Protokoll der Sitzung vom 28.08.2020

Dabei ist noch einmal deutlich geworden - Frau Poersch, wir haben da ja gesessen -, dass es Hand in Hand gegangen ist und wir uns hier als Akteursgemeinschaft untergehakt und in dieser Frage zusammengestanden haben. Das ist in dieser Krisenzeit keine Selbstverständlichkeit. Deswegen möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bei Ihnen als Landesregierung dafür bedanken, wie Sie diese Krise gemanagt haben.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Viele Gastronomen sind natürlich gerade durch die Herausforderungen - Abstandsregeln, Hygienekonzept, Erfassen von Daten und so weiter - in hohem Maße gefordert. Sie mussten sich eingestehen, dass sie ihren Gästen aufgrund der Anforderungen an ihre Kapazität nicht gerecht werden konnten.

Diese Einschläge gehen auch an diesem Haus nicht vorbei. Mit großem Bedauern habe ich in dieser Woche gehört, dass unsere Landtagskantine nicht mehr weitergeführt wird, weil der Pächter aufgibt. Meine Damen und Herren, das sind Dienstleistungen, die wir hier ganz persönlich in unseren Mittagspausen, vor unseren Sitzungen genossen haben.

(Tobias Koch)

Ich möchte an dieser Stelle einmal meinen ganz herzlichen Dank an die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Ausdruck bringen, die hier für uns im Haus diesen Dienst leisten - nicht nur für uns, sondern auch für viele Menschen draußen, die zum Essen in dieses Haus kommen: Herzlichen Dank für Ihr Engagement!

(Beifall)

Ich möchte auch zum Ausdruck bringen, dass ich hoffe - egal, wie es auch ausgeht, ob wir eine neue Pächterin finden -, dass für sie eine berufliche Perspektive offensteht, damit sie in diesem für sie wichtigen Bereich weiterhin tätig sein können.

Ich habe am Rande der Landtagstagung viele Gespräche darüber geführt und finde es sehr wichtig, dass wir gegenüber diesen Menschen, die für uns diesen Dienst leisten, Solidarität zeigen. Vielen Dank dafür!

(Beifall Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Herr Koch, Sie haben es gesagt: Wir sind einen Schritt weitergegangen. Damit zeigen wir, dass es tatsächlich in diesem Tourismusland SchleswigHolstein nicht passieren darf, dass wir systemrelevante Dienstleistungen verlieren. Da ist tatsächlich nach der Krise vor der Krise.

Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in dieser Frage wichtige Bereiche im Tourismus verlieren. Dazu gehören die Landgasthöfe, Sie haben es angesprochen. Wir haben es gestern noch einmal gehört: Den Küsten geht es gut. Dem Binnenlandtourismus, dem Städte- und Messetourismus geht es aber nicht gut - all das, was wir an Incentives haben. Ich vermisse auch die Segelschiffe, die mit Jugendgruppen auf der Kieler Woche fahren.

Auch unsere Jugendherbergen sind extrem bedroht: 81 % weniger Aufenthalte durch Kinder und Jugendliche, Frau Prien, auch, weil für unsere Schülerinnen und Schüler Klassenfahrten eben nur bedingt stattfinden. Da müssen wir schauen, was für ein Verlust für unsere Gesellschaft droht, wenn wir keine Jugendherbergen mehr in diesem Land haben.

Die Kinder und Jugendlichen, die heute in die Jugendherbergen zu uns im Land kommen, sind die Urlauberinnen und Urlauber von morgen. Viele, die in Jugendherbergen positive Erfahrungen haben, entscheiden sich auch in ihrem späteren Leben weiter, Urlaub in diesem Land zu machen.

Deshalb ist es ganz wichtig zu zeigen, dass wir auch ein Herz für den Jugendtourismus haben, Herr

Minister, und gemeinsam dafür sorgen - wir haben es gestern mit Frau Dr. Bunge besprochen -, dass wir im Marketing etwas helfen können, wenn es zu einer Impfung kommt und diese Branche wieder auf die Beine kommt. Wir können helfen, dass diese Branche auch im Marketing eine Rolle spielt.

(Beifall Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Lassen Sie mich zuletzt noch sagen: Es gab in diesem Land auch Imageprobleme.

Kommen Sie bitte zum Schluss!

In einigen Regionen wie Sylt wünschen wir uns zum Beispiel, dass wir keine Gäste mehr haben. Wir müssen auch aufpassen, dass wir unser Image nicht verspielen. Wir müssen gut über unser Land und über uns reden. Dann haben wir auch in der Zukunft Erfolg. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, FDP und Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das Wort für die FDP-Fraktion hat die Abgeordnete Annabell Krämer.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit umfangreichen Soforthilfen für unsere Wirtschaft haben wir in Schleswig-Holstein auf diese beispiellose Krise reagiert, denn unser zukünftiger Wohlstand hängt davon ab, ob es uns gelingt, auf breiter Front gesunde Unternehmen zu erhalten, die völlig unverschuldet in wirtschaftliche Not geraten sind. An diesen Unternehmen hängen Tausende Arbeitsplätze, oft jahrzehntelange Aufbauarbeit vom Eigentümer, aber auch von den Beschäftigten. Hier geht es wirklich um Existenzen.

Es hat sich gezeigt, wie stark das Soforthilfeprogramm des Landes für Unternehmen von 10 bis 50 Beschäftigten nachgefragt wird. Es setzt dort an, wo die Liquidität nicht mehr ausreicht, um unabwendbare Betriebskosten zu decken. Fast 98 % dessen muss man sich bewusst sein - unserer Unternehmen in Schleswig-Holstein haben weniger als 50 Angestellte. Das macht uns in der Breite zwar stark, lässt uns aber nicht gerade im Fokus der Bun

(Dr. Andreas Tietze)

deshilfen für Unternehmen stehen. Das hat unser Wirtschaftsminister, Dr. Bernd Buchholz, Gott sei Dank frühzeitig erkannt.

(Beifall Oliver Kumbartzky [FDP])

Neben den genannten Zuschussprogrammen hilft das Land nämlich dem Hotel-, Beherbergungs- und Gastronomiegewerbe mit besonders günstigen Krediten aus dem Mittelstandssicherungsfonds. In dieser Branche betrugen die Einnahmeausfälle - das wissen wir alle - in den ersten Monaten bis zu 100 %. Das Veranstaltungsgewerbe liegt leider noch immer nahezu vollständig brach.

Dringender Nachbesserungsbedarf besteht dagegen bei den Sofort- und Überbrückungshilfen des Bundes. Ja, der Bund hat in dieser Woche vereinbart nachzubessern. Die Überbrückungshilfen werden bis Ende des Jahres und Kurzarbeitergeld jetzt für insgesamt 24 Monate gezahlt.

Das Erste ist sehr zu begrüßen. Wir wollen zwar den Strukturwandel nicht behindern, wir wollen aber kein Unternehmen hier im Land verlieren, das - verdammt noch mal - vor der Krise gesund war.

(Beifall FDP und CDU)

Mit der Verlängerung der Überbrückungshilfen bis einschließlich Dezember setzt der Bund um, wofür unser liberaler Wirtschaftsminister Dr. Bernd Buchholz von Anfang an in Berlin geworben hat. Gescheitert war es jedoch an Olaf Scholz. Ich freue mich deswegen auch, dass die SPD in SchleswigHolstein ihrem Kanzlerkandidaten zusammen mit uns auf die Sprünge helfen konnte.

(Lachen SPD - Regina Poersch [SPD]: Das macht Serpil ganz alleine!)

Wir werben dafür, die Überbrückungshilfen nicht nur bis Dezember zu verlängern. Wir fordern auch die Verdopplung der Hilfen für Unternehmen, die nachweislich noch mitten in der Krise stecken. Dies wären wichtige Hilfen, damit wir besonders die gesunden Unternehmen im Tourismus und in der Veranstaltungsbranche mit ihren wertvollen Arbeitsplätzen im Land erhalten.

Wir sind uns doch alle einig: Wen die Krise durch staatlich verordnete Maßnahmen hart getroffen hat, dem gehört auch von uns geholfen, und dem gehören keine Steine in den Weg gelegt.

(Beifall FDP)

Steine wären zum Beispiel zu kurze Antragsfristen, wie es bei der ersten Soforthilfe für die Monate März bis Mai leider der Fall war.

Wir wollen heute ein starkes Signal nach Berlin senden und jene Branchen des Mittelstands stärker unterstützen, die sich aufgrund staatlicher Auflagen noch nicht aus der Krise kämpfen konnten. Wir wollen gemeinsam an die Bundesregierung und insbesondere den Bundesfinanzminister appellieren. Liebe SPD: Wir freuen uns, dass wir gemeinsam mit Ihnen den Druck auf Olaf Scholz verstärken werden.

(Beifall Dennys Bornhöft [FDP])

Lassen Sie mich abschließend noch etwas zum Kurzarbeitergeld sagen. Eine gießkannenartige - also branchenunabhängige - Verlängerung auf gleich zwei Jahre sehe ich mehr als kritisch. Zum Glück haben viele Unternehmen in unserem Land das Schlimmste schon überstanden.

(Zuruf Thomas Hölck [SPD])

Für diese Unternehmen war die staatliche Unterstützung immens wichtig. Sie darf sich jedoch nicht verstetigen. Das Problem ist, dass auch diejenigen Unternehmen weiterhin Kurzarbeitergeld beziehen dürfen, deren Profitabilität nie gefährdet war oder längst wieder gegeben ist. Eine Rückzahlungspflicht bei erwirtschafteten Gewinnen im Bezugszeitraum besteht nämlich nicht.

(Beate Raudies [SPD]: Dafür zahlt man Steu- ern!)

Das ist ein Sachverhalt, den viele bei der Diskussion um das Kurzarbeitergeld völlig außer Acht lassen.

Verstehen Sie mich aber bitte richtig: Ich sage nicht, dass die staatliche Unterstützung insgesamt vom Volumen her gekürzt werden soll. Sie soll jetzt nur zielgerichtet dort ankommen, wo sie wirklich benötigt wird.

(Beifall FDP)

Machen wir uns doch ehrlich: Gießkannenartiges Ausschütten von Beiträgen und Steuern halten wir nicht mehr lange aus. Es ist zum Glück auch nicht mehr erforderlich. Wir müssen jetzt zielgerichtet helfen und Subventionsmissbrauch so weit wie möglich einen Riegel vorschieben.

Bitte lassen Sie mich damit enden: Wir müssen den Blick nun langsam wieder verstärkt nach vorne richten. Es ist ein Irrglaube, der Staat könne jeden Arbeitsplatz auf Dauer konservieren und Wohlstand durch Subventionen schaffen. Die Wirtschaft befand sich schon immer im Wandel, auch vor Corona. Wandel ist immer mit Risiken, aber auch mit ganz großen Chancen für innovative Firmen und für

(Annabell Krämer)

jeden Einzelnen verbunden, wenn wir die Kräfte der Marktwirtschaft nutzen, anstatt sie zu strangulieren. Wir Liberale stehen hier eng an der Seite unseres Mittelstandes. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)