Protokoll der Sitzung vom 29.10.2020

In kürzester Zeit mussten neue Konzepte für Online-Veranstaltungen entworfen und umgesetzt werden. Nach den Rückmeldungen, die mich erreicht haben, war das zwar nicht einfach, hat aber oft auch besser funktioniert, als man gedacht hatte, weil sich viele Beteiligte kreativ, flexibel und engagiert gezeigt haben. Mein Dank gilt deshalb all denen, die zum Gelingen des Online-Semesters beigetragen haben.

Die Hochschulen hatten es an der Stelle sehr viel einfacher als die Schulen. Allerdings kann man das in der Tat nicht miteinander vergleichen.

Und, Herr Kollege Petersdotter, aufgezeichnete Veranstaltungen waren als Student immer mein Traum, vor allem wenn die am Vormittag stattgefunden haben. Deswegen finde ich das gut. Wenn Veranstaltungen eh online stattfinden sollten, dann sollten sie auch in die Mediathek gestellt werden, damit man das nachvollziehen kann. Ich glaube, das sollte in der Tat Standard werden.

Nach dem Online-Semester folgt nun das Hybridsemester. Ich halte es für absolut richtig, dass insbesondere für die Studienanfänger eine Reihe von Präsenzveranstaltungen angeboten wird, auch wenn diese natürlich unter besonderen Schutzmaßnahmen stattfinden müssen. Die Bedingungen sind in der Tat schwer genug. Anette Röttger hat es angesprochen. Nach dem Erstsemester folgen ja auch immer die Parties. Die wären jetzt natürlich ein Problem. Aber es geht ja auch darum, dass man seine Dozenten kennenlernt, dass man seine Kommilitonen kennenlernt. Alles das muss möglich sein.

Hochschulen sind eben Orte der Begegnung, des Austauschs, der gegenseitigen Kommunikation und des Diskurses. Deshalb muss es für möglichst viele Studentinnen und Studenten eine schnelle Rückkehr in die Hörsäle geben, sofern dies verantwortbar ist.

Die Ministerin hat recht. Gerade die Studienanfänger, aber auch alle anderen, brauchen natürlich eine Perspektive, so dies möglich ist. Interessanterweise entwickeln sich die Studienzahlen in SchleswigHolstein momentan sehr positiv. Damit war nicht unbedingt zu rechnen.

Die Pandemie hat aber auch bei den Hochschulen eine strukturelle Schwäche offengelegt. Das ist auch bei den Hochschulen die digitale Ausstattung, bei der wir in Schleswig-Holstein noch sehr viel Luft nach oben hatten. Insoweit wurde in den vergangenen Monaten bereits einiges nachgeholt. Wenn wir morgen über Finanzen sprechen, werden wir mehrere Millionen zusätzlich bereitstellen, damit das Hybridsemester ein Erfolg werden kann,

(Lasse Petersdotter)

damit weiteres Material beschafft werden kann: Videokonferenzsysteme oder Leitungen, die dem Datenverkehr auch standhalten. Auch das war im Frühjahr ein Problem. Insofern, glaube ich, strahlen wir jetzt ein richtiges Signal aus.

Meine Damen und Herren, viele Studentinnen und Studenten haben zu Beginn der Pandemie ihren Nebenjob verloren und hatten damit handfeste Finanzierungsprobleme. Die Bundesregierung hat darauf leider nur sehr zögerlich reagiert. Nicht nur deshalb halte ich die Diskussion um das BAföG für sehr wichtig.

Ich will aber auch Folgendes sagen: Wir hatten in Schleswig-Holstein das Glück, dass der DEHOGABereich, also die Hotels und Gaststätten, ab Mitte Mai 2020 wieder geöffnet hatten. Dadurch hatte sich die Situation für viele Studentinnen und Studenten wieder entspannt, weil in diesem Bereich natürlich viele von ihnen in einem Nebenjob tätig sind.

Aber es gibt bereits seit Jahren Reformbedarf beim BAföG. Natürlich soll nicht jeder studieren. Wir haben in Deutschland zum Glück ein attraktives duales Ausbildungssystem, das für viele Fachkräfte der Zukunft optimal ist.

(Beifall FDP)

Darauf sollten wir stolz sein, und das sollten wir weiter stärken. Aber jeder in Deutschland, der studieren möchte und dafür die Voraussetzungen mitbringt, soll dies selbstverständlich auch tun können. Das ist der entscheidende Punkt an dieser Stelle.

(Beifall FDP)

Die entscheidende Voraussetzung soll eben nicht das Elternhaus sein, sondern die persönliche Befähigung, die jemand fürs Studium mitbringt. Das ist eine Frage der Chancengerechtigkeit, die für uns Liberale elementar ist.

Schon seit Jahren fordern wir deshalb, das BAföG grundsätzlich zu reformieren und es zu dem Instrument zu machen, als das es ursprünglich in den 70er-Jahren, als es eingeführt wurde, gedacht war. Ich finde es bedenklich und bezeichnend, dass wir erst eine Pandemie brauchen, damit das Thema im Bundesbildungsministerium in nennenswerter Form überhaupt auf die Agenda kommt. Ich habe nach wie vor nicht den Eindruck, dass dieses Thema bei Frau Karliczek zu einer Herzensangelegenheit geworden ist, ohne hier eine unnötige Schärfe in die Diskussion bringen zu wollen, Herr Kollege Koch.

(Beifall FDP)

Die Förderquoten sind mit nicht einmal jedem fünften Anspruchsberechtigten nicht nur insgesamt sehr niedrig, sondern sie sinken auch seit dem Jahr 2013 kontinuierlich und sind allein im letzten Vorcoronajahr 2019 um weitere 6,4 % gesunken. Parallel dazu haben sich die ausgezahlten Leistungen verringert. Von den zur Verfügung stehenden Mitteln sind 2019 rund 900 Millionen € oder ein Drittel der Leistungen gar nicht erst abgerufen worden.

Was ist also zu tun? - Ich denke, der wichtigste Schritt wird sein, das BAföG von der Bereitschaft der Eltern, das Studium ihrer Kinder zu finanzieren, zu entkoppeln. Eine Förderung, die darauf setzt, dass die Eltern dem Studienwunsch der erwachsenen Töchter und Söhne schon irgendwie nachkommen werden, ist zwar vom Grundgedanken her nachvollziehbar, scheitert aber oft an der Realität in den Familien. Das geht nicht nur zulasten der Betroffenen, sondern ist im Zweifel auch nicht gut für unsere Gesellschaft, wenn vorhandene Talente bei uns nicht gefördert werden.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Dr. Ralf Stegner [SPD])

Ich freue mich ehrlich gesagt über die Einigkeit zumindest in diesem Hohen Hause. Das reicht zwar noch nicht aus, ist aber schon wichtig; denn zurzeit werden dadurch gerade für diejenigen, die aus einem Nichtakademikerhaushalt kommen, unnötige Hürden aufgebaut, ein Studium zu beginnen oder auch fortzusetzen. Auch das ist ein Punkt. Viele brechen ihr Studium ab, weil sie Finanzierungsprobleme haben.

Durch das elternunabhängige BAföG würden die bürokratischen Hürden erheblich gesenkt und jeder wüsste, bevor er sich für oder womöglich gegen ein Studium entscheidet, dass die Finanzierung nicht der entscheidende Hinderungsgrund sein wird.

Lasse Petersdotter hat es angesprochen, gerade in den Hochschulstädten haben wir in den letzten Jahren massiv gestiegene Mieten, und die BAföG-Sätze sind leider nicht entsprechend mitgewachsen. Deswegen ist das System aus der Zeit gefallen und muss grundlegend reformiert werden.

Meine Damen und Herren, Herkunft und Familiensituation dürfen bei einem Studium nicht der ausschlaggebende Faktor für eine Förderung sein. Das sollte unser gemeinsames Ziel sein, und das scheint es ja offenbar nach den Reden und den Anträgen zu sein. Natürlich sind die Union und die SPD auch auf Bundesebene gefordert, das voranzubringen. Dass es im Bundesrat bisher keine Mehrheit findet, finde ich sehr bedauerlich. Ich verstehe ehrlich ge

(Christopher Vogt)

sagt auch nicht, dass nicht einmal unter den Ländern diesbezüglich Einigkeit herrscht.

Ich finde eine Anhörung im Ausschuss sinnvoll, um mit den Studierenden ins Gespräch zu kommen. Vielleicht gibt es auch noch andere Möglichkeiten, die wir anstoßen sollten. Insofern bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit und die Einigkeit. Ich denke, das wird ein guter Weg werden. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Ich stelle zunächst fest, dass der Berichtsantrag zu a), Drucksache 19/2487, durch die Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat.

Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/2489 sowie den Alternativantrag Drucksache 19/2529 dem Wirtschaftsausschuss und mitberatend dem Finanzausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Soll es auch in den Bildungsausschuss überwiesen werden?

Frau Präsidentin, ich glaube es macht Sinn, dass die Anträge von der SPD und von der Koalition in den Bildungsausschuss gehen. Ich denke, da sind sie am besten aufgehoben. Die anderen Ausschüsse können sich damit befassen, aber vielleicht auf eigene Initiative.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Martin Habersaat [SPD])

Dann wiederhole ich die Abstimmung. Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/2489 sowie den Alternativantrag Drucksache 19/2529 an den Bildungsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 38 auf:

Sorgen der Landwirtschaft ernst nehmen - Wildgänse in Schleswig-Holstein auf erträglichen Bestand reduzieren

Antrag des Abgeordneten Volker Schnurrbusch (fraktionslos) Drucksache 19/2493

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Bevor ich die Aussprache eröffne, möchte ich Sie erneut darum bitten, ruhiger zu sein, damit dem Redner zugehört werden kann.

Das Wort hat jetzt der fraktionslose Abgeordnete Volker Schnurrbusch.

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei der diesjährigen Erntepressekonferenz berichtete der Präsident des Bauernverbandes Werner Schwarz über weitgehend erfreuliche Zahlen zur Landwirtschaft. Weniger erfreulich war seine Einschätzung zu den Ernteschäden, die durch Wildgänse verursacht wurden. Er sagte, und ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidiums:

„Benennen muss man auch die Ertragseinbußen von bis zu 80 % durch den Gänsefraß, vor allem an der Westküste. Hier wird … Naturschutzpolitik auf Kosten Einzelner betrieben!“

Es ist wirklich ein Problem, denn Gänse nutzen weite Flächen zur Rast und richten dabei massive Schäden auf Wiesen und Gewässern an.

Als wir im Ausschuss auf unseren Antrag hin das Thema berieten, hieß es seitens des Ministeriums ich darf noch einmal zitieren -: Die Vogelschutzrichtlinie passt sich nicht an den Bestand an.

Und weiter hieß es: Der Schutzstatus der Weißwangengans passt nicht mehr zum Populationsstatus. Eine Anpassung sei jedoch ein schwieriges Verfahren auf EU-Ebene.

Ich habe mich gefragt, ob das im Klartext für die geschädigten Landwirte hieße: Solange es in der EU schwierig ist, etwas zu ändern, ändert sich gar nichts? Das wäre doch für die Betroffenen wirklich übel. Denn die von Wildgänsen aller Art verursachten Schäden haben sich in den letzten Jahren zu einem großen Problem für unsere Landwirte entwickelt.

Wenn die Gänse ihre bevorzugten Flächen besetzen, werden diese für die Landwirte nutzlos. Der erste Schnitt Grünfutter wird weggefressen, die Fläche wird verkotet und somit unbrauchbar für die Weidetiere. Dieses Jahr sind besonders Föhr, Amrum, aber auch Fehmarn betroffen.

(Christopher Vogt)

Das Nichthandeln der Landesregierung macht die Landwirte zurecht wütend. Seit Jahren machen Bauernverband und neuerdings auch die Bewegung „Land schafft Verbindung“ sowie betroffene Landwirte aus der Region auf die Problematik aufmerksam. Leider bisher immer noch ohne greifbares Ergebnis. - Jetzt muss ich meine Rede kürzen.

Wir haben diesen Antrag auch auf den Weg gebracht, weil wir dringend verlässliche Daten brauchen. Die Daten, die ich durch meine Kleine Anfrage bekommen habe, weichen doch recht deutlich von den Angaben betroffener Landwirte ab. Diese berichten zum Beispiel von rund 50.000 Nonnengänsen auf 400 ha Nutzfläche allein in Westerhever. Für den etwa gleichen Zeitraum spricht die Landesregierung von nur 680 Brutpaaren. Da klafft eine deutliche Lücke, die nur zum Teil mit dem Unterschied der durchziehenden beziehungsweise brütenden Gänse erklärt werden kann.

Wir können das Problem, das auch von der Regierung erkannt wurde und das der Minister verfolgt das muss ich ja mal zugeben - nur durch eine Bestandsregulierung lösen. Bauernstand und Jägerschaft sind sich darin einig und warten nur auf die Erweiterung der Möglichkeiten, um das Problem der gefräßigen Gänse zu lösen. Der Kreistag Nordfriesland hat vor Kurzem eine entsprechende Resolution mit sehr konstruktiven Lösungen verabschiedet. Damit sollten wir uns vielleicht einmal befassen.