Ich habe mir oft die Frage gestellt, warum sich in jeder Debatte fast jeder Redner an meiner Regierungszeit abarbeitet. Ich will Ihnen das psychologisch erklären.
Herrn Ministerpräsident Müller und auch Ihnen von der CDU, die dazwischenrufen, will ich es erklären. Es muss Sie ja ungemein beschäftigen. Es muss Sie täglich beschäftigen. Sie haben allen Grund dazu. Die Bewertung der Regierungsarbeit erfolgt eben nicht durch Sie selbst, sondern durch die Wählerinnen und Wähler. Es muss für Sie ein großes Problem sein, dass hier einer steht, der immer absolute Mehrheiten erreicht hat, während Sie kläglich auf 30 Prozent gefallen sind. Die Wählerinnen und Wähler an der Saar wissen, welche Luschen hier an der Regierung sind. Das ist der Hintergrund, warum Sie mit dieser Angelegenheit nicht fertig werden.
Sie setzen auf die Schuldenbremse. Sie haben vorhin gesagt, vor einigen Monaten sei das noch alles anders gewesen. Man muss aber doch drei oder vier Jahre hochrechnen. Ich kann bei Ihnen nicht feststellen, dass Sie drei oder vier Jahre weiter denken.
Das ist Ihr großes Problem. Sie haben keinerlei Weg aufgezeigt, wie an dieser Stelle irgendetwas in Gang zu setzen oder zu lösen ist. Nun gibt es einen Vorschlag von uns, den Sie zögerlich - heute ja, morgen nein - aufgreifen. Wir haben gesagt, derzeit ist der einzige Ausweg eine andere Steuer- und Abgaben
struktur. Sie mögen das für falsch halten, dann fangen Sie aber in der Öffentlichkeit nicht an, über höhere Spitzensteuersätze zu reden; das ist in höchstem Maße unseriös. Wie der Kollege Jost es gesagt hat, sind Sie völlig inkonsequent. Sie reden über höhere Spitzensteuersätze und tun so, als sei es kein Weg, über die Steuerproblematik die Haushalte zu sanieren. Das ist völlig inkonsequent.
Wir haben Ihnen vorgeschlagen, die Vermögenssteuer als eine Quelle der Ländereinnahmen zur reaktivieren. Diese Vorschläge werden teilweise vom anderen politischen Spektrum aufgegriffen. Warum sind Sie nicht in der Lage, hier zu sagen, Sie sind bereit, diesen Weg zu gehen? In einer Zeit, in der die Verteilung in der Bevölkerung immer ungerechter wird - was alle Statistiken besagen, die überhaupt zugänglich sind -, ist die Vermögenssteuer eine Möglichkeit, mehr Gerechtigkeit in diesem Lande zu realisieren.
Ich wiederhole es. Weil Sie in den letzten Jahren als eine Gruppe wahrgenommen worden sind, die mehr Ungerechtigkeit und Ungleichheit zu verantworten hat, sind Sie so abgestraft worden. Als die CDU an der Saar noch sozial war, hat sie absolute Mehrheiten erreichen können. In dem Maße, in dem Sie diesen Weg aufgegeben haben, sind Sie zu Recht abgestraft worden. Die Saarländerinnen und Saarländer wissen, warum sie Sie mit diesem Zeugnis ausgestattet haben.
Sie können ja über die Opposition herziehen, müssen sich aber ernsthaft die Frage stellen, warum Sie an der Saar solch miserable Zeugnisse von den Wählerinnen und Wählern bekommen haben.
Die Wählerinnen und Wähler wissen nun einmal, dass Sie keinen Ausweg aus der Krise haben. Deshalb gibt es auch diese Personalspekulation, die nicht von uns aufgebracht worden ist. Es entsteht der Eindruck, dass jemand nicht mehr weiter weiß und daher eine andere Beschäftigung sucht. Das ist für unser Land keine gute Ausgangssituation. Was wir brauchen, ist ein Konzept, um aus dieser Krise herauszukommen.
Ich wende mich nun an Sie, Herr Kollege Ulrich. Sie haben gesagt, was die Steuerpolitik angehe, seien es alles Vorschläge, an denen man nichts machen könne. Man habe an der Saar nicht darüber zu entscheiden. - Um Himmels willen, wenn wir früher so gewurstelt hätten, wenn wir im Bundesrat keine
Mehrheiten für Mehreinnahmen hergestellt hätten, wo wäre das Land heute? Wir haben in mehrfacher Form im Bundesrat die Weichen für Mehreinnahmen für die Länderkassen gestellt. Warum sind Sie nicht fähig, eine solche Leistung in der Bundespolitik zu erbringen? Sie sind völlig unfähig.
Ich sage Ihnen, es geht hier nicht um Selbstbeweihräucherung. Sie, Herr Finanzminister, sind ja wirklich ein ganz großes finanzpolitisches Genie, das will ich Ihnen ja zugestehen.
Reden Sie von der Regierungsbank nicht ständig dazwischen. - Es ist völlig unüblich, Herr Präsident, dass man ständig von der Regierungsbank angequatscht wird.
Herr Kollege Jacoby, ich bitte darum, dass wir uns an die parlamentarischen Gepflogenheiten halten. Zwischenrufe von der Regierungsbank sind unüblich.
(Beifall von der LINKEN. - Abg. Spaniol (DIE LIN- KE) : Das geht schon die ganze Zeit so. Vielen Dank, Herr Präsident.)
Vielen Dank, Herr Präsident. Es ist nun einmal so, dass man schlecht reden kann, wenn einem ständig jemand aus kurzer Nähe etwas ins Ohr ruft. - Herr Finanzminister, es wäre wirklich gut, wenn Sie sich der Problematik stellen würden. Sie sagen, wir haben rund 12 Milliarden Schulden. Wie wollen Sie weitermachen? Sie können doch nicht immer so weiterreden wie bisher und erzählen, dass Sie die Investitionen irgendwie gesteigert haben, dass Sie da oder dort auch eingespart haben. - Das ist alles richtig, aber das sind keine Antworten auf die existenzielle Frage. Wir sagen, wir brauchen eine andere Steuer- und Abgabenstruktur. Ich widerspreche ganz energisch. Denn Bereitschaft bei anderen Bundesländern zu einem solchen Ansatz ist vorhanden. Lesen Sie doch einmal aufmerksam, was da oder dort gesagt wird. Sie haben noch nicht einmal mitbekommen, dass zwei rot-rot regierte Länder im Bundesrat Anträge zur Vermögenssteuer und Erbschaftssteuer und so weiter gestellt haben. Sie können es ja für falsch halten, aber tun Sie nicht so, als gäbe es solche Ansätze nicht. Ich sage Ihnen, angesichts der Entwicklung, die letztlich immer noch so instabil ist, dass ich mich gewundert habe, wie sie schöngeredet worden ist, brauchen wir endlich An
sätze, um die Länderhaushalte zu sanieren. Das ist Gott sei Dank - nicht nur ein Problem des Saarlandes.
Zur Schönrednerei noch ein paar Bemerkungen. Ich wundere mich, dass zwei oder drei Redner hier gesagt haben, die Dinge hätten sich nachhaltig zum Besseren gewendet. Da war es eine Wohltat, dass der Kollege Bierbaum einmal gesagt hat, was in Europa überhaupt los ist. Wir haben eine äußerst instabile Situation. Solange die Ursachen dieser instabilen Situation nicht angegangen werden, das heißt eine wirklich durchgreifende Neuordnung der Finanzmärkte, ist das, was mit den Haushalten geschieht, insbesondere was hier gesagt wird, mehr oder minder eine Karnevalsveranstaltung. So lösen wir die Probleme nicht. Wir brauchen strukturelle Reformen auf den internationalen Finanzmärkten, damit die öffentlichen Haushalte überhaupt wieder in Ordnung kommen können.
Es ist unvorstellbar, was wir derzeit erleben. Es wird über Haushaltskonsolidierung geredet, in einer Zeit, in der quer durch Europa von den Parlamenten plötzlich erzwungenermaßen Hunderte von Milliarden bereitgestellt werden müssen, damit das ganze System nicht zusammenbricht. Da kann man doch nicht mehr von Haushaltssouveränität oder Haushaltskonsolidierung sprechen. Wir haben derzeit Bewegungen in Hunderten von Milliarden Höhe. Diese Bewegungen schlagen selbstverständlich auf die Länderhaushalte durch. Deshalb ist es notwendig, dieses Problem ernsthaft anzugehen. Selbst wenn es in einem Landesparlament nicht ganz am rechten Orte sein mag, so möchte ich es einmal ausdrücken, muss es doch gelingen, Regeln zu finden, um diese maßlose Spekulation der Banken in den Griff zu bekommen, damit die Haushalte überhaupt eine Chance haben, wieder saniert zu werden.
Natürlich müssen wir in dem Rahmen, der uns derzeit gegeben ist, auch das Prinzip der sozialen Gerechtigkeit im Auge behalten. Das ist unsere Position. Die müssen Sie ja nicht übernehmen, aber ich kann Ihnen ein Geheimnis verraten: Diese Position ist in der saarländischen Bevölkerung mehrheitsfähig. Deshalb ist es geschmacklos, wenn Sie sagen, man wolle die Behinderten instrumentalisieren. Natürlich kann man die Position vertreten, die jetzige Ausgabensituation sei ausreichend. Dann muss man sich aber erst mit denjenigen auseinandersetzen, die sagen, sie haben aus diesen und jenen Gründen Mehrbedarf. Aber der Opposition vorzuwerfen, das sei geschmacklos, fällt auf Sie selbst zurück. Herr Maas hat zu Recht darauf hingewiesen, dass sich die Behinderten selbst zu Wort gemeldet haben. Es ist das gute Recht jeder Opposition, diese Wortmel
Dass Sie keinen Ansatz zur Sozialverträglichkeit haben, haben Sie, sehr verehrter Herr Ministerpräsident, wieder unter Beweis gestellt, als Sie über den Bergbau geredet haben. Ich will die alten Dinge nicht alle aufwärmen. Dazu fehlt mir auch die Zeit. Wenn Sie sagen, es sei eine sozialverträgliche Lösung gefunden worden, ist das Ihre Sichtweise. Aber diese Sichtweise wird nicht geteilt von den Betroffenen, und auf die kommt es an. Es ist keine sozialverträgliche Lösung, wenn durch Ihre törichte Politik Bergleute gezwungen werden, in Nordrhein-Westfalen zu arbeiten. Das ist keine sozialverträgliche Lösung, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ich sehe auf die Uhr, sehr verehrter Herr Präsident, und komme zum Schluss. Die entscheidende Frage ist doch die: Wie können wir den gewaltigen Schuldenberg des Saarlandes abbauen? Und da gibt es niemanden, der Ihnen einreden würde, das sei alles leicht zu machen, wir könnten das Problem mal eben aus der Westentasche lösen. Wenn man aber den Schuldenberg abbauen will und für die Selbstständigkeit unseres Saarlandes streiten will, muss man einen seriösen und belastbaren Weg aufzeigen, wie dieser Schuldenberg abzubauen ist.
Der Weg, den wir Ihnen vorschlagen, ist der, dass wir sukzessive dafür Sorge tragen - und das geht leider nur über den Bundesrat und die Bundespolitik, das ist richtig -, dass wir durch eine ähnliche Steuerund Abgabenstruktur wie im Durchschnitt der europäischen Staaten wieder zu einer gerechteren Besteuerung kommen und damit zu einer Chance, die Länderhaushalte zu sanieren.
(Zuruf von der LINKEN: Wuff, wuff! - Platz! - Abg. Linsler (DIE LINKE) : Kusch, kusch! - Abg. Georgi (DIE LINKE) hält einen großen Hundeknochen hoch. - Heiterkeit bei den LINKEN.)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer mit Blick auf die peinlichen Vorgänge bei den GRÜNEN jetzt einen Hundeknochen hochhält -
Kollege Linsler, wer ruft „Hier bei der Arbeit!“ und „Wuff, wuff!“, wer sich zum Clown des Parlaments macht
und große Freude an einem Versprecher demonstriert, dem kann ich nur sagen: Wer jetzt hier auf der Zuschauerbank sitzt und zuhört, kann das nur noch traurig finden, was Sie hier abliefern. Das will ich in aller Deutlichkeit sagen.