Protokoll der Sitzung vom 27.08.2020

real ist. Das führte dann dazu, dass die AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag eine Kleine Anfrage stellte und wissen wollte, ob das denn wirklich so ist, weil sie das bezweifelte. Die Antwort der Bundesregierung war dann, natürlich mit Belegen, dass es tatsächlich nicht 95 % sind, sondern 99 % der Wissenschaftler, die davon ausgehen und das auch nachweisen können, dass wir einen menschengemachten Klimawandel haben.

(Dr. Frank Brodehl [AfD]: Das andere kann man aber auch nicht ausschließen!)

- Nein, das hat nichts mit Ausschließen zu tun, sondern das ist wissenschaftlicher Fakt. Wir haben uns hier als Politiker nicht hinzustellen und zu sagen, die Wissenschaft stellen wir in Zweifel, sondern wir haben die Aufgabe, uns die Ergebnisse der Wissenschaft anzuschauen, und wir müssen dann versuchen, die Lehren, die man daraus zu ziehen hat, in konkrete Politik umzusetzen. Das ist unser eigentlicher Job. Aber diesen Job wollen Sie nicht machen.

(Beifall SSW und FDP)

Sonst müsste man sich ja um Naturschutz, Landschaftsschutz und Energiewende kümmern. Das machen wir alle auf unsere Art und Weise. Das kann man niemandem von den demokratischen Parteien in irgendeiner Form absprechen. Wir sind vielleicht alle unterschiedlicher Auffassung. Aber wir sehen das Problem und wollen es lösen - ob das Neuwaldbildung ist, ob das Moorbildung ist, ob das Naturschutzmaßnahmen allgemeiner Art sind. Wir alle wollen etwas dafür tun.

Die Energiewende voranzubringen, ist eine der größten Maßnahmen, die wir hier als Land Schleswig-Holstein machen können, das ist unser Job. Wir haben dafür das Wissen, wir haben das Know-how, wir haben die Möglichkeiten dazu, wir haben die Flächen, wir haben die Natur, die es uns ermöglicht, mit Sonne und mit Wind, dass wir das machen können.

Lieber Herr Nobis, hören Sie auf damit, einen solchen Quatsch zu erzählen, die erneuerbaren Energien würden gut subventioniert, weil sie sonst am Markt gar nicht bestehen könnten! Wissen Sie, was gut subventioniert ist? - Das sind die Kohlekraft und die Atomkraft. Diese sind subventioniert, und zwar über Jahrzehnte hinweg. Wir alle müssen unseren Kopf dafür hinhalten, dass wir diese ganzen Meiler überall noch stehen haben, die absolut teuer sind und die zum Teil, was die Atomkraftwerke angeht, auch noch gefährlich waren und es immer noch sind.

(Beifall SSW - Zuruf: So ist das!)

Ich glaube, dieser Weg, den wir jetzt gehen, dass wir auf erneuerbare Energien setzen, ist nicht nur ein ökologischer Weg, es ist auch ein ökonomisch sinnvoller Weg, meine Damen und Herren. Wir verdienen damit nämlich auch als Land SchleswigHolstein richtig Geld, weil wir eben auch die Fachleute und das nötige Know-how haben.

Ein zweiter Punkt ist der Küstenschutz. Wir reagieren als Nordfriesen immer so: Wenn wir hören, dass das Land bei uns irgendwann untergehen wird, dann werden wir immer ganz nervös. Ich glaube aber, das ist ein Missverständnis gewesen. Zumindest glaube ich nicht, dass der Minister sagt, er lasse erst mal Pellworm untergehen, bevor er über Küstenschutz nachdenkt.

Aber, meine Damen und Herren, das eine ist, dass wir beim Naturschutz, beim Landschaftsschutz und bei der Energiewende schon vorausschauend etwas machen, um die Probleme für die Zukunft zu lösen und die Zukunft besser zu gestalten. Wir haben aber auch aktuelle Herausforderungen. Das ist in unserem Land definitiv der Küstenschutz. Darum müssen wir uns kümmern. Wir machen bereits Klimaschutzdeiche. Ich kann für den SSW sagen: Küstenschutz hat für uns Vorrang vor allen Nutzungen im Küstenbereich. Das ist einfach so. Wir müssen Menschen, Hab und Gut, aber auch die Natur hinter den Deichen schützen. Das ist unsere Aufgabe. Ich glaube aber, auch das wird hier ganz vernünftig gemacht.

Sie haben vorhin von Ökodiktatur gesprochen, keiner dürfe mehr Fleisch essen, alle müssten wir Vegetarier und Veganer werden und weiß der Himmel was alles. Was für ein Blödsinn, Herr Nobis, und Sie wissen das! Natürlich müssen wir uns irgendwann in unserer Lebensweise, die auf Kosten der Natur geht, einschränken. Das kann gar nicht anders sein, weil die Welt sonst nicht besser werden kann. Wir brauchen auf den Autobahnen also mindestens eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 130 km/h.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich müssen wir den Verbrauch der Fahrzeuge senken. Es wäre doch genial, wenn wir die Besten wären in dem Fach, dass man tatsächlich den Kraftstoffverbrauch senkt, dass wir in den Autofirmen nicht mehr über SUVs nachdenken, sondern darüber, wie man günstige und gute Fahrzeuge herstellen kann, auch mit neuen Antriebsformen. Das ist doch eine Riesenchance für unser Land.

(Lars Harms)

Wir müssen uns als Menschen natürlich auch einschränken und müssen uns überlegen, ob wirklich an jedem Tag 200 g Fleisch auf dem Teller liegen müssen und ob das wirklich notwendig ist, vor allen Dingen dann, wenn dieses Fleisch aus einer absolut miesen Produktion stammt. Natürlich müssen wir uns insoweit einschränken und vielleicht auch einmal einen Salattag oder irgendetwas anderes einlegen, aber nicht gezwungenermaßen, sondern weil wir darüber nachgedacht haben, was es sonst für unsere Gesellschaft und für unseren Planeten bedeutet, wenn wir das nicht tun. Deshalb müssen wir uns eben mal beschränken. Das tun wir doch in anderen Bereichen auch, meine Damen und Herren.

Ein letzter Punkt ist ganz wichtig: Wir müssen jetzt darüber nachdenken, wie wir diese gesellschaftliche Wende gestalten. Natürlich müssen wir aufpassen, dass diejenigen, die es am schwersten haben, nicht übervorteilt werden. Deswegen kann man nicht ohne Weiteres eine große Tierwohlabgabe fordern, und die Leute, die Hartz IV beziehen, müssen dann eben sehen, wie sie klarkommen, weil sie sich das nicht leisten können. Deshalb müssen wir in diese Thematik schon noch ein bisschen mehr Gehirnschmalz hineinstecken, um herauszufinden, wie man das hinkriegen kann.

Aber wenn wir es am Ende hinkriegen, dass wir unsere landwirtschaftliche Produktion tatsächlich auf Nachhaltigkeit ausrichten und die Industrieproduktion auf Nachhaltigkeit ausrichten und unser eigenes Verhalten auf Nachhaltigkeit ausrichten, dann sind wir die ökonomischen Gewinner bei der ganzen Geschichte. Dann sind wir diejenigen, die ganz toll dastehen können, wie schon in der Vergangenheit, und zwar wiederum aufgrund dessen, dass wir oben im Kopf darüber nachgedacht und unseren Gehirnschmalz und unsere Ausbildung genutzt haben.

Wir haben als Deutsche nun einmal keine Ressourcen, jedenfalls nicht so fürchterlich viele. Die einzige Ressource, die wir haben, ist die gute Ausbildung, die wir für die Zukunft clever nutzen sollten. Ich glaube, das ist der richtige Weg. - Vielen Dank.

(Beifall SSW)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Tobias von der Heide.

Einen Gedanken in dieser Debatte möchte ich doch noch einmal loswerden, Herr Nobis, weil ich einen

Punkt Ihrer Rede schlicht nicht verstanden habe. Ich habe ja schon vor dieser Debatte gewusst, dass Sie, was Klimaschutz und Klimaveränderung angeht, das im Grunde leugnen. Wir können ja gelegentlich auch Ihre Plakate vor der Tür sehen, bei denen ich schon nicht verstehe, wie man zu dieser Position kommen kann, zumal doch 99,9 % der Wissenschaftler sehr eindeutig sagen, dass es einen Klimawandel gibt und dass dieser menschengemacht ist. Wie man dann am Ende zu dem Ergebnis kommt, das sei alles ein Hirngespinst, verstehe ich einfach nicht. Hören Sie Geomar und anderen hier doch einmal zu! Ich kann das überhaupt nicht nachvollziehen.

Über einen zweiten Punkt jedoch sollten Sie als AfD tatsächlich einmal nachdenken. Wir haben ja vorhin auch über Wohnen gesprochen. Sie haben gesagt, Sie wüssten gar nicht, dass Menschen darüber nachdächten, auf wieviel Quadratmeter sie wohnten und wie das mit Baustoffen und ähnlichen Themen aussieht. Das ist so ähnlich, wie wenn man sagt, den Klimawandel gebe es nicht. Das ist nicht klug. Natürlich ist es klug, über Ressourcen zu sprechen und sich zu überlegen, wie man nachhaltig leben kann und wie man damit umgeht.

In Mehrgenerationenkonzepten, wenn gerade Familien Wohnraum suchen und überlegen, wo sie denn wohnen können, und ältere Menschen in sehr großen Häusern wohnen, dann kann man doch auch einmal darüber nachdenken, wie sich die Generationen untereinander austauschen. Ich finde, das ist ein gutes Konzept. Warum kann man denn in solchen Richtungen eigentlich nicht denken? Und warum glauben Sie denn, dass das irgendwie die Freiheit der Menschen einschränkt? Das ist doch eine Verbesserung für die Gesellschaft.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Gleiche kann ich Ihnen auch zum Wasserstoff sagen. Für mich ist am Ende nicht ersichtlich, wenn wir hier Windenergie produzieren und wir gar nicht wissen, ob und wo wir diese verwenden können, und dann sagen, es sei klug, die Energie in die Entwicklung von Wasserstoff hineinzustecken, was das am Ende mit dem Strompreis zu tun hat. Das ist doch gerade das Problem, über das wir diskutieren. Wir sagen doch: Lasst uns das nicht in der EEGUmlage deutlich machen, sondern lasst uns doch diesen Strom produzieren und nutzen, um ihn an anderer Stelle einzusetzen, weil wir die Anlagen dort stehen haben.

(Lars Harms)

Das, was Sie machen, ist im Grunde Fortschrittsverweigerung. Das hat mit Klimawandel überhaupt nichts mehr zu tun.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Sie gucken einfach nur nach hinten. Da sage ich Ihnen ganz deutlich: Das muss angesprochen werden, auch unabhängig vom Klimaschutz. - Danke.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Weitere Wortmeldungen aus der Runde der Abgeordneten sehe ich nunmehr nicht. Dann hat für die Landesregierung noch einmal Minister Jan Philipp Albrecht das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident, dass Sie mir noch einmal die Gelegenheit geben! Ich möchte mich ganz speziell an den Abgeordneten Klaus Jensen wenden und deutlich machen, dass es ein Missverständnis gab. Es tut mir wirklich leid, dass es so angekommen ist; denn tatsächlich war meine Intention genau das Gegenteil dessen, was da angekommen ist. Es ging mir darum, deutlich zu machen, dass alle Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner auch Pellwormerinnen und Pellwormer sind und dafür streiten müssen, dass dieses Szenario, das nicht nur für Pellworm, sondern auch für Hamburg, für New York und für viele Städte in Südostasien im Raum steht, auf keinen Fall eintreten darf. Wir müssen mit allen Mitteln, die wir haben, für den Erhalt dieser Insel kämpfen. Das ist Teil unseres Landes, Teil unserer Heimat, und das wird es auch bleiben. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und SSW)

Dann liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe die Beratung.

Da wir hier den Vorsitz gewechselt haben: Gehe ich richtig in der Annahme, dass die Berichte jeweils in die Ausschüsse überwiesen werden sollen? So ist das, glaube ich, der Diskussion zu entnehmen.

Dann zunächst zum Bericht der Landesregierung in der Drucksache 19/2291. Ich gehe davon aus, dass er dem Umwelt- und Agrarausschuss zur abschlie

ßenden Beratung überwiesen werden soll. - Das ist so. Dann bitte ich um Zustimmung, wenn Sie so verfahren wollen. - Das ist dann einstimmig so beschlossen.

Dann kommen wir zum Bericht der Landesregierung in der Drucksache 19/2326. Soll auch dieser dem Umwelt- und Agrarausschuss zur abschließenden Beratung überwiesen werden? - Auch das ist so. Dann darf ich um das Handzeichen bitten. Auch das ist dann einstimmig so beschlossen. Vielen Dank.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 25 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Familien bei schulischen Lernmitteln unterstützen

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/2222

Bildungschancen sichern - soziale Benachteiligungen überwinden

Alternativantrag der Fraktion der SPD und der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/2248

b) Lernmittelfreiheit in Schleswig-Holstein

Antrag der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/1964

Bericht und Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses Drucksache 19/2231

Ich erteile zunächst das Wort dem Herrn Berichterstatter des Bildungsausschusses, dem Abgeordneten Peer Knöfler.

Herr Präsident, ich verweise auf die Vorlage.