Protokoll der Sitzung vom 25.08.2010

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP-Landtagsfraktion begrüßt, dass es einen Konsens für einen gemeinsamen Appell an die Bundesregierung geben wird. Ich möchte noch mal herausstellen, dass für unsere Fraktion besonders wichtig war, dass die RAG-Stiftung mit ausreichend Kapital ausgestattet wird, um die Ewigkeitskosten für mögliche Spätschäden des Bergbaus und damit für die Bergbaubetroffenen begleichen zu können.

Damit möchte ich es auch schon bewenden lassen. Ich danke den Fraktionen für den gemeinsamen Appell. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat der Kollege Hubert Ulrich, Fraktionsvorsitzender von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich war ich der Meinung, dass die Bergbaudebatten angesichts des Auslaufens des Steinkohlebergbaus im Saarland im Jahr 2012 ein Ende haben. Aber es gibt immer wieder neue Anlässe, dieses Thema erneut hier zu diskutieren. Ähnlich wie meine Vorredner will ich das Thema nicht noch mal in der Sache diskutieren. Ich glaube, die Positionen sind hinlänglich ausgetauscht.

Nur noch so viel: Wir als GRÜNE - Sie wissen das sind nach wie vor für ein schnelleres Ende des deutschen Steinkohlebergbaus als im Jahr 2018. Allerdings - das habe ich immer deutlich gemacht für unsere Partei und unsere Fraktion - soll dieses Ende, auch wenn es nach unserer Meinung sehr viel früher erfolgen sollte, selbstverständlich sozialverträglich abgesichert werden. Unsere Position war nie, die Bergleute in die Arbeitslosigkeit zu entlassen. Das ist aber eine Frage, die einen entsprechenden finanziellen Rahmen erfordert, den das Saarland mit seinem stark überschuldeten Landeshaushalt nicht leisten kann. Diesen finanziellen Beitrag könnte nur Berlin leisten, das ist aber im Moment nicht zu sehen.

Die Forderung der Europäischen Union, bereits im Jahr 2014 den Ausstieg zu realisieren, kommt uns zwar in der Sache entgegen. Aber ich sage dazu: Wenn man das auf Bundesebene tut, dann nur mit einer entsprechenden sozialen Abfederung.

Eine zweite Diskussion, die im Moment öffentlich geführt wird und die uns GRÜNEN auch relativ wichtig ist, ist die Frage des Vorziehens der Entscheidung über die sogenannte Revisionsklausel. Die Revisionsklausel bedeutet ja, dass in Deutschland noch mal ernsthaft darüber diskutiert werden sollte, ob der Steinkohlebergbau über das Jahr 2018 hinaus fortgeführt wird. Das Vorziehen der Revisionsklausel und eine sofortige Entscheidung, dass es dieses Fortführen auf kein Fall mehr geben kann, halten wir als GRÜNE - das sage ich aber nur für unsere Fraktion, das weicht von der Meinung der Koalitionspartner ab - für sinnvoll.

(Präsident Ley übernimmt den Vorsitz.)

Dennoch haben wir gemeinsam einen Antrag eingebracht, um eben auch hier als Regierungsfraktion unsere Gemeinsamkeit zu dokumentieren. Die Gemeinsamkeit besteht darin - ich will es noch einmal betonen, weil es mir persönlich auch ganz wichtig ist -: Wir wollen auch bei einem Ausstieg 2012 im Saarland auf jeden Fall die Sozialverträglichkeit gewährleisten und wir wollen auch insbesondere, dass die Zahlungen der RAG, die mit diesem früheren Ausstieg verbunden sind, an das Saarland erhalten bleiben. Das ist für uns ein ganz wichtiger Punkt, weil damit auch eines der Sondervermögen gespeist wird, das wir brauchen, um die saarländischen Finanzen einigermaßen im Lot zu halten. Vor diesem Hintergrund werden wir dem Antrag der JamaikaKoalition zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat Ministerpräsident Peter Müller.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es zeichnet sich in dieser Debatte ein großer Konsens in diesem Hause ab, und das ist sicherlich zu begrüßen. Losgelöst von allen kohlepolitischen Positionierungen gab es immer einen Konsens dergestalt, dass wir gesagt haben, wir wollen im Bergbau sozialverträgliche Prozesse. Das Bekenntnis zur Sozialverträglichkeit ist auch Grundlage der Arbeit der Koalition und so im Koalitionsvertrag auch ausdrücklich enthalten.

Dieses Bekenntnis zur Sozialverträglichkeit könnte nicht eingehalten werden, wenn der jetzt vorliegende Vorschlag der EU-Kommission zur Subventionierung der Steinkohle umgesetzt und die Subventionierung zwingend im Jahr 2014 enden würde. Deshalb sind

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

diese Vorschläge nicht akzeptabel und werden - wie ich es sehe - von allen Fraktionen dieses Hauses und von der saarländischen Landesregierung abgelehnt. Die Landesregierung begrüßt sehr, dass es dieses Signal des saarländischen Landtages geben wird. Wir fühlen uns dem darin zum Ausdruck kommenden Auftrag, einen Beitrag dazu zu leisten, dass die Pläne der Kommission verhindert werden, verpflichtet. Ich glaube, es gibt dabei auch Aussicht auf Erfolg.

Ich habe in dieser Angelegenheit sowohl mit der Bundeskanzlerin als auch mit dem deutschen EUKommissar Günther Oettinger gesprochen. Mir haben diese Gespräche bestätigt, dass in dieser Sache das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Es gibt eine Chance, dasjenige, was im Steinkohlefinanzierungsgesetz vorgesehen ist, mit den EU-Regelungen in Übereinstimmung zu bringen. Dabei wird möglicherweise - darauf möchte ich hinweisen die Frage der Irreversibilität des Ausstiegs aus der Steinkohlesubventionierung in den zeitlichen Vorgaben des Steinkohlefinanzierungsgesetzes von entscheidender Bedeutung sein. Da werden möglicherweise zusätzliche politische Signale erforderlich sein. Das ist das Thema, das der Kollege Ulrich angesprochen hat, wie mit der Revisionsklausel umgegangen wird, die noch einmal die Chance eröffnen sollte, über die Frage eines Sockelbergbaus auf Dauer zu entscheiden.

Es könnte sein, dass die Modifikation der EU-Entscheidung nur unter der Bedingung des Verzichts darauf durchsetzbar ist, dass die Revisionsklausel gezogen ist. Ich möchte darauf hingewiesen haben. Ansonsten wird sich die saarländische Landesregierung dafür einsetzen und ihren Einfluss geltend machen, dass dem Anliegen Rechnung getragen wird, das Auslaufen des Steinkohlebergbaus sozialverträglich ohne betriebsbedingte Kündigungen durchzuführen. Das haben wir den betroffenen Menschen versprochen, und deswegen werden wir dafür auch kämpfen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Antrag der Koalitionsfraktionen, Drucksache 14/249. Wer für die Annahme der Drucksache 14/249 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 14/249 einstimmig mit den Stimmen aller Abgeordneten angenommen ist.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der SPD-Landtagsfraktion, Drucksache 14/252. Wer für die Annahme der Drucksache 14/252 ist, den bitte

ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 14/252 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Oppositionsfraktionen, abgelehnt die Koalitionsfraktionen.

Die Fraktionen sind übereingekommen, die Tagesordnungspunkte 11 und 18 abzusetzen.

Wir kommen dann zu den Punkten 12, 19 und 20 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Stadtmitte am Fluss (Drucksache 14/243)

Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion, der FDP-Landtagsfraktion und der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Zukunftsprojekt Stadtmitte am Fluss vorantreiben (Drucksache 14/255)

Beschlussfassung über den von der SPDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Stadtmitte am Fluss als gemeinsames Leitprojekt des Saarlandes und der Landeshauptstadt Saarbrücken (Drucksache 14/254)

Zur Begründung des Antrages der LINKEN-Landtagsfraktion, Drucksache 14/243, erteile ich Herrn Abgeordneten Rolf Linsler das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Stadtmitte am Fluss beschäftigt die Bevölkerung und die Fachleute seit den Sechzigerjahren, als die WilhelmHeinrich-Brücke gebaut wurde. Die Mitglieder des Landtages diskutierten ebenfalls zu diesem Zeitpunkt mit Leidenschaft in diesem Hause, ob die Autobahn direkt am Landtag vorbei gebaut werden soll - also die jetzige Franz-Josef-Röder-Straße - oder unterhalb des Landtages, wo sie jetzt verläuft. Im Nachhinein ist es sicher ein Fehler gewesen, die Stadt durch die Autobahn zu trennen und sie so tief zu legen, wie sie jetzt liegt. Man hat auch in Kauf genommen, dass die Autobahn dadurch bei Hochwasser überflutet wird. Jeder von uns hat das schon mehrmals - fast in jedem Jahr einmal, manchmal zweimal - erlebt. Seit zirka 40 Jahren gibt es Pläne von Fachleuten, wie das Problem zu lösen sei.

Der neueste Plan ist das Projekt Stadtmitte am Fluss. Der Ministerpräsident hat laut unserem Heimatblatt SZ am 04.12.2008 nach einem Gespräch mit der Oberbürgermeisterin Britz eine klare Willens

(Ministerpräsident Müller)

bekundung zu dem Großprojekt gegeben. Er sagte damals, der Bund müsse einen Kostenanteil von mindestens 66 Millionen Euro übernehmen. Das Gesamtprojekt wurde damals schon auf zirka 350 Millionen geschätzt, wobei der vorgesehene Tunnel damals mit 150 Millionen geschätzt wurde.

Nun kann man sagen, wer die Hürde bei einem Gespräch schon mit 66 Millionen sehr niedrig setzt, der darf sich nicht wundern, wenn es dann nicht mehr Zuschüsse vom Bund gibt. Oder man hat den Tunnel nie gewollt oder eingeplant. Ich denke, damit hat man dem Saarland einen Bärendienst erwiesen, was die Stadtautobahn in Saarbrücken angeht. Man kann auch sagen: Große Worte an der Saar, kleinlaut in Berlin. Herr Ministerpräsident, das hilft uns aber auch nichts.

Der damalige Bundesverkehrsminister Tiefensee hat Ende März 2009 64 Millionen Euro zugesagt. Ich erinnere an die 66 Millionen, die ich vorher genannt habe. Damals kam Kritik von der CDU im Saarbrücker Stadtrat. Oberbürgermeisterin Britz wurde Unprofessionalität vorgeworfen, weil nicht mehr ausgehandelt wurde. Die LINKE hat von Anfang an im Stadtrat und auch politisch außerhalb des Stadtrates gefordert, das Projekt unter Finanzierungsvorbehalt zu stellen, und die Auffassung vertreten, dass der Bund den Tunnel alleine finanzieren muss. Wir sind immer noch dieser Meinung.

Am 04. Juli hat der Bund noch einmal darauf hingewiesen, dass er die zugesagten 64 Millionen Euro zahlen will, aber nicht mehr. Ich erinnere daran, dass der Ministerpräsident am 18. April 2010 in Berlin war und darüber geredet hat. Es wurden leider nicht mehr als die 64 Millionen. Ich hatte gehofft, dass die Stimme des Ministerpräsidenten bei diesem Gespräch in Berlin mehr Gewicht hat.

Der CDU-Kreisverband Saarbrücken-Land hat am 11. Juli beim Kreisparteitag beschlossen, das Projekt Stadtmitte am Fluss vorerst zu stoppen. Der Parteivorsitzende der CDU ist natürlich nicht für alles verantwortlich. Das geht jeder Partei so. Das ist bei mir, bei den LINKEN, auch so. Aber wenn man schon acht Tage vorher erklärt hat, dass man dafür ist und sich in Berlin einsetzt, und wenn der Kreisverband von Saarbrücken, der ja nicht klein ist, entscheidet, das Projekt sofort zu stoppen, dann muss man schon überlegen, wer da recht hat oder was bei der CDU in dem Fall gespielt wird. Das ist mit Sicherheit kein besonders glückliches Spiel.

Wirtschaftsminister Hartmann hat am 16. Juli in der SZ erklärt, vom Tunnel müsse man sich verabschieden, der sei nicht finanzierbar. Das war nichts Neues, weil Herr Fiedler im Stadtrat auch immer dasselbe sagt. Die Uneinigkeit der Regierungsmannschaft allerdings schadet eher. Man muss in meinen Augen

einheitlich gegenüber dem Bund auftreten, wenn man etwas erreichen will.

(Beifall bei der LINKEN.)

Der Ministerpräsident erklärt jetzt - zumindest am 21. August in der SZ -, der Tunnel sei nicht unverzichtbar. Die Zukunft Saarbrückens hänge nicht davon ab, ob ein paar hundert Meter Tunnel gebaut werden oder nicht. Aber bei Überflutung ist der Tunnel wichtig. So vertritt die Landesregierung die Interessen des Landes im Bund: Um Geld bitten und gleichzeitig erklärt der Ministerpräsident, dass das Projekt eigentlich nicht wichtig ist. Der Wirtschaftsminister meint, man solle es ganz vergessen. Kein Wunder, dass der Bund nicht mehr Geld geben will.

(Beifall bei der LINKEN.)

Wer ein Projekt so schnell begräbt, der hat in meinen Augen dafür vorher nicht wirklich gekämpft. Dann würde man sich anders einsetzen.

(Beifall bei der LINKEN.)

Auch Herr Ulrich hat erkannt, dass Gegenpositionen für das Projekt nicht hilfreich sind. Er sagte, es könne passieren, dass Gelder verloren gehen. So stand es in der SZ am 16. Juni 2010. Der saarländische Bauarbeitgeberpräsident Hans-Ludwig Bernardi hat völlig recht, wenn er sagt, dass Müller nicht erkennen lässt, dass er das Projekt will und dass er nicht an der Spitze der Befürworter kämpft. So ebenfalls in unserem Heimatblatt am 09.07.2010 nachzulesen.

Das Projekt ist nach unserer Auffassung vonseiten des Landes hinsichtlich der Finanzierung bislang völlig laienhaft angegangen worden. Die Argumentation, wonach es sich um ein zentrales Leitprojekt der Stadt Saarbrücken handelt, war absolut falsch. Vielmehr handelt es sich um eine längst überfällige und nötige Maßnahme zur Sicherstellung des Lärm-, Gefahren- und Hochwasserschutzes im Bereich der Autobahn. Es ist eine Maßnahme, die in die Zuständigkeit des Bundes fällt. Das hätte auch den Verantwortlichen auffallen müssen.

Das Saarland sollte beim Bund kein Bittsteller sein. Der Bund ist Baulastträger der Autobahnen und deshalb ausschließlich für den Erhalt und den Betrieb der Autobahnen zuständig. Er ist verpflichtet, sie in einem den regelmäßigen Verkehrsbedürfnissen genügenden Zustand zu bauen und zu unterhalten, zu erweitern oder sonst wie zu verbessern. Im Klartext heißt dies: Der Bund ist für den Gefahren-, Lärmund Hochwasserschutz entlang seiner Autobahnen verantwortlich und muss deshalb für eine Untertunnelung in voller Höhe zahlen. Das hätten alle, die verhandelt haben, wissen müssen. In Berlin wurde ich hatte es schon gesagt - in meinen Augen unprofessionell verhandelt. Jetzt sind neue Verhandlungen nötig. Der Bund muss an seine Verantwortung

(Abg. Linsler (DIE LINKE) )

erinnert werden. Er hat nicht nur in Jena Verpflichtungen. Dort wurde ein Tunnel mit einer Länge von meines Wissens 1,7 Kilometern gebaut. Er hat mehrere hundert Millionen Euro gekostet. Es ist ein schöner Tunnel; ich bin schon ein paar Mal hindurchgefahren. Der Tunnel war aus Lärmschutzgründen erforderlich, denn links und rechts von ihm stehen Hochhäuser. Das ist so weit in Ordnung. Aber was in Jena geschehen konnte, kann auch in Saarbrücken geschehen.

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Genau so ist es. Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)