Protokoll der Sitzung vom 23.03.2011

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wenn dies langfristig ein kostensparender Weg sein wird, insbesondere wenn man eine volkswirtschaftliche Gesamtrechnung macht, so wird es doch kurzfristig mit erheblichen zusätzlichen Kosten verbunden sein. Den Weg ins solare Zeitalter gibt es kurzfristig nicht umsonst. Die Kosteneinsparungen werden erst langfristig zu erreichen sein. Ich will in diesem Zusammenhang nur einmal darauf hinweisen, dass bereits jetzt die Großhandelspreise für elektrische Energie um 20 Prozent gestiegen sind, was sich bei den Verbrauchern in einer Quote von etwa sieben Prozent niederschlagen wird.

Natürlich hat der Umbau ins solare Zeitalter auch uneingeschränkt positive Aspekte. Es ist der Weg hin zur Eröffnung neuer Beschäftigungsmöglichkeiten. Es ist der Weg, um in erheblichem Umfang neue Jobs zu schaffen. Was wir brauchen, ist eine gesellschaftliche Akzeptanz dieses Weges. Auch da liegt viel Arbeit vor uns. Ich kann nicht für Windenergie sein, aber das Windrad vor Ort ablehnen. Ich kann nicht für Sonnenkraftwerke sein, aber die Sonnenfabrik vor Ort bekämpfen. Ich kann nicht für einen stärkeren Anteil regenerativer Energien sein, aber gegen Pumpspeicherwerke und neue Stromleitungen vorgehen. Deshalb glaube ich, dass wir möglicherweise neue rechtliche Strukturen brauchen. Es gibt erste Überlegungen, wie auf der Basis von Beschleunigungsgesetzen zum Teil orientiert an demjenigen, was wir in Zusammenhang mit dem Aufbau Ost gemacht haben - die rechtlichen Grund

lagen verändert werden können. Wir müssen uns aber auch verstärkt um gesellschaftliche Akzeptanz, um einen breiten gesellschaftlichen Konsens in dieser Frage bemühen.

Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, glaube ich - und damit möchte ich schließen -, dass auf uns alle eine große Aufgabe zukommt. Die schrecklichen Ereignisse in Japan, bei denen unsere Anteilnahme und Hilfe gefordert ist - die wollen wir auch erbringen -, begründen für uns die Notwendigkeit, einen neuen gesellschaftlichen Konsens in Deutschland herbeizuführen, einen gesellschaftlichen Konsens, der besagt: Wir wollen die Atomenergie schnellstmöglich als Nutzungsform in Deutschland beenden, wir wollen die Brücke ins solare Zeitalter schneller bauen, als wir alle gemeinsam dies in der Vergangenheit vorgesehen hatten.

Dafür lohnt es sich gemeinsame Anstrengungen zu unternehmen. Das ist die richtige Antwort auf die Herausforderung, die die schrecklichen Ereignisse in Japan für uns begründen. Stellen wir uns dieser Herausforderung! Ich glaube, das ist unsere gemeinsame politische Aufgabe und Verantwortung.

(Anhaltender Beifall bei den Regierungsfraktio- nen.)

Ich danke dem Herrn Ministerpräsidenten. Bevor ich die Aussprache eröffne, weise ich auf Folgendes hin. Die Mitglieder des Erweiterten Präsidiums haben sich darauf verständigt, als Redezeit für die mit den Tagesordnungspunkten 7, 8 und 9 verbundene Aussprache jetzt zur Regierungserklärung das anderthalbfache Grundredezeitmodul einzusetzen.

Wir kommen zu den Punkten 7, 8 und 9 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der SPDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Ausstieg aus der Atomenergie Energiewende jetzt! (Drucksache 14/429)

Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Abschaltung des AKW Cattenom bzw. Begrenzung der Laufzeit des AKW Grenzüberschreitende Genehmigungsverfahren für industrielle Großanlagen (Drucksache 14/427)

Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion, der FDP-Landtagsfraktion und der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Konsequenzen aus der Atomkatastrophe in

(Ministerpräsident Müller)

Japan: Ausstieg aus der Atomkraft und Vorrang für regenerative Energien (Drucksache 14/431)

Ich erteile das Wort dem Fraktionsvorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion, Heiko Maas, gleichzeitig auch zur Begründung des Antrages seiner Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege Maas.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nicht nur in der Regierungserklärung, sondern auch in der Aussprache gilt das erste Wort den Opfern der Katastrophe in Japan. Es gibt dort Erdbebenopfer, es gibt Tsunamiopfer. Es gibt auch Strahlenopfer, von denen viele noch gar nicht wissen, dass sie Opfer sind. Das macht deutlich, welche Dimension diese Katastrophe dort hat.

Bei allem, was wir in Japan gesehen haben, hat mich die Ruhe und Gelassenheit, auch die Tapferkeit der japanischen Bevölkerung beeindruckt, wie die Menschen mit dieser Situation umgehen, sich wechselseitig helfen, bis hin zu dem Punkt, dass sich Freiwillige zur Verfügung gestellt haben, bei den Unfallreaktoren selbst vor Ort zu helfen. Sie haben damit nicht nur ihr Leben aufs Spiel gesetzt, sondern nehmen sicherlich ganz erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen in Kauf.

Ich würde nicht so weit gehen wie Cécile Calla, die Deutschland-Korrespondentin von Le Monde, die vor Kurzem geschrieben hat, dass bei den deutschen Vollblutpanikern die Diskussion sehr selbstbezogen verläuft, was die zukünftige Energiepolitik in Deutschland betrifft, und dabei die Opfer in Vergessenheit geraten. Aber es soll uns zumindest eine Mahnung sein: Tausende von Menschen haben ihr Leben verloren. Man muss befürchten, dass noch viele dazukommen. Deshalb sind wir in Gedanken bei denjenigen, die Angehörige verloren haben oder auch das, was ihnen in ihrem Leben materiell wichtig war.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, politisch und nicht nur politisch - erleben wir gerade das Ende des Atomzeitalters, das Ende des Dogmas der nuklearen Unfehlbarkeit und auf der politischen Bühne Deutschlands den fluchtartigsten Rückzug der Atomkraftbefürworter, insbesondere bei den Konservativen und Liberalen, von allen diesbezüglichen Positionen. Dieser Rückzug erfolgt radikaler und teilweise auch unverfrorener als alles, was es in der deutschen Politikgeschichte in den letzten Jahrzehnten gegeben hat. Ich will auch sagen, wieso ich es für unverfroren halte. Es ist nämlich so - das ist eben angeklungen, auch in einem Beitrag der Bundeskanzlerin im Bundestag dieser Tage -, dass wir uns heute von Leuten, die vor Kurzem noch in einem ge

kauften Deal mit der Atomindustrie die Restlaufzeiten für Kernkraftwerke verlängert haben, anhören müssen, der Atomausstieg von Rot-Grün sei zu langsam gewesen. Wer so argumentiert, ist schamlos und gleichzeitig schmerzfrei. Dem traue ich alles zu und glaube ihm nichts, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD.)

Dabei will ich in aller Deutlichkeit sagen, dass ich es einzelnen Abgeordneten der CDU- und FDP-Fraktion in diesem Hause abnehme, dass Fukushima ihre Haltung zur Atomenergie grundlegend verändert hat. Ich begrüße das eindeutig und heiße sie willkommen bei denjenigen, die schon seit Jahren für einen Ausstieg aus der Atomenergie kämpfen. Ich muss ihnen aber sagen, ihre Parteien als solche sind keine glaubwürdigen Protagonisten in dieser Frage, und das hat auch seine Gründe.

Ich erinnere an die Position, die die Saar-CDU bis zur letzten Landtagswahl vertreten hat. Herr Müller, Sie haben noch drei Tage vor der Landtagswahl, am 27.08.2009, gesagt, dass Sie für eine Laufzeitverlängerung sind, weil Atomenergie auch weiterhin gebraucht würde. Sie haben im Dezember 2009 ohne erkennbaren äußeren Anlass die Position gewechselt, Sie haben sich gegen eine Laufzeitverlängerung ausgesprochen und für einen kritischeren Umgang mit der Atomenergie.

Die Positionsveränderung hatte nur vordergründig keinen Zweck. Es gab Sondierungsgespräche, es ist damals über die Regierungsbildung verhandelt worden und Sie haben damals Ihre Position in dieser Frage allein zum Machterhalt geändert. Ich frage Sie: Welche Glaubwürdigkeit hat eine Partei, die in einer der zentralsten Fragen der deutschen Politik ihre Position nach rein machttaktischen Erwägungen festlegt? Ich sage Ihnen: Keine! Das gilt auch für das, was in der kommenden Zeit zu diskutieren sein wird.

In den letzten Tagen war von der FDP zu lesen, dass man jetzt gar nicht mehr schnell genug aus der Atomenergie aussteigen kann. Da werden Jahreszahlen genannt, die geradezu atemberaubend sind. Ich will Ihnen dazu nur eines sagen. Wenn in den letzten Tagen der Obermufti der Saar-SPD, Herr Ostermann -

(Zuruf: Der FDP!)

Wenn der Obermufti der FDP -

(Verbreitet Heiterkeit.)

Der Spaß sei Ihnen gegönnt, die Debatte ist sowieso schon schwierig genug. - Wenn, meine Damen und Herren, Herr Ostermann, der ja auch Kreisvorsitzender der FDP ist, den Wiedereinstieg in die Kohleförderung im Saarland propagiert, dann ist das nicht

(Präsident Ley)

nur eine Verhöhnung der Bergarbeiter, die die FDP gar nicht schnell genug loswerden konnte, sondern es ist auch ein Hinweis, dass hier professionelle Spielernaturen am Werk sind. Hier geht es aber um existenzielle Fragen, da können wir Spieler nicht gebrauchen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD.)

Das gilt auch für das Verhalten der Bundesregierung, die sich ja auch aus CDU und FDP zusammensetzt. Herr Müller, ich habe eben gehört und mit Erstaunen zur Kenntnis genommen - mich würde einmal interessieren, was die Umweltministerin dazu sagt -, dass jetzt die Sicherheitsvorkehrungen für Kernkraftwerke deutlich besser wären, als das bei Rot-Grün der Fall gewesen sei. Meine Damen und Herren, vielleicht sollten wir zur Wahrheit zurückkehren. Sie haben nämlich nicht nur die Restlaufzeiten verlängert, sondern Sie haben auch die Sicherheitsanforderungen, die Rot-Grün 2009 in Kraft gesetzt hat, mit der Restlaufzeitverlängerung wieder abgeschafft.

Diese Sicherheitsanforderungen haben auf über tausend Seiten festgelegt, wie Notstromversorgung aussehen muss, wie die Anforderungen an Kühlsysteme zu sein haben und wie die Sicherheit konkret verbessert werden muss. Sie haben das alles gestrichen. Seitdem gilt wieder ein über 30 Jahre altes kerntechnisches Regelwerk. Ich frage mich, warum haben Sie das gemacht? In der damaligen Debatte ist deutlich geworden, dass Sie das gemacht haben, weil Ihnen die AKW-Betreiber gesagt haben, viele AKWs werden diesen modernen Sicherheitsstandards nicht gerecht. Sie haben das gemacht, weil die Betreiber Ihnen gesagt haben, dass die alten Meiler niemals auf den Stand dieser Technik hochgerüstet werden können und deshalb noch viel früher vom Netz gehen müssten, als im Atomausstieg eigentlich vorgesehen, und weil die notwendigen Investitionen die Milliardengeschäfte der Atomwirtschaft geschmälert hätten. Die Bundesregierung aus CDU und FDP hat Geld gegen Sicherheit getauscht. Und deshalb sind Sie heute in dieser Frage unglaubwürdig.

(Beifall bei der SPD.)

Herr Ministerpräsident, Sie haben das Moratorium, das die Bundesregierung jetzt in Kraft gesetzt hat, noch einmal hervorgehoben. Es gibt sicherlich niemanden, der dagegen anredet, dass jetzt sieben Atomkraftwerke vom Netz genommen worden sind. Man wundert sich vielleicht darüber, wie leicht das geht, ohne dass die Stromversorgung in Deutschland zusammenbricht. In der Vergangenheit haben wir dazu vieles anders gehört. Ich bin dennoch erstaunt über die Art und Weise, wie das praktisch umgesetzt wird. Und das lässt auch Schlüsse auf die Glaubwürdigkeit dessen zu, was damit verfolgt

wird. Sie haben gesagt, dass Sie diese Atommeiler vom Netz nehmen wollen, und Sie haben auch gesagt, dass Sie sie gar nicht mehr ans Netz zurückbringen wollen, wenn diese drei Monate vorbei sind. Das ist ja eine Diskussion, die in der CDU stattfindet, und das werden Sie sicherlich auch in Berlin hören. Jetzt frage ich mich, warum Sie sich auf einen Notparagrafen im Atomgesetz berufen, der es möglich macht, aus Sicherheitsgründen durch staatliche Anordnung Meiler abzuschalten. Wenn Sie es ernst meinen mit dieser Frage, dann nehmen Sie doch das Gesetz zur Verlängerung der Restlaufzeiten einfach zurück, anstatt mit Notparagrafen zu agieren. Wer so handelt, ist nicht glaubwürdig, und bei dem weiß man nie, was nach den drei Monaten geschieht. Das gilt vor allen Dingen, wenn die Landtagswahlen in Baden-Württemberg vorbei sein werden.

(Beifall bei der SPD.)

Ich habe auch deshalb Bedenken, weil dieser Tage nachzulesen ist, dass es in der Bundesregierung anscheinend unterschiedliche Auffassungen gibt. Im „Spiegel“ konnte man dieser Tage nachlesen - ich zitiere: Der neue Atomkurs der Regierung Merkel bekommt nicht nur Gegenwind von den AKW-Betreibern. In einem „Spiegel-Gespräch“ geht jetzt Bundesaußenminister Guido Westerwelle auf Distanz zu Bundeskanzlerin Merkel. Der Vizekanzler hält auch nach der nuklearen Katastrophe in Japan eine Verkürzung der Laufzeiten für deutsche Atomkraftwerke nicht für beschlossene Sache. „Ich wäre - so ein wörtliches Zitat - mit konkreten Schlussfolgerungen vorsichtig“, sagt Westerwelle. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn die große Masse der Bevölkerung Ihre Kehrtwende in der Atomenergie nur für bedingt glaubwürdig hält und wenn man so etwas liest, dann muss man tatsächlich befürchten, dass aus der Kehrtwende, die anfänglich eine 180-GradKehrtwende gewesen ist, irgendwann einmal eine 360-Grad-Kehrtwende wird. Das wollen wir nicht. Deshalb wollen wir, dass Fakten geschaffen werden. Wenn Sie das glaubwürdig vertreten, dann nehmen Sie das Gesetz zur Verlängerung der Restlaufzeiten zurück, anstatt sich auf Notparagrafen zu stützen.

(Beifall bei der SPD.)

Gestern wurde eine sogenannte Ethikkommission eingerichtet, die einen gesellschaftlichen Konsens herstellen soll - so hat man das lesen können - über die Fragen der friedlichen Nutzung der Kernenergie. Wenn man sich in diesem Land bewegt, dann würde ich einmal Zweifel anmelden, ob dieser gesellschaftliche Konsens überhaupt noch hergestellt werden muss. Ich glaube, diesen gesellschaftlichen Konsens gibt es. Mehrheitlich gab es ohnehin immer die Auffassung in der Bevölkerung, dass man die Risiken der Atomenergie nicht für verantwortbar hält. Spätestens nach Fukushima ist das aber nicht nur

(Abg. Maas (SPD) )

eine Mehrheit - mal größer oder mal weniger groß -, sondern es ist eine gesellschaftliche Position, die von den Menschen, die in diesem Land leben, umfassend getragen wird. Deshalb brauchen wir eigentlich keine Kommission, die einen gesellschaftlichen Konsens herbeiredet. Wir müssen die energiepolitische Frage beantworten, wie die Energiegewinnung nach dem Atomzeitalter aussehen muss. Ich halte es nach wie vor für ein Spielen auf Zeit, denn den Konsens für die Abschaltung von Atomkraftwerken in Deutschland gibt es schon längst. Wir befinden uns mittlerweile nicht mehr in der Phase des Redens, sondern in der Phase des Handelns, und dem muss die Bundesregierung gerecht werden.

(Beifall bei der SPD.)

Nach Harrisburg, nach Tschernobyl - es ist ja nicht so, dass das die erste Atomkatastrophe wäre - und jetzt Fukushima ist eines klar: Das Restrisiko von Atomkraftwerken ist nicht zu verantworten. Weder funktioniert die Technik immer noch versagen Menschen nie. Die Dimension möglicher Katastrophen zwingt uns zum Handeln. Das haben wir in unserem Antrag zusammengefasst. Ich möchte Ihnen noch einmal die Punkte deutlich machen, auf die es jetzt ankommt: Wir wollen erstens raus aus der Atomenergie. Wir wollen die Rücknahme der Laufzeitverlängerung und wir wollen die Rückkehr zum Ausstieg aus der Atomenergie. Ob das 2020 sein muss, wie es im Gesetz von Rot-Grün vorgesehen ist oder möglicherweise früher, darüber sind wir gerne zu Gesprächen bereit. Wir wollen aber eine politische Grundsatzentscheidung. Wir in den Parlamenten sind für die Frage verantwortlich, ob wir weiterhin Atomenergie nutzen wollen - ja oder nein. Wir sagen nein und wir wollen schnellstmöglich aus dieser Energieform heraus.

(Beifall bei der SPD.)

Wir wollen, dass die alten Meiler vom Netz genommen werden. Mittlerweile ist ja klar, dass sie gegen Flugzeugabstürze nicht gesichert sind; Sie haben eben darauf hingewiesen. Sie haben dieses Beispiel aufgegriffen und gesagt, nach Japan ist alles denkbar. Ich weiß nicht, warum ein Flugzeugabsturz vor Japan nicht denkbar gewesen sein soll. Wir müssen diese alten Meiler dauerhaft vom Netz nehmen. Wenn Sie diese Position vertreten, dann ist es gut. Und wir wollen drittens - da nehme ich Sie einmal beim Wort, wenn Sie für höhere Sicherheitsstandards eintreten -, dass das kerntechnische Regelwerk des Jahres 2009 wieder in Kraft gesetzt wird, um den Stand von Wissenschaft und Technik zur Voraussetzung für die Restlaufzeit aller deutschen Atomkraftwerke zu machen. Man kann nicht davon reden, dass Sicherheit erstes Gebot ist, und gleichzeitig Sicherheitsbestimmungen für Kernkraftwerke streichen. Das ist in höchstem Maße heuchlerisch und deshalb muss das zurückgenommen werden.

(Beifall bei der SPD.)

Meine Damen und Herren, der vierte Punkt ist, dass wir die Energiewende konsequent vorantreiben müssen und dass wir sie wahrscheinlich auch beschleunigen müssen. Sie haben das auch angesprochen und im Grundsatz auch so formuliert. Sie haben gesagt, das ist kein einfacher Weg. Ich habe den Eindruck, bei Ihnen ist das eher ein Labyrinth. Es ist mir nicht klar geworden, wie dieser Weg aussehen soll. Dass wir Netzleitungen brauchen, ist seit Langem bekannt. Das ist keine neue Erkenntnis. Dass wir Windräder und Solaranlagen brauchen, ist auch keine neue Erkenntnis. Und dass wir einen gesellschaftlichen Konsens brauchen, der den Bau solcher Anlagen ermöglicht, ist auch keine neue Erkenntnis. Wir warten seit Monaten auf diesen sogenannten Masterplan Energie. Sie geben hier eine Regierungserklärung ab. Was sind denn die konkreten Maßnahmen der saarländischen Landesregierung, um etwa die Energieeffizienz zu erhöhen? Da gibt es das riesige Thema, den Gebäudebestand zu sanieren und energetisch zu modernisieren. Was machen Sie dafür? Wieso geben Sie hier eine Regierungserklärung ab, beschreiben die Energiewende und sagen substanziell kein Wort dazu, wie Sie das hier machen wollen? Was soll das überhaupt?

(Beifall bei der SPD.)

Wir stellen uns auch die Frage, wie es mit der saarländischen Kraftwerkslandschaft weitergehen soll. Da bin ich jetzt aus Ihren Ausführungen nicht schlau geworden. Keine fossilen Energieträger und dann nachher doch, wenn es ein bisschen moderner geht. Ich glaube, rein praktisch und physikalisch werden wir auch in Zukunft fossile Energieträger benötigen.

Wenn wir schneller aus der Atomenergie aussteigen wollen, haben wir drei Möglichkeiten, sie zu kompensieren. Erstens, wir brauchen mehr regenerative Energien. Die Antwort, wie das hier gehen soll, sind Sie schuldig geblieben. Zweitens brauchen wir mehr Energieeffizienz. Wir wissen, dass bis zu 25 Prozent der Energie durch mehr Effizienz eingespart werden könnten, also gar nicht erst produziert werden müssten. Und drittens werden wir - es gehört ehrlicherweise dazu, das zu sagen - auf fossile Energieträger etwas stärker setzen müssen, als es bei der Restlaufzeitverlängerung der Atomkraftwerke vielleicht noch gedacht war.