Protokoll der Sitzung vom 26.10.2010

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Das dritte Beispiel, das ich ansprechen will, ist gestern schon teilweise diskutiert worden. Das ist die Streichung der Beitragsfreiheit im dritten Kindergartenjahr.

(Abg. Meiser (CDU) : Nicht Streichung! Soziale Staffelung.)

Sie streichen die generelle Beitragsfreiheit im dritten Kindergartenjahr und Sie wollen jetzt eine soziale Staffelung einführen. Ich sage Ihnen, damit habe ich überhaupt kein Problem. Das fordere ich hier schon seit 10 Jahren. Seit 10 Jahren weisen wir darauf hin, dass wir die Standards mit Blick auf andere Länder beachten müssen, auch bei der Beitragsfreiheit. Wie sind wir doch hier von der CDU geprügelt worden, dass wir uns nicht interessieren würden, wie es Leuten mit Kindern geht, weil wir damals schon gesagt haben, das muss man einkommensabhängig machen. Das ist doch ein weiterer Beweis der Beliebigkeit Ihrer Politik. 10 Jahre haben Sie etwas gemacht, um Stimmen einzusammeln, und jetzt kommen Sie

(Abg. Maas (SPD) )

zu der Erkenntnis, dass auch das nicht weiter tragfähig ist.

(Beifall bei der SPD.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in den Haushaltsdiskussionen wird hier darauf hingewiesen, dass beim Thema Bildung die Landesregierung nicht sparen wird, dass dieser Bereich von Einschnitten verschont wird. Das findet unsere Zustimmung. Wir werden uns genau anschauen, auch im Verlauf der Haushaltsberatung, ob dem so ist. Wir sind der Auffassung, dass das tatsächlich eine Zukunftsaufgabe ist. Wir werden auch in der Sache wir führen ja Gespräche über die Einrichtung einer Gemeinschaftsschule - uns weiterhin konstruktiv beteiligen. Wir werden bei allem mitmachen, wo es darum geht, Geld zur Verfügung zu stellen für die Einrichtung echter Ganztagsschulen, weil wir das für ein prioritäres Politikfeld halten und wir an dieser Stelle das machen werden, was wir vor den Wahlen gesagt haben. Andere haben damit ein Problem. Aber wir versuchen, im Wesentlichen vor der Wahl dasselbe zu sagen wie nach der Wahl.

Bei den Fragen, wie es sich im Bildungsbereich weiter verhält, kann ich Ihnen dort, wo wir in der Sache der gleichen Auffassung sind, unsere Zustimmung signalisieren. Aber wir werden natürlich mit Argusaugen darauf achten, dass nicht über die Hintertür doch irgendwo Geld weggespart werden wird. Meine sehr verehrten Damen und Herren, etwas geht diesem Landeshaushalt jedoch völlig ab. Für mich und meine Fraktion ist in diesem Haushalt überhaupt keine Perspektive für den Strukturwandel erkennbar. Wir freuen uns jetzt, dass die Krise nicht so dramatisch ist wie ursprünglich befürchtet, oder dass sie schneller vorbeigeht, dass nicht so viel Arbeitslosigkeit produziert wird.

Aber eine Regierung, die die Zukunft im Blick hat, müsste sich doch jetzt schon darum kümmern, dass wir die nächste Phase des Strukturwandels in Gang setzen. Wo ist eigentlich Ihr Projekt für die Zukunft? Was ist der Motor für Innovation und Strukturwandel? Ist es das Thema Auto? Ist es das Thema Energie? Energie wohl weniger, weil die Koalitionsfraktionen dort zu weit auseinander liegen. Oder ist es das Thema Gesundheit? Ein Thema, bei dem viele sagen, es ist einer der größten Wachstumsmärkte, die wir in der Zukunft haben, insbesondere arbeitsmarktpolitisch.

Aber meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Regierung hat auch nach einem Jahr kein Projekt, das sie für sich in Anspruch nehmen kann. Kein Mensch weiß, wofür Sie eigentlich stehen, außer für sich selbst. Selbst das bekommen Sie nicht richtig hin. Dem Land stehen schwere Zeiten bevor und das in jedweder Beziehung. - Schönen Dank.

(Lang anhaltender Beifall von den Oppositions- fraktionen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor wir die Debatte weiterführen, darf ich sehr herzlich bei uns Absolventen der Hochschule für Verwaltung aus Metz begrüßen unter Leitung von Frau Dr. Anne Funke. Weil es so viele Teilnehmer sind, werden sie uns gruppenweise besuchen. Diese Gruppe der Absolventen der Hochschule für Verwaltung aus Metz ist auf Einladung des französischen Generalkonsuls hier im Saarland. Ich heiße auch den französischen Generalkonsul Philippe Cerf herzlich willkommen.

(Beifall des Hauses.)

Das Wort in der Aussprache hat jetzt für die CDUFraktion Herr Abgeordneter Thomas Schmitt.

(Ministerpräsident Müller: „En français, s’il vous plaît!“)

Herr Präsident! Meine sehr verehren Damen und Herren! Ich bin jetzt gebeten worden, die Rede auf Französisch zu halten. Leider ist mein Französisch nicht gut genug, um das zu tun.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : „Mesdames et Messieurs“ wirst du doch wohl noch können.)

Aber ich hoffe, die französischen Gäste können der Rede trotzdem folgen. Ich bin leider in Sprachen nie ein besonders guter Schüler gewesen. Das gebe ich zu meiner Schande zu.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Wir brauchen auch Juristen! - Abg. Maas (SPD): Das hat sich bei dir aber schon einmal anders angehört.)

Vielen Dank, Herr Kollege Lafontaine. Herr Präsident, meine Damen und Herren, Haushaltsdebatten sind für gewöhnlich die Sternstunden der Opposition. Was haben wir bis jetzt gehört? Eine halbstündige Rede, die sich im ersten Teil 10 Minuten lang damit beschäftigt hat, flotte Sprüche über die Regierung abzulassen, mund- und mediengerecht serviert, nett anzuhören. Opposition macht fröhlich, Sie können auch weiterhin in der Opposition Platz nehmen.

Der nächste Punkt waren dann allgemeine wolkige Beschreibungen, wie man sparen muss und welche Voraussetzungen Sparen im Allgemeinen erfüllen muss. Dann kamen Ausführungen, wo man überall nicht sparen darf mit einer Ausnahme. Auf die komme ich später noch zurück. Was ich aber ganz und gar vermisst habe, ist, wo Sie die Schwerpunkte in diesem Land setzen wollen. Wo sind denn Ihre Alternativen zur Regierungspolitik? Wo sind denn Ihre Konzepte für das Land? Wo wollen Sie denn sparen

(Abg. Maas (SPD) )

und sanieren, wenn Sie doch so sehr für das Sparen sind? Nichts, aber auch gar nichts haben wir davon heute in Ihrer Rede gehört.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir diskutieren diesen Haushalt vor schwierigen Rahmenbedingungen. Das kann kein Mensch leugnen. Wir leiden immer noch unter den Nachwirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise. Das hinterlässt auch Spuren in unserem Haushalt. Das kann man doch überhaupt nicht bestreiten! Wir haben die schwerste Rezession der Nachkriegszeit hinter uns. Gegenüber dem Haushaltsplanentwurf 2009 hatten wir in 2010 Steuereinbrüche von 420 Millionen Euro. Bis wir wieder bei Steuereinnahmen wie vor der Krise angelangt sind, werden wir etwa das Jahr 2013 schreiben. Das bitte ich doch in der Debatte ein Stück weit zu berücksichtigen, wenn man über Konsolidierungserfolge der Vergangenheit, ja oder nein, spricht. Denn in dieser Krise sahen sich die Landesregierung und dieser Landtag nicht nur nicht in der Lage, der Krise hinterherzusparen, sondern wir wollten es bewusst nicht tun, weil es wirtschafts- und konjunkturpolitisch falsch gewesen wäre.

Heute können wir sagen - da gibt uns auch die LINKE recht; es ist uns ja immer vorgehalten worden, dass wir das nicht tun dürften -, durch gemeinsames Handeln von Bund, Land und Kommunen ist es uns einigermaßen gut gelungen, durch die Krise hindurchzukommen. Aber das hat dazu geführt, dass die Neuverschuldung im saarländischen Haushalt gegenüber den Jahren zuvor exorbitant gestiegen ist.

Jetzt will ich Ihnen einmal etwas von den Konsolidierungserfolgen der Vergangenheit sagen. Hatten wir im Jahre 2005 noch eine Neuverschuldung von 800 Millionen Euro, so waren wir im Jahre 2007 schon bei einer Neuverschuldung von nur 380 Millionen Euro angelangt. Vor diesem Hintergrund wäre ein verfassungsgemäßer Haushalt in Sichtweise gewesen. Es ist anders gekommen wegen Dingen, die weder in diesem Land noch in Deutschland insgesamt, egal von welcher Partei, verursacht wurden. Weil wir der Krise nicht hinterhersparen können und weil wir die Landesausgaben nicht nur stabil gehalten haben, sondern durch Konjunkturprogramme ausgeweitet haben, konnten wir diesen Konsolidierungskurs für eine gewisse Zeit nicht in gleichem Maße fortsetzen. Das erklärt eine gewisse Kehrtwende auf Zeit.

Als Herr Minister Jacoby gestern davon gesprochen hat, heute sei ein Wendepunkt, hat er gemeint, jetzt, wo wir aus dem Gröbsten der Krise heraus sind, jetzt wo das Wirtschaftswachstum wieder steigt, wo die Arbeitslosenzahlen zurückgehen, wo wir in Europa Spitzenreiter beim Wachstum sind und das Saar

land bundesweit den zweiten Platz belegt, müssen wir wieder schrittweise zu einem anderen finanzpolitischen Kurs zurückkehren. Ein Ausstieg aus den Konjunkturpaketen ist notwendig und ist auch schon erfolgt. Wir müssen aber gleichzeitig nun schrittweise das Defizit weiter zurückfahren. Deshalb können wir auch in diesem Jahr mit einem um 243 Millionen Euro geringeren Defizit abschließen. In diesem Zusammenhang bitte ich die Opposition doch einfach mal zu erklären, was genau sie denn jetzt wirklich will. Wollen Sie, dass wir konsolidieren - Sie haben ja eben gesagt, unter der SPD-Vorgängerregierung sei so heftig gespart und konsolidiert worden -, oder wollen Sie, dass wir die Schuldenbremse ablehnen, also die Verschuldung nicht zurückfahren? Es kann doch nicht beides richtig sein. Nur eines von beidem kann zutreffen. Wenn Sie Konsolidierung wollen, dann können Sie nicht gegen die Schuldenbremse sein, dann müssen Sie einer Schuldenbremse zustimmen.

(Abg. Maas (SPD) : Was haben wir früher gemacht? Haben wir nicht konsolidiert?)

Oder aber Sie sagen, das ist alles falsch, dann kann man die Schuldenbremse ablehnen. Dann können Sie von uns aber auch nicht zusätzliche Sparmaßnahmen verlangen. Ich bitte Sie, sich an der Stelle einfach mal zu entscheiden, was Sie letztlich tatsächlich von uns fordern.

In dem Zusammenhang möchte ich dann Folgendes sagen. Konjunkturelle Mehrausgaben lässt die Schuldenbremse zu. Sie fordert aber von uns eine schrittweise Rückführung des strukturellen Defizits. Alle Länder in der Bundesrepublik Deutschland müssen sich dieser Aufgabe stellen. Das Saarland alleine hätte die Schuldenbremse überhaupt nicht verhindern können, selbst wenn es das gewollt hätte. Uns wurde ja in den vergangenen Tagen immer wieder vorgehalten, das Saarland hätte der Schuldenbremse nicht zustimmen dürfen, wir hätten das verhindern müssen. Ich frage, wie wir das mit unseren drei Stimmen im Bundesrat hätten tun sollen. Es gab doch einen breiten Konsens in der Bundesrepublik zwischen CDU und SPD, zwischen allen Bundesländern, die der Verankerung im Grundgesetz zugestimmt haben und eben auch der Verpflichtung für die Länder, die Schuldenbremse einzuhalten. Hätten wir uns massiv dagegen gewehrt, hätte das lediglich eine Konsequenz gehabt. Wir hätten nicht die Konsolidierungshilfen bekommen, die wir in den nächsten Jahren erhalten. Das sind immerhin 260 Millionen Euro Jahr für Jahr.

Der Finanzminister hat es gestern gesagt. Aus dem Länderfinanzausgleich und den Bundesergänzungszuweisungen bekommen wir 174 Millionen Euro im Jahr. Einen deutlich höheren Betrag werden wir an zusätzlichen Hilfen in den nächsten Jahren bekommen. Dazu war es einfach auch erforderlich, dass

(Abg. Schmitt (CDU) )

wir gesagt haben: Ja, wir begeben uns dann aber auch auf den Weg, durch Eigenanstrengung unser strukturelles Defizit zurückzufahren.

Wenn wir als Regierungskoalition Sie nicht überzeugen können, dann schauen Sie doch bitte nach Bremen oder ins rot-rote Berlin, die sich auf denselben Weg machen und die sich im Übrigen auch zur Schuldenbremse bekennen. Wenn es so einfach gewesen wäre, wie Sie uns immer vorhalten, wir hätten eine Altschuldenregelung gebraucht, man hätte der Schuldenbremse nur zustimmen dürfen, wenn man uns alle Altschulden abgenommen hätte, wenn das so einfach gewesen wäre, warum hat denn das sozialdemokratisch regierte Bremen das nicht erreicht? Warum hat denn das sozialdemokratisch regierte Berlin das nicht erreicht, wenn es doch so einfach gewesen wäre? Und wenn Sparen so schädlich ist, warum haben denn die beiden großen Parteien im Bundesrat und im Bundestag mit Zweidrittelmehrheit zugestimmt? Meine Damen und Herren, deswegen sage ich, den einfachen Weg gibt es nicht. Ihn den Leuten vorzugaukeln, wäre ein Stück weit verantwortungslos.

Der Kollege Jost sagte in der Zeitung: Die Schuldenbremse ist der Strick, den wir uns um den Hals gelegt haben.

(Abg. Jost (SPD) : Ihr habt es als Krawatte verkauft. - Heiterkeit bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich sage Ihnen eines: Nicht die Schuldenbremse ist der Strick, der um unseren Hals liegt, unsere Schulden sind der Strick, der um unseren Hals liegt, unsere Schulden berauben uns der Möglichkeiten für die Zukunft.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Commerçon (SPD) : Und warum habt Ihr sie dann gemacht?)

Lieber Herr Commerçon, wer in diesem Land behaupten kann, dass er in der Vergangenheit überhaupt keine Schulden gemacht hätte, den möchte ich sehen, egal von welcher Partei.

(Abg. Jost (SPD) : Von 1995 bis 1999 sind sogar welche abgebaut worden. - Oje! bei den Regierungsfraktionen.)

Aber doch nur durch eine Teilentschuldung, die uns der Bund gegeben hat. Andernfalls wäre das doch gar nicht denkbar gewesen. Stellen Sie das doch nicht als Ihre eigene Leistung dar!

(Heftige Zurufe von den Oppositionsfraktionen.)

Das ist doch Unsinn. Es ist uns doch damals eine Teilentschuldung gewährt worden von einer CDUgeführten Bundesregierung.

(Lachen bei den Oppositionsfraktionen.)

Jetzt bekommen wir eine dritte Möglichkeit mit Konsolidierungshilfen. Also tun Sie doch bitte nicht so, als wären das damals nur eigene finanzielle Anstrengungen einer Vorgängerregierung gewesen.

(Abg. Jost (SPD) : Wenn man nicht Französisch kann, ist das nicht schlimm, aber wenn man nicht rechnen kann … - Heiterkeit bei den Oppositionsfraktionen.)

Herr Präsident, meine Damen und Herren, uns wird von niemandem geholfen werden, weder vom Bund noch von anderen Ländern noch vom Verfassungsgericht, wenn wir nicht einen eigenen Konsolidierungspfad einleiten und eigene Schritte gehen zum Abbau des strukturellen Defizits. Dazu gehören auch zwangsläufig unpopuläre Schritte. Ich will mich auch gar nicht davor drücken, diese in meiner Rede noch einmal zu beschreiben. Dazu gehören Einsparungen über alle Ressorts hinweg von 30 Millionen Euro in diesem Jahr. Auch im Personalkostenbereich sind in diesem Haushalt Einsparungen unumgänglich. Dazu gehört in diesem Jahr ein Einstellungsstopp. Danach kann nur noch jede dritte freiwerdende Stelle besetzt werden.

(Abg. Jost (SPD) : Dann wird jede dritte Stelle eben doppelt besetzt. - Heiterkeit bei den Oppositionsfraktionen.)