Protokoll der Sitzung vom 26.08.2020

(Beifall SSW und SPD)

Nachhaltigkeitskriterien in Form von nachhaltiger Beschaffung waren ein wichtiger Bestandteil unseres damaligen Gesetzes. Wie wir wissen, wurde dieses Gesetz von Jamaika geschrottet, und nun soll der Aspekt der Nachhaltigkeit in anderer Form recycelt werden.

(Zuruf CDU: Quatsch!)

Der Bauboom der letzten Jahre hat in vielerlei Hinsicht deutlich gemacht, wo es klemmt: Da sind beispielsweise die Bau- und Abbruchabfälle, deren Entsorgung uns vor immer größere Herausforderungen stellt. Die Kapazitäten der Deponien bei uns im Land sind zwar nicht erschöpft, sie sind aber auch nicht unendlich. Wir müssen uns rechtzeitig Gedanken machen, wie und womit wir die Deponien auffüllen wollen. Wir wissen um die Problematik der Ausweisung neuer oder Erweiterung bestehender Deponien. Die Frage ist daher, ob das Recyclingpotenzial von Baustoffen besser anders genutzt wird und, wenn ja, wie.

Der Aspekt der Nachhaltigkeit muss auch in der Bauwirtschaft stärker Berücksichtigung finden.

(Beifall SSW und Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das bedeutet, dass die herkömmlichen Produktionsketten und -wege in Bezug auf das Baumaterial neu gedacht werden müssen. Wir müssen künftig dazu übergehen, Altbauten, die zurückgebaut werden, als Rohstofflager zu sehen und nicht als Füllmaterial für Deponien.

Was muss also getan werden, damit Baustoffe so recycelt und aufbereitet werden können, dass sie ohne Probleme in der Bauwirtschaft wiederverwertet und eingesetzt werden können und dass recycelte Baustoffe aus Betonbruch nicht nur im Straßenbau verwendet werden? Welche Aufgaben muss die Politik erfüllen, damit Baustoffe besser und effizienter recycelt oder wiederverwertet werden? Haben wir die erforderlichen rechtlichen Grundlagen, oder bedarf es vonseiten der Politik weiterer Unterstützung?

Wenn die Landesregierung sagt, dass es keine Verwendung von Recyclingbeton bei Brückenbauwerken gibt, weil er die hohen Anforderungen nicht erfüllt, nehme ich das zur Kenntnis, denn Sicherheit hat Vorrang, das ist klar.

Es würde mich aber interessieren, ob das nur eine technische Frage der Aufbereitung ist oder ob recycelte Baustoffe als minderwertig angesehen werden, sodass deren Wiederverwertung nur eingeschränkt möglich ist. Das sollten wir im Ausschuss wirklich vertiefen.

Die Wiederverwertung von Rohstoffen ist zwingend notwendig, da sind wir uns einig. So, wie wir uns das vor Augen führen müssen, sollten wir auch den Aspekt des Erhalts stärker in Betracht ziehen. Erhalt und Sanierung bestehender Gebäude sind häufig ressourcenschonender als Abriss und Neubau.

(Kay Richert)

(Beifall SSW und SPD)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch.

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kilian, ich muss einmal kurz auf Ihre Bemerkungen eingehen, denn ich glaube schon, dass Sie zumindest in diesem Punkt die Initiative der AfD-Fraktion nötig haben. Ich habe hergeleitet, dass wir bereits im März 2018 auf diesen Missstand und Notstand hingewiesen haben. Sand und Kies waren auch schon vor zwei Jahren knapp. Bei Ihnen hat es jetzt eben bis zum Sommer gedauert, bis Sie diesen Notstand erkannt haben und damit öffentlichkeitswirksam in die Presse gekommen sind - im Gegensatz zu uns. Woran mag das wohl liegen? Wir haben das Thema schon vor zweieinhalb Jahren angefasst und verfolgt.

(Unruhe)

Es handelt sich nicht um einen Show-Antrag, sondern um ganz konkrete Forderungen an die Landesregierung zu handeln. Sie machen einen reinen Prüfantrag und sagen, die Landesregierung solle einmal berichten. Wir haben bereits vor einem halben Jahr genau zu diesem Thema eine Kleine Anfrage gestellt. Da hätten Sie einmal nachlesen können, was inzwischen gemacht worden ist und wo Recyclingbeton eingesetzt wird. Da muss man nicht heute die Landesregierung auffordern, darüber zu berichten.

Abgesehen davon hätte ich es schön gefunden, wenn der Wirtschaftsminister der Debatte gefolgt wäre: Entschuldigung, lieber Herr Wirtschaftsminister! Sie haben sicherlich wichtige Gründe für Ihre Abwesenheit, aber es wäre wichtig gewesen, bei dem Thema auch Ihre Meinung zu hören.

(Zuruf)

Ich habe in meiner Rede auf den Straßen- und Wegebau abgehoben, das ist richtig, Herr Kilian. In unserem Antragstext habe ich es aber nicht auf Straßen- und Wegebau beschränkt, sondern die IHK zitiert, die in einem Brandbrief geschrieben hat, dass in diesem Bereich wirklich Notstand herrscht. Darauf habe ich abgehoben, und darauf hat auch die Landesregierung in der Antwort auf meine Kleine Anfrage hingewiesen.

Zu Ihnen, Herr Dr. Tietze: Sie haben Ihre Rede hier zu einer Generalabrechnung in Sachen Klima ge

nutzt. Das gehört hier aber gar nicht zur Debatte. Ich möchte nur einmal darauf hinweisen: Wenn alles schon in trockenen Tüchern wäre und so super laufen würde, wie Sie es behaupten, bräuchten wir Ihren Antrag nicht. Dann können wir uns alles sparen! Die IHK und auch die Entsorgungsgemeinschaft und die Bauwirtschaft weisen aber darauf hin, dass hier ein Missstand herrscht. Es müssen mehr Recyclingbeton und andere Baustoffe eingesetzt werden. Die Landesregierung ist aufgefordert, jetzt zu handeln.

Insofern finde ich es ein bisschen unseriös, Herr Kollege, wenn Sie von diesem Thema ablenken und sagen, wir wollten hier Greenwashing betreiben. Als ich hier vor zwei Jahren den Antrag eingebracht habe, Kies in Landschaftsschutzgebieten abzubauen, hieß es, ich sei der größte Ökofeind. Jetzt heißt es, ich betreibe Greenwashing. Irgendwie müssen Sie sich da einmal einigen!

Wenn Sie sagen, die Lösung wäre, nicht mehr zu recyceln, sondern einfach weniger Straßen, Wohnungen und Häuser zu bauen, dann sagen Sie das mal den Leuten, die in Schleswig-Holstein eine Wohnung suchen. Davon gibt es eine ganze Menge. Vergleichen Sie das dann einmal mit der Wirtschaftsstrategie des Wirtschaftsministes, die wir sehr gut finden. Wenn Sie sagen, dass wir hier weniger Straßen bauen wollen: Das wird nichts. Deswegen ist unser Antrag sinnvoll.

(Beifall AfD)

Das Wort für die Landesregierung hat der für dieses Ressort zuständige Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, Jan Philipp Albrecht.

(Jette Waldinger-Thiering [SSW]: Der war die ganze Zeit dabei!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Lieber Herr Schnurrbusch, ich soll Ihnen schöne Grüße ausrichten. Herr Buchholz und ich arbeiten an den verschiedenen Herausforderungen, vor denen wir zusammen stehen, in einer Aufgabenteilung, besprechen sie aber intensiv miteinander.

In Schleswig-Holstein werden jährlich circa 17 Millionen t Sand und Kies gewonnen, um die Versorgung der schleswig-holsteinischen Bauwirt

(Jette Waldinger-Thiering)

schaft sicherzustellen. In den kommenden Jahren rechnen wir dabei auch mit einer steigenden Nachfrage nach diesen Rohstoffen. Genau wie fossile Energieträger sind Sande und Kiese aber endliche Ressourcen, wie das hier schon angemerkt wurde. Ihr Abbau bedeutet einen massiven Eingriff in Natur und Landschaft und nimmt wertvolle Fläche in Anspruch. Hinzu kommt, dass die Herstellung von Baustoffen treibhausgasintensiv ist.

Dennoch ist die Rohstoffversorgung wichtig. Es müssen also auch regionale Bedürfnisse der Bauwirtschaft bedient werden können und ausreichend Ressourcen zur Verfügung stehen. Darum gilt es, die Möglichkeiten zur Gewinnung und Verwertung von Rohstoffen durch Recycling vermehrt zu nutzen, ohne dabei die damit verbundene Energiebilanz aus dem Auge zu verlieren.

Es freut mich, dass über diese Zielsetzung in diesem Hause so breite Einigkeit besteht, denn der Einsatz von Recyclingbaustoffen hilft Umwelt und Klima. Primärressourcen müssen in geringerem Umfang abgegraben werden. Das schont die Landschaft und dient dem Grundwasserschutz. Und die Verwendung von Recyclingbaustoffen reduziert den Bedarf an häufig unbeliebten, teuren und raumgreifenden Deponien. Recycling ist zudem ein Beitrag zum Klimaschutz: Durch die Aufbereitung von regional anfallendem Bauschutt sparen wir den Import aus dem Ausland.

Im Straßenbau gibt es schon heute eine hohe Recyclingquote. Auch aus wirtschaftlichen Gründen werden die durch den Straßenbau erzeugten mineralischen Abfälle regelmäßig direkt wieder in neuen Baumaßnahmen eingesetzt. Auch extern aufbereitete Recyclingbaustoffe können im Straßenbau eingesetzt werden, wenn sie die erforderlichen Qualitäten aufweisen und in ausreichender Menge zur Verfügung stehen.

Die Straßenbauverwaltung des Landes berücksichtigt zertifizierte Recycling-Baustoffe in Ausschreibungen, sie bevorzugt sie aber bislang nicht. Mit dem Antrag der Regierungsfraktionen soll diese Möglichkeit des bevorzugten Einsatzes von Recyclingmaterialien bei landeseigenen Vergaben geprüft werden. Das ist gut so, dieser Prüfung bedarf es aber auch, weil bei solch wirtschaftlich relevanten Ausschreibungen ein hohes Maß an Rechtssicherheit erforderlich ist.

Darüber hinaus sieht die Landesregierung auch Möglichkeiten des Einsatzes von Recyclingbaustoffen im Hochbau, etwa indem aus Altbeton zurückgewonnene Gesteinskörnungen bei der Herstellung

neuen Betons zugegeben werden. Auch hier wollen wir vorankommen, denn insbesondere die Herstellung von Beton ist besonders treibhausgasintensiv.

Einzelne Pilotprojekte für das Recycling gibt es bereits, und ich würde mich freuen, wenn wir auch hier in Schleswig-Holstein den einen oder anderen Leuchtturm dafür setzen. Das gilt übrigens auch für die Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen wie Holz im Hochbau, wo wir nicht nur Treibhausgase im Bau reduzieren, sondern sie sogar langfristig in Bauten binden können.

Zu all diesen Fragen hätte ich gern einen besonderen Umweltschwerpunkt bei der diesjährigen NordBau-Messe gesetzt, die nun aber leider pandemiebedingt nicht stattfinden kann. Gemeinsam mit der Branche wollen wir an diesem Thema weiter arbeiten.

Wesentlich für die Nutzung von mineralischen Abfällen als Ersatzbaustoff sind und bleiben die Sicherheits- und Qualitätsanforderungen, und zwar sowohl für den Bau selbst mit Blick auf technische Regelwerke als auch mit Blick auf die umweltrechtlichen Anforderungen wie etwa die Schad- und Fremdstoffbelastungen. Dass dies eine Herausforderung ist, sehen wir als Land - das sehe auch ich immer wieder beim Küstenschutz, wo Standfestigkeit und Umweltverträglichkeit von besonderer Bedeutung sind.

Deshalb setzen wir uns auf Bundesebene mit großem Engagement dafür ein, endlich bundeseinheitliche verbindliche Rahmenbedingungen in Form einer Ersatzbaustoffverordnung zu verabschieden. Eine für alle Seiten tragbare Fassung einer solchen Verordnung soll im Herbst dieses Jahres endlich den Bundesrat passieren.

Im Land arbeiten wir ressortübergreifend an einer rechtssicheren Vergabe und Maßnahmen zur Gewährleistung der erforderlichen Qualität. Derzeit untersucht mein Haus systematisch die Recyclingstruktur in Schleswig-Holstein. Am Ende wollen wir wissen, wie es um die Qualität und die Einsatzmöglichkeiten der hier hergestellten Recyclingbaustoffe bestellt ist und welchen Handlungsbedarf es in diesem Bereich weiter gibt. Sie sehen: Wir sind schon längst auf dem richtigen Weg, aber noch lange nicht am Ende. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

(Minister Jan Philipp Albrecht)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion der AfD, Drucksache 19/2104, abstimmen. Wer dem zustimmen will, bitte ich um das Handzeichen. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Abgeordneten des SSW, der FDP-Fraktion und der CDU-Fraktion gegen die Stimmen der Abgeordneten von SaynWittgenstein und der AfD-Fraktion abgelehnt.

Ich lasse dann über den Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 19/2343 (neu) 2. Fassung, abstimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Damit ist dieser Antrag einstimmig angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Hochschulen und das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (Hochschulgesetz - HSG)

Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/2339

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Eine Aussprache hierzu ist nicht vorgesehen.