Protokoll der Sitzung vom 16.06.2010

programmiert. Dabei sollten sich die Studierenden ihrem Studium widmen können und nicht jobben müssen. Dazu müssen sie aber auch die richtigen Rahmenbedingungen vorfinden. Und weil sie die richtigen Rahmenbedingungen nicht haben, gehen Studierende und Schüler auch auf die Straße und demonstrieren für bessere Bildungschancen, so wie gestern in Homburg oder in der letzten Woche in Saarlouis. Einen früheren Chefdemonstranten haben wir dort vermisst, ich vermisse ihn auch jetzt: Den saarländischen Bildungsminister, der noch im letzten Sommer mit dem größten Megafon den Demo-Zug angeführt hat. Ich glaube, es hätte Herrn Kessler gut zu Gesicht gestanden, den Bildungsstreikenden Rede und Antwort zu stehen. Dann hätte er den Schülern und Studierenden seine Politik auch einmal erklären können, denn er fühlt sich ja derzeit sehr missverstanden.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Sie haben doch als neue Landesregierung immer vollmundig angekündigt, Sie wollten in kluge Köpfe investieren. Doch dazu fehlt Ihnen die Strategie, das ist doch klar, das haben Ihnen die Hochschulen heute wieder via Zeitung ins Stammbuch reingeschrieben. Es fehlt Ihnen die Strategie für eine nachhaltige Hochschulfinanzierung. Es fehlt eine Strategie für eine Studienfinanzierung. Sie lehnen ja lieber BafögErhöhungen ab. Da reicht es auch nicht, Herr Hartmann, dass Sie verständnisvoll Ihr Haupt in Richtung unterfinanzierte Universität neigen. Legen Sie eine Hochschulentwicklungsplanung vor, die diesen Namen auch verdient. Stocken Sie die Mittel auf, damit der Hochschulstandort Saar wettbewerbsfähig bleibt. Und stampfen Sie dieses unsinnige Studiengebührengesetz ein. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD.)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Christoph Kühn von der FDP-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf das eingehen, was die Kollegin Spaniol gerade eben gesagt hat. Frau Kollegin Spaniol, Sie haben hier mit aller Deutlichkeit gesagt: Studierende aus einem armen Elternhaus sind dumm. Das ist eine Unverschämtheit.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Wider- spruch von der LINKEN.)

Ich fordere Sie auf, das zurückzunehmen.

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Schauen Sie sich das Protokoll an! Die haben es schwerer.)

Dann sollten Sie Ihre Worte besser auswählen und sich mäßigen. - Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir beschließen heute in der Zweiten Lesung das Zweite Gesetz zur Änderung des Saarländischen Hochschulgebührengesetzes. Diese zweite Änderung ist notwendig geworden, damit Rechtssicherheit für die Universität und die Hochschulen geschaffen werden kann. Die Argumente sind ausgetauscht, das hat der Kollege Commerçon bereits gesagt. Ich möchte nur noch mal auf einen Aspekt zu sprechen kommen. Wenn die saarländischen Hochschulen vom Instrument der Langzeit- und Zweitstudiengebühren Gebrauch machen wollen, muss ausgeschlossen sein, dass es zu sozialen Härtefällen kommt. Diesbezüglich wurde der Gesetzentwurf das kam sowohl in der Anhörung als auch jetzt in der Debatte zum Ausdruck - als zu bürokratisch angesehen. Ich gebe zu, es gibt natürlich unbürokratischere Verfahren. Aber es war hier eine Abwägung notwendig zwischen Bürokratie auf der einen und sozialer Verträglichkeit auf der anderen Seite.

Wir in der Koalition haben uns zugunsten der sozialen Komponente ausgesprochen. Eine entsprechende Härtefallregelung ist in den Gesetzentwurf eingearbeitet. Dass eine solche Regelung die Einnahmen mindert, ist uns bewusst, aber Einzelfallgerechtigkeit darf in diesem Bereich keinesfalls von finanziellen Erwägungen abhängen. Das Gesetz der Regierungsfraktionen sieht des Weiteren eine Beteiligung der Studenten bei dieser Härtefallregelung vor. Ich denke, damit liegen wir auch ganz in Richtung der Opposition. Dadurch ermöglichen wir, dass zwischen der Universität und den Hochschulen auf der einen Seite und den Studierenden auf der anderen Seite eine faire und sozialverträgliche Lösung für Einzelfälle gefunden wird. Dass dies den Befugnisbereich der Hochschulen einschränkt und zuweilen für diese unpraktikabel scheint und auch ist, wird von uns wohl wahrgenommen. Dennoch halten wir an dem von uns eingeschlagenen Weg aus sozialen Aspekten fest, halten ihn für richtig und geboten.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Soziale Aspekte - das ist doch wohl ein Witz.)

Die Kollegin Spaniol ruft dazwischen: „Soziale Aspekte - das ist doch wohl ein Witz.“ Soziale Aspekte halten die LINKEN eben nicht für wichtig. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Mitbestimmung der Studenten führt nämlich dazu, dass bei der Entscheidung über Härtefälle auch die Argumente Gehör finden, denen aus Studierendensicht durchaus eine höhere Bedeutung beigemessen werden kann. Es wurde vielfach der Verwaltungsmehraufwand von 130.000 Euro angeführt. Es handelt sich hierbei aber nicht um einen Mehraufwand, sondern es ist ein Aufwand, für den fünf Personen schon jetzt an der Universität des Saarlandes - hier

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) )

sprechen wir über diesen Betrag - eingestellt sind. Es wurde offen gelassen, wie hoch ein tatsächlicher Mehraufwand sein wird, denn diese Frage konnte die Hochschule nicht beantworten.

Das Gesetz ist auch keineswegs zusammengeschustert, wie der Kollege Commerçon das gesagt hat.

(Abg. Commerçon (SPD) : Das war nur ein Zitat.)

Es ist sozial ausgewogen, es stärkt die Hochschulen und dabei die Mitbestimmung der Studierenden. Sie sagten, alle anwesenden Anzuhörenden hätten dieses Gesetz abgelehnt. Sie haben dabei unterschlagen, dass es auch schriftliche Zustimmung zu diesem Gesetz gab.

(Abg. Commerçon (SPD) : Eine, das habe ich nicht unterschlagen.)

Gut, dann stimmen Sie mir zu. Es gab auch eine schriftliche Zustimmung des AStA der HTW. Noch mal, das Gesetz ist sozial ausgewogen, es stärkt die Universität und deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat Herr Fraktionsvorsitzender Hubert Ulrich.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 83 Prozent der Akademikerkinder studieren und nur 17 Prozent der Arbeiterkinder, das hat der Kollege Commerçon eben richtigerweise angeführt er ist jetzt leider nicht mehr im Raum - im Zusammenhang mit der Debatte über Studiengebühren. Da hat er absolut recht. Wir müssen heute nicht noch mal die dazugehörenden Argumente austauschen, das haben wir hier oft genug diskutiert, sowohl in der Opposition als auch jetzt als Regierungsteilnehmer, zumindest was uns GRÜNE angeht. Genau aus diesen Gründen haben wir in diesem Lande dafür gesorgt, dass die Studiengebühren abgeschafft werden, und zwar im Moment zu 100 Prozent.

Es könnte theoretisch geschehen - das belegen die Zahlen, die mittlerweile auf dem Tisch liegen - , dass von diesen 100 Prozent ein Prozent zurückgedreht wird, nämlich die 110.000 oder auch 130.000 Euro, von denen wir hier im Jahr reden sollten, die von der Universität als Langzeitstudiengebühren und Zweitstudiengebühren eingeführt werden. Das entspricht ziemlich genau einem Prozent aller Studiengebühren. Also egal, wie es kommt, Faktum ist: 99 Prozent der Studiengebühren im Saarland sind so oder so abgeschafft, zurzeit sind es 100 Prozent.

Da stellt sich mir die Frage, warum sich insbesondere die Sozialdemokraten, aber seltsamerweise auch

DIE LINKE dagegen gesträubt haben, die Studiengebühren in diesem Lande abzuschaffen, denn auch das ist nun mal ein Faktum in diesem Hause, nachzulesen in allen Protokollen: SPD und LINKE haben gegen die Abschaffung der Studiengebühren gestimmt, als wir das Anfang dieses Jahres in diesem Hause als Jamaika-Koalition beschlossen haben.

(Oje! bei der SPD und der LINKEN.)

Eine Begründung dafür, die nachvollziehbar wäre, wurde bis heute nicht geliefert, außer der fadenscheinigen Argumentation, wir würden die Gegenfinanzierung nicht sicherstellen. Aber auch das ist mittlerweile durch die Verabschiedung des Landeshaushaltes mehr als widerlegt. Die 11 Millionen Euro, die der Universität verlustig gehen, werden über den Landeshaushalt ersetzt. Herr Commerçon, Sie haben im Zusammenhang mit dem Gesetzgebungsverfahren von einem Hin und Her bei der Koalition gesprochen, ohne dass substanziell etwas nach vorne gebracht würde. Noch einmal: Studiengebühren sind de facto abgeschafft. Sie haben von einem Eiertanz gesprochen, den wir als Koalition vollführen. Ich kann Ihnen dazu nur sagen: Das, was wir hier machen, ist die konsequente Umsetzung des Koalitionsvertrages, nicht mehr und nicht weniger. Dort ist all das festgelegt, was wir heute machen. Dass es jetzt aber zumindest theoretisch Langzeitstudiengebühren und Zweitstudiengebühren gibt, hat etwas damit zu tun, dass es unterschiedliche Auffassungen in der Jamaika-Koalition gibt. Wir wollen sie nicht, unsere Koalitionspartner halten sie aber für richtig. Deshalb reden wir heute darüber.

Aber man muss wissen, Langzeitstudiengebühren sind - egal, ob wir das beschließen, egal, ob die Uni etwas beschließt oder nicht - mittlerweile durch den Bologna-Prozess sehr unwahrscheinlich. Das wurde ganz offen gesagt, auch vom AStA. Langzeitstudierende wird es in Zukunft de facto nicht mehr geben. Das heißt, diese ganze Diskussion über dieses eine Prozent ist eigentlich schon obsolet.

Auch Zweitstudiengebühren sind hier im Saarland äußerst unwahrscheinlich geworden, weil jeder Studierende parallel zu seinem Studium noch ein zweites Studium anfangen kann, ohne dass dafür Zweitstudiengebühren anfallen. Dies gilt mit einer einzigen Ausnahme. Wenn die Studierenden in den letzten beiden Semestern ihres Erststudiums dieses Zweitstudium beginnen, dann fallen eventuell Zweitstudiengebühren an, aber auch dann nur unter sehr vielen Bedingungen, die dazu führen, dass die Universität des Saarlandes und Herr Linneweber unseren Gesetzentwurf natürlich zu Recht hart kritisiert.

Deshalb kann ich die Argumentation insbesondere der Sozialdemokraten an dieser Stelle nicht nachvollziehen, weil sie sich erneut auf die Seite derer schlagen, die Langzeitstudiengebühren und Zweit

(Abg. Kühn (FDP) )

studiengebühren wollen. Sie folgen gar nicht unserer Argumentation, die das eher unwahrscheinlich macht. Sie wollen offenbar, dass wir auf die Kritik der Universität eingehen, was zur Folge hätte, dass diese Gebühren eingeführt werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren insbesondere von der Sozialdemokratie - die Linkspartei nehme ich eh nicht ernst, das sage ich ganz offen -,

(Sprechen bei der LINKEN)

Sie sollten sich einmal überlegen, wohin Sie eigentlich mit Ihrer Argumentation wollen. Wir wissen klar, was wir wollen. Wir haben die Studiengebühren abgeschafft. Das ist in diesem Land ein großer Schritt nach vorne.

Auch Folgendes muss man in die Diskussion einbringen. Die Zahlen, die auf dem Tisch liegen, sind sehr klar. Es geht um 110.000 bis 130.000 Euro. Die Universität des Saarlandes wird vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit darüber entscheiden, ob solche Zweitstudiengebühren oder Langzeitstudiengebühren überhaupt noch Sinn machen. Wenn sie aus wirtschaftlicher Sicht der Universität keinen Sinn machen - das sage ich ganz offen für die GRÜNEN -, dann ist uns das umso lieber. Da wollen wir hin. Das kann auch durchaus so sein. Wenn es aber Sinn macht, dann muss die Universität des Saarlandes eine entsprechende Entscheidung treffen.

Faktum ist, wir haben es geschafft, in diesem Land die Studiengebühren abzuschaffen. SPD und LINKE konnten sich nicht dazu durchringen, hier ihrem Wahlversprechen ein entsprechendes Abstimmungsverhalten folgen zu lassen. Sie haben es abgelehnt. Wie richtig und wie gut unsere Entscheidung in diesem Fall ist, belegen die fehlenden Proteste der Studierenden, denn die Masse der Studierenden steht voll hinter unseren Beschlüssen. Wir erfahren mittlerweile aus der Studentenschaft sehr viel Anerkennung und Lob. Ich sage, darauf bin ich als GRÜNER in diesem Land stolz. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Danke, Herr Abgeordneter Ulrich. - Das Wort hat nun der Minister für Wirtschaft und Wissenschaft Dr. Christoph Hartmann.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist korrekt, dass in diesem Hause schon wiederholt über dieses Thema geredet worden ist. Lassen Sie mich deswegen nur auf einige Punkte der Debatte eingehen, wobei ich es uns allen ersparen möchte, auf jeden einzelnen Aspekt einzugehen.

Frau Spaniol, Sie haben gesagt - ich habe es mir aufgeschrieben -: Der gute Student kommt aus einem reichen Elternhaus, der schlechte Student kommt aus einem armen Elternhaus.

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Das ist völliger Quatsch.)

Welches Menschenbild dahinter steht, müssen Sie der Öffentlichkeit erklären und nicht wir.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Am 10. Februar hat der Kollege Commerçon in diesem Haus gesagt, dass es keine Kompensationszahlungen, keine Mittelbindung an die Verbesserung der Qualität von Studium und Lehre und keine paritätische studentische Mitbestimmung gäbe. Ich zitiere: Sie haben es nicht gemacht und deswegen glaube ich Ihnen an dieser Stelle nicht, dass Sie es wirklich vorhaben.

Ich will über die Fakten reden. Wir haben die Kompensation genau in der Form, wie wir es vorher versprochen haben, umgesetzt. Wir haben es genau in diesem zweistufigen Verfahren gemacht, wie es vorher besprochen wurde. Besprochen und gehalten. Wir werden auch im nächsten Jahr die volle Kompensation - und zwar dynamisiert - wieder zur Verfügung stellen.

Ich möchte an dieser Stelle das, was hier gesagt worden ist, zuspitzen. Wenn ein Geberland wie Hessen seine Zuwendungen für die Universitäten zurückschraubt und wir als Nehmerland es mindestens auf dem gleichen Niveau beibehalten, dann ist das eine Tatsache, der man zunächst ins Auge sehen muss und die man in einem zweiten Schritt bitte als das hinstellen muss, was es ist, nämlich als einen wirklichen Kraftakt, eine große Anstrengung für die Landesregierung und für den Haushaltsgesetzgeber in diesem Land.

Herr Commerçon, Sie haben gesagt, die Einnahmen stehen den Hochschulen nicht für Qualität und Lehre zur Verfügung. Wenn Sie sich den Gesetzentwurf anschauen, dann steht genau dieses drin. Und es gibt paritätische Gremien, mindestens eines, die über die Verwendung der Einnahmen und über die vorliegenden unbilligen Härten entscheiden. Auch das steht drin. Also all das, was wir angekündigt haben, halten wir. Das, was wir tun, ist eine Politik der Verlässlichkeit, meine sehr verehrten Damen und Herren. Dass in diesen Zeiten - auch das will ich hier klarstellen - immer etwas anderes versucht wird an die Wand zu malen, ist eine Skandalisierung. Da werden Menschen hinter die Fichte geführt. Nein, wir kündigen die Dinge an und ziehen sie genau in der Form durch. Die Menschen können sich auf das verlassen, was wir ihnen gegenüber ankündigen.

Dabei haben wir im Koalitionsvertrag angekündigt, dass das Erststudium grundsätzlich gebührenfrei

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

wird. Wir haben dies dementsprechend gemacht. Dass wir dabei nicht ein Studium wie das andere behandeln, sondern dass wir ganz im Gegenteil sehr differenziert hinschauen, zeigt sich an dieser Stelle. Wenn eben erklärt wurde, dass es sich um einen nicht sozialen Gesetzentwurf handelt, dann sage ich, bei der Regelstudienzeit können vier Semester obendrauf kommen, es können zwei weitere Semester Korrektur von Fehlentscheidungen dazukommen. Außerdem gibt es eine ganze Latte von Ausnahmetatbeständen, fast eine dreiviertel Seite in der Begründung des Gesetzes. Das beginnt bei Schwangerschaft, Pflege und Erziehung eines behinderten Kindes, Alleinerziehende usw. usw. Es gibt also wirklich einen umfassenden Katalog von Ausnahmetatbeständen. Insofern greift das, was Sie versuchen darzustellen, es handele sich hierbei um eine furchtbar unsoziale Tat und einen furchtbar unsozialen Gesetzentwurf, vollkommen ins Leere.