das sei eigentlich gar keine richtige Wahl. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist natürlich auch ein Problem, denn viele Wählerinnen und Wähler werden sich die Frage stellen, warum sie dann zur Wahl gehen sollen, wenn sowieso alles feststeht. Dann reduziert sich das auf die Frage, wer Ministerpräsident wird. Das könnte man ja noch aus der Richtlinienkompetenz begründen, aber da ich dieses Amt einmal innehatte, möchte ich darauf hinweisen, dass bei zwei gleich starken Partnern das Amt des Ministerpräsidenten in keinem Fall die Richtlinienkompetenz zur Folge hat, sondern es ist so, dass beide Partner in etwa gleichgewichtig die Richtung der Politik bestimmen werden.
Was ist jetzt die eigentliche Entscheidung? Man könnte sagen, es geht darum, wem die Wählerinnen und Wähler mehr zutrauen, Frau Kramp-Karrenbauer oder Heiko Maas. Ich muss sagen - erschrecken Sie bitte nicht -, dass ich Heiko Maas weniger zutraue. Ich hätte ihm beispielsweise nicht zugetraut, den Vierten Pavillon so glänzend in Szene zu setzen. Das wollte ich hier einmal feststellen. Aber man wird sehen, wie die Wählerinnen und Wähler das alles beurteilen. Letztendlich läuft es auf die Große Koalition hinaus.
Nun hat der Kollege Meiser heute in einer Informationsanzeige der Fraktion festgestellt, es würden stabile Verhältnisse angestrebt. Hierzu möchte ich doch im Vorfeld der Wahlen einige Bemerkungen machen, weil ich die These aufstelle, das wird nicht so sein. Das wird deshalb nicht so sein, weil stabile Verhältnisse sich nicht aus der Addition der Zahl der Abgeordneten in diesem Hause ergeben. Das haben wir ja bei der Jamaika-Koalition gesehen. Stabile Verhältnisse ergeben sich aus inhaltlicher Übereinstimmung.
Weil ich im Vorfeld der Verhandlungen gelesen habe, was da alles war, und ich auch gehört habe, was die Journalistinnen und Journalisten mir erzählt haben, was angeblich bei den Verhandlungen nicht zur Übereinstimmung geführt hat, muss ich sagen, das Gesamtbild ergibt, dass es keine Übereinstimmung dieser Partner in wesentlichen Entscheidungen geben kann und geben wird.
Ich beginne einmal mit einem wichtigen Punkt. Das ist der Mindestlohn. Die Sozialdemokraten sagen immer, der Mindestlohn sei ihr Kernanliegen. Das ist natürlich eine wichtige Aufgabe. Wenn man zum Beispiel sieht, dass hier an der Saar Leiharbeiter etwa in der Ernährungsbranche - ordentliche Arbeitsplätze ersetzen und Werkverträge teilweise, wie man hört, unter 5 Euro liegen sollen, dann ergibt sich doch daraus die Notwendigkeit, einen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen. Da aber der Vorsitzende der einen großen Partei öffentlich erklärt, sie sei nicht bereit, irgendwelche Schauanträge im Bundesrat zu stellen, frage ich mich, wie diese beiden Parteien inhaltlich eine stabile Mehrheit zustande bringen können. Ich kann mir das schlecht vorstellen.
Dasselbe gilt für die Leiharbeit. Ich will jetzt hier gar nicht darauf herumreiten, wer die Leiharbeit in diesem großen Umfang ermöglicht hat. Aber es ist bekannt, dass die CDU/CSU im Bundesrat - oder wo auch immer - in keinem Fall bereit sein wird, einem Abbau der Leiharbeit in der jetzigen Form zuzustimmen. Wie soll das also tragen? Da sind zunächst einmal die Entscheidungen auf Bundesebene. Dazu kommt die Steuerpolitik. Da ich also höre, die Vermögenssteuer sei ein zentrales Anliegen, muss ich doch die Frage aufwerfen, wie das umgesetzt werden soll, wenn man sich auf Partner verlässt, von denen bekannt ist, dass sie in keinem Fall die Vermögenssteuer - wir haben das hier oft gehört - als Grundlage einer Sanierung der Staatsfinanzen heranziehen wollen. Ich stelle hier fest, auch in der Steuerpolitik - auf der Einnahmenseite - ist es nicht abzusehen, dass die beiden Parteien eine stabile Mehrheit bilden können. Es ist schlicht und einfach eine Augenwischerei, wenn man angesichts dieser gravierenden Meinungsunterschiede so tut, als sei alles in trockenen Tüchern.
Nun komme ich zur Kernfrage, die vor der Wahl geklärt werden soll, nämlich, welcher Sanierungspfad beschritten werden soll. Wir haben dankenswerterweise gestern im Haushalts- und Finanzausschuss ein Dokument der Landesregierung erhalten, in dem die Landesregierung - Frau Kramp-Karrenbauer, Sie tragen dafür Verantwortung - erklärt, sie wolle bis zum Jahr 2016 - also im letzten Jahr - in der Summe 130 Millionen einsparen. Wenn Sie sehen, was der Stabilitätsrat dazu gesagt hat, dann ist festzuhalten, dass diese 130 Millionen vom Stabilitätsrat überhaupt nicht akzeptiert werden, sondern dass der Ausschuss gesagt hat, es müssen 260 - also das Doppelte - sein.
len abbauen. Das wird natürlich in keinem Fall reichen, meine Damen und Herren, wenn man den Sanierungspfad über Ausgabenkürzungen gehen will. Deswegen fordere ich die Beteiligten auf, vor der Landtagswahl zu sagen, wie viele Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst wegfallen sollen. Wenn man das vor der Landtagswahl nicht sagt, ist das ein Betrugsmanöver, das wir als LINKE in keinem Fall akzeptieren können.
Wenn jemand meint, diese Worte seien zu hart, weise ich darauf hin, dass vor der letzten Landtagswahl gefragt worden ist, ob Sie bereit sind, Stellen in der Landesverwaltung abzubauen, ja oder nein. Es ist bekannt - darauf hat die Saarbrücker Zeitung hingewiesen -, dass beispielsweise die Sozialdemokraten gesagt haben, wir wollen keine Stellen in der Landesverwaltung abbauen. Das ist schon nicht eingehalten worden. Ich weise nur darauf hin, dass bei der Polizeireform beschlossen worden ist, 300 Stellen in der Landesverwaltung abzubauen. Meine Damen und Herren, die Widersprüche sind so groß, dass ich mir die Frage stelle, warum man an dieser Stelle nicht bereit ist, den Wählerinnen und Wählern vor der Wahl zu sagen, was man wirklich will.
Ich muss Ihnen sagen, wer Ministerpräsident oder Ministerpräsidentin wird, ist nicht die entscheidende Frage für die Wähler. Die entscheidende Frage ist vielmehr, wie sich die Finanzkrise auf die Lebensbedingungen der Saarländer auswirkt. Und da muss ich immer wieder sagen: Es gab eine gewaltige Umverteilung in den letzten zehn Jahren,
4 Prozent Reallohnverlust in der Arbeitnehmerschaft, 30 Prozent reale Gewinne bei den Besitzenden und Vermögenden. Angesichts dieser gewaltigen Umverteilung gibt es für uns - die LINKE - nur einen Weg: Keine weiteren Arbeitsplatzverluste, auch nicht im öffentlichen Dienst, und dafür Einnahmeerhöhungen der öffentlichen Hand über Vermögenssteuer, Reichensteuer und so weiter.
Das ist die Kernfrage, meine sehr geehrten Damen und Herren. Dazu erwarte ich Erklärungen. Da ich noch eine gewisse Redezeit habe, werde ich mich nach den Erklärungen noch einmal zu Wort melden.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zuerst beantrage ich für die FDP-Fraktion bei dieser Frage namentliche Abstimmung.
Zum Zweiten darf ich mitteilen, dass wir nicht gegen diesen Antrag stimmen werden. Das tun wir deswegen, weil wir diesen Wahlkampf annehmen werden, weil wir uns neu aufstellen werden und weil wir wissen, dass wir verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen müssen und dass durch innerparteiliche Dinge die gute Arbeit, die in den Ministerien gemacht worden ist, zugedeckt worden ist. Nichtsdestotrotz werden wir das tun. Wir werden dementsprechend einen erfolgreichen Wahlkampf hinlegen.
Wir werden allerdings auch nicht für diesen Antrag stimmen, und zwar aus mehreren Gründen, zunächst einmal aus Gründen des Stils. Es ist bemerkenswert, wenn man fast zweieinhalb Jahre vertrauensvoll zusammenarbeitet und vom Bruch der Koalition nicht persönlich erfährt, sondern über die Medien.
Außerdem sind die Vorgänge der letzten Woche bemerkenswert. Es geht nicht um die Fragestellung, dass Minister und Staatssekretäre entlassen werden, sondern um die Fragestellung der Entpflichtung von der Weiterführung des Amtes. Im einzigen Kommentar dazu, der mir bekannt ist, steht, dass Fälle denkbar sind, in denen die Weiterführung des Amtes der Minister und der Staatssekretäre unzumutbar erscheint. „Unzumutbarkeit wird man nur (...) wegen tiefgreifender Zerwürfnisse innerhalb der Regierung“ anerkennen können; dann ist die Zusammenarbeit ausgeschlossen. Bei alledem, was wir in der letzten Woche gehört haben, hieß es nicht an einer einzigen Stelle, dass es unzumutbar gewesen sei, in der Regierung weiter zusammenzuarbeiten. Vielmehr betraf all das, was wir gehört haben, die angebliche fehlende Stabilität in einer Koalitionsfraktion. Dass das also mit dieser Begründung von der Justizministerin vorgetragen wird, ist ebenfalls eine ziemlich bemerkenswerte Geschichte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist des Weiteren bemerkenswert, dass die Sozialdemokratische Partei Deutschlands in der letzten Woche eine Riesenchance versemmelt hat. Es geht nicht nur um die Fragestellung der „kontinuierlichen Amtsführung“, sondern auch darum, dass die CDU aus den Häusern - aus dem Wirtschafts-, dem Umwelt- und dem Bildungsministerium - keinen Wahlkampf machen könnte, wenn Sie in der letzten Woche gegen die Entlassung gestimmt hätten.
Das könnte ja für Sie taktisch nicht ganz uninteressant sein. - Herr Kollege Maas, es geht auch um die
Fragestellung, was es denn für die Ausgangsposition - auch für die Wahlkampfposition - der SPD bedeutet hätte, wenn dieser Antrag gestellt und nicht angenommen worden wäre. Sie müssen vor Ihren Wählerinnen und Wählern sagen, warum Sie dementsprechend abgestimmt haben.
Auf den dritten Punkt ist schon eingegangen worden. Der Kollege Lafontaine hat auf die Frage hingewiesen, dass ja schon alles ausgehandelt ist und wir jetzt schon wissen, was eigentlich dabei herauskommt. Dabei ist ebenfalls sehr bemerkenswert, was in der letzten Woche gesagt worden ist. Frau Kramp-Karrenbauer hat in der letzten Woche gesagt, dass ausgelotet werde, ob ein genügendes Vertrauensverhältnis da sei, um anschließend ohne Neuwahlen in eine Große Koalition zu gehen. Wenn das nicht der Fall wäre, dann gäbe es Neuwahlen. Das heißt logischerweise nur Eines: Wenn das Vertrauen nicht da ist, dann werden die Neuwahlen anschließend dafür sorgen, dass nach der Wahl das Vertrauen da ist. So eine hanebüchene Argumentation habe ich im Leben noch nicht gehört.
Wenn mit Verve in der Stimme über Verlässlichkeit und über eine auf Vertrauen basierende Koalition geredet worden ist, dann darf ich Ihnen einmal ein paar Zitate nennen, die Sie sich gegenseitig in der jüngeren Vergangenheit um die Ohren geschmissen haben.
Herr Kollege Maas hat erklärt, dass die Arbeit von Frau Kramp-Karrenbauer eher einem Abbruch als einem Aufbruch gleicht, dass sie planlos in der Finanzpolitik sei, dass sie ohne Bundeseinfluss sei. Der Kollege Jost hat in einer jüngeren Sitzung erklärt, dass Frau Kramp-Karrenbauer lügen würde. Das hat ihm sogar einen Ordnungsruf des Präsidenten eingebracht. Er hat es aber nichtsdestotrotz gesagt.
Frau Kramp-Karrenbauer hat über Herrn Maas gesagt, dass er nicht nur auf einem Auge blind sei, sondern dass das gesamte Gesichtsfeld verdunkelt sei, dass er kläglich versagt habe, Verantwortung bei der Schulreform zu übernehmen, und in Zusammenhang mit Praktiker, dass er kleinkarierte Spielchen betreiben würde und es ihm nicht um die Menschen gehen würde.
Ich stelle also fest: Die vertrauenerweckende und verlässliche gemeinsame Koalition, die dieses Land aus der Krise bringt, ist die, bei der die SPD nach Ihren Aussagen mit einer planlosen, ohne Bundeseinfluss behafteten Politikerin, die lügt, zusammenarbeiten möchte, und mit der die CDU nach Ihren Aussagen mit einer SPD zusammenarbeiten möchte,
deren Parteivorsitzender sein gesamtes Gesichtsfeld verdunkelt hat, der bei der Verantwortungsübernahme in diesem Land kläglich versagt hat und dem es nicht um die Menschen geht.
Das ist Ihr Wahlkampfkonzept! Das ist die verlässliche Koalition, die Sie nach der Wahl haben wollen! Ich wünsche Ihnen viel Freude dabei, das den Menschen zu erklären, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Und dieses klägliche Politiktheater kostet die Menschen dann eine Million Euro. Vier Monate sind die Häuser führungslos, und dann bringt das genau das, was wir eigentlich wollen. Die einzige Frage, um die es noch geht, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist: Darf Heiko Maas über oder unter Frau Kramp-Karrenbauer oder umgekehrt? Es geht aber hier nicht um Helmut Schmidt oder Franz Josef Strauß, sondern um Heiko Maas und Annegret Kramp-Karrenbauer. Das wird die Menschen leider nicht in Massen zu den Wahlurnen bringen, sondern das ist eigentlich die Bankrotterklärung der saarländischen Politik, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wenn Sie sich hier mit einer ganz tollen Strategie hinstellen und sagen, wie es in diesem Land vorwärtsgeht, dann muss ich sagen: Dieses Land hat etwas Besseres verdient. Sie wissen alle, dass es eigentlich um mehr geht als diesen kleinsten gemeinsamen Nenner, auf den Sie sich vor der Wahl nicht einigen konnten, dass es um mehr geht als darum, hier irgendwelche Pfründe zu sichern, dass es um mehr geht als zudecken. Ich kann Ihnen sagen: Der Untersuchungsausschuss wird nach der Wahl auch kommen. Er wird zumindest von der Linkspartei wieder beantragt werden.
Und wenn er von uns nicht mehr kommt, Herr Kollege Pauluhn - - Entschuldigen Sie bitte, es geht nicht um die einzelne Persönlichkeit, sondern darum, wie wir dieses Land nach vorn bringen können. Wenn Sie das bis heute nicht verstanden haben, Herr Pauluhn, dann ist dies genau das Problem, das es in diesem Land gibt.
Deswegen sage ich Ihnen: Die eigentlichen Probleme in diesem Land werden nicht von der neuen Koalition angepackt werden. Es geht um die Frage, wie dieses Land nach vorne gebracht werden kann, und zwar mit Reformen und nicht mit diesem Politiktheater, das uns hier vorgespielt wird.