Protokoll der Sitzung vom 25.09.2020

(Beifall FDP, CDU und vereinzelt SPD - Bei- fall Volker Schnurrbusch [AfD])

Ich will außerordentlich anerkennen, dass die Berliner Minister auf so einen kleinen Provinzminister wie mich gehört haben, als es darum ging, die Kappungsgrenzen für die kleinen Unternehmen bis fünf beziehungsweise zehn Mitarbeitern aufzuheben. Die Übernahme der Fixkosten war auf 3.000 € beziehungsweise 5.000 € im Monat geblockt. Auf unsere Intervention hin entfallen diese Grenzen ersatzlos, sodass ein Unternehmen unabhängig von der Größenordnung bis zu 50.000 € Zuschuss erhalten kann. Das ist eine wirklich gute Botschaft.

(Beifall FDP, CDU und vereinzelt SPD - Bei- fall Volker Schnurrbusch [AfD])

Parallel dazu haben wir als Land, nachdem wir den Mittelstandssicherungsfonds für das Hotel- und Gaststättengewerbe ja schon zu Beginn aufgelegt hatten, mit einem Härtefallfonds in Form von Darlehen oder stillen Beteiligungen reagiert. Ich sage auch das immer - das ist für den einen oder anderen

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

manchmal schwer zu verstehen; aber es ist halt so -: Irgendwann sind Darlehen nicht mehr hilfreich, weil in der Bilanz des Unternehmens dann fast nur noch Fremdkapital steht und es, zumindest theoretisch, überschuldet ist. Deshalb bedarf es anderer Möglichkeiten der Kapitalausstattung. Daher ist neben eigenkapitalersetzenden Darlehen das Stellen von Eigenkapital in Form von Beteiligungen ein wichtiges Element.

(Beifall FDP)

Wir haben das mit dem Härtefallfonds eingeführt. Ich füge hinzu: Wenn wir diesen Härtefallfonds aufstocken würden, Herr Stegner, dann wäre das nicht falsch.

(Beifall FDP und vereinzelt SPD)

Ich unterstütze diesen Ansatz ausdrücklich; das sollten wir tun. Das ist ein wichtiges Instrument. Ich sage das auch deshalb sehr deutlich, weil es Beispiele dafür gibt. Dabei habe ich immer ein Unternehmen - Party Rent aus dem Kreis Stormarn im Blick. Ich betrachte es sozusagen als Fokusunternehmen der Veranstaltungsbranche. Ich schaue mir immer genau an, wo es gerade steht, insbesondere wie sich die betriebswirtschaftliche Situation darstellt. Für dieses Unternehmen ist die Möglichkeit der stillen Beteiligung - nach dem Erhalt von Darlehen oder Zuschüssen - ein veritables Instrument. Auf diese Weise kann ein gesundes Unternehmen durch die Krise geführt werden.

Ich glaube, dass wir mit einer gewissen Erweiterung, aber auch mit den Instrumenten, die wir schon haben, für die Veranstaltungsbranche viel tun können. Alle werden wir nicht retten können. Aber wir geben alles, um so viele wie möglich durchzubringen. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Volker Schnurrbusch [AfD] und Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [frakti- onslos])

Der Herr Minister hat die vorgesehene Redezeit um gut 3,5 Minuten ausgeweitet. - Ich sehe nicht, dass jemand davon Gebrauch machen möchte; denn weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Somit schließe ich die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/2382 und den Alternativantrag Drucksache 19/2453 dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer dem so zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimm

enthaltungen? - Die Überweisung ist somit einstimmig geschehen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Die fiskalischen Lasten der Zuwanderung

Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der AfD Drucksache 19/2126

Wie ich sehe, wird das Wort zur Begründung nicht gewünscht. - Zur Beantwortung der Großen Anfrage erteile ich der Finanzministerin, Monika Heinold, das Wort.

Meine Damen und Herren! In der Großen Anfrage wurden zum einen Fragen nach der Zusammensetzung der ausländischen Bevölkerung und zum anderen Fragen nach den Kosten im Zusammenhang mit Asyl gestellt. Die Landesregierung hat alle Fragen, die in die Zuständigkeit des Landes fallen und für deren Beantwortung entsprechende Daten vorliegen, ausführlich beantwortet und rund 40 Seiten Text, 9 Tabellen, 11.000 Seiten Auszug aus dem Ausländerzentralregister beziehungsweise Angaben zur Zusammensetzung der ausländischen Bevölkerung als Anlagen in digitaler Form zur Verfügung gestellt.

Die Beantwortung hat viel Arbeitskraft gebunden. Deshalb sage ich allen Beteiligten in den Ressorts, unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, insbesondere denen im MILIG, herzlichen Dank dafür, dass sie diese Informationen zusammengestellt haben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SPD, FDP, SSW und Volker Schnurrbusch [AfD])

Welche Schlussfolgerung hat die AfD nun aus der Großen Anfrage gezogen? In ihrer Pressemitteilung vom 3. Juli 2020 beklagt die AfD, dass die für die Flüchtlinge in Schleswig-Holstein in den letzten Jahren ausgegebenen Mittel - Zitat - „an allen Ecken und Enden“ fehlten. Die AfD fragt: Was hätte man mit dem Geld alles machen können? Wie viele neue Lehrer, Hochschulkräfte und Polizisten hätten eingestellt werden können? Wie viele Verkehrs- und Infrastrukturprojekte hätten realisiert werden können? - So die AfD. Das Geld, so könnte man es zusammenfassen, wurde nach Auffassung der AfD zum Fenster rausgeschmissen.

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen sehr deutlich: Das ist fahrlässigster Populismus!

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP, SSW und vereinzelt CDU)

Sie versuchen auf billigste Art und Weise, unsere Gesellschaft auseinanderzutreiben, eine Gesellschaft, in der Humanität, Solidarität und Vielfalt gelebte Grundlagen unserer Demokratie sind - und ich hoffe, dass es so bleibt.

Meine Damen und Herren! Ich möchte in vier Punkten darauf eingehen, warum wir in Deutschland und damit auch in Schleswig-Holstein Zuwanderung brauchen und warum es geboten ist, Flüchtlinge bei uns aufzunehmen:

Erstens. Es ist unsere humanitäre Verantwortung, Menschen Schutz zu bieten, die vor Krieg beziehungsweise Verfolgung geflohen sind und eine sichere neue Heimat suchen. Schleswig-Holstein steht fest zu dieser Verantwortung und stellt selbstverständlich die notwendigen finanziellen Mittel für die Aufnahme und Integration der Geflüchteten bereit. Das war bisher so, und das wird zukünftig so sein.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP, SSW und vereinzelt CDU)

Zweitens. Unsere Gesellschaft ist auf Zuwanderung aus dem Ausland dringend angewiesen. Nur so kann es gelingen, die Herausforderung des Fachkräftemangels zu bewältigen.

Drittens. Wir tragen als weltweites Export- und Industrieland mit unserer Wirtschaftsweise und unserem Anteil am Klimawandel mit dazu bei, dass Menschen gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen. Daraus resultiert für uns eine besondere Verantwortung.

Viertens. Vielfalt bereichert unser Land. Wir arm wären wir ohne Zuwanderung! Nehmen wir nur ein Sinfonieorchester oder eine Fußballmannschaft. Meine Damen und Herren, Internationalität tut uns gut. Ich bin froh, dass der überwiegende Teil unserer Gesellschaft dies genauso sieht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP, SSW und vereinzelt CDU)

Meine Damen und Herren! Dass die Große Anfrage genutzt werden soll, Stimmung gegen Geflüchtete zu machen, geht auch aus bestimmten Formulierungen in den Vorbemerkungen der AfD hervor. Die Landesregierung geht darauf mit einer klaren Haltung und mit belegbaren Fakten in den Antworten ein. Wo die AfD unterstellt, dass ein Großteil soge

nannter Wirtschaftsflüchtlinge „insbesondere aufgrund der großzügigen Sozialleistungen nach Deutschland“ gehen, setzt die Landesregierung in ihrer Antwort nüchtern ausschlaggebende Gründe für Flucht entgegen: Krieg, Verfolgung, Hunger und einschneidende klimatische Veränderungen. Menschen sind auf der Flucht, weil die Lebensbedingungen in ihren Heimatländern unerträglich geworden sind und sie auf der Suche nach einer besseren Zukunft für sich und ihre Familien sind. Kein Mensch flieht aus freien Stücken.

Meine Damen und Herren, eine weitere Formulierungen der AfD, auf die ich eingehen möchte, ist „weiter anhaltende Zuwanderung und Massenzuwanderung“. Fakt ist, dass die Nettozuwanderung nach dem Höchststand im Jahre 2015 mit über 1,1 Millionen Menschen im darauffolgenden Jahr um rund 500.000 Personen abgenommen hat und seit dem Jahr 2015 Jahr für Jahr zurückgegangen ist. 2018 lag der Wanderungssaldo in etwa auf dem Stand von 2013.

Um ein Verhältnis zu den Zahlen zu bekommen, lohnt auch ein Blick in die Statistiken der UNOFlüchtlingshilfe und des Landes. Demnach lag die Zahl der Menschen, die weltweit auf der Flucht waren, Ende 2019 bei rund 79 Millionen, mehr als 1 % der Weltbevölkerung. Das zeigt, wie massiv das weltweite Problem ist.

Gleichzeitig zeigen die Statistiken, dass von diesen rund 80 Millionen Menschen rund 46 Millionen Menschen innerhalb ihres eigenen Heimatlandes geflohen sind.

Schauen wir dann weiter nach Deutschland und nach Schleswig-Holstein, sehen wir, dass hier nur ein sehr kleiner Teil der weltweiten Fluchtbewegung ankommt. In Deutschland wurden 2019 rund 147.000 Asylsuchende registriert, in SchleswigHolstein waren es 4.100, in diesem Jahr bisher 1.861.

Meine Damen und Herren, das rückt die Dimension, über die wir reden, deutlich ins Verhältnis, auch wenn die Aufnahme und Integration derjenigen, die zu uns kommen, natürlich nach wie vor gewichtige Aufgaben hier im Land sind, die einer gemeinsamen Anstrengung von Land und Kommunen sowie vielen engagierten Bürgerinnen und Bürgern bedürfen.

Die weltweite Krisensituation im Zusammenhang mit Flucht und Asyl wird uns so schnell nicht loslassen. Die Nachrichtenlage der letzten Tage und der letzten Wochen machen deutlich, wie notwendig eine gemeinsame europäische Lösung ist und

(Ministerin Monika Heinold)

wie schwer sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union damit tun.

Auch deshalb ist es gut, dass wir hier in SchleswigHolstein über die Parteigrenzen hinweg sowohl in der Küstenkoalition als auch in der Jamaika-Koalition zu unserer humanitären Verantwortung stehen.

Ich bedanke mich bei allen, die mit dazu beitragen, dass die Integration und die Aufnahme von Flüchtlingen und unsere humanitäre Verantwortung tagtäglich in diesem Land wahrgenommen werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SPD, FDP und SSW)

Begrüßen Sie gemeinsam mit mir auf der Besuchertribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtages den Flüchtlingsbeauftragten des Landes SchleswigHolstein, Stefan Schmidt.

(Beifall)

Für die AfD-Fraktion hat das Wort der Abgeordnete Jörg Nobis.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“ - So steht es in Artikel 16 a Absatz 1 unseres Grundgesetzes. Und in Absatz 2 geht es weiter: