Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben schon viel über Zahlen und Strukturen gesprochen; ich möchte jetzt ein bisschen über die Menschen sprechen. - Die Zeit der Ausbildung ist ohne Zweifel einer der wichtigsten Abschnitte auf dem Weg ins Erwachsenenleben. Oft ist es ja das erste Mal, dass die Jungen und Mädchen das Elternhaus dauerhaft verlassen, ohne elterliche Hilfe in einer bis dahin vollkommen unbekannten Umgebung Fuß fassen und mit vollkommen unbekannten Menschen klarkommen müssen. Da ist es nur natürlich, wenn man unsicher ist und sensibel auf Störungen reagiert.
Corona ist so eine Störung. Wenn der Ausbildungsbetrieb in Schwierigkeiten gerät und das Ausbildungsverhältnis nicht weitergeführt werden kann, dann ist das für die Auszubildenden eine Katastrophe. Damit diese jungen Menschen aufgefangen werden und es nicht zu einem Bruch in der Erwerbsbiografie kommt, ist es wichtig, eine Perspektive zu bieten und die Fortführung dieser Lehre zu ermöglichen. Das kann dadurch geschehen, dass der eigene Betrieb unterstützt wird. Wenn das nicht
Damit Auszubildende nicht alleingelassen werden, gibt es das Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“, das durch unser Landesprogramm zur Förderung der dualen Ausbildung ergänzt wird. Es ist uns wirklich ein wichtiges Anliegen, dass Corona nicht zu einem beruflichen Misserfolg bei jungen Menschen führt.
Die Zahlen deuten allerdings darauf hin, dass nicht nur die Coronapandemie schuld daran ist, wenn junge Menschen den Einstieg in das Berufsleben nicht ohne Weiteres schaffen. Knapp 2.000 unversorgten Bewerberinnen und Bewerbern auf der einen Seite stehen knapp 2.000 offene Stellen auf der anderen Seite gegenüber. Dieses Missverhältnis, in Prozenten gesehen, gibt es schon seit Jahren.
Angesichts dieser Zahlen stellt sich also die Frage, weshalb Bewerber und Ausbildungsbetriebe in einigen Berufszweigen nicht zueinanderfinden. Das kann räumliche oder Qualifikationsgründe haben. Oft fehlt auch nur die nötige Orientierung, zum Beispiel über die beruflichen Möglichkeiten, die es auf dem Markt überhaupt gibt, und darüber, wie der jeweilige Berufsalltag aussieht.
Wenn wir also wollen, dass sich Jugendliche für einen Ausbildungsberuf entscheiden, der weniger nachgefragt ist, dann muss möglichst frühzeitig in den allgemeinbildenden Schulen über das Jobprofil sowie über Weiterbildungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen informiert werden.
Außerdem müssen wir gemeinsam mit den Arbeitgebern Maßnahmen ergreifen, um Berufe von Vorurteilen oder einem möglicherweise negativen Image zu befreien.
Eine ganz wichtige Rolle dabei spielen natürlich die Lehrkräfte, die über ihre Rolle als Fachausbilder hinaus auch Bezugspersonen für die jungen Menschen sind und eine Vorbildfunktion haben. Für diese Aufgabe sollten die Lehrerinnen und Lehrer natürlich auch selbst über eine gewisse Orientierung am Ausbildungsmarkt verfügen. Dafür ist es wichtig, dass wir Schule und Wirtschaft frühzeitig in Kontakt bringen und zum Beispiel auch Unternehmer und Handwerker zum Vorstellen ihrer Berufe in die Schulen kommen lassen.
Das ist übrigens eine Auffassung, die in vielen Ausbildungsbetrieben und Ausbildungsstätten des Handwerks, in denen ich mich des Öfteren tumme
le, ausdrücklich unterstützt wird. Dort wird das gefordert. Man sagt: Wir würden gern auch mehr Lehrkräfte bei uns begrüßen, um ihnen zu zeigen, was für tolle Berufe wir haben. Damit könnten wir die Lehrkräfte als gute Multiplikatoren nutzen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die jungen Auszubildenden von heute sind die Fachkräfte von morgen. Das hört sich wie eine Binsenweisheit an, ist aber Realität. Die duale Ausbildung ist das zentrale Instrument, um ihnen eine erfolgreiche Zukunft zu erschließen.
Nicht nur wir als regierungstragende Fraktionen und nicht nur die Landesregierung wollen den Erfolg dieser jungen Menschen. Arbeitgeber, Unternehmensverbände und Kammern unterstützen uns bei unseren Anstrengungen, das Beste für die Auszubildenden, die Lehrlinge und Stifte herauszuholen. Die Zukunft unseres Nachwuchses ist natürlich die Zukunft unserer Gesellschaft. Dieser Gemeinschaftsaufgabe stellen wir uns dementsprechend gemeinsam.
Ob Corona oder nicht: Der Schritt in das Erwachsenenleben, in den Beruf ist ein sehr wichtiger Schritt für die junge Generation. Wir wollen Störungen von ihnen fernhalten, sodass sie sich auf ihre Ausbildung konzentrieren, sich in der neuen Umgebung mit neuen Menschen zurechtfinden und mit Erfolg in ihr Berufsleben starten können. Dafür strengen wir uns an.
Liebe junge Leute, das Feld der Ausbildungsberufe ist groß und bunt. Es gibt so viele Berufe, dass für jeden und jede etwas dabei ist. Eine Lehre ist ein großer Schritt hin zu einem erfüllten und erfolgreichen Berufsleben. Es ist kein Beinbruch, wenn jemand noch keine Stelle hat. Legen Sie los! Zögern Sie nicht! Starten Sie jetzt! Sie sind unsere Zukunft. Sie sind wichtig für uns. Wir brauchen Sie. Bitte starten Sie! -Vielen Dank.
den Wirtschafts- und Arbeitsminister für den Bericht. - Es ist wenig überraschend, dass die Coronapandemie auch spürbare Auswirkungen auf den Ausbildungsmarkt hat. Bei den neu eingetragenen Ausbildungsverhältnissen haben die Industrie- und Handelskammern zwischenzeitlich ein Minus von 22 % gemeldet. Das ist ein enormer Rückgang. Auch wenn sich die Lage aktuell ein wenig entspannt, stehen wir sowohl bei den Bewerberzahlen wie bei den Ausbildungsstellen weiterhin deutlich schlechter da als im Vorjahr. Diese Fakten sollten wir trotz des Optimismus, der hier versprüht wird, im Hinterkopf behalten.
Mir ist absolut bewusst, dass viele Branchen und Betriebe im Land noch immer im Ausnahmezustand sind. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer stehen unter enormem Druck. Die entsprechenden Hilfen und Gegenmaßnahmen haben wir hier also aus guten Gründen immer wieder diskutiert. Und doch ist die Frage der Ausbildungssituation für mich besonders sensibel; denn hier stehen neben der Erwerbsbiografie und dem beruflichen Werdegang oft auch ganz konkrete Zukunftschancen auf dem Spiel. Wenn die Zahl der jungen Menschen, die keinen Ausbildungsplatz finden, im Vergleich zum Vorjahr um 388 gestiegen ist, sind das keine Peanuts, sondern viel zu viele Einzelschicksale.
Auch mir macht es Hoffnung, wenn ich in diesem Zusammenhang von „Nachholeffekten“ oder „Aufholphasen“ lese. Doch es lässt sich kaum leugnen, dass die Coronapandemie auch die berufliche Bildung vor große Herausforderungen stellt. Wenn Veranstaltungen und Messen zur Berufsorientierung oder persönliche Bewerbungsgespräche nicht stattfinden können, ist das nun einmal ein handfestes Problem. Gleiches gilt für ausgefallene Praktika oder Berufsberater, die nicht in die Schulen gehen können. Es bleibt zu hoffen, dass diese Dinge bald wieder normal laufen.
Aber aus der Sicht des SSW sind auch ohne zweiten Lockdown alternative Lösungen gefragt, wenn es darum geht, Absolventen und Unternehmen zusammenzuführen. Hier sind nicht nur Kammern, Unternehmensverbände und Bildungsministerium, sondern vor allem auch das SHIBB in der Pflicht. Die Pandemie mag es überlagern; aber eigentlich ist der Fachkräftemangel das drängendste Problem. Schon im März lag die bundesweite Zahl der Ausbildungsplätze deutlich unter der des Vorjahres. Als Gründe nennt die Bundesagentur die damals schon schwächelnde Konjunktur und die Tatsache, dass manche Unternehmen nach ergebnisloser Suche enttäuscht aufgeben. Das ist umso bedauerlicher,
als es im ureigenen Interesse der Betriebe liegt, möglichst viele Menschen auszubilden. Viele - allen voran kleine - Betriebe tun ja zum Glück genau das, obwohl die Bedingungen nicht gerade einfach sind. Davor habe ich persönlich großen Respekt.
Andere müssen wir aber vielleicht noch ein weiteres Mal dazu ermutigen auszubilden. Denn alle werden nach der Krise schnell wieder Fachkräfte brauchen. Da sollten wir uns solche Situationen, wie wir sie ganz aktuell aus Lübeck hören, nicht erlauben. Da schlafen Bootsbauauszubildende in Zelten und in ihren Autos, weil sie sich von ihrem schmalen Ausbildungslohn die Unterkunft vor Ort nicht leisten können. Da brauche ich jetzt hoffentlich gar nicht lange auf Hygienezustände, fehlende Wärme und Lernmöglichkeiten hinzuweisen. Das geht so gar nicht!
Da sehe ich das Ministerium in der Pflicht, auf dem schnellstmöglichen Wege zu reagieren und eine Lösung zu finden.
Doch nicht nur die Arbeitgeber müssen sich ihrer Verantwortung dieser Zeit bewusst sein. Wir müssen auch junge Menschen, die am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn stehen, darin bestärken, neue Wege zu gehen, offen zu sein für einen Umzug oder eine Ausbildung, die nicht ihre erste Wahl ist. Die Arbeitsverwaltung darf nicht nachlassen und muss weiter alles tun, um Absolventinnen und Absolventen in Ausbildung zu vermitteln, wenn nötig auch bis in die Wintermonate hinein. Wenn hier alle an einem Strang ziehen, bin ich hoffnungsvoll, dass wir vielleicht wirklich mit einem blauen Auge davonkommen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister, vielen Dank für Ihren Bericht. Ein langfristiger Vergleich über die Ausbildungszahlen in ganz Deutschland zeigt, dass das ganze Ausbildungswesen, dass die Zahlen komplett erodiert sind. Wir haben einen Negativtrend zu verzeichnen.
Entschuldigung, die Zeit stimmt so nicht. Ich hatte die Rede angemeldet, es müssten 4 Minuten sein. Alles gut!
Das liegt zum einen an der demografischen Entwicklung, aber auch an einem scheinbar widersprüchlichen Phänomen: Einerseits gibt es seit Jahren mehr Bewerber als Lehrstellen, und andererseits gibt es in manchen Bereichen mehr Lehrstellen, als besetzt werden können. Angebot und Nachfrage finden in vielen Bereichen des Marktes nicht mehr zusammen. Ein Grund ist die unterschiedliche regionale Verteilung von Schulabgängern und Lehrstellen. Ein weiterer Grund ist, dass die Ausbildungswünsche der Schulabgänger oft nicht zu den angebotenen Lehrstellen passen. Das ist das berühmte Passungsproblem - wir hörten es eben -, das inzwischen zu einem echten Verhinderungsfaktor geworden ist.
Darüber hinaus entsprechen Bewerber auch oft nicht den Vorstellungen der Arbeitgeber. Überhaupt einen geeigneten Auszubildenden zu finden, stellt häufig große Anforderungen an die Unternehmen, heißt es in einer Umfrage des Deutschen Industrieund Handelskammertages. Für leistungsstarke Jugendliche sind überzeugende Argumente für eine betriebliche Ausbildung ausschlaggebend. Leistungsschwächere Jugendliche wiederum benötigen eine besondere Förderung, um Prüfungen überhaupt bestehen zu können. Bei der Ausbildungsreife - insbesondere bei Mathematik- und Deutschkenntnissen - sahen 2019 nahezu 90 % der Betriebe in Deutschland - ganz Deutschland, wohlgemerkt, nicht Schleswig-Holstein - Mängel bei den Auszubildenden.
Besonders große Probleme, Lehrstellen zu besetzen, bestehen seit jeher in der Baubranche sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe, wo in der Folge von Corona und Lockdown auch das Lehrstellenangebot deutlich verringert wurde.
Nach wie vor lauten daher die wichtigen Fragen: Wie wirken wir diesem Trend entgegen, der sich jetzt seit zehn Jahren fortsetzt? Wie stärken wir die Nachfrage in denjenigen Branchen, bei denen regelmäßig zahlreiche Ausbildungsplätze nicht besetzt werden können? Denn oft sind es Ausbildungsberufe, in denen die Vergütungen im Bundesdurchschnitt sogar deutlich gestiegen sind, zum Beispiel im Bereich des klassischen Handwerks. Gerade die guten Verdienstmöglichkeiten in einem soliden Beruf können gar nicht oft genug hervorgehoben werden.
Der Negativtrend bei der Zahl der Auszubildenden wird jetzt in Zeiten von Corona und Lockdown weiter zunehmen. Daher ist es notwendig, dass die Akzeptanz klassischer Ausbildungsberufe besonders im Handwerk weiter gesteigert werden muss. Diese für den Mittelstand besonders wichtigen Berufe verdienen dauerhafte Perspektiven - Motto: Meister statt Master.
In den vergangenen Jahren wurden bereits zahlreiche Initiativen gestartet, zum Beispiel im Rahmen der assistierten Ausbildung. Dabei soll solchen Bewerbern der Zugang zu einer Ausbildung erleichtert werden, die bislang aufgrund ihrer Voraussetzungen nur geringe Chancen haben. Das Landesförderprogramm ist auch ein richtiger Schritt. Wichtig ist auch die Förderung der Berufsorientierung schon während der Schulzeit, und zwar an allen weiterführenden Schulen einschließlich der Gymnasien.
Maßnahmen wie diese müssen ergänzt und kontinuierlich fortgeführt werden, denn wir brauchen eine grundsätzliche Stärkung der Ausbildung und gute Auszubildende für unseren Mittelstand, auch und gerade in Zeiten wie diesen.
Der Minister wies gerade darauf hin: Der Fachkräftemangel wird uns leider auch nach der aktuellen Krise erhalten bleiben, denn auch wenn wir leider im nächsten Frühjahr mit steigenden Arbeitslosenzahlen rechnen müssen, können wir nicht davon ausgehen, dass die betroffenen Arbeitnehmer in den Betrieben der Medizintechnik oder im Fahrzeugbau oder in spezialisierten Hightech-Betrieben unterkommen. Das heißt, es ist weiterhin wichtig, die Ausbildung attraktiv zu gestalten und dafür zu werben; denn das ist die Zukunft unserer Wirtschaft, und davon haben wir in Schleswig-Holstein immer noch viel zu wenig. - Vielen Dank.
Ich stelle fest, dass der Berichtsantrag, Drucksache 19/2431, durch die Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat.