Vor diesem Hintergrund ist schlicht und einfach auf den bekannten Tatbestand hinzuweisen, dass dieses Gesetz mit einer Mehrbelastung für den saarländischen Haushalt in einer Größenordnung von 40 Millionen Euro jährlich verbunden ist. Das wäre eine weitere Verschärfung der Situation neben anderen
Verschärfungen, die eingetreten sind, nachdem die Föderalismuskommission auch mit meiner Stimme die Schuldenbremse vereinbart hat. Wir haben damals gesagt und auch nachfolgend immer wieder gesagt, wir werden die Schuldenbremse nur einhalten können, wenn sich die zugrunde gelegten Einnahmeerwartungen erfüllen - durchschnittliches Einnahmewachstum 3 Prozent im Jahr -, und wenn, Herr Kollege Commerçon,
dem Land keine zusätzlichen Lasten auferlegt werden. Das war von Anfang an die Geschäftsgrundlage. Diese Geschäftsgrundlage hat sich verändert, durch die Wirtschaftskrise hat sich die Einnahmeerwartung verändert,
das Bürgerentlastungsgesetz bringt Mehrbelastungen von 70 Millionen Euro, und dieses Gesetz würde weitere Mehrbelastungen von 40 Millionen Euro bringen. Deshalb haben wir gesagt - und dabei bleibt es -: Wir können diese zusätzlichen Lasten nicht tragen. Nur wenn das Land von diesen Lasten freigestellt wird, können wir über die Frage einer Zustimmung zu diesem Gesetz reden. Dies steht nicht in Aussicht, dies ist nicht zu erwarten und deshalb werden wir auf der jetzigen Grundlage dem Gesetz nicht zustimmen. Das ist die klare und eindeutige Position der saarländischen Landesregierung.
Und wenn in dem Zusammenhang der nette Hinweis kommt, da gibt es aber einen Koalitionsvertrag auf Bundesebene und dem haben auch die Vertreter der saarländischen CDU und der Ministerpräsident zugestimmt, dann wiederhole ich es hier gerne und so oft Sie wollen: Bei der Verabschiedung des Koalitionsvertrages hat der CDU-Landesvorsitzende - in dem Fall Peter Müller - das Wort ergriffen und darauf hingewiesen, dass aus der Sicht eines Landes wie des Saarlandes der Koalitionsvertrag nur unter dem Vorbehalt zustimmungsfähig ist - und das ist protokolliert -, wenn damit keine zusätzlichen Lasten für die Länder entstehen. Das ist die Prämisse. Diese Prämisse ist nicht eingehalten worden und deshalb stimmen wir nicht zu. Das ist logisch, das ist konsequent und das steht wirklich zu gar nichts im Widerspruch, was in der Vergangenheit geschehen ist.
Damit komme ich dann zu der dritten Frage, zur Frage nämlich, wie über den vorgelegten Antrag abzustimmen ist. Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Kollege Bierbaum hat eben formuliert, das Wachstumsbeschleunigungsgesetz ist ein ganz schlecht gemachtes Gesetz. - Der vorliegende Antrag der SPD-Landtagsfraktion ist dann ein nun wirk
lich ganz besonders schlecht gemachter Antrag. Das liegt auch daran, dass es gar nicht um die Sache geht, sondern dass der Versuch gemacht wird, Keile zu treiben in die Regierungskoalition. Das ist ja der einzige Zweck der Übung! Und warum das so ist, will ich Ihnen an wenigen Punkten darstellen.
Ich lasse einmal die ganze Belletristik weg und komme zu den Forderungen, die der Antrag ausweist. Da heißt es unter Ziffer 1: Der Landtag fordert die Landesregierung auf, dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz im Bundesrat nicht zuzustimmen und damit die im Rahmen des Bundestagswahlkampfes vertretenen Positionen aufzugeben. Zwei Bemerkungen dazu. Zunächst eine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bemerkung. Der Bundesrat ist ein Bundesorgan. Die Landesregierungen sind originäre Mitglieder dieses Bundesorgans und vertreten als Mitglieder des Bundesorgans dort ihre Position. Deshalb ist es in der gesamten Verfassungsliteratur und in der gesamten Judikatur völlig unstreitig, dass Landtage nicht das Recht haben, Landesregierungen ein bestimmtes Abstimmungsverhalten im Bundesrat vorzuschreiben.
Sie können Äußerungen zu nationalen und europäischen politischen Themen vornehmen. Die Landesregierung hat ihre Position im Bundesrat eigenverantwortlich wahrzunehmen. Das wird sie tun, weil das ihre verfassungsrechtliche Pflicht ist und daran können Sie nichts ändern, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Zweiter Punkt: Sie fordern die Landesregierung auf, die im Rahmen des Bundestagswahlkampfes vertretenen Positionen aufzugeben. Während des Bundestagswahlkampfes gab es diese Landesregierung gar nicht. Die existierte überhaupt nicht. Das heißt, Sie richten Ihre Forderung an jemand, der gar nicht existent ist. Wer so formuliert, dokumentiert nur eines: Er dokumentiert, dass es ihm nicht um die Sache geht, sondern um politische Schaukämpfe. Das können Sie so oft machen wie Sie wollen, Sie werden immer wieder damit auf Grund laufen. Showbusiness sollte eigentlich hier im Landtag nicht stattfinden.
Dann fordern Sie in Ziffer 3 die Landesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass Steuersenkungen für kleine Klientelgruppen verhindert werden. Da frage ich einmal, was heißt das? Was sind kleine Klientelgruppen? Sind die Familien, sind Eltern mit Kindern kleine Klientelgruppen? Die waren ja wahrscheinlich nicht gemeint. Ich nehme an, dass die Hoteliers gemeint waren. Aber wenn die Hoteliers eine kleine
Klientelgruppe sind, dann sind das die Milchbauern auch. Soll es künftig unmöglich sein, in einer speziellen Situation, spezielle Maßnahmen, auch Steuermaßnahmen, für solche Gruppen zu treffen? Oder haben nicht auch Sie gesagt, es muss an steuerlichen Möglichkeiten einiges genutzt werden, um denen zu helfen? Eine pauschale Formulierung „Politik darf kleinen Klientelgruppen nicht mehr helfen“ geht an der gesellschaftlichen Wirklichkeit dieses Landes vorbei. Auch das zeigt: Der Antrag ist oberflächlich, der Antrag hat einen Inhalt, der etwas mit politischem Meinungskampf zu tun hat, aber er hat kein wirkliches sachliches Anliegen und deshalb ist er nicht beschlussfähig.
Es heißt in Ziffer 4: Die Bedeutung von Entlastungen gerade für kleine und mittlere Unternehmen zu erkennen, anstatt die Entlastung großer Konzerne in den Mittelpunkt zu stellen. Das geht am Regelungsgehalt dieses Gesetzes vorbei. Der Regelungsgehalt geht exakt in eine andere Richtung. In Ziffer 5 heißt es: „dafür zu sorgen, dass insbesondere Familien mit Kindern nicht die Leidtragenden von Gesetzesvorhaben sind“. - Da haben wir ein Gesetz, das sich überwiegend an die Familien richtet und den Familien zusätzliche Leistungen gewährt, und dann werden wir von Ihnen in einem Antrag aufgefordert, dafür zu sorgen, dass Familien mit Kindern nicht die Leidtragenden von Gesetzesvorhaben sind. Die Familien, die mehr Kindergeld bekommen, die Familien, die höhere Kinderfreibeträge bekommen, das sind nicht Leidtragende, sondern das sind diejenigen, die von diesem Gesetz begünstigt werden. Wer so formuliert und so oberflächlich agiert, dem geht es nicht um die Sache, dem geht es um parteipolitische Polemik. Dafür reichen wir die Hand nicht. Und deshalb ist aus Sicht der Landesregierung dieser Antrag abzulehnen. - Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Müller, ich will - weil Sie den Bundesrat als Verfassungsorgan hier haben hochleben lassen - doch einmal an eine Begebenheit erinnern, wo Sie nicht so respektvoll über den Bundesrat gesprochen haben. Als das Zuwanderungsgesetz dort verabschiedet worden ist, haben Sie sich im Saarländischen Staatstheater - nomen est omen - geoutet, was das alles für Schauspieler und was das alles für Talente sind, die dort auftreten, um Politik zu machen. Auch das ist eine sehr, sehr gekünstelte Aufregung gewesen. Sie haben
selbst schon den Bundesrat mehrfach zur MuppetShow gemacht und müssen ihn hier nicht als Verfassungsorgan hochleben lassen.
Herr Müller, Sie haben hier - wie Sie gesagt haben die klare und eindeutige Haltung der saarländischen Landesregierung vorgetragen. Davor haben wir gehört: Hinschberger ist dafür, Ulrich ist dagegen, hat aber Probleme es zuzugeben, und Müller sagt, in der Sache vernünftig, aber finanzpolitisch nicht machbar. Wenn das nach Ihrer Auffassung eine klare, eindeutige Haltung ist, dann frage ich mich: Was passiert denn, wenn es bei Ihnen einmal durcheinander geht?
Das ist wirklich bemerkenswert. Wenn sich jemand hierhin stellt und sagt, die Dinge sind in der Sache vernünftig - da kann man ja durchaus unterschiedliche Auffassungen vertreten -, aber sie sind finanzpolitisch nicht machbar, dann sage ich, dann können wir uns die ganze Debatte in der Sache sparen. Das, was finanzpolitisch nicht machbar ist, ist auch in der Sache nicht vernünftig, meine sehr verehrten Damen und Herren. Beides gehört doch untrennbar zusammen.
Ich will noch einmal etwas zum Thema Familienentlastung sagen. Sie sagen ja, wir wollen die Familien entlasten. In einem anderen Rahmen könnte man tatsächlich ernsthaft darüber nachdenken, ob direkte Zuwendungen an Familien in Form von Kindergeld sinnvoller sind als die strukturelle Unterstützung von Betreuungseinrichtungen. Das ist eine Diskussion, in der man, wie ich finde, unterschiedliche Auffassungen vertreten kann. Wir haben immer die Auffassung vertreten, dass wir die Einrichtungen stärken müssen, weil nicht all das, was an Transferleistungen unmittelbar ausgezahlt wird, den Kindern auch tatsächlich in der Form zugute kommt, wie wir uns das wünschen. Darüber kann man unterschiedlicher Auffassung sein. Aber wenn Sie sagen, die meisten Milliarden gehen in die Familienentlastung, dann muss ich noch einmal sagen, das ist eine Milchmädchenrechnung. Das Geld wird, wenn das Gesetz so kommt - und es wird wahrscheinlich ja so kommen -, den Ländern und den Kommunen an anderer Stelle fehlen. Fehlt ihnen, insbesondere den Kommunen, aber das Geld, werden sie sparen müssen. Sie werden Leistungen streichen müssen. Das Geld, das man als Kindergeld an der einen Stelle mehr bekommt, wird einem dann an anderer Stelle wieder aus der Tasche gezogen. Das ist nicht sozial. Das ist auch nicht im Sinne der Familien. Das ist einfach Quatsch, meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Rechnung geht nicht auf.
Nun haben Sie hier ja auch ein Thema eingeführt, das zwar nicht hierher gehört, das ich aber dennoch einmal aufgreifen möchte: Sie kritisieren die Stadt Saarbrücken dafür, es werde nun das Schulessen der Kinder von Millionären bezahlt.
Ich frage mich: Wo sind Sie eigentlich hingekommen? Sind Sie möglicherweise auch schon auf die Idee gekommen, sich die Frage zu stellen, warum der Staat auch Millionären Kindergeld zahlt?
Zweiter Punkt, Herr Müller: Warum haben Sie, da Sie sich ja schon darüber aufregen, dass die Stadt das Schulessen für die Kinder von Millionären zahlt, auch noch für das dritte Kindergartenjahr die Elternbeiträge für Millionäre abgeschafft?
Das ist nicht mehr zu überbieten! Ich hoffe, Sie können noch einigermaßen in den Spiegel schauen! Ich habe diesbezüglich mittlerweile aber ernsthafte Bedenken.