Meine Damen und Herren, wenn die Behauptung des Abgeordneten Schaffer stimmen sollte, dass diese - aus meiner Sicht wegen der Unbestimmtheit und Uferlosigkeit des Tatbestandsmerkmals „tätlicher Angriff“ schon damals überzogene Verschärfung - nichts gebracht hat, bestätigt dies nur eine gesicherte kriminologische Erkenntnis: Strafverschärfungen haben - gerade bei affektgesteuerten
Ein Blick auf die Kriminalitätszahlen in den USA und die dort gegebenen Strafandrohungen bis hin zur Todesstrafe macht das ganz offenkundig deutlich.
Ich erinnere an die Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses vom 19. Juni 2019. In ihr wurde über die „Ursachenanalyse Gewalt gegen Polizeibeamte“ des LKA in Kiel berichtet. Herr Riesner von der kriminologischen Forschungsstelle des LKA bestätigte ausdrücklich, dass eine Nachweisbarkeit der generalpräventiven Wirkung von Strafverschärfung kriminologisch kaum möglich sei. Sie waren dabei, Herr Schaffer. Ihre Forderung im vorliegenden Antrag ist daher ein ebenso untauglicher wie intellektuell armseliger Versuch, politische Schneidigkeit vorzugaukeln. Wir lehnen den Antrag ab.
Wir haben dagegen bereits 2017 in unserem Koalitionsvertrag vereinbart, eine Respektkampagne für Schleswig-Holsteins Polizei zu starten. Da setzt unser Alternativantrag an und stellt die geplante Kampagne auf ein breit angelegtes Fundament: Prävention, Ursachenerforschung, Hilfe und Unterstützung für die betroffenen Vollzugskräfte, Aufklärungskampagnen in Schulen, Sportvereinen, Jugendvereinen und Jugendverbänden, Stärkung der Kommunikationskompetenz bei den Vollzugskräften. All das macht Sinn - im Gegensatz zu Ihrem Antrag.
Meine Damen und Herren von der Gruppe, ein Wort noch zur Begründung Ihres Antrags. Sie spannen darin einen Bogen von den Black-Lives-MatterDemos hin zur Gewalt gegen Polizeivollzugskräfte. Das ist unerträgliche Hetze.
Sie kriminalisieren damit engagierte Menschen, die auf Rassismus auch in unserer bundesrepublikanischen Gesellschaft aufmerksam machen und bei ihrer Betrachtung auch Träger des staatlichen Gewaltmonopols nicht aussparen wollen. Das ist selbstverständlich ein völlig legitimes Anliegen.
Zahlreiche Menschen haben in Deutschland friedlich für die Anliegen der Black-Lives-Matter-Bewegung demonstriert. Seien Sie versichert: Wir werden in der nächsten Tagung den Punkt zu einer vor
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute wollen wir eine auf SchleswigHolstein zugeschnittene Respektkampagne für Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste auf den Weg bringen. Sie haben unser aller Respekt für ihren täglichen Einsatz verdient.
Aber worüber reden wir? Ich habe mich kurz hingesetzt und runtergeschrieben, was ich selbst erlebt habe, wobei ich Zeuge war oder was mich aufregte.
Wir reden über A.C.A.B.; das kennen Sie vielleicht: All Cops are Bastards. Wir reden über Bullenklatschen, womit sich die Szene abfeiert, große Stahlkugeln, die auf Verkehrskräfte mit Schulterdurchschuss abgefeuert werden, das Werfen von Kot und Urin auf Polizeikräfte, widerliche Spuckattacken auf Polizeibeamte mit dem Hinweis: „Übrigens, ich habe AIDS“.
Wir reden also über alltägliche Beschimpfungen und Widerstandshandlungen, die einen Mangel an Respekt belegen. Und wir reden über - ich zitiere -: „Na, Bullenschlampe, willst du mal einen richtigen Mann haben? Ach nein, du bist viel zu hässlich“, oder: „Habt ihr nichts Besseres zu tun?“, und: „Wenn man euch braucht, seid ihr nicht da“.
Wir reden über den berühmten Müllartikel. Und wenn sich die Autorin durch den Shitstorm bedroht fühlt, ist es genau diese Polizei, die sie in ihrem Artikel angegriffen hat, die sie beschützt.
Wir reden über Gaffer an der Unfallstelle oder das Wenden in der Rettungsgasse, aufgebrachte Menschenmengen, die Rettungseinsätze unmöglich machen, über die tägliche zermürbende Erfahrung, dass gute Ermittlungsarbeit nicht zur Anklage führt.
Wir reden über Stuttgart, wo aus dem Nichts eine Randale entsteht. Das sind nur wenige Beispiele aus dem Blaulichtalltag.
Nun kann man sagen: It’s part of the job. - Ja, das gehört leider zur Realität. Aber das heißt noch lange nicht, dass man das akzeptieren muss.
Nein, wir wollen und dürfen dies nicht akzeptieren. Wir haben das Problem erkannt und im Koalitionsvertrag festgeschrieben, denn dieses Problem zu lösen, ist unser aller Ziel, und ich glaube, Sie nehmen es mir ab, dass dies eine Herzensangelegenheit von mir ist.
Wie können wir dieses Ziel also erreichen? Eine einfach Strafmaßerhöhung, wie uns der Antrag von Herrn Schaffer suggerieren will, ist nicht zielführend. Burkhard Peters hat das ausführlich begründet. Ein Augenmerk muss aber vor allem auf der Präventionsarbeit liegen. Wir wollen dieses Thema zielgerichtet in die Öffentlichkeit holen, öffentlich diskutieren und die Diskussion am Leben erhalten.
Jamaika setzt das Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag konsequent um. Wir wollen wissen und untersuchen lassen, wie, warum und wo diese Entwicklungen geschehen. Der richtige Weg sind unabhängige Studien und Untersuchungen, auf deren Grundlage eine sachliche und faktenbasierte Diskussion ermöglicht wird. Wir halten daher die jüngsten Initiativen der Landesregierung und aus der Landespolizei selbst heraus für richtig.
Ja, der letzte Satz. - Wir werden diese Initiativen unterstützen. Bitte stimmen Sie unserem Antrag zu und lehnen Sie Herrn Schaffers Antrag ab. - Vielen Dank.
Das Wort für die Landesregierung hat die Ministerin für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung, Dr. Sabine Sütterlin-Waack.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Im vergangen Jahr gab es im Schnitt jeden Tag mindestens drei Beleidigungen, Widerstandshandlungen oder tätliche Angriffe gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte. Insgesamt waren das also 1.254 Taten. Dabei haben die Täterinnen und Täter 377 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte verletzt, neun davon sogar schwer verletzt. Das sind die nackten Zahlen, meine Damen und Herren.
Hinter jeder dieser Zahlen steht ein Mensch - ein Mensch wie Sie und ich, der Familie hat und der in der Freizeit - normalerweise - zum Beispiel gern zum Handball geht oder ins Theater, ein Mensch, der in seinem Job aber bespuckt, beschimpft, geschlagen und getreten wird, wir haben es eben gehört, weil er eine Uniform trägt. Ich finde das unerträglich.
Mich erschüttert immer wieder, wie gleichgültig zum Teil schwerste Verletzungen in Kauf genommen werden. Im Gespräch berichten mir nicht nur Polizistinnen und Polizisten, dass der Respekt gegenüber den Einsatzkräften in den letzten Jahren immer weiter gesunken ist. Auch Feuerwehrkameradinnen und -kameraden, die Menschen retten und Brände löschen, berichten mir von wüsten Beschimpfungen und Beleidigungen.
Das ist eine besorgniserregende Entwicklung. Es liegt an uns, hier gemeinsam mit einem Bündel an Maßnahmen gegenzusteuern - einerseits mit guter Schutzausstattung für unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, andererseits gehört natürlich dazu, Gewalt gegen alle Einsatzkräfte konsequent zu ahnden, und seien Sie gewiss, das tun wir auch.
Damit es aber gar nicht erst zu Gewalt gegen Einsatzkräfte kommt, investieren wir auch viel in unsere Präventionsarbeit. Aus einer Arbeitsgruppe des Landespräventionsrates resultierten im Sommer 2019 zum Beispiel ein Film und eine Kampagne unter dem Motto „Respekt? Ehrensache!“ Über die Presse und über YouTube haben wir den Film verbreitet. Gleichzeitig lief der Film einige Wochen landesweit im Vorspann von Kino-Blockbustern. Bis heute hat der Film auf YouTube über 13.000 Klicks. Über den Kinospot haben wir weitere 100.000 Personen erreicht. Ich freue mich, wenn wir gemeinsam an diese Kampagne anknüpfen können.
Ich bin davon überzeugt, mit guter Präventionsarbeit können wir den gesellschaftlichen Trend umkehren und wieder mehr gegenseitigen Respekt und Wertschätzung erreichen. - Vielen Dank.
Ich lasse zunächst über den Antrag des fraktionslosen Abgeordneten Claus Schaffer, Drucksache 19/2494, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten Schaffer, Nobis und Schnurrbusch, der Abgeordnete Dr. Brodehl und die Abgeordnete von Sayn-Wittgenstein. Wer stimmt dagegen? - Das sind alle anderen Abgeordneten. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Ich lasse dann über den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/2528, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist einstimmig so beschlossen.