Protokoll der Sitzung vom 28.10.2020

Zum Thema Mobilität - Kollege Voß hat es dankenswerterweise angesprochen - habe ich bereits vor einem Jahr an dieser Stelle gesagt, dass Wasserstoff schon seit den 80er-Jahren als die Antriebsart der Zukunft galt. Er wird wohl weiter die Antriebsart der Zukunft bleiben, denn für den Pkw-Markt, für den Individualverkehr ist er schlicht nicht markttauglich. Bei schweren Lkw oder Schiffen sieht das anders aus. Bei Zügen hat die Landesregierung es versucht; da gab es leider keine Anbieter - leider, denn es hätte auch mich interessiert, wie das in der Praxis ausgesehen hätte.

Das Land Schleswig-Holstein zum Vorreiter einer neuen Energieform zu machen, findet auch unsere Unterstützung.

Aber: Wasserstoff wird bis auf Weiteres ein Nischenprodukt bleiben. Das gilt leider auch für die Wärmeversorgung. Denn wie bei der Brennstoffzelle bleibt bei synthetischen Gasen gerade einmal ein Wirkungsgrad von unter 20 % übrig. Daher kann Wasserstoff auf lange Sicht keine Alternative zu fossilen Brennstoffen sein. Wir werden weiterhin sehr viel Gas und Öl brauchen, auch weil es günstiger ist. Wir müssen auch an die Preise für Strom und Wärme denken, die die Industrie zahlen muss. Die Preise an den Strombörsen sind im Moment günstig - dank Corona -, aber sie werden durch das EEG weiter verteuert. Wir fordern schon seit Jahren: Das EEG muss weg, es verzerrt den Markt und schadet unserem Industriestandort.

(Beifall Jörg Nobis [fraktionslos] und Claus Schaffer [fraktionslos])

Es muss klar sein, dass Wasserstoff hochinteressant, aber auch nicht der Heilsbringer ist. Wenn der Minister hier vollmundig ankündigt, dass er der Garant für die Versorgungssicherheit sei, ist das definitiv und garantiert falsch. Das muss man einmal ganz klar festhalten.

Die Energiewende im Land bringt einige positiven Effekte - das haben wir auch immer zugegeben -, aber sie ist nicht geeignet, ein Land wie Deutschland, das in Europa zum Glück immer noch die Industrie und Hochtechnologie vorantreibt - im Gegensatz zu unseren Nachbarn - sicher mit Energie zu versorgen. Wir müssen auf Jahre hinaus den grünen Flatterstrom, den wir haben, ausgleichen. Wir werden ihn ausgleichen müssen durch Gaskraftwerke, durch Ölkraftwerke, auch durch Kohlekraftwerke, die heute schon sehr sauber sind.

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Ende.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich freue mich auf die Beratung im Wirtschaftsausschuss.

(Beifall Jörg Nobis [fraktionslos] und Claus Schaffer [fraktionslos])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung Drucksache 19/2484 dem Umwelt- und Agrarausschuss und mitberatend dem Wirtschaftsausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 43 auf:

Entlastung von Pendlerinnen und Pendlern durch ein attraktives Jobticket

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/2505

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das

Wort für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Kay Richert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon oft gesagt worden - und zwar zu Recht -: Wir Jamaikaner tun etwas für die Mobilität der Menschen in Schleswig-Holstein. Das haben wir ihnen auch versprochen, wir als FDP im Wahlprogramm und alle Jamaikaner zusammen in unserem Koalitionsvertrag. Liebe Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner, Sie können sich darauf verlassen: Was wir versprechen, das halten wir auch!

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Lachen und Zurufe SPD)

Ich freue mich über den Enthusiasmus auf meiner linken Seite; er ist berechtigt.

(Birte Pauls [SPD]: Soll ich mal eine Liste aufzählen?)

Vor über einem Jahr haben wir bereits einem Projekt zur Geburt verholfen, das viele Menschen in unserem schönen Land weit vorangebracht hat, nämlich das landesweite Semesterticket.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Erschwinglich im Preis, beeindruckend in der Leistung, ein rundum attraktives Angebot! Leider musste die Online- und Onboard-Umfrage zur Kalibrierung coronabedingt verschoben werden; das hätte jetzt überhaupt keinen Sinn gemacht. Aber ich bin mir sicher: Das Ergebnis dieser Umfrage hätte gezeigt: Das landesweite Semesterticket ist bereits heute ein überwältigender Erfolg!

Wahrscheinlich werden Sie sich fragen: Warum ist diese Koalition so erfolgreich? Das haben Ihre lauten Äußerungen eben ja deutlich gemacht. - Ich möchte Ihnen eines unserer Geheimnisse verraten: Wir arbeiten nicht allein, wir wissen nicht alles besser als die Menschen im Land, sondern wir beziehen die betroffenen Menschen mit ein. Beim landesweiten Semesterticket waren es vor allem die Studierendenvertreter in der Landes-ASten-Konferenz auf der einen Seite und der Verbund der Verkehrsunternehmen NSH auf der anderen Seite, die miteinander verhandelt haben. Wir als Land, also die regierungstragenden Fraktionen, das Verkehrsministerium und der Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein NAH.SH, haben moderiert, beraten, unterstützt und gefördert. Schon damals hat sich ge

zeigt, wie gut wir mit den Stakeholdern, mit den direkt betroffenen Menschen, zusammenarbeiten. Warum machen wir das? - Weil wir eine Politik machen wollen, die den Menschen nützt, die ihr Leben spürbar besser macht. Das ist unser Anspruch an uns selbst, das hilft den Menschen im Land weiter, und das scheint auch so empfunden zu werden.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Art des wertschätzenden Miteinanders hört für mich als FDP-Mann übrigens nicht auf, wenn die Projekte beschlossen sind. Gerade war ich zu Gast bei den Studierendenvertretungen der Hochschule Flensburg und der Europa-Universität Flensburg. Natürlich haben wir uns auch über Verbesserungsmöglichkeiten beim landesweiten Semesterticket unterhalten. Übrigens wurde ich bei der Gelegenheit ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Arbeit der NAH.SH sehr gut war, sie wurde sehr gelobt. Dieses Lob möchte gern weitergeben: Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der NAH.SH, das habt ihr gut gemacht!

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich gebe zu, fundierte Kritik an diesem Projekt und vor allem an dem Miteinander von Studierenden, NSH, NAH.SH und den regierungstragenden Fraktionen zu üben, muss eine schwierige Aufgabe sein. Das kam und kommt für mich auch immer etwas angestrengt rüber.

Einen Kritikpunkt möchte ich trotzdem herausgreifen: Sie haben uns vorgeworfen: „Ihr unterstützt die Studentinnen und Studenten, die sind doch sowieso privilegiert. Was ist denn mit den Auszubildenden, was ist denn mit den Azubis, den Lehrlingen?“. Was haben wir geantwortet? - Wir wollen die Mobilität für alle Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner verbessern, auch für Lehrlinge, Azubis, und auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Deshalb werden wir prüfen, ob ein Jobticket für alle diese Gruppen zusammen hinzubekommen ist.

Und was haben Sie gesagt? - „Ja, ja, prüft ihr mal.“

Heute liegt das Jobticket auf dem Tisch, und wir debattieren darüber. Das ist das Zeigen von Ergebnissen.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unserer Vorstellung nach soll das Jobticket zwei Rabattstufen beinhalten: Bei einem Arbeitgeberzu

(Vizepräsidentin Kirsten Eickhoff-Weber)

schuss von 15 € wird ein Rabatt von 10 € gewährt. Wenn der Arbeitgeber 30 € zuschießt, soll der Rabatt 20 € betragen. Die Ersparnis für die Pendlerinnen und Pendler beträgt damit Monat für Monat 25 € oder sogar 50 €.

Dazu wollen wir, dass das Ticket auch am Wochenende gilt, und zwar nicht nur für den Inhaber, sondern für einen Erwachsenen und drei Kinder. Das ist, nebenbei bemerkt, auch noch ein toller Anreiz, den Modal Split zu verbessern.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen nicht nur ein Angebot, das irgendwie okay ist. Wir wollen ein Angebot, das es sowohl für die Menschen als auch für die Unternehmen attraktiv macht, dabei zu sein. Ich glaube, dass uns dies sehr gut gelungen ist.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sobald die Vertretung der Verkehrsunternehmen zugestimmt hat, steht der Einführung des Jobtickets in Schleswig-Holstein ab dem Frühling nächsten Jahres nichts mehr im Wege. Für die Menschen in diesem schönen Land ist ein weiteres Projekt umgesetzt worden, das ihr Leben einfacher und besser macht.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, für uns von der FDP war das Jobticket - genau wie das Semesterticket - ein Herzensthema. Ich bedanke mich deswegen sowohl beim Verkehrsministerium, der NAH.SH und der NSH, aber ganz ausdrücklich auch bei unseren Koalitionsfreunden von CDU und Grünen. Meine liebe Kolleginnen und Kollegen: Es macht Freude, mit euch zusammen für die Menschen in diesem Land zu arbeiten. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf: Die Maske macht was mit dir, Kay!)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Abgeordneten Kai Vogel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Ich gehe davon aus, dass für das Ministerium die öffentliche Meldung der Medien, dass ein Jobticket auf der Zielgeraden sei, ebenfalls überraschend kam. Eigentlich ist doch gerade der Verkehrsminister immer um eine wir

kungsvolle Initiierung bemüht: Schöne Bilder mit Kameras, Plakaten, Roll-Ups und was es sonst noch so gibt, wären eigentlich typisch.

Ich will nicht leugnen, dass die Einführung eines Job- und eines Azubitickets dieses wert gewesen wäre.

(Beifall Kay Richert [FDP])

Insofern war ich schon erstaunt, dass jetzt dieser Antrag der Koalition dazu gestellt wurde, weil doch vieles noch sehr vage oder in der Finalisierung ist. Sie schreiben ja selbst, dass Sie einen Appell an die Verkehrsunternehmen richten, dass diese doch bitte dem Konzept für das Jobticket zustimmen. Glauben Sie, dass irgendein Verkehrsunternehmen mit seiner Gesellschafterversammlung dem Konzept nun eher oder leichter zustimmen wird, weil wir das hier heute debattieren?

(Kay Richert [FDP]: Ja!)

Hätte ich in der Koalition was zu sagen, hätte ich trotz des Durchstichs der Medien noch gewartet, bis alles in trockenen Tüchern ist. Auch dann hätte man sich feiern lassen können. Ich wiederhole mich: An sich ist natürlich nichts gegen ein Jobticket einzuwenden, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Die stimmen bei Ihnen aber leider nicht so ganz, und da sollte wirklich mehr gehen. Bisher galt zum Beispiel für das Firmen-Abo: Es müssen mindestens zehn Personen in einer Firma ein NAH.SH-Firmen-Abo abnehmen, damit sie von diesem Angebot profitieren können. Zehn Personen ist definitiv zu hoch. Es ist ein sinnvoller Schritt, hier auf fünf Personen herunterzugehen. Auch hier kann ich nur dann von dem geplanten Jobticket profitieren, wenn auch wirklich alle fünf Beschäftigten dieses Pendlerticket haben wollen. Diese Hürde ist definitiv zu hoch. Schert einer dieser fünf aus, dann gibt es kein Jobticket.