Herr Staatssekretär Pini hat am 31. März in einer Pressemeldung mit dem Titel „Hygieneschulungen in Zusammenarbeit mit der IHK für Beschäftigte im Lebensmittelbereich erhöhen Verbraucherschutz“ gesagt: „Ein Gastwirt muss grundsätzlich vor der Eröffnung seines Betriebes über die notwendigen Kenntnisse der Lebensmittelhygiene verfügen.“ Wenn das so ist, warum schreiben Sie das denn nicht ins Gesetz, frage ich Sie?
Warum steht das nicht im Gesetz? Wenn Kontrolleure neun Monate nach Eröffnung ein Lokal kontrollieren, müssen diese Kenntnisse erst dann nachgewiesen werden. Vielleicht war dieser Nachweis sogar die ganze Zeit schon nicht vorhanden. In dieser Zeit machen Sie die Verbraucherinnen und Verbraucher zu Versuchskaninchen. Ich frage mich schon, für wen Sie dieses Gesetz eigentlich machen. Für den Verbraucher, also den Gast, kann es nicht sein. Die Gäste haben nämlich ein Interesse an mehr Sicherheit und an mehr Hygiene. Für den Gaststättenbetreiber kann es auch nicht sein. Denn die bisherige integrierte Konzession war auch in seinem Interesse, denn alle Investitionen - das sind oft keine gerin
gen Investitionen, wenn man ein Lokal aufmacht konnten auf der gesicherten Grundlage einer umfassend geprüften und erteilten Konzession erfolgen. Das ist später anders. Der Gesetzentwurf sieht nämlich hier nur eine rein nachträgliche Kontrolle vor mit der Gefahr einer möglichen Schließungsverfügung für den Gastwirt. Das kann zu ganz schön viel teuren Fehlinvestitionen führen, meine Damen und Herren.
Wir sind nicht alleine. Bayern, ein Land mit vielen Gaststätten, hat genau das Bundesgaststättengesetz in sein Landesgaststättengesetz übernommen, weil sie zu Recht sagen - lesen Sie einmal die Protokolle der Einbringung durch -, es sei notwendig, dass die Bedingungen vor der Genehmigung vorliegen. Das aus gutem Grund. Bremen ist ebenso verfahren und viele andere Bundesländer auch.
Unser zweiter Kritikpunkt ist, Sie beschwören damit wieder das Heilbringende der Deregulierung, Bürokratieabbau.
Wir haben schon einmal erfahren, wie Herr Rauber Bürokratieabbau verstanden hat, als Gesetze immer wieder befristet wurden und man viel mehr Bürokratie hatte als vorher. Hier haben wir etwas ganz Ähnliches. Mit Deregulierung in diesem sensiblen Bereich geben Sie die Richtung vor in ein völlig überholtes Berufsbild „Wer nichts wird, wird Wirt“. Die Gefahr besteht für diesen Berufsstand. Das finde ich sehr schade.
Aber die Frage ist, ob Ihr Verzicht auf die präventive Kontrolle überhaupt Bürokratieabbau bringt. Da muss ich Ihnen sagen: Ganz im Gegenteil, die Kommunen werden in Zukunft erheblich mehr Bürokratieund Kontrollaufwand haben. In einigen CDU-nahen Bundesländern wie Niedersachsen oder Thüringen gibt es ähnliche Regelungen wie von Ihnen angestrebt schon seit 2008. Dort hat der Deutsche Städte- und Gemeindetag das zum Anlass genommen, sich die Praxis einmal näher zu betrachten. Er hat festgestellt, dass die reine Anzeigepflicht zu einer erhöhten Ermittlungstätigkeit der Behörden, zu mehr Ordnungsverfügungen und damit auch zu viel mehr Verwaltungsaufwand führt.
Zum Ausgleich dafür wird den Kommunen die Erlaubnisgebühr gestrichen. Das macht im Saarland gerade einmal schlappe 100.000 Euro weniger Einnahmen für die Kommunen aus.
Mehr Aufwand, weniger Geld. Ja, sagt die FDP, ganz klar, die Straßen bleiben liegen, meine Damen und Herren, die werden nicht saniert. Aber dafür hier ein weiteres Programm für die Mövenpick-Partei FDP, damit bestimmte Leute auf Steuerzahlerkosten davon profitieren.
In Zukunft - so befürchten wir - wird es mehr Verstöße gegen Verbraucherrechte und gegen Schutzrechte geben, weil die zukünftigen Gaststättenbetreiber oftmals die Normen und Vorschriften der Hygiene und der Lebensmittelbedingungen nicht kennen und erst durch laufende Kontrollen darauf hingewiesen werden. Wie es mit der Kontrollhäufigkeit in dem Land hier aussieht, ist hinlänglich bekannt. Wir haben gerade vor Kurzem gehört und nachlesen können - eine Anfrage -, dass es erhöhte Dioxinwerte gab, dass da neun Monate überhaupt nicht analysiert wurde, und genauso sorgfältig gehen Sie mit allen Proben und allen Kontrollen hier im Lande um. Dann guten Tag in Zukunft für die Verbraucherinnen und Verbraucher!
Eine Konzession konnte in der Vergangenheit versagt werden, wenn etwa - Herr Wegner hat es angesprochen - die Sicherung der Ruhe von Friedhöfen oder die Verhinderung eines Nachtbarbetriebes neben Schulen oder Jugendeinrichtungen das Ziel war. Dieser Schutz der Jugend oder die Pietät gegenüber Toten scheint auch nicht mehr opportun, denn die Versagensgründe stehen nicht im Gesetz. Das haben nicht nur der Städte- und Gemeindetag, der DGB und andere angeprangert, sondern auch die Industrie- und Handelskammer hat darum gebeten, dringend die Betriebsart im Gesetz festzuschreiben.
Hier zitiere ich den Bürgermeister der Stadt Neunkirchen, der in einer Pressemeldung befürchtet - so sagt Herr Fried -, man könne zukünftig die Eröffnung von Gaststätten im Neonazi- oder Rockermilieu kaum noch verhindern. Das habe zur Folge, dass insbesondere in Ballungsräumen die soziale Abwärtsspirale in Problemgebieten beschleunigt werde. Das ist die Aussage von dem Oberbürgermeister der Stadt Neunkirchen.
Der Oberbürgermeister der Stadt Saarlouis sagt gemeinsam mit den Mitarbeitern seiner Bauaufsichtsbehörden: „Ein weiteres Manko des Entwurfes der Landesregierung wird darin gesehen, dass der Anmeldende keine Angaben mehr zur beabsichtigten Betriebsart machen muss. Gerade die Betriebsart ist von großer Bedeutung für die von der Ortspolizeibehörde an die untere Bauaufsichtsbehörde abzusetzende Mitteilung, weil zum Beispiel Diskotheken, Barbetriebe und barähnliche Betriebe nicht in jedem Baugebiet zulässig sind. Bisher konnte die Gaststättenerlaubnis bei in einem Baugebiet unzulässiger Betriebsart von der Erlaubnisbehörde versagt werden, sodass es gar nicht erst zur Eröffnung kam. Nach der vorgesehenen Neuregelung wäre die Schließung nach Bauplanungsrecht unzulässiger Betriebe Aufgabe der unteren Bauaufsichtsbehörde.
Sie sehen also, meine Damen und Herren, es gibt viele, die Ihren Entwurf aus guten Gründen ablehnen. Aber Sie waren nicht einsichtig. Nicht zuletzt hätten wir uns auch gewünscht, dass im Gesetz ein Hinweis zum barrierefreien Bauen eingefügt worden wäre. Die Evangelische Kirche hat zu Recht bemängelt, dass Sie von „behinderten Menschen“ reden. Es gibt keine behinderten Menschen, sondern nur Menschen mit Behinderungen, mit Handicaps. Auch das haben Sie bisher im Gesetz nicht verändert. Es gibt keinen Änderungsantrag dazu. Ich bitte einfach, dies trotzdem noch im Nachhinein zu machen.
Das Zweite ist, dass die Evangelische Kirche genau wie der Landesbehindertenbeirat, der beim Sozialministerium sitzt, empfiehlt, dass unter § 9 des Gaststättengesetzes auf die Verpflichtung zur Barrierefreiheit aufgrund der saarländischen Landesbauordnung hingewiesen wird, auch wegen der UN-Behindertenrechtskonvention, damit in Zukunft nicht im Nachhinein darauf aufmerksam gemacht werden muss, sie hätten das Lokal auch behindertengerecht aufmachen können. Aber auch diese Einlassungen haben bei Ihnen keine Beachtung gefunden. Schade. Es ist und bleibt ein vergiftetes Geschenk von Jamaika an die Mövenpick-Partei FDP, und die Verbraucherinnen und Verbraucher werden im Land das Nachsehen haben.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen zum Saarländischen Gaststättengesetz soll das bislang im Saarland geltende Gaststättengesetz des Bundes ersetzen. Die Begründung zum Koalitionsentwurf gibt vor, das Ziel einer Deregulierung und Entbürokratisierung verfolgen zu wollen. Von der bestehenden Gaststättenerlaubnis, die für eine bestimmte Person und für bestimmte Räume sowie für eine bestimmte Betriebsart erteilt wird, soll abgerückt und stattdessen ein bloßes Anzeigeverfahren eingeführt werden. Die Fraktion DIE LINKE hat sich in der Ersten Lesung der Stimme enthalten, da wir die Stellungnahmen der Betroffenen und die Anhörung im Wirtschaftsausschuss bei unseren Beratungen mit berücksichtigen wollten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die vorgesehenen Neuregelungen des Koalitionsentwurfs führen letztendlich nicht zu einer Deregulierung und
Entbürokratisierung. Die nachträglichen behördlichen Kontrollen müssen im Falle eines bloßen Anzeigeverfahrens umso umfangreicher ausfallen, weshalb der Verwaltungsaufwand bezogen auf die Gesamtdauer eines Gaststättenbetriebes nicht wesentlich reduziert würde. Erschwerend und ganz maßgeblich tritt noch hinzu, dass der Koalitionsentwurf für die Gaststättenbetreiber zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit und einer Gefahr von Fehlinvestitionen führen würde.
In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass sich die koordinierende Funktion der Gemeinden, die als einheitlicher Ansprechpartner im Gaststättengewerbe rechtsverbindliche Auskünfte hinsichtlich unterschiedlicher Fachbereiche bieten kann, bewährt hat. Nach derzeit geltendem Recht erhalten die Antragsteller bereits im Planungsstadium der Existenzgründung qualifizierte Beratung und Sicherheit bezüglich der Realisierbarkeit ihres Vorhabens. So wird einem Antragsteller bereits bei der Aufnahme des Geschäftsbetriebes Rechtssicherheit gewährt, insbesondere bezogen auf die einschlägigen Vorschriften anderer Fachbehörden. Ich denke dabei an die Lebensmittelüberwachung, den Emissionsschutz, den Arbeitsschutz, den Brandschutz wie auch an die Bauaufsicht.
Angesichts der Fülle der vom Gaststättenbetreiber selbst zu beachtenden gesetzlichen Spezialvorschriften läuft er künftig häufiger Gefahr, wegen Informationsdefiziten ordnungsrechtlich zur Verantwortung gezogen zu werden. So können sich unter anderem nachträgliche und für ihn überraschende Anordnungen anderer Behörden ergeben. Beispielsweise besteht das Risiko, dass weitreichende bauliche Änderungen durchgeführt werden müssen, die nach Betriebsbeginn zur Beeinträchtigung des Betriebsablaufes führen oder sogar mit einer zeitweiligen Schließung der Gaststätte verbunden sind. Dieses betriebswirtschaftliche Risiko und die damit verbundene Möglichkeit von Existenzvernichtungen aufgrund von Planungsfehlern können wir schon im Interesse der Gewerbetreibenden nicht mittragen.
In Bezug auf die von den Koalitionsfraktionen angeblich angestrebte Entbürokratisierung ist darauf zu verweisen, dass bereits das Gaststättengesetz des Bundes in vielen Fällen Erleichterung bei der Erteilung einer Erlaubnis vorsieht. So kann beispielsweise bei einer änderungsfreien Übernahme einer bestehenden Gaststätte eine vorläufige Gaststättenerlaubnis erteilt werden, um die Betriebsübernahme reibungslos zu gestalten.
Die bisher bewährte personen- und objektbezogene Gaststättenerlaubnis dient einem umfassenden und effektiven Schutz der Gäste, der Nachbarn und damit auch dem öffentlichen Interesse. Der Erlaubnisvorbehalt soll sicherstellen, dass von einem Betrieb keine Gefahren beispielsweise für die Sicherheit, die Gesundheit der Gäste oder unzumutbare Belästigungen wie Geräusch- und Geruchsemissionen ausgehen.
Der vorliegende Koalitionsentwurf trägt durch die Abkehr von der Erlaubnispflicht dem erforderlichen Schutz der Gäste und der umliegenden Nachbarschaft nur unzureichend Rechnung, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein Gewerbeuntersagungsverfahren langwierig ist und der Gaststättenbetrieb während eines solchen Verfahrens weiterhin aufrechterhalten werden kann. Die Leidtragenden des Entwurfs wären neben dem bereits zuvor erwähnten Gaststättenbetreiber im Zuge von Fehlinvestitionen die Mitarbeiter, die Nachbarn, die Geschäftspartner, Vermieter und Zulieferer sowie nicht zuletzt die Besucher der Gaststätten.
Nach Auffassung der Oppositionsfraktionen sollen daher die Regelungen des Gaststättengesetzes des Bundes im Saarland als Landesrecht fortgelten, allerdings ergänzt um die vorgesehene Regelung im Bereich der Schulungen und des übermäßigen Alkoholkonsums. Es spricht für sich und gegen den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen, dass bislang nur sehr wenige Bundesländer ein eigenes Gaststättengesetz verabschiedet haben. Das bedeutet, in den meisten Bundesländern findet das bisherige Gaststättengesetz des Bundes weiterhin Anwendung. Selbst bei den Ländern, die ein eigenes Gaststättengesetz verabschiedet haben - die Kollegin Ries hat eben Bremen genannt -, wurde der Erlaubnisvorbehalt des Bundesgesetzes beibehalten. Ich bitte deshalb, unserem gemeinsamen Gesetzentwurf zur Zweiten Lesung zuzustimmen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Ries, erlauben Sie mir kurz, auf Ihre Äußerungen einzugehen. Sie haben nichts, aber auch gar nichts von diesem neuen Gesetz verstanden.
Sie sagten, bei dem jetzigen Gesetz müssten ein polizeiliches Führungszeugnis, ein Auszug aus dem Gewerbe-Zentralregister und eine steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung vor Aufnahme auf den Tisch gelegt beziehungsweise der Behörde vorgezeigt werden. Das ist nach dem neuen Gesetz immer noch der Fall, aber Sie haben es einfach nicht verstanden.
Sie haben in den letzten Wochen wiederholt Unwahrheiten und Halbwahrheiten von sich gegeben. Daher hätte ich Ihnen empfohlen, sich mal mit dem Kollegen Commerçon auszutauschen. Der hat in der vorletzten Sitzung gesagt: Unwahrheiten, Halbwahrheiten werden deshalb nicht wahrer, nur weil sie immer wieder wiederholt werden. Sie haben sich an seine Maxime nicht gehalten und auch heute wieder Ihre Unwahrheiten und Halbwahrheiten von sich gegeben, sehr geehrte Kollegin Ries.
So sprachen Sie zum Beispiel davon, dass vor Aufnahme eines Gastgewerbes lebensmittelrechtliche Kenntnisse vorhanden sein müssten. Das hatte ich Ihnen schon im Ausschuss erklärt. Es gibt einen § 4 der Lebensmittelhygieneverordnung, wo das dezidiert beschrieben ist.