che nicht gestellt werden können. Die Dauer der Aussprache beträgt grundsätzlich 60 Minuten. Dabei bleibt die von den Mitgliedern der Regierung in Anspruch genommene Redezeit unberücksichtigt.
Bevor ich die Aussprache eröffne, darf ich auch darauf hinweisen, dass die Mitglieder des Erweiterten Präsidiums für die Abwicklung der Aktuellen Aussprache bereits zu Beginn der Legislaturperiode eine Vereinbarung getroffen haben, die die Anzahl der Redebeiträge und die Rednerreihenfolge nach der Stärke der Fraktionen im Verhältnis 4-3-3-1-1 festlegt.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE hat diese Aktuelle Stunde mit dem Titel „Gefährdungssituation saarländischer Unternehmen, insbesondere von SaarGummi“ beantragt, weil wir der Auffassung sind, dass diese Debatte notwendig ist. Zwar haben wir auf der einen Seite eine durchaus erfreuliche wirtschaftliche Entwicklung mit besseren Zahlen als vielleicht noch vor einigen Monaten gedacht. Wir haben auch positive Entwicklungen - darauf will ich ausdrücklich verweisen - wie etwa bei ZF mit dem Ausbau von Arbeitsplätzen.
Meine Damen und Herren, wir haben auf der anderen Seite erhebliche Gefährdungen von Betrieben, die sich in industriellen Kernbereichen befinden und damit für die Zukunft dieses Landes von außerordentlicher Bedeutung sind. Der sicherlich aktuellste Fall ist dabei die Situation bei SaarGummi in Büschfeld. Es ist ein Betrieb mit gegenwärtig noch rund 1.000 Arbeitsplätzen. Er hat enorme Bedeutung für das nördliche Saarland, für das Saarland insgesamt. Man muss schließlich berücksichtigen, dass dazu nicht nur die unmittelbaren Arbeitsplätze gehören, sondern dass noch eine Reihe von Zulieferern dazukommt. Die lokale Wirtschaft ist davon abhängig und dergleichen mehr.
Dieser Betrieb ist erheblich gefährdet und das nicht erst seit Kurzem. Schon seit Längerem gibt es hier erhebliche Probleme. Deswegen haben wir uns ja auch im Wirtschaftsausschuss mehrfach damit befasst. Wir halten es angesichts der aktuellen Situation für notwendig, dass sich die Politik auch im breiten Rahmen damit befasst und dies deswegen, weil wir dort eine sehr gefährliche Situation haben. Die
Existenz dieses Betriebes ist gefährdet, auch durch das Vorgehen der Geschäftsleitung. Wir haben jetzt die Situation, dass sich durch die Insolvenz - das ist eigentlich paradox - möglicherweise neue Chancen zur Rettung dieses Betriebes ergeben.
Ich möchte einiges dazu sagen, weil ich denke, dass dies Bedeutung über SaarGummi hinaus hat. Die gegenwärtige Situation bei SaarGummi ist das Resultat einer Unternehmenspolitik, die sich nicht orientiert an der nachhaltigen Entwicklung des Unternehmens und dessen Ausbau, sondern dieses Unternehmen betrachtet als eine reine Finanzinvestition, aus der möglichst viel Geld herauszuziehen ist.
Hier zeigt sich das verhängnisvolle Wirken einer Geschäftsleitung im Auftrag von Finanzinvestoren - im Volksmund besser bekannt als Heuschrecken. Mit dieser Unternehmenspolitik muss Schluss gemacht werden!
Ich glaube, das ist unsere Aufgabe - die Aufgabe der Politik. Wir hatten ja am Samstag eine sehr beeindruckende Betriebsversammlung mit Vertretern von allen Parteien.
(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Wer hat gefehlt? Zuruf: Die GRÜNEN. - Abg. Spaniol (DIE LINKE): Ach nein.)
Wir hatten am Samstag eine in der Tat beeindruckende Betriebsversammlung, in der es den gemeinsamen Willen gab, dass dieses Unternehmen nachhaltig gesichert werden muss. Ich glaube, es ist Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass die Sanierung in die Richtung geht, die Arbeitsplätze und die Substanz des Unternehmens zu erhalten und langfristig zu sichern. Ich denke, es ist wichtig, dass dabei auch ein anderes Verhältnis zur Belegschaft gefunden wird.
Die Arbeit der Belegschaft ist die Garantie für die Zukunft dieses Unternehmens. Die Arbeit der Belegschaft ist von der bisherigen Geschäftsführung völlig ignoriert worden, ja mit Füßen getreten worden. Das muss sich erheblich ändern!
Meine Damen und Herren, wir haben nicht nur die Situation bei SaarGummi. Wir haben nach wie vor eine nicht geklärte Situation bei Halberg Guss, ein ebenfalls existenziell wichtiger Betrieb für das Saarland mit über 1.000 Arbeitsplätzen, wo es darum geht, diese Konzepte, die durchaus vorliegen, aber
noch nicht entschieden sind, in die Richtung vorwärts zu treiben, dass auch dort eine nachhaltige Sicherung erreicht wird. Auch das ist ganz wichtig. Dieser Fall Halberg Guss dauert schon viel zu lange. Bereits über ein Jahr ist das Unternehmen in Insolvenz. Diese lange Zeit gefährdet den Bestand dieses Unternehmens. Deswegen muss sich die Politik auch hier einsetzen, damit dieses nachhaltig gesichert wird.
Wir haben weitere Fälle. Wir haben die Situation bei ALSTOM in Bexbach, das im Rahmen eines europaweiten Konzeptes ein Problem hat. Auch darum muss man sich kümmern. Wir haben die Situation bei der Telekom. Das wird ein eigener Antrag sein. Wir haben außerdem einen Punkt, den ich zum Schluss anfügen möchte, nämlich Bosch in Homburg. Dort haben wir zwar keine unmittelbare Gefährdung, sondern sogar möglicherweise einen Arbeitsplatzaufbau. Die Situation ist, dass im Rahmen der Mittelfristplanung 850 Arbeitsplätze zur Disposition stehen. Das bedeutet, wir müssen uns frühzeitig darum kümmern, dass es nicht nur Initiativen zur Existenzgründung gibt - da stimme ich völlig zu -, sondern dass wir auch Initiativen zu einer Bestandssicherung von wichtigen Betrieben haben, um vorausschauend zu handeln. Dies ist Aufgabe der Politik. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sicherlich haben wir alle ein gemeinsames Interesse daran, dass das Unternehmen SaarGummi gesichert wird und die Arbeitsplätze erhalten bleiben. Das steht außer Frage. Aber spannend ist zu sehen, mit welchen Rezepten die LINKEN den Menschen wieder vorgaukeln, dass der Staat Unternehmen führen und dieses Unternehmen retten kann.
Herr Linsler, Sie haben eine beeindruckende Geschichte. Ihre Vorvorgänger-Partei hat bis 1990 beeindruckend bewiesen, wie ein Staat Unternehmen führen kann, nämlich ins Chaos.
Ein Zweites will ich Ihnen sagen. Ihr Fraktionsvorsitzender ist ja immer bemüht, sein Bild vor der Geschichte dieses Landes in ein neues Licht zu stellen. Herr Lafontaine, ich darf Sie daran erinnern, Sie haben für eine D-Mark nicht nur den schwarzen Bereich von Saarberg verkauft; Sie haben gleichzeitig
SaarGummi, SOTEC, die Umweltgruppe, die Kraftwerke, Saarberg Fernwärme und alle anderen Unternehmen mit verkauft.
Sie haben dies in einer Situation getan - das ist nicht zum Lachen, Herr Lafontaine -, in der SaarGummi vergleichbare unternehmerische Probleme wie heute hatte. Als es Ihnen gebacken war, haben Sie SaarGummi für eine D-Mark veräußert, diesen Betrieb privatisiert und die Übernahme durch die RAG 2004 vorbereitet. Heute tun Sie so, als könnte diese Landesregierung den Betrieb über Verstaatlichung retten. Das ist einfach nur lächerlich.
Deshalb will ich Ihnen noch etwas sagen - Saarstahl. Auch das tue ich, weil ich weiß, welches Geschichtsbild hier und heute wieder dargestellt werden wird. Kommen Sie endlich in der beihilferechtlichen Situation des Jahres 2010 an und nehmen Sie zur Kenntnis, dass das Beihilferecht aus früheren Zeiten nicht mehr existiert. Es ist nun einmal so, dass stille Beteiligungen EU-rechtlich bei 1,5 Millionen Euro gedeckelt sind - mehr geht nicht - und dass offene Beteiligungen des Staates durch Beihilferecht gedeckelt sind, bis hin zum Thema Strafrecht und Untreue. Deshalb ist es unredlich, den Menschen dort oben in Büschfeld zu suggerieren, der Staat könne es richten. Das ist falsch; das ist unanständig. Das ist der absolut falsche Weg.
Ich sage gerade Ihnen, Herr Linsler, als ehemaligem Gewerkschaftler noch etwas dazu. Wir haben über 400 Insolvenzen im Jahr - leider. Wir haben in allen Bundesländern diese Probleme. Wie wollen Sie denn einem mittelständischen Unternehmen mit 20 Mitarbeitern, das in vergleichbarer Situation ist, sagen, bei dir kann es der Staat nicht richten, wir können ja nicht 400 Unternehmen übernehmen? Insofern ist das Gaukelei. Deshalb sage ich in aller Klarheit: Was das Land gemacht hat - übrigens auch in Ihrer Zeit, das will ich ausdrücklich positiv erwähnen -, nämlich die Unternehmen mit den Möglichkeiten, die der Staat hat, zu begleiten und die Arbeitsplätze zu erhalten, ist der richtige Weg. Den sind wir konsequent gegangen, mit hohem Risiko.
Wir stehen als Parlament dazu, dass wir mit einem Bürgschaftsvolumen, das in den letzten zehn Jahren etwa eine Milliarde Euro erreicht hat, natürlich vieles stabilisieren. Wir stehen dazu, dass es in einer Phase, wie wir sie jetzt hatten, natürlich mehr Risiken gibt, die sich realisieren. Dennoch haben wir durch die Bürgschaft dafür gesorgt, dass eine Fortführungsstrategie möglich sein wird.
Deshalb ist meine herzliche Bitte vor diesem Hintergrund, dass wir einmal in Klarheit Folgendes sehen: Erstens. Die Gewerkschaften und die Arbeitnehmer haben dort bestens mitgezogen. Zweitens. Wirtschaftsminister Dr. Hartmann und sein Staatssekretär Kiefaber haben einen hervorragenden Job gemacht, genauso wie vorher Wirtschaftsminister Rippel und Staatssekretär Hettrich. Es sind alle Möglichkeiten ausgeschöpft worden, die das Land hat, um dort zu stabilisieren und zu helfen. Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, lasst uns folgende Botschaft nach Büschfeld aussenden: Der Landtag und die Landesregierung stehen zu diesem Unternehmen und tun alles, um es zu stabilisieren. Aber gaukeln Sie bitte nicht vor, meine Damen und Herren von der Opposition, der Staat könne es richten. Das verblendet die Menschen und vermittelt ihnen ein falsches Bild von ihrer Zukunft. Deshalb sage ich abschließend: Ich bedanke mich beim Wirtschaftsminister, bei den Arbeitnehmern, bei den Gewerkschaften. Und ich sage es noch einmal: Wir werden an ihrer Seite stehen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 2008 war das SaarGummi-Werk in Büschfeld noch Werk des Jahres. Heute, 2010, befindet es sich in der Insolvenz. Diese Entwicklung hat ihre Gründe. Sicherlich könnte man sagen, wir hatten eine schwere Finanz- und Wirtschaftskrise. Wer jedoch diesen Erklärungsansatz allein heranzieht, um die Entwicklung bei SaarGummi zu begründen, springt zu kurz, denn wir wissen heute: Die Auftragsbücher sind voll; es laufen Leiharbeiter im Betrieb umher, um die Aufträge zu erfüllen; die Belegschaft schiebt Tausende von Überstunden vor sich her. Und jetzt, in der Insolvenz, wird sogar darüber nachgedacht, zusätzliche Beschäftigte einzustellen, um die Aufträge abzuarbeiten. Bei diesen Rahmenbedingungen war die Geschäftsleitung nicht in der Lage, schwarze Zahlen zu schreiben, meine sehr verehrten Damen und Herren. Es gibt keine Beispiele dafür, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Verantwortung dafür tragen, dass ihr Unternehmen in die Schieflage geraten ist, doch gibt es sehr wohl viele Beispiele dafür, dass Geschäftsleitung und Eigentümer dafür verantwortlich sind, dass ein Unternehmen in eine Schieflage und schließlich in die Insolvenz geraten ist. SaarGummi ist ein weiteres trauriges Beispiel für die zweite Aussage.
Die Insolvenz ist das Ergebnis der bisherigen Unternehmenspolitik, bei der die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer lediglich Kostenstellen waren. Dies sieht man daran, dass bis zum Schluss versucht wurde, das Unternehmen allein über die Lohnkosten zu retten. Nachdem die Belegschaft bereits 10 Prozent ihres Lohns abgeben und weitere Einbußen hinnehmen musste, sollten noch einmal 20 Prozent Lohnverzicht hinzukommen. Das ist eine Unternehmenspolitik, bei der die Renditeerwartung vor der Substanzerhaltung, vor der Investition in den Standort steht, eine Unternehmenspolitik, die insgesamt gescheitert ist und die in Büschfeld auch niemand mehr haben will, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir brauchen in Büschfeld keine weiteren Heuschrecken; wir haben von ihnen die Nase voll.
Im Übrigen ist das System der Heuschrecken, der Private-Equity-Fonds, immer das gleiche: Finanzinvestoren kaufen ein Unternehmen auf - im Fall SaarGummi wahrscheinlich zu teuer. Die Kosten der Finanzierung werden auf das Unternehmen abgewälzt. Dieses wird wegen der Schuldenbürde an den Rand seiner Existenzfähigkeit gedrückt. Daraufhin folgen Bürgschaften und Stillhalteabkommen der Banken, Veräußerungen von Unternehmensteilen, Lohnverzicht, Entlassungen, und am Ende steht oft auch die Insolvenz. Genau so hat es sich auch bei SaarGummi abgespielt, und - diese Bemerkung sei mir erlaubt - genau darauf habe ich schon vor einem Jahr hingewiesen, verbunden allerdings auch mit der Forderung, dass die Hilfen der Landesregierung der Sicherung des Standortes zu dienen haben. Wenn nämlich das Land Geld in die Hand nimmt, muss dieses zur Sicherung der Arbeitsplätze verwendet werden und darf nicht der Absicherung der Renditeerwartungen einiger weniger in Berlin dienen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Damals war ich freilich noch massiver Kritik in der Presse ausgesetzt. Rehlinger gefährdet tausend Arbeitsplätze, musste ich nach diesen Verlautbarungen lesen. Heute hören sich die Pressemitteilungen schon etwas anders an. Aber nichtsdestotrotz oder vielleicht sogar gerade deshalb erwarte ich, nachdem nunmehr die Möglichkeit besteht, dort in die Bücher hineinzusehen, dass man ganz genau hinsieht, wohin das Geld verschwunden ist. Wir haben gehört, was das Land geleistet hat. Ich mache es einmal rund: 13 Millionen Euro Bürgschaft, 12 Millionen Euro Liquidität durch den Ankauf von Land durch die Saarland Bau und Boden, 8 Millionen Euro durch den Verkauf von Vossloh und immerhin 1,4 Millionen Euro dadurch, dass die Mitarbeiter ihre Jubiläumskasse zur Verfügung gestellt haben. Also mehr als 30 Millionen Euro sind in Büschfeld binnen