Protokoll der Sitzung vom 25.10.2011

Ein Energieversorgungsunternehmen wie die VSE muss - da stimme ich dem Kollegen Maas voll und ganz zu - regional verankert sein. Die Interessen der Saarländer müssen gewahrt bleiben. Da sind wir uns offenbar einig, was den Antrag angeht und auch, was die Linksfraktion angeht.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Heinrich zu?

Herr Heinrich.

Abg. Heinrich (CDU) mit einer Zwischenfrage: Nochmals, Herr Kollege Linsler, zu Ihrer Äußerung. Darf ich Bezug nehmen auf die Ausführungen in der letzten Sitzung am 18.05. und wörtlich vorlesen? „Bei der Gelegenheit sage ich zu dem Antrag der LINKEN-Fraktion, aus ordnungspolitischen Gesichtspunkten, aber auch im Hinblick auf die Finanzsituation saarländischer Kommunen ist eine Beteiligung von Gebietskörperschaften im Regelfall abzulehnen.“ Das bleibt nach wie vor unsere Position. Es gibt jedoch Situationen, wo es eine Ausnahme von der Regel gibt. Damit muss man eben zurechtkommen, Herr Kollege Linsler.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) : Wo ist die Frage?)

Herr Kollege Heinrich, wir brauchen darüber in meinen Augen nicht mehr zu diskutieren. Fakt ist, dass Sie damals für Ihre Fraktion oder für Jamaika das so erklärt haben, wie ich es aus dem Protokoll der Landtagssitzung vorgelesen habe. Wenn Sie jetzt sagen, das ist in der Regel in Ordnung, und wollen das ein bisschen zurücknehmen, nehme ich das zur Kenntnis. Aber Fakt ist, dass Sie jetzt auf dem richti

(Abg. Jochem (FDP) )

gen Weg sind und im Mai dieses Jahres auf dem falschen Weg waren. Das ist der Punkt.

(Beifall bei der LINKEN.)

Wir sind auch für eine saarländische Lösung. Ich habe schon vor x Jahren als Vorsitzender der Gewerkschaft verlangt, dass wir bei der VSE eine saarländische Lösung anstreben. Das halte ich für gut so. Da gibt es auch keine Differenzen zwischen uns. Das würden wir mittragen. Allerdings müsste dann das eine oder andere in Ihrem Antrag noch geändert werden. Vieles von dem, was in der Begründung des Antrags steht, kann die Linksfraktion mittragen. Aber entscheidend ist der Weg, wie dieses Ziel erreicht werden soll. Das ist der Punkt, über den wir diskutieren und streiten. Es geht also nicht um das Ob, sondern um das Wie. Wie soll die VSE in der Region verankert werden?

Die Linksfraktion hat dazu ein anderes Beteiligungsmodell vor Augen, denn der Jamaika-Antrag lässt die wichtigsten Fragen offen. In welchem Umfang werden sich private Investoren an der VSE beteiligen? Das ist ja nicht unwichtig. Das hat der Kollege Maas auch gestreift. Ist es gewährleistet, dass die VSE nach dem Verkauf der VSE-Anteile durch die RWE mehrheitlich in öffentlicher Hand ist? Wir haben immer angestrebt, dass bei solchen Energieunternehmen eine Kontrolle der öffentlichen Hand da ist, zumal es ja saarländische Unternehmen sind. Dass wir Saarländerinnen und Saarländer über Land und Kommunen mehrheitlich beteiligt sind, das müsste gewährleistet sein.

Wir meinen, eigentlich sollte die VSE ganz in die öffentlichen Hände. Das ist unser Ziel und müsste bei der Energieversorgung im Interesse der VSE, im Interesse der Beschäftigten, im Interesse der Saarländerinnen und Saarländer unser Ziel sein. Wir reden ja nicht über die Produktion von Duschvorhängen, sondern über die Energieversorgung in unserem Land. Die ist von ganz besonderer Bedeutung für die Bürgerinnen und Bürger und die Saarwirtschaft.

Die Energieversorgung ist ein wesentlicher Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge und muss sich am Gemeinwohl orientieren, nicht am Profit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN.)

Dafür steht die LINKE und wir setzen uns auch dafür ein. Schlüsselunternehmen der Wirtschaft wie Bergbau und Energiewirtschaft dürfen wegen ihrer überragenden Bedeutung für die Wirtschaft des Landes oder ihres Monopolcharakters nicht Gegenstand privaten Eigentums sein und müssen im Interesse der Volksgemeinschaft geführt werden.

(Unruhe und Sprechen bei den Regierungsfrak- tionen.)

Das ist kommunistisch, nicht? Auwauwau!

(Heiterkeit.)

Herr Schmitt, ich sage es Ihnen gleich. Hören Sie zu als Jurist! Das, was ich jetzt vorgetragen habe, stammt nicht von mir und nicht von Karl Marx. Das steht in der saarländischen Verfassung in Artikel 52, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKE.)

Was sagen Sie jetzt, Herr Schmitt?

(Abg. Schmitt (CDU) : Sprache der Fünfzigerjahre. - Weitere Zurufe.)

Um das herauszuholen, brauchen Sie eine Zweidrittelmehrheit. Das wissen Sie doch.

Sprache der Fünfzigerjahre sei unsere saarländische Verfassung, so der Jungjurist Schmitt von der CDU.

(Lachen bei der CDU. - Zuruf des Abgeordneten Schmitt (CDU).)

Meine Damen und Herren, es geht um Arbeitsplätze, es geht um bezahlbare Energie für Bürger und um die Saarwirtschaft. Den Privatunternehmen geht es aber nur um den Profit, nicht darum, bezahlbare Energie bereitzustellen. Wenn man mehr Geld mit höheren Energiepreisen verdienen kann, wird ein privates Unternehmen nicht lange fackeln, sondern die Preise erhöhen. Das wissen wir doch. Wir wissen, wie teuer Energie geworden ist. Wenn die die Möglichkeit haben, werden sie das machen, was aus ihrer Sicht, aus ihrem Profitdenken, richtig ist. Wenn man mehr Geld mit weniger Mitarbeitern machen kann, wird ein privates Unternehmen - dafür gibt es ja Beispiele - auch nicht lange fackeln, sich von Mitarbeitern zu trennen. Das heißt in der Arbeitsrechtssprache „entlassen“.

Eine echte Energiewende kann am sinnvollsten nur durch die öffentliche Hand und nicht durch private Investoren umgesetzt werden. Die Verfassung hat es ja gesagt, weil bei privaten Unternehmen politische Entscheidungen und Sicherheit für die Menschen nicht die Hauptrolle spielen. Das wissen Sie genauso gut wie ich. Ich trage es nur vor. Die Ziele, die die Jamaika-Koalition und - in dem Falle - auch die SPD, die den Antrag unterstützt, in diesem Antrag formulieren, können wir nur umsetzen, wenn das Land und die Kommunen sich an der VSE beteiligen. Das wäre eigentlich der richtige Weg. Das haben wir schon vor 10 Jahren gemeinsam in verschiedenen Stellungnahmen, alle, die da von den Parteien sitzen, gefordert. Wer glaubt, saarländische Interessen durch Beteiligung von Privatunternehmen sicherzustellen, der irrt, meine Damen und Herren. Der irrt gewaltig.

(Beifall bei der LINKEN.)

(Abg. Linsler (DIE LINKE) )

Wie sollen unsere Interessen hier vor Ort gesichert werden, wenn eines Tages beispielsweise Finanzinvestoren aus London - die kennen Sie doch, die waren doch schon da; eine sogenannte Heuschrecke bei dem saarländischen Unternehmen einsteigen, das sich an der VSE beteiligt hat. Nur ein mehrheitlicher Anteil der öffentlichen Hand an der VSE bietet Sicherheit dafür, dass die Interessen der Saarländerinnen und Saarländer gewahrt bleiben.

(Beifall bei der LINKEN.)

Das wird nach unserer Auffassung mit dem Antrag der Jamaika-Koalition nicht erreicht. Deshalb wird die Linksfraktion dem vorliegenden Antrag nicht zustimmen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Linsler. - Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Hubert Ulrich.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Jetzt geht es los!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vorab eine kleine Bemerkung. Im Redebeitrag des Kollegen Linsler fand ich sehr spannend,

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Es ist immer spannend bei mir!)

dass die Linkspartei schon vor zehn Jahren bestimmte Dinge gefordert habe, über die wir heute diskutieren. Herr Linsler, das ist beeindruckend.

(Beifall bei den GRÜNEN. - Abg. Linsler (DIE LINKE) : Ich hatte gesagt, als Gewerkschaftsvorsitzender. Sie wissen gar nicht, was eine Gewerkschaft ist. - Lachen bei der LINKEN.)

Aber, Herr Linsler, ich möchte noch ein paar andere Randbemerkungen zu Ihrem Redebeitrag machen, den ich mit Schmunzeln verfolgt habe. Zum einen haben Sie versucht, hier den Eindruck zu erwecken, als wäre der Begriff der dezentralen Energieversorgung eine Erfindung der LINKEN. Ich muss Ihnen da leider etwas Wasser in den Wein schütten. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben bereits Ende der Achtziger-, Anfang der Neunzigerjahre genau dieses Thema, nämlich die dezentrale Energieversorgung, zu einem sehr zentralen Thema gemacht.

(Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) : Warum haben Sie es nicht umgesetzt? Setzen Sie es doch um!)

Das ist ein ganz alter Hut, eine richtige Position, eine notwendige Position. Aber, Herr Linsler, die Linkspartei kann recht wenig dafür. Das muss man an dieser Stelle klarstellen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Natürlich reden wir bei der Energieversorgung über Daseinsvorsorge. Daseinsvorsorge ist einer der Bereiche - deshalb reden wir heute in diesem Hause darüber -, wo man über eine Beteiligung der öffentlichen Hand nachdenken muss, Beispiel Stadtwerke bei der Wasserversorgung oder öffentlicher Nahund Fernverkehr. Aber, Herr Linsler, es muss auch wirtschaftlich und finanziell möglich sein, sich dort in entsprechendem Rahmen zu beteiligen. Bei den 19 Prozent, über die wir jetzt im Zusammenhang mit den Anteilen bei der VSE reden, reden wir gleich von 100 Millionen Euro. Das muss man sich klarmachen. Wenn man das machen wollte, was Sie hier postuliert haben, dann würde das bedeuten, dass das Saarland eine halbe Milliarde Euro bei den von Ihnen so kritisch gesehenen Banken aufnehmen müsste.

(Zuruf des Abgeordneten Linsler (DIE LINKE).)

Vor diesem Hintergrund sollten Sie vielleicht das, was Sie eben gesagt haben, noch einmal überdenken.

Sie haben davon gesprochen, dass Energiepreise für die Menschen auskömmlich sein müssen. Das ist richtig. Aber man darf nicht vergessen, Energiepreise müssen in unserer Volkswirtschaft - ich glaube, mittlerweile auch in allen anderen Volkswirtschaften dieser Welt, auch in Kuba ändert sich da etwas - so ausgestaltet sein, dass Investitionen möglich sind, um die Energieversorgung zu modernisieren. Vor diesem Hintergrund sind die Dumpingpreise, die Sie sich vorstellen, insgesamt für uns nicht machbar. Die gibt es auch nirgendwo auf dieser Welt.

Die Energiewende hat Folgen, über die wir jetzt gerade in diesem Hause reden. Die Energiemärkte sind im Wandel begriffen. Stichwort im Saarland ist die seit einigen Wochen laufende Diskussion über das Neustromland, das ist nur eine Form davon. Die saarländische Politik muss gewährleisten, dass die Energieversorgung im Saarland auch in Zukunft gesichert ist. Vor dem Hintergrund der Energiewende ist klar, dass wir stärker in die dezentrale Energieversorgung und in erneuerbare Energien gehen müssen. Dafür brauchen wir in der Tat finanzkräftige Partner.

Nun ist die VSE heute bereits in vielen saarländischen Kommunen beteiligt und hat dort Möglichkeiten, solche Maßnahmen zu unterstützen oder sie auch zu blockieren. In der Vergangenheit war es bedingt durch die politischen Vorgaben der RWE leider so, dass bei der dezentralen Energieversorgung im Saarland nicht sehr viel passiert ist. Das ist glücklicherweise im Wandel. Diesen Wandel soll und will die Politik im Saarland unterstützen. Vor diesem Hintergrund ist es klug und richtig, offen darüber nachzudenken und zu diskutieren, dass sich das Land, dass sich die saarländischen Kommunen in

(Abg. Linsler (DIE LINKE) )

stärkerem Maße an der VSE beteiligen. Genau darum geht es in dem Antrag, den die Jamaika-Koalition zusammen mit den Sozialdemokraten heute hier einbringt.