Protokoll der Sitzung vom 23.03.2011

(Anhaltender Beifall des Hauses.)

Ich danke der Frau Kollegin Cornelia HoffmannBethscheider. Es war in der Tat Ihre letzte Rede in diesem Hohen Hause als Abgeordnete.

(Zurufe von der SPD: Wir haben noch Redezeit!)

Dazu wird an dieser Stelle später noch einiges zu sagen sein. - Wir fahren mit den Beratungen gemäß der Tagesordnung fort. Zur Begründung des Antrages der Koalitionsfraktionen Drucksache 14/433 erteile ich Herrn Abgeordneten Hermann-Josef Scharf das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Alle Politikfelder, die für die Kinder und Jugendlichen unseres Landes von Bedeutung sind, nehmen bei dieser Koalition einen außerordentlich hohen Stellenwert ein und haben immer erste Priorität.

Uns ist in unserem politischen Handeln stets bewusst, dass Kinder unsere Zukunft, unsere Hoffnung, ja unser größter Schatz sind. Daher setzen wir alles daran, für unsere Kinder und Jugendlichen optimale Bedingungen zu schaffen, Nachteile auszugleichen und die Kinder und Jugendlichen in ihrer Entwicklung optimal zu fördern. Dabei, meine Damen und Herren, hilft es wenig, nur große Fensterreden zu halten und sich dabei an utopischen und unrealistischen Forderungen zu weiden. Handeln ist angesagt, denn nur dadurch können wir kontinuierlich weitere Verbesserungen erreichen. Da es sich bei den Aufgaben dieses Politikfeldes in großem Maße um Querschnittsaufgaben handelt, können wir nur dann erfolgreich sein, wenn alle Beteiligten, Bund, Land, Städte und Gemeinden und die Landkreise, an einem Strang ziehen und Hand in Hand arbeiten. Diese Zusammenarbeit funktioniert in unserem Bundesland gut. Dafür möchte ich allen Beteiligten, über die Parteigrenzen hinweg, herzlich danken.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Es wäre sehr schön, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wenn auch Sie zumindest registrieren würden, dass auch in den Kommunen, in denen Sie das politische Sagen haben, für die Kinder viel getan wird und die politisch Verantwortlichen gut und zielorientiert mit der Landesregierung zusammenarbeiten. Während Sie von einer „Verschleppungstaktik“ sprechen, wird an anderer Stelle pragmatische Poli

tik im Interesse unserer Kinder sehr erfolgreich umgesetzt.

Ihnen dauert es zu lange, bis der Aktionsplan zur Armutsbekämpfung endgültig vorgelegt wird. Allerdings entbehrt Ihre Kritik an der zeitlichen Umsetzung des Aktionsplanes jeder sachlichen Grundlage. Die Landesregierung hat unverzüglich und sehr zielstrebig alles veranlasst und in Bewegung gesetzt, damit der Aktionsplan dem Landtag möglichst zügig vorgelegt werden kann. Im Übrigen verweise ich auf die Rede, die Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer am 15. September 2010 an dieser Stelle gehalten hat. Der Zeitplan, den die Ministerin damals vorgegeben hat, wird exakt eingehalten.

Ich möchte an dieser Stelle nochmals daran erinnern, dass sich diese Koalition zur Erstellung eines Aktionsplanes zur Armutsbekämpfung auf der Grundlage der Sozialstudie Saar verpflichtet hat. Bereits im Februar 2010 hat die Landesregierung, um gerade den Bereich der Kinder und Jugendlichen besonders intensiv analysieren zu können, eine Vertiefungsstudie zum Thema „Armut von Kindern und Jugendlichen im Saarland“ in Auftrag gegeben. Der Zwischenbericht zu dieser Vertiefungsstudie hat gezeigt, dass vor allem aufgrund der sehr umfangreichen Rückmeldungen der Fachkräftebefragung eine sorgfältige und somit zeitaufwendige Auswertung notwendig ist. Daher wurde in Abstimmung mit dem Beirat dem ISG die für die Auswertung gewünschte und auch notwendige Zeit gewährt. Ende dieses Monats wird nun der Endbericht erstattet werden und es wird seine Übersendung an die Beiratsmitglieder erfolgen.

Bereits im Februar 2011 hat die Landesregierung die Handlungsfelder des Aktionsplanes festgelegt: Entstehung von Armut verhindern, Vererbung von Armut verhindern, Auswirkungen von Armut mildern, Armut beenden. Diese vier Handlungsfelder werden nun mit Maßnahmen, Projekten, Zielgrößen und Umsetzungsverantwortlichen konkretisiert. Die Erarbeitung des Aktionsplanes ist in Abstimmung mit dem Beirat der Sozialstudie und den beteiligten Ministerien in vollem Gange.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, gerade im Bereich der Armutsbekämpfung unter besonderer Berücksichtigung der Situation der Kinder und Jugendlichen in unserem Lande sind voreiliges Handeln und politischer Aktionismus wenig zielführend. Daher halte ich die Vorgehensweise der Landesregierung, basierend auf einer sorgfältigen Analyse unter Einbeziehung des besonderen Sachverstandes der Personen und Institutionen, die auf diesem Politikfeld seit vielen Jahren tätig sind, einen Aktionsplan, der Hand und Fuß hat, zu entwickeln, für richtig. Armutsbekämpfung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der alle gefordert sind. Alle Aktivitäten auf kommunaler, Landkreis- und Bundes

(Abg. Hoffmann-Bethscheider (SPD) )

ebene sind so aufeinander abzustimmen und so miteinander zu vernetzen, dass gerade in Zeiten knapper staatlicher Finanzen größtmögliche Synergieeffekte erzielt werden können.

Ich möchte an dieser Stelle insbesondere auch noch einmal hervorheben, dass diese Landesregierung nicht nur an einem wirkungsvollen Aktionsplan arbeitet, sondern durch die ihre politischen Maßnahmen die Armut in unserem Land Tag für Tag bekämpft. Daher ist, so auch nachzulesen in der von Ihnen oft zitierten Sozialstudie, im Vergleich der Bundesländer die Spaltung zwischen Arm und Reich in unserem Bundesland am wenigsten ausgeprägt. Es gibt nicht wenige wirtschaftliche Daten, bei denen das Saarland im oberen Drittel liegt. Wir alle können stolz darauf sein, dass in vielen Bereichen die Lebensbedingungen im unserem Bundesland besser sind als im Bundesdurchschnitt.

So haben wir trotz sehr angespannter Haushaltslage im Haushalt des Jahres 2011 unter dem Titel 684 01 insgesamt 1,85 Millionen Euro für Projekte und Maßnahmen im Bereich der Jugendhilfe bereitgestellt, beispielsweise auch für das Projekt „Schoolworker“. 90 Schoolworker an 60 Schulen, und das wurde auch auf die Grundschulen ausgeweitet. Ferner werden in allen Kreisen Projekte gegen Kinderarmut installiert. 100.000 Euro wurden im Haushalt speziell für die Reformklassen eingestellt. 700.000 Euro stehen für Projekte zur Stärkung der Erziehungskompetenz der Familien zur Verfügung. Mit der Zielsetzung, die Familien zu stärken, wurden lokale Netzwerke initiiert, die sukzessive ausgebaut werden. Die quantitativen und qualitativen Verbesserungen im Kinderkrippen-, Kindergarten- und Kindertagesstättenbereich sind sehr beachtlich und Ihnen allen hinreichend bekannt. Um den Übergang in die Grundschule zu erleichtern, läuft seit Beginn dieses Schuljahres an Modellstandorten die Kooperation zwischen dem letzten Kindergartenjahr und dem ersten Grundschuljahr. Auch auf die Bezuschussung des Schulessens möchte ich besonders hinweisen. Ferner dürfte es Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, nicht entgangen sein, dass wir das Angebot an ganztägiger Betreuung und Bildung deutlich intensiviert haben.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich an dieser Stelle auch, dass das Saarland ein Schulbuchleihsystem hat, das die Eltern massiv von Kosten entlastet und in bestimmten Fällen sogar ganz von den Kosten befreit. Für einen Teil der Jugendlichen war der Übergang von der Schule in den Beruf mit Problemen verbunden. Um diesen Übergang zu erleichtern, haben wir Werkstattschulen und Reformklassen eingerichtet, Schoolworker eingesetzt, die Jugendsozialarbeit und die Schulsozialarbeit sinnvoll vernetzt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dies waren nur einige Beispiele, die eindrucksvoll belegen, dass diese Landesregierung auch in diesem Politikfeld sehr zielorientiert arbeitet und nicht etwa bis zur Vorlage des von Ihnen eingeforderten Aktionsplans untätig ist.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich möchte ausdrücklich betonen, dass diese Koalition sich sehr um die Belange der Kinder und Jugendlichen in unserem Lande kümmert und auch in diesem Bereich Hervorragendes geleistet hat, das weit über die Grenzen unseres Landes auf positive Resonanz gestoßen ist. Wir werden auch weiterhin alles in unserer Kraft Stehende tun, dass für unsere Kinder und Jugendlichen bestmögliche Voraussetzungen geschaffen werden. Daran konstruktiv mitzuarbeiten, sind wir alle über die Parteigrenzen hinweg aufgefordert.

Sehr geehrte Frau Hoffmann-Bethscheider! Den Schluss meiner Rede möchte ich heute Ihnen widmen. In wenigen Tagen werden Sie als Landrätin die Verantwortung für den Landkreis Neunkirchen übernehmen. Sie werden in der realen Welt ankommen. Auch der Landkreis Neunkirchen steht vor großen Problemen. Er hinkt in vielen Bereichen der positiven Entwicklung anderer Landkreise hinterher.

(Abg. Hoffmann-Bethscheider (SPD) : Aber nicht bei der Lebenshilfe.)

Die Jugendarbeitslosigkeit, die Arbeitslosigkeit von Frauen und von Älteren über 55 liegt über dem Landesdurchschnitt. Sie müssen jetzt Ihren eigenen Ansprüchen gerecht werden, die Sie vorhin selbst formuliert haben. Im Interesse der Bürgerinnen und Bürger des Landkreises wünsche ich Ihnen dabei viel Erfolg und Ihnen persönlich alles Gute und Gottes Segen.

(Abg. Hoffmann-Bethscheider (SPD) : Danke. Beifall des Hauses.)

Ich eröffne nun die Aussprache. - Das Wort hat Professor Dr. Bierbaum, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema Armut ist in der Tat ein Handlungsfeld, darin stimmen wir wohl alle überein, das im Zentrum unserer Bemühungen stehen muss. Ich verstehe den Antrag der SPD, dem wir uns als Fraktion DIE LINKE vollinhaltlich anschließen, so, dass hier wirklich zeitnah etwas vorgelegt wird, dass man nicht nur in Analysen verharrt. Ich will gar nicht bestreiten, dass es Maßnahmen gibt, aber es ist natürlich ein zentrales Feld, wie aus der Sozialstudie und vielen anderen Studien hervorgeht. Hier muss dringend gehan

(Abg. Scharf (CDU) )

delt werden. Ich denke, wir sollten darin übereinstimmen - auch das, glaube ich, kam eben zum Ausdruck -, dass dies ein gemeinsames Handlungsfeld ist, in dem die Regierung eine besondere Verantwortung trägt. Deswegen muss dieser Aktionsplan zügig vorgelegt werden. Ich entnehme dem Antrag der Koalitionsfraktionen, dass man sich dazu versteht, offensichtlich als Reaktion auf den Antrag der SPD. Insofern denke ich, sollten wir uns in dieser Frage nicht auseinanderdividieren, wer wo was macht oder in welchem Ranking wir uns befinden, sondern wir sollten anerkennen, dass das Thema Armut auch in Verbindung mit dem größeren Problem der prekären Arbeit und besonders der Kinderarmut uns alle verpflichtet, politisch zu handeln, konkrete Maßnahmen vorzulegen. Das ist, glaube ich, der Sinn dieses Antrags. Den unterstützen wir. - Vielen Dank.

(Beifall von der LINKEN.)

Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Christoph Kühn, FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Der reichste Mann der Welt hat ein Vermögen von 74 Milliarden Dollar. Für ihn mag unser Landeshaushalt Soziales nur Peanuts sein. Für uns Liberale ist er hingegen die Grundlage für eine Gerechte-Chancen-Politik. Eine Grundlage zur Vermeidung von Armut ist Arbeit. Durch gezielte Arbeitsmarktförderung sind Arbeitssuchende wieder in reguläre Beschäftigungsverhältnisse gekommen. Vor allem ältere Arbeitslose brauchen unsere besondere Hilfestellung: Ein gutes Beispiel dafür ist das Kompetenzzentrum Ü55. Dort werden ältere Menschen, die arbeitslos geworden sind, wieder schneller in den Arbeitsprozess integriert. Das Kompetenzzentrum wird gemeinsam von Landesregierung, Wirtschaftsorganisationen und der Arbeitsagentur getragen. Durch diese Bildungs- und Weiterbildungsangebote konnten die Chancen von älteren Arbeitslosen auf dem Arbeitsmarkt verbessert werden.

Durch ein regelmäßiges Einkommen wird das Armutsrisiko minimiert. Auch das Armutsrisiko von Kindern wird durch arbeitende Eltern eingedämmt. Diese Eltern sind ihren Kindern ein Vorbild, denn sie verdeutlichen ihnen: Wer arbeitet, kann sich mehr leisten als diejenigen, die nicht in Arbeit stehen. Ich denke, wir alle kennen das gute Gefühl, das wir hatten, als wir uns von unserem ersten selbstverdienten Geld etwas Langersehntes kaufen konnten. Und dieses Gefühl müssen wir vermitteln!

Die Korrelation zwischen Armut und Migrationshintergrund ist statistisch eindeutig zu erkennen. Trotzdem erzielen viele unserer ausländischen Mitbürger

bereits heute höhere Bildungsabschlüsse. Durch abgestimmte Fördermaßnahmen und persönliches Engagement von Einzelnen wurden die Chancen für Jugendliche mit Migrationshintergrund in unseren Schulen verbessert. Wichtig ist es nun, dass wir diese positive Entwicklung auch in unserer Gesellschaft sichtbar machen. Im öffentlichen Dienst zum Beispiel sind Ausländer immer noch unterrepräsentiert. Wir Liberale setzen uns für eine bessere Chancennutzung von jungen Ausländern in unseren öffentlichen Einrichtungen ein. Lehrer, Polizisten, Finanzund Verwaltungspositionen sollen für Menschen mit Migrationshintergrund interessanter gestaltet werden. Es gilt, die kausale Kette zwischen Armut und Migrationshintergrund zu beseitigen. Uns Liberalen ist es hier wichtig, die Chancen für Ausländer im öffentlichen Dienst zu erhöhen.

Aber, meine Damen und Herren, wer A sagt, muss auch B sagen. Für uns Liberale bedeutet das, Arbeit als wichtigste Möglichkeit zur Armutsüberwindung zu begreifen. Doch dürfen wir das B, die Lebenswirklichkeit vieler Menschen, nicht außer Acht lassen. Vor allem Frauen können häufig keine Arbeit aufnehmen, da sie sich um ihre Kinder kümmern müssen. Doch haben wir Liberale die Zeichen der Zeit erkannt und setzen uns für einen Ausbau von Kinderbetreuung im Saarland ein. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist die Garantie, dass der Unterrichtstag an der Grundschule nicht vorzeitig endet. So garantieren wir arbeitenden Müttern und Vätern, dass die Schule nicht vor der fünften Stunde schließt. Dadurch werden die Arbeitstage für Eltern von Grundschülern besser planbar.

Wir Liberale setzen uns auch für eine verlässliche Nachmittagsbetreuung ein. Die Betreuungsgarantie verbessert die Chancen für Eltern, einer Ganztagsbeschäftigung nachzugehen. Aber auch die Bildungschancen unserer Kinder werden dadurch deutlich erhöht. Wir Liberale befürworten daher eine qualitative Betreuung durch Fachpersonal an Ganztagsschulen. Allen Kindern kann so die Chance auf gute Bildung gewährt werden. Die Verbesserung von Perspektiven ist Gerechte-Chancen-Politik. Diese ist wichtiger, als bei Sonntagsreden über Transferleistungen und deren Höhe zu reden.

Arbeit verhindert Armut. Wir schaffen diese Perspektiven und Chancen für Arbeitslose. Die Landesregierung hat bereits in den letzten Monaten große Anstrengungen vollbracht, um gerechte Teilhabemöglichkeiten für alle zu schaffen. Ein Aktionsplan wird dieses Ziel noch einmal konkretisieren. Es ist nun wichtig, dass wir diesen Aktionsplan gegen Armut auch zügig abschließen und zur Umsetzung bringen. Ich bitte Sie daher um Zustimmung zu unserem Antrag. - Danke.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) )

Das Wort hat Frau Abgeordnete Willger für die BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben unseren Antrag mit dem Titel „Armutsbekämpfung und die Sicherstellung der Teilhabe von Kindern sind wichtige Ziele“ überschrieben, weil gerade die Problematik der Kinderarmut auf gar keinen Fall von uns auf die leichte Schulter genommen werden darf. Kinderarmut ist ein Umstand, der über die Startchancen und Lebenschancen der Betroffenen und damit auch der zukünftigen Generationen entscheidet. Wir wissen alle, dass Armutslagen sich verfestigen und die Gefahr besteht, dass diese über Generationen vererbt werden. Armut erlaubt es Kindern nicht, ihre Potenziale und ihre Ressourcen angemessen einzusetzen und weiterzuentwickeln. Deshalb wäre es auch eine Verschwendung von Ressourcen, wenn wir uns gerade darum nicht kümmern würden.

Kinderarmut ist eine unverschuldete Armut und damit ein Bruch mit jeglichen Gerechtigkeitsvorstellungen innerhalb unserer Gesellschaft. Von daher bin ich froh, dass wir auch mit der Landesregierung die Bekämpfung von Kinderarmut als ein ganz wichtiges und prioritäres Ziel vereinbart haben. Wir haben gesagt, das ist die eigentliche Investition in die Zukunft. Dabei ist vollkommen klar, dass es um Gemeinsamkeit geht. Es geht darum, gemeinsam, vernetzt, kompetent, effektiv und ganzheitlich zu arbeiten, Beteiligte und Betroffene zusammenzuführen, um wirkungsvoll zu intervenieren. Die unterschiedlichen Akteure müssen angehört werden, deshalb lässt sich solch ein Aktionsplan nicht übers Knie brechen, sondern es braucht Raum und die Gelegenheit, Stellung zu beziehen.

Ein wichtiger Punkt ist, dass Armut in der Regel Bildungsarmut beinhaltet. Deshalb ist es unabdingbar, dass wir immer wieder für mehr Chancengerechtigkeit eintreten, gerade im Bereich der Bildung. Es ist wichtig, ein längeres gemeinsames Lernen und mehr individuelle Förderung zu ermöglichen, um gesellschaftliche Benachteiligungen auszugleichen. Inklusion ist hierbei ebenfalls ein ganz wichtiger Baustein. Ich denke, wir haben bereits eine ganze Reihe von Maßnahmen, die immer weiter ausgebaut worden sind wie „Frühe Hilfen - Keiner fällt durchs Netz“ oder die frühkindliche Bildung, um Übergänge anders zu gestalten und Stärken entsprechend zu fördern. Gerade der Ausbau der Betreuungs- und Bildungsinfrastruktur ist ein ganz wesentlicher Baustein, dies treiben wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten voran.

Ich kann an dieser Stelle nur noch einmal betonen, Bildung ist das effizienteste Mittel überhaupt, um Ar

mut zu verhindern und Armutszusammenhänge zu durchbrechen. Deshalb stellen die Verfassungsänderung - über die wir heute debattiert haben - und die Schulgesetze einen ganz wichtigen Schritt dar. Dies zeigt auch, dass wir keineswegs nur dann handeln, wenn irgendetwas Schlimmeres passiert und unsere Arbeit einstellen, sobald die mediale Aufmerksamkeit abnimmt. Das ist mitnichten der Fall. Es wird eben nur nicht mehr über diese Arbeit berichtet, die uns sehr am Herzen liegt und die wir uns einiges kosten lassen und weiter ausbauen wollen. Die Sozialstudie und auch der Aktionsplan sind dabei nur begleitende Mittel - darauf möchte ich erneut hinweisen -, es geht darum, bestimmte Sachen effektiver zu gestalten und besser miteinander zu vernetzen. Es ist nicht die eigentliche Grundlage, die wir unbedingt bräuchten, um überhaupt erst anzufangen. Wenn dieser Eindruck entstehen sollte, dann wäre das mit Sicherheit falsch.

Armut hat auch etwas mit Einkommensarmut zu tun. Deshalb ist es notwendig, alles zu tun, um sichere Arbeitsplätze auszubauen und zu erhalten und für existenzsichernde Einkommen zu sorgen. Die Debatte um Mindestlöhne, Tariftreue, progressiv gestaltete Sozialbeiträge und die Frage der Grundsicherung sind ebenfalls zu erwähnen. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir GRÜNE den Regelungen für Hartz 4 nicht zugestimmt haben.

Frau Hoffmann-Bethscheider, auch von meiner Seite einen ganz herzlichen Dank an Sie im Hinblick auf die zurückliegenden Jahre. Ich denke, Sie bleiben weiter in der Verantwortung, gerade bei dem Thema Kinderarmut. Ich glaube, dass wir oft Gelegenheit haben werden, gemeinsam und miteinander Maßnahmen weiterzuentwickeln und umzusetzen. Ich freue mich auf diese zukünftige konstruktive Zusammenarbeit. Danke schön und die allerbesten Wünsche für Ihre Zukunft. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen und der Abgeordneten Hoffmann-Bethscheider (SPD).)

Das Wort hat nun die Ministerin für Arbeit, Familie, Prävention, Soziales und Sport, Frau Annegret Kramp-Karrenbauer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist gut, dass wir heute nicht zum ersten, sondern zum wiederholten Mal über das Thema Armut und Armutsbekämpfung reden. Auch dies beweist, dass es kein einmaliges Thema ist, sondern sich wie ein roter Faden durch die Arbeit des Landtages zieht. Es gehört sicherlich zu den medialen Gesetzmäßigkeiten, dass dann, wenn es aktuelle Diskussionen gibt, wie die aktuelle Atomausstiegsdebatte oder die Schulstrukturreformdebat