Protokoll der Sitzung vom 28.08.2020

Ich hoffe, das war alles verständlich. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Kay Richert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss mich doch schon wundern, wenn hier von Definitionen, von kleinen, mittleren Unternehmen und Mittelstand gesprochen wird, wie viel Unwissen hier im Parlament vorherrscht. Ich empfehle deshalb, sich doch einmal die gängigen Definitionen anzugucken. Dann werden Sie feststellen, dass Unternehmen mit 500 Mitarbeitern durchaus zum Mittelstand gehören.

Ich möchte betonen, es geht hier gar nicht um die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards weltweit. Insoweit sind wir überhaupt nicht uneins. Es geht hier um die Klagebefugnis von Dritten gegen Dritte, was ein Infragestellen unseres Rechtsstaatsprinzips ist, und es geht um den nationalen Alleingang. Wir wollen - das habe ich mehrfach deutlich gesagt - ein Level Play hinkriegen. Für diejenigen, die es nicht verstanden haben, möchte ich es noch einmal erklären. Das bedeutet gleiche Bedingungen für alle, die am Markt teilnehmen.

Wir wollen selbstverständlich die gleichen Bedingungen für deutsche Unternehmen haben, wie sie zum Beispiel auch italienische Unternehmen haben. Warum denn nicht? Deswegen habe ich mich ganz klar und deutlich für eine europäische Lösung ausgesprochen. Es steht der Bundesregierung frei, die Ratspräsidentschaft dazu zu nutzen, das vielleicht einmal voranzubringen.

Noch einmal dazu, die Themen auf die Straße zu bringen. Liebe Kollegin, ich finde es beeindruckend, wie du dich für die Menschrechtsbewegung in Hongkong einsetzt, wie du diese Menschen dort persönlich auch unterstützt. Ich finde, davon können sich viele von denen, die sich in Lippenerkenntnissen ergehen, eine Scheibe abschneiden. Vielen Dank.

(Beifall FDP und Doris Fürstin von Sayn- Wittgenstein [fraktionslos])

Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus, Dr. Bernd Buchholz.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Uns eint in diesem Hause, jedenfalls alle Demokraten, der Wunsch und der Wille, die Menschenrechte überall auf der Welt durchzusetzen. Dafür haben auch Unternehmen eine Verantwortung; das steht völlig außer Frage.

(Beifall FDP, CDU und SSW)

Menschenrechtsverletzungen, Sklaverei, Kinderarbeit - all das sind Dinge, die wir nicht einfach nur sehenden Auges hinnehmen, sondern die wir unterbinden müssen, überall auf der Welt.

Die Frage ist nur, auf welchem Weg uns das gelingt und welchen Weg wir dazu einschlagen müssen.

(Volker Schnurrbusch)

Die Frage ist auch, ob ein Lieferkettengesetz dafür tatsächlich der richtige Weg ist. Dies bezweifele ich erstens aus grundsätzlichen Erwägungen heraus, die ich gleich noch nennen werde, ich bezweifele dies zweitens aus rein praktischen Erwägungen und drittens aus Erwägungen, die jetzt etwas mit dem gegenwärtigen Zeitpunkt zu tun haben, und zwar nicht, Herr Schnurrbusch, weil es zur Unzeit ist, sondern weil es in der Tat darum geht, was der Kollege Richert hier eben ausgeführt hat, dass es um fairen Wettbewerb geht. Ich meine das sehr grundsätzlich.

Die Leitlinien der Vereinten Nationen sagen gerade zu diesem Thema als Erstes explizit, dass es staatliche Aufgabe ist, für die Einhaltung der Menschenrechte weltweit zu sorgen. Es ist staatliche Verantwortung. Das beinhaltet zuallererst doch, wenn es darum geht, dass im Völkerrecht unter anderem nicht einmal eine Pflicht verankert ist, für die Einhaltung der Menschenrechte in anderen Staaten zu sorgen, dass es eine staatliche Verpflichtung ist, durch Abkommen mit anderen Ländern die Einhaltung von Menschenrechten sicherzustellen.

Das macht man in der Regel in Handelsabkommen oder in Handelsbeziehungen zwischen Staaten in bilateralen Regelungen, in denen man festlegt, dass dort sicherzustellen ist, dass in einem Land Kinderarbeit, Sklaverei und andere Dinge ausgeschlossen sind.

(Beifall FDP)

Das ist die Aufgabe - das müssen wir feststellen -, die auch die Vereinten Nationen in ihrer Leitlinie als Erstes stellen. Dieser Aufgabe hat sich die Bundesregierung als Erstes zu stellen.

(Beifall FDP - Zuruf: Genau!)

Dieser Aufgabe hat sich Herr Maas als Erstes zu stellen. Man kann einen Nationalen Aktionsplan zur Einhaltung der Menschenrechte nicht aufstellen, indem man diese erste staatliche Verpflichtung ignoriert und sagt, die Verantwortung liege bei den Unternehmen.

(Beifall FDP)

Darum geht es an dieser Stelle; denn der Nationale Aktionsplan, der vor zwei Jahren erlassen worden ist, sagt ganz viel zu der Verantwortung von Unternehmen, aber er sagt nichts dazu, was denn die Bundesregierung und die Europäische Union gemeinsam dafür tun werden, dass die Einhaltung der Menschenrechte tatsächlich durch Abkommen überall auf der Welt gesichert wird. Was ist denn der Standard, der heute zwischen der Bundesrepu

blik Deutschland und China zum Thema Versammlungsfreiheit, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit vereinbart ist? Was sagt denn diese Bundesregierung laut zum Thema Hongkong an dieser Stelle?

(Zuruf FDP: Gar nichts!)

Wo ist denn da der Einsatz auf staatlicher Ebene? Wenn dann gesagt wird, so, Freunde, jetzt gehen wir einmal an die Unternehmen und sagen denen, weil es dort keine Versammlungsfreiheit, keine Pressefreiheit und keine Meinungsfreiheit gibt, habt ihr als Unternehmen dafür zu sorgen, dass diese Rechte eingehalten werden, dann frage ich: Wie soll das passieren, meine Damen und Herren? Wie soll das denn passieren?

Damit kommen wir zum zweiten, weniger grundsätzlichen, aber sehr praktischen Grund, weshalb ich bezweifle, dass das Gesetz, das da auf die Reise geschickt werden soll, irgendetwas bringen wird.

(Zuruf Kerstin Metzner [SPD])

- Das geht überhaupt nicht am Thema vorbei, liebe Frau Metzner, weil Sie - da geht jetzt der Blick ins Detail - ganz oft über Menschenrechte reden, aber in Wahrheit ganz viele andere Dinge darunter subsummieren, die weit hinein in den Arbeitsschutz gehen, die weit hinein in ökologische Themen, Verstöße gegen die Umweltbelange und so weiter gehen und nicht nur Kinderarbeit und Sklaverei betreffen. Frau Metzner, Sie haben einen Antrag gestellt - da müssen wir schon einmal ein bisschen über das Detail reden -, bei dem es nicht nur darum geht, eine Gesetzesvorlage der Bundesregierung zu unterstützen, sondern darum, auf Bundesebene ein Lieferkettengesetz zu initiieren. Bei dieser Forderung geht es nicht um Unternehmen, die mehr als 500 Mitarbeiter haben, sondern da geht es um Unternehmen, die 250 Mitarbeiter haben. Da geht es auch um Unternehmen, die eine Bilanzsumme von mehr als 40 Millionen € haben. Da geht es auch um Unternehmen, die einen jährlichen Umsatz von über 20 Millionen € haben, und das sind eindeutig mittelständische Unternehmen, das sind eindeutig kleine Unternehmen, um die es da geht.

(Beifall FDP)

Deshalb ist das, was Sie da fordern - Kollege Kilian, da müssen wir uns wenigstens einig sein -, überhaupt nichts, über das wir hier uns verständigen könnten. Ein kleines mittelständisches Unternehmen dazu zu verpflichten, sorry, das ist einfach unmöglich.

Ein weiterer Punkt an der Stelle ist, dass man es auch praktisch irgendwie umsetzen können muss.

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

Jetzt gehe ich einmal raus und sage: Was ist denn mit einem Unternehmen, gleich welcher Größe, das weiß, dass Seltene Erden auf der Welt in ganz großer Zahl in Kinderarbeit gefördert werden? Was heißt das denn für dieses Unternehmen? Das heißt, dass dieses Unternehmen nichts anderes tun wird, als sich die entsprechenden Zertifikate zu besorgen und zu sagen, ja, wir haben uns das angeguckt, wissend, dass es stattfindet. Das ist der moderne Ablasshandel auf dem Rücken der Menschenrechte.

(Beifall FDP und Dr. Frank Brodehl [AfD])

Tut mir leid, dafür gebe ich meine Stimme nicht; denn effizienter Schutz von Menschenrechten ist mir lieber als das.

Dann kommen wir zum letzten Punkt, den ich auch ansprechen muss. „Lieferkettengesetz jetzt!“ schreibt die SPD. Jetzt muss es unbedingt sein, zu einer Zeit, zu der der europäische Justizkommissar öffentlich erklärt, dass er im Sommer des Jahres 2021 einen Gesetzentwurf für Europa vorlegen wird.

(Kerstin Metzner [SPD]: Genau!)

Das ist das dann auch auf europäischer Ebene zu diskutierende Level Playing Field, das für alle geltende Thema. Frau Metzner, die Bundesregierung schreibt in ihre Eckpunktepapiere hinein, dass das Gesetz im nationalen Alleingang jetzt unbedingt sein muss, schreibt in die Eckpunkte aber gleichzeitig hinein, dass es für die Unternehmen eine dreijährige Übergangszeit geben soll, bis das Gesetz angewendet werden soll.

Nun muss mir mal einer erklären, worin jetzt die Eile für einen nationalen Alleingang begründet ist. Wenn ich weiß, dass es im Sommer des nächsten Jahres einen Gesetzentwurf auf europäischer Ebene geben wird, wenn ich weiß, dass über diesen dann auch eine Weile zu diskutieren sein wird, und wenn selbst der eigene Gesetzentwurf innerhalb der nächsten drei Jahre gar nicht in Kraft gesetzt werden soll, dann gilt nicht „Lieferkettengesetz jetzt!“, sondern dann gilt, mit Vernunft und Augenmaß im Ausschuss gemeinsam darüber zu diskutieren, was tatsächlich einer mittelständisch geprägten Wirtschaft wie in Schleswig-Holstein und der Einhaltung der Menschenrechte am besten zuträglich ist. Dafür - darum bitte ich - sollten wir die Ausschussberatungen nutzen; denn da ist viel zu tun. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP, CDU und Volker Schnurrbusch [AfD])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Antrag, Drucksache 19/2301 (neu), federführend dem Umweltausschuss und mitberatend dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen.

(Zuruf Kerstin Metzner [SPD]: Sozialaus- schuss!)

- Frau Metzner, Sie sagten mir eben, dass die Koalition das so beantragen würde. Das hatte ich bisher noch nicht vernommen. Die SPD beantragt jetzt Beratung im Sozialausschuss. Wo noch?

(Kerstin Metzner [SPD]: Das steht auf dem Zettel, das hatte ich mit Ihnen besprochen!)

- Sie haben zu mir gesagt, dass die Koalition dies so wünscht. Die Koalition hat es nicht so gewünscht. Jetzt hat die Opposition die Möglichkeit, das zu beantragen. Beantragen Sie das?

(Zuruf Kerstin Metzner [SPD])

- Gut. Es ist beantragt worden, den Antrag, Drucksache 19/2301 (neu), federführend dem Umweltausschuss, mitberatend dem Wirtschaftsausschuss, dem Innen- und Rechtsausschuss, dem Sozialausschuss und dem Europaausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 35 auf:

Das Hotel- und Gastgewerbe nachhaltig stützen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/2318