Protokoll der Sitzung vom 28.08.2020

(Beifall FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch.

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bedeutung, die das Hotel- und Gaststättengewerbe mit seinen mehr als 5.000 Betrieben und über 80.000 Beschäftigen für Schleswig-Holstein besitzt, ist unbestritten. Die Unterstützung dieses wichtigen mittelständischen Gewerbes bleibt daher in Zeiten von Corona vorrangiges Ziel aller Entscheidungsträger in der Politik. Trotzdem ist es notwendig, auch in diesen Zeiten eine pragmatische Haltung einzunehmen.

Ja, der Tourismus hat in den Städten und im Binnenland mit besonders großen Problemen zu kämpfen; das war bereits vor dem Lockdown der Fall. Schon in den letzten Jahren mussten zahlreiche Landgasthöfe aufgeben und schließen. Die Urlaubsorte an Nord- und Ostsee dagegen haben einen klaren Standortvorteil, der sich auch jetzt wieder gezeigt hat. An den Küsten schrumpften die Zahlen nicht so stark wie anderswo. Der Juni war in Schleswig-Holstein „so wenig schlecht“, wie es nirgendwo anders war; wir liegen da an der Spitze aller Urlaubsdestinationen in Deutschland.

Die Nachfrage hat sich verändert, die Trends sind andere, und die klassische Pension mit Übernachtung und Frühstück kann heute mit Hotels oder anderen Beherbungsbetrieben, die ein Rund-um-Erlebnis bieten, nicht mehr mithalten. Diejenigen Touristen, die bewusst das Binnenland für ein Wander-, Fahrrad- oder Kanuurlaub ansteuern, sind leider immer noch eine Minderheit. Wir müssen uns deshalb ehrlich eingestehen, dass nicht jeder Umsatzeinbruch in diesem Gewerbe ein Resultat des Lockdowns ist.

Es gilt jetzt vielmehr - das klang eben schon an -, solchen Betrieben zielgenau zu helfen, die für die Branche unverzichtbar sind, und dort zu helfen, wo es nachhaltig sinnvoll ist.

Andererseits reichen die negativen Folgen des Lockdowns in der Gastronomie weit über die bishe

rigen Einschnitte hinaus. Auch wenn die Beschränkungen teilweise gelockert wurden, müssen wir dauerhaft mit einer erhöhten Zurückhaltung der Kunden rechnen.

Allein die Tatsache, dass bestimmte Veranstaltungen jetzt wieder zulässig sind, führt nicht dazu, dass die Leute auch kommen. Corona hat zu einer massiven Verunsicherung der Bevölkerung geführt, und es liegt auf der Hand, dass viele Feste, Hochzeitsfeiern, runde Geburtstage, Familienfeiern und Betriebsfeiern nach wie vor sehr zurückhaltend gebucht werden. Hier wird zum einen auf Personen Rücksicht genommen, die wegen Corona aus gesundheitlichen Gründen vorsichtig reagieren. Zum anderen dürfen wir nicht vergessen, dass die Kaufkraft gesunken ist und weiter sinken wird. Das wird auch für unser Hotel- und Gaststättengewerbe ein Problem sein.

(Unruhe)

Das Gleiche gilt für den Tagungs- und Seminartourismus. Wir haben gestern die entsprechenden Zahlen gehört. Da gibt es viel nachzuholen, und gerade die Städte leiden besonders unter dem Lockdown.

Das alles ändert nichts daran, dass eine größtmögliche Hilfe für das Hotel- und Gaststättengewerbe gerade im Tourismusland Schleswig-Holstein weiter notwendig ist. Als AfD-Fraktion haben wir diese Priorität von Anfang an vertreten und bereits am 14. April 2020 eine konkrete Exit-Strategie aus den Coronabeschränkungen und großzügige Steuererleichterungen gefordert.

Der vorliegende Antrag der Jamaika-Fraktionen fasst zusammen, was auf Bundesebene Konsens ist und auch hier auf breiten Konsens stoßen dürfte. Die Überbrückungshilfe für kleinere Betriebe mit bis zu zehn Mitarbeitern, die Gewährung von Soforthilfe für den Zeitraum März bis Mai, unabhängig vom Datum der Antragstellung, und die Forderung nach Überbrückungshilfen durch den Bund über den Monat August hinaus sind sinnvoll.

Der Landtag kann heute ein wichtiges Signal an das Hotel- und Gaststättengewerbe senden. Das ist auch deshalb sehr wichtig, weil wir jetzt auf die Nebensaison zurollen, und wir wissen, dass dort weniger Gäste zu uns kommen.

An der Stelle danke ich nicht nur dem Wirtschaftsund Tourismusminister, der uns im Ausschuss immer super informiert und dem mittelständischen Gewerbe zur Seite gestanden hat, sondern auch dem Tourismusverband Schleswig-Holstein und der Tourismusagentur, die uns gestern zum Runden

(Annabell Krämer)

Tisch eingeladen hat. Auch da haben wir tolle Informationen bekommen, 67 Rundschreiben zum aktuellen Stand der Dinge. Es gibt eine neue Marketingkampagne, die speziell auf die Nebensaison zugeschnitten sein soll. Die Damen, die das leiten, Frau Dr. Homp und Frau Dr. Bunge, verbreiten Optimismus, trotz allem, und das brauchen wir alle.

Wir sollten bei dem Thema zusammenstehen und das Tourismusland Schleswig-Holstein wieder auf die Beine stellen. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Christian Dirschauer.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schleswig-Holstein ist bekannt als das Tourismusland zwischen den Meeren. Der Tourismus ist und bleibt unser wichtigster Wirtschaftszweig, und dieser wird leider auch auf Sicht noch mit am stärksten von der anhaltenden Coronakrise betroffen bleiben.

Das Herz der schleswig-holsteinischen Wirtschaft schlägt mittelständisch, und gerade das hiesige Hotel- und Gaststättengewerbe ist ein typisches, gewachsenes mittelständisches Gewerbe.

(Beifall SSW und FDP)

Der vorliegende SPD-Antrag nennt die Zahlen und verdeutlicht den Ernst der Lage. Eigentlich hatte das Jahr 2020 für das Tourismusgewerbe ja recht aussichtsreich begonnen, wie Zahlen des Statistikamtes Nord aus dem Februar belegen. Doch dann kam im März der faktische Lockdown, und die Zahl der Übernachtungen und Umsätze im Hotel- und Gaststättengewerbe gingen vorübergehend quasi auf null zurück. Der Tagestourismus kam zum Erliegen, das so wichtige Ostergeschäft fiel aus, und dann halfen auch die wenigen erlaubten Geschäftsreisenden nicht mehr.

Seit einigen Wochen dürfen Hotels und gastronomische Betriebe - zwar unter strengen Auflagen, aber immerhin - wieder öffnen, aber wirtschaftlicher Umsatz sieht natürlich anders aus. Die wirtschaftlichen Sorgen bleiben groß, und wir können es uns nicht leisten, unsere absolute Zugkraftbranche im Stich zu lassen.

Gleichzeitig können wir es uns aber auch nicht leisten, immer weitere Hilfsgelder bereitzustellen beziehungsweise die bestehenden Nothilfeprogramme

über Monate oder gar Jahre fortzuführen. Das liegt auf der Hand.

Zu Beginn der akuten Krise haben wir innerhalb kürzester Zeit gewaltige Summen mobilisiert und umfangreiche Hilfs- und Förderprogramme aufgestellt. Viele Anträge wurden gestellt, abgearbeitet und ausgezahlt. Es musste alles sehr schnell gehen, um drohende Härten und noch dramatischere Folgekosten zumindest abzufedern.

Inzwischen dauert die Krise einige Monate an, und wir können und sollten uns etwas genauer anschauen, wo und wie wir weitere Gelder in die Hand nehmen. Es muss nun zum einen um gezielte Unterstützung gehen für all jene Unternehmen, die vor der Krise gesund waren und nun aufgrund der Pandemie in eine unverschuldete Notlage geraten sind und daher eine Überbrückungshilfe brauchen.

Denn es werden diese Betriebe sein, die sich auch später mit ihrem Gesamtkonzept am Markt behaupten können. Im Tourismusbereich liegt es ja nahe, dass insbesondere die Betriebe in den touristischen Hotspots vergleichsweise zügig auf den Pfad der wirtschaftlichen Erholung zurückfinden werden. Erfreulicherweise scheint das ja auch der Fall zu sein.

Auf der anderen Seite gibt es aber auch noch - wie im vorliegenden Antrag ganz richtig beschrieben all die Betriebe in der zweiten Reihe und auch ganz besonders die urigen Landgasthöfe, die weiter schwer zu kämpfen haben. Hier müssen wir konkret schauen, wie und welche Betriebe notleidend sind und wie wir mit effizientem und effektivem Mitteleinsatz Existenzen und Arbeitsplätze sichern können.

Zusammengefasst: Die Auswirkungen der Coronakrise werden wir noch lange spüren, gerade auch in der für unser Land so wichtigen Tourismusbranche mit ihrem Hotel- und Gastgewerbe. Gemeinsam mit allen Betroffenen teilt der SSW die Hoffnung, dass es für diese Branche zeitnah deutlich bergauf geht und dass zumindest die gröbsten Verluste einigermaßen aufgefangen werden können. Die auf Landes- und Bundesebene eingerichteten Wirtschaftshilfen sind aus unserer Sicht richtig und notwendig gewesen.

Wenn wir nun über Verlängerungen beziehungsweise Flexibilisierungen von Hilfsprogrammen diskutieren, dann sollte es darum gehen, notleidenden Betrieben mit Zukunftsperspektive eine nachhaltige und vor allem auch passgenaue Unterstützung zukommen zu lassen.

(Volker Schnurrbusch)

Den SPD-Antrag unterstützen wir daher genauso wie den Änderungsantrag der Jamaika-Koalition. Zudem begrüßen wir die Ankündigung der Großen Koalition, die Laufzeit des ÜberbrückungshilfeProgramms für KMU bis Dezember 2020 zu verlängern. Dies sind alles wichtige Schritte, bei denen es nun auf die weiteren Details ankommt, damit sich möglichst viele Betriebe hoffentlich zeitnah und nachhaltig erholen können. - Vielen Dank.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Wir kommen zu den Kurzbeiträgen. Das Wort hat jetzt Klaus Jensen von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin heute hier vorn ganz entspannt und möchte mich für die Antragstellung der SPD bedanken und auch dafür, dass wir das in der Koalition sinnvoll ergänzen konnten. Mein Fraktionschef hat die wesentlichen Dinge schon dargelegt. Einige von Ihnen wissen, dass ich einen solchen Landgasthof, wie er hier schon oft angesprochen worden ist, selbst führe. Ich habe auch einmal zwei Monate lang - das war eine ganz neue Erfahrung - keinen Umsatz gemacht. Es hat mich, auch wenn es eine neue Erfahrung war, aus nachvollziehbaren Gründen nicht umgehauen. Gott sei Dank konnten wir ab Mitte Mai wieder Umsätze machen, da Pellworm, wenn nicht ein Hotspot, dennoch eine touristische Destination ist. Ich hoffe, dass es noch viele Jahre und viele Generationen so weitergeht.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP - Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir arbeiten daran!)

Wir haben den Landgasthof jeden Tag natürlich unter Einhaltung der Abstands- und sonstigen Hygienevorgaben geöffnet, die wir umsetzen müssen und auch umsetzen können.

Ich will einmal folgenden Hinweis loswerden: Ich kann nur dazu ermuntern, dass sich auch andere Veranstaltungen - nicht nur Gaststätten - einfach wieder einmal organisieren, sie mit entsprechenden Vorgaben durchführen. Es geht schon manches. Es geht viel mehr, als heute manchmal gemacht wird. Das sollen wir ein bisschen pushen. Ich will ermuntern, dass auch kleine Veranstaltungen wieder stattfinden, um Umsätze in den Betrieben möglich zu machen.

Fakt ist, dass gerade die Betriebe, die Landgaststätten im Binnenland, weiterhin große Probleme ha

ben. Wir haben es gehört: keine Familienfeiern, keine großen Versammlungen, kaum Bustouristik. Auch die Bustouristik ist ziemlich in die Knie gegangen. Deswegen sind Umsätze entweder nicht da oder in einem Umfang, dass es einfach nicht reicht. Es sind oftmals die schon angesprochenen gesunden Betriebe, die wir halten und denen wir über die schwierige Zeit hinweghelfen wollen.

Diese Betriebe sind für manche im ländlichen Raum, für manche Dörfer systemrelevant. Wenn Sie einmal geschlossen werden, werden sie nur sehr schwer oder nie wieder in Gang kommen. Die Konsequenz muss sein: Dort müssen die Hilfen sinnvoll eingesetzt werden.

Ich bin froh, dass wir als Regierungspartei in Berlin die richtigen Entscheidungen mit herbeiführen konnten, und hoffe, dass wir insgesamt unseren Betrieben, die augenblicklich in Not sind, effektiv und wirksam helfen können. Das haben sie verdient. Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag hat sich die Abgeordnete Regina Poersch von der SPD-Fraktion gemeldet.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aus zwei Fraktionen kam die Anregung und Ermunterung, ein bisschen Druck auf Bundesfinanzminister Olaf Scholz auszuüben. Ich kann Ihnen sagen: Das ist weder notwendig, noch braucht der Bundesfinanzminister Nachhilfe. Vielmehr ist es erforderlich, von dieser Stelle noch einmal darauf hinzuweisen, dass Wirtschaftsförderung Sache des Wirtschaftsministeriums ist.

(Beifall SPD)

Sie werden auch nicht müde, Ihren Landeswirtschaftsminister für das zu loben, was er für die Branche tut. Das kann ich erstens nachvollziehen, zweitens habe ich selber auch gesagt: Es ist gut so, was dort gerade im Bereich Tourismus aufgelegt worden ist.

(Beifall FDP)