Protokoll der Sitzung vom 19.05.2010

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Herr Fraktionsvorsitzender, lassen Sie eine Frage des Herrn Ministerpräsidenten zu?

Ja, bitte.

Herr Fraktionsvorsitzender, sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass während der Tätigkeit des Herrn Brender als Chefredakteur die Reichweite und die Einschaltquoten für das ZDF, insbesondere im Bereich der Nachrichtensendungen, insbesondere im Bereich der politischen Sendungen, deutlich zurückgegangen sind?

(Lachen bei der LINKEN.)

Wir sehen bedauerlicherweise überall beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk diese Entwicklung. Diese Feststellung trifft nicht nur isoliert auf das ZDF zu, sondern auch auf viele andere Anstalten. Aber Sie kommen ja auch nicht auf die Idee, wegen rückläufiger Einschaltquoten beim Aktuellen Bericht die Kompetenz von Fritz Raff infrage zu stellen. Was ist denn das für ein Scheinargument, das Sie hier zur Sprache bringen! Das ist nur noch peinlich.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Meine Damen und Herren, der Kollege Commerçon hat darauf hingewiesen, dass man nicht zu jeder Gelegenheit das Bundesverfassungsgericht anrufen sollte. Deshalb gab es auch den Versuch einer politischen Einigung mit dem Ziel, künftig zu verhindern, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, der

öffentlich-rechtliche Rundfunk, ARD-Anstalten oder das ZDF, seien der Willkür der Politik ausgeliefert. Schon der Eindruck, dass dies möglich sein könnte, darf nicht entstehen. Das war das Ziel dessen, was Kurt Beck versucht hat. Es ist leider nicht gelungen. Deshalb hat Kurt Beck angekündigt, in einem Normenkontrollverfahren das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Dazu hat sich allerdings nicht nur Kurt Beck entschieden, auch die Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat das getan. Es kann also nicht die Rede davon sein, man sei voreilig und schnell zum Bundesverfassungsgericht gelaufen, was ja die Politik schon allzu oft getan hat.

Betrachten wir uns nun die Argumentation, die von den GRÜNEN hier vorgebracht wurde. Es ist schon ein bisschen traurig, dass hier gesagt wird, die Bundestagsfraktion der GRÜNEN habe ja einen eigenen Antrag, der noch weiter gehe als das, was wir mit unserem Antrag und was Kurt Beck mit dem von ihm initiierten Verfahren auf den Weg bringen möchten, und deshalb könnten die GRÜNEN hier nicht zustimmen. Wären Sie auch nur ansatzweise informiert, wüssten Sie, dass die Bundestagsfraktionen Ihrer Partei und unserer Partei zurzeit in Gesprächen darüber sind, ob der Antrag der GRÜNEN unterstützt werden kann. Den Antrag der GRÜNEN im Bundestag nun hier als Argument zu nutzen, um ja nicht unserem Antrag zustimmen zu müssen, ist klein. Das ist wirklich ganz klein, Frau Kollegin. Aber das ist ja nicht das erste Mal, dass wir Derartiges erleben.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Es wird auch formal argumentiert, die Landesregierung könne sich einer Klage, die es noch gar nicht gebe, schlicht auch nicht anschließen. Das ist richtig. Formal gibt es sie noch nicht. Sie wird vorbereitet.

(Zurufe des Abgeordneten Schmitt (CDU).)

Diese Vorbereitung ist nicht einfach.

(Abg. Schmitt (CDU) : Warum treten Sie denn dem Antrag der GRÜNEN nicht einfach bei?)

Wir sollen also dem Antrag der GRÜNEN beitreten, die GRÜNEN aber können unserem Antrag nicht beitreten, und das, obwohl die GRÜNEN doch eigentlich mehr wollen als wir? Man muss zugeben, dass das ein bisschen kompliziert ist.

(Weiterer Zuruf des Abgeordneten Schmitt (CDU).)

Herr Schmitt, es ist nicht einfach, ein Normenkontrollverfahren so auf den Weg zu bringen, dass auch ausreichend Aussicht auf Erfolg besteht. Die Grundsatzentscheidung aber, die davon ausgeht, dass das Eintreten eines Schadens, wie er nun entstanden ist, künftig vermieden werden soll, wird wohl von allen unterstützt. Das ist bei der FDP und bei den GRÜ

(Abg. Maas (SPD) )

NEN angeklungen, teilweise auch in den Beiträgen der Unionsfraktion. Deshalb verstehe ich Ihr formales Argument nicht. Sie drücken sich vor einer Entscheidung. Vielleicht wollen Sie es gar nicht. Anscheinend möchten Sie, dass das, was mit Koch & Co. in der Vergangenheit bei Brender möglich gewesen ist, auch in Zukunft möglich sein soll. Wir wollen das eben nicht, und das unterscheidet uns fundamental.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, ich kann nur noch einmal darauf hinweisen, dass Schaden angerichtet worden ist. Es geht nun darum, darauf hinzuwirken, dass in Zukunft nicht noch einmal ein solcher Schaden angerichtet werden kann. Dafür muss man strukturell etwas verändern, denn das Vertrauen in die handelnden Personen und auch in die Strukturen, denen sie vorstehen, ist nicht mehr gegeben. Wir sind der Auffassung, dass man das über ein Normenkontrollverfahren klären sollte. Vor diesem Hintergrund kann ich nur noch einmal an die Fraktionen in diesem Hause, die das für in der Sache richtig halten, deren Parteien das im Bundestag befürworten und dort möglicherweise sogar noch weiter gehende Intentionen verfolgen, appellieren, sich dem Antrag der SPD anzuschließen. Wir sollten gemeinsam darauf hinwirken, dass ein Themengebiet wie das Rundfunkrecht, das ja auch Ländersache ist, von diesem Parlament so wahrgenommen wird, wie es die Funktion und die Verantwortung des Parlamentes gebieten. Alles andere bedeutete nichts anderes als eine Flucht aus der Verantwortung. Das wäre bitter.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender. Das Wort hat nun die Abgeordnete Willger-Lambert von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Anders als Kurt Beck hat die Bundestagsfraktion der GRÜNEN einen Normenkontrollantrag vorgelegt. Herr Fraktionsvorsitzender Heiko Maas, da Sie ja für sich in Anspruch nehmen, wesentlich besser informiert zu sein als ich, kann ich wohl davon ausgehen, dass Sie diese Normenkontrollklage kennen?

Wir haben einen Antrag vorgelegt, der in wesentlichen Punkten weitreichender ist als das Beck’sche Vorhaben. Das ist nun das Problem. Dieses Problem hat im Moment wohl auch die SPD-Bundestagsfraktion, die mit unserer Bundestagsfraktion darüber im Gespräch ist. Dass Sie nun sagen, es sei von unserer Seite ziemlich klein, dass wir uns genau

darauf zurückziehen, erscheint mir unlogisch und nicht nachvollziehbar. Immerhin vertreten wir die Position, dass die Gremien insgesamt von der Exekutive befreit werden sollten. Es ist klar, dass Kurt Beck als Angehöriger der Exekutive kein Interesse daran hat, selbst aus diesem Gremium zu verschwinden. Entsprechend schwer tut sich die SPD damit, unserer Argumentation zu folgen.

Die LINKE hat damit kein Problem. Von daher sind wir uns da einig. Was ich Ihnen vorgeworfen hatte, ist, dass Sie so tun, als gäbe es hier eine Mehrheit für ein Verfahren, das im Grunde genommen das schwächt, was die grüne Bundestagsfraktion anstößt. Sie wollen dieses Verfahren kleinmachen. Dabei sind Sie eigentlich an der Reihe, hier Ross und Reiter zu nennen. Sie sind an der Reihe, Positionen zu beziehen. Sie sind an der Reihe, etwas zu Ihrer eigenen Glaubwürdigkeit beizutragen. Dazu kann ich Sie nur auffordern.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun der Ministerpräsident Peter Müller.

Ich will vor dem Hintergrund der Ausführungen des Kollegen Maas für die Landesregierung nur noch einmal eine Klarstellung vornehmen. Ich habe versucht, in meinem Beitrag darzulegen, dass die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts die Behauptung eines Verstoßes gegen das Grundgesetz voraussetzt. Nun mag man über politische Implikationen diskutieren und man mag über Folgerungen aus politischen Implikationen diskutieren. Hier geht es aber um eine politische Frage! Und das muss im politischen Raum gelöst werden. Natürlich kann man Vorstellungen haben, wie der ZDF-Staatsvertrag geändert werden kann. Da gibt es unterschiedliche Vorstellungen. Eine Vorstellung hat die Kollegen Willger-Lambert vorgetragen, es gibt auch andere Vorstellungen. Nur hat das doch mit der Frage, ob der jetzt geltende Staatsvertrag gegen das Grundgesetz verstößt, überhaupt nichts zu tun!

Lieber Herr Kollege Maas, Sie haben es bei Ihrem Beitrag mit keiner Silbe, mit keinem Halbsatz, mit keinem Nebensatz vermocht, auch nur die Vermutung einer Verfassungswidrigkeit des ZDF-Staatsvertrages zum Ausdruck zu bringen. Sie haben etwas über politischen Schaden gesagt. Das mag man tun. Aber politische Debatten sind auf der politischen Ebene zu entscheiden und nicht vor dem Bundesverfassungsgericht! Das Bundesverfassungsgericht ist noch nicht einmal der Gutachter in Verfassungsfragen. Wir haben früher einmal die Möglichkeit gehabt, bei bloßen Zweifeln das Bundesverfassungsgericht zu befragen, ob verfassungsrechtliche Be

(Abg. Maas (SPD) )

denken bestehen oder nicht. Das ist aus dem Bundesverfassungsgerichtsgesetz gestrichen worden, aus gutem Grund.

(Abg. Maas (SPD) : Das sieht Ihr Koalitionspartner anders. Warum haben die GRÜNEN ein Normenkontrollverfahren angestrengt?)

Deshalb, lieber Herr Kollege Maas, ist das, was Sie gesagt haben, rechtspolitisch vielleicht in Ordnung. Da sind wir halt unterschiedlicher Meinung. Aber die Landesregierung in dem Zusammenhang aufzufordern, nach Karlsruhe zu gehen, heißt, den Respekt vor der Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts vermissen zu lassen. Das ist eine Instrumentalisierung dieses Gerichtes. Wenn Sie hier schon sagen: „Geht nach Karlsruhe", ist das Mindeste, was ich von Ihnen erwartet hätte - Sie sind auch Jurist -, dass Sie gesagt hätten: „An dieser oder jener Stelle ist der ZDF-Staatsvertrag verfassungswidrig, da verstößt er gegen die Verfassung." Das haben Sie nicht gemacht, deshalb ist Ihr Antrag nicht in Ordnung.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Lautes Sprechen.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun die Abgeordnete Birgit Huonker von der Fraktion DIE LINKE. Ich bitte um Ruhe.

Ich möchte auf den Hinweis des Ministerpräsidenten eingehen, der auf die zurückgegangen Einschaltquoten in der Ära Brender hingewiesen hat. Ich möchte hier gerne etwas klarstellen. 2008 sahen durchschnittlich 3,74 Millionen Menschen die RTLNachrichtensendung und 3,73 Millionen die heuteNachrichten. Doch „heute“ läuft auch auf 3Sat, Herr Müller. Nimmt man diese Zuschauerzahlen dazu, dann liegt die heute-Sendung wieder vor RTL. Also stimmt diese Rechnung, die auch Herr Koch in die Diskussion eingebracht hat, nicht.

(Abg. Schmitt (CDU) : Es geht um die Kurve.)

Auf die Kurve komme ich noch. Ich kann es auch gleich sagen, danke für den Hinweis. Es ist so, dass alle Nachrichtensendungen Zuschauer verloren haben. Brender sagt: "Nachrichtensendungen ohne Politiker sind quotenträchtiger, das zeigt die private Konkurrenz. Diesem verführerischen Hinweis von Herrn Koch werden wir nicht nachgeben.“ Das wollte ich damit sagen und klarstellen: Alle Nachrichtensendungen haben Zuschauerzahlen verloren. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN.)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Antrag der SPD-Landtagsfraktion Drucksache 14/ 173. Wer für die Annahme des Antrages ist, den bitte ich eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag mit Stimmenmehrheit der Regierungskoalition aus CDU, FDP und B 90/GRÜNE gegen die Stimmen von SPD und der Fraktion DIE LINKE abgelehnt ist.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der DIE LINKE-Landtagsfraktion, Drucksache 14/189. Wer für die Annahme des Antrages ist, den bitte ich eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag mit Stimmenmehrheit der Regierungskoalition aus CDU, FDP und B 90/GRÜNE gegen die Stimmen von SPD und der Fraktion DIE LINKE abgelehnt ist.

Bevor wir in der Tagesordnung weiterfahren, darf ich ganz herzlich Mitarbeiter der reha GmbH unter Leitung von Herrn Klaus Vogt begrüßen, die im Rahmen der Einführung von Gruppen in die Parlamentsarbeit heute bei uns zu Gast sind und insbesondere die Plenardebatte um die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen verfolgen möchten. Seien Sie uns herzlich willkommen.

(Beifall des Hauses.)

Ein besonderes Interesse an der Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt hat auch eine weitere Gruppe des Landesverbandes Saar der Lebenshilfe aus Urexweiler unter Leitung von Frau Barbara Kronenberger, die wir ebenfalls herzlich willkommen heißen.

(Beifall des Hauses.)

Wir kommen nun zu den Punkten 8 und 17 der Tagesordnung: