrecht oder der gesetzlichen Betreuung beantwortet. Es wird Hilfe angeboten bei Fragen zum Bezug von Krankengeld, Verrentung, Sozialhilfe, Arbeitslosengeld und vielen, vielen anderen Fragen mehr. Allein schon aus dieser nicht abschließenden Aufzählung an meinem Beispiel - ergibt sich sehr anschaulich, dass juristische Kenntnisse in dieser Funktion zumindest nicht hinderlich sind.

Natürlich sind für diese Funktion auch Erfahrung und Kompetenz im Bereich der Krankenpflege nicht nur sinnvoll, sondern für eine Personalentscheidung auch wesentlich. Genau das ergibt sich auch aus dem Anforderungsprofil.

Es kann aber gerade in diesem Stadium der Stellenbesetzung nicht Aufgabe des Landtags sein, sich in interne Stellenbesetzungen des Universitätsklinikums einzumischen, oder der Landesregierung, hierzu Vorgaben zu machen.

In diesem Fall sollten wir auf die von der SPDFraktion zitierte Gewährträgerversammlung vertrauen. Durch das Gesetz zur Neuordnung der Hochschulmedizin aus 2017 hat eben diese Gewährträgerversammlung neue Aufgaben und Zielstellungen übernommen. Vorrangiges Ziel ist es für den Bereich der Hochschulmedizin an den Standorten Kiel und Lübeck, den Dreiklang aus exzellenter Forschung, evaluierter Lehre und moderner Krankenversorgung - wozu eben auch die Krankenpflege gehört - optimal aufzustellen und zu gewährleisten. Deshalb gehört zu den Aufgaben der Gewährträgerversammlung auch der Abschluss von Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit dem Vorstand, um diese Ziele zu erreichen.

Wir sollten daher wirklich mehr Vertrauen in die Kompetenz und die Fähigkeiten der zuständigen Organe des UKSH haben. Diese haben bisher sehr gut funktioniert und werden dies auch in Zukunft noch tun. Dort werden mit dem Pflegevorstand solide und fundierte Ziel- und Leistungsvereinbarungen abgeschlossen, sodass uns eine professionelle Pflegekompetenz erhalten bleiben wird. Der Antrag der SPD wird eben genau dieses nicht gewährleisten, deshalb lehnen wir diesen Antrag ab. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat die Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering das Wort.

(Claus Schaffer)

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Corona hat vor allem eines deutlich gemacht: Damit Kranke gesunden können, bedarf es nicht nur einer guten Technik, sondern auch und gerade qualifizierten Personals. Beatmungsgeräte müssen nicht nur angeschaltet werden, sondern auch von ausgebildeten und versierten Pflegekräften rund um die Uhr überwacht werden. Inzwischen ist die Leistung der Pflegekräfte auch angekommen: Die Öffentlichkeit hat den Einsatz von Pflegekräften in der Krise beklatscht. Sogar der Bundestag hat sich zu diesem Zweck von den Sitzen erhoben. Die Landesregierung hat den Pflegekräften darüber hinaus eine Coronaprämie zukommen lassen. - Alles richtige Maßnahmen.

Auch den Antrag der SPD-Fraktion zähle ich dazu, die sich ausdrücklich bei den Mitarbeitenden des UKSH bedanken möchte.

Aber: Dauerhaft hat sich kaum etwas verbessert. Erstens: Die Arbeitsbedingungen in der Pflege sind nicht verbessert worden. Es gibt weder bessere Schichtmodelle oder Arbeitszeitregelungen noch eine Entlastung von pflegefremden Arbeiten für die Pflegekräfte.

Zweitens: Die Personalausstattung ist nicht dauerhaft und merklich aufgestockt worden.

(Werner Kalinka [CDU]: Das stimmt doch gar nicht!)

Wie denn auch? - Schließlich müssen qualifizierte Pflegekräfte erst über viele Jahre ausgebildet werden.

Die Gewerkschaft forderte noch im Januar für das UKSH deutlich mehr Pflegepersonal; insgesamt über 400 neue Stellen. Das Klinikum wollte nicht einmal die Hälfte erfüllen. Man setzt wohl eher auf Arbeitsverdichtung und auf Imagekampagnen. 2019 warb das UKSH mit dem Slogan „Pflege zeigt Charakter“.

Ich bin dagegen fest davon überzeugt, dass nur strukturelle Veränderungen die Situation nachhaltig verbessern. Dazu gehört die Vertretung der Pflegekräfte an der Spitze des UKSH.

(Beifall Birte Pauls [SPD])

Als der Pflegevorstand das UKSH mitten in der Coronakrise verlassen hat, hielten das viele für einen weiteren Schritt, die Bedeutung der Pflege abzuwerten. Wenn die Pflege im Vorstand nicht gleichberechtigt die Interessen der Pflegekräfte vertreten

kann - so die Sorge -, kämen die Interessen höchstwahrscheinlich zu kurz. Ärztinnen und Ärztinnen könnten die Pflegekräfte jederzeit überstimmen.

Ich finde, dass wir diese Sorgen ernst nehmen müssen. Die Pflegenden sollten keinen Anlass zum Misstrauen haben müssen. Leider sehe ich genau darin die Schwachstelle des Gesetzentwurfs, weil er die Pflege mit dem technischen Dienst zusammenfasst. Zugegebenermaßen bin ich parteiisch.

Die Pflege benötigt starke und selbstbewusste Fürsprecherinnen und Fürsprecher.

(Vereinzelter Beifall SSW und SPD)