Protokoll der Sitzung vom 17.12.2009

Ich bin gerne bereit, mit Ihnen im übertragenen rhetorischen Sinn die Klingen zu kreuzen. Jetzt sagen Sie, dass es gute Gründe dafür und dagegen gibt. Das ist wohl wahr. Sie haben aus Ihrer Sicht auf die Historie dieser Steuer hingewiesen. Ich sage Ihnen Folgendes ganz selbstkritisch; ich sage das nicht nur hier, sondern ich habe es auch intern an der einen oder anderen Stelle teilweise sehr zum Leidwesen von SPD-Mitgliedern und Funktions- und Mandatsträgern schon früher gesagt. Ich hätte mir in unserer Regierungszeit, insbesondere zu Anfang der Regierungszeit von Rot-Grün auf Bundesebene, mit der gleichen Verve, mit der gleichen Energie und Kraft, mit der wir andere Projekte auf den Weg gebracht haben - beispielsweise das Thema doppelte Staatsbürgerschaft - damals die Wiedereinführung der Vermögensteuer gewünscht. Damit hätten wir für dieses Land und insbesondere für das Saarland und die Länder wesentlich mehr erreichen können. Das sage ich ganz selbstkritisch.

(Beifall bei der SPD.)

Ich sage noch etwas. Wenn wir dieses Thema als Saarländer beziehungsweise als saarländisches Landesparlament angehen, dann habe ich es zuallererst aus diesem Blickwinkel zu sehen. Da sehe ich Folgendes. Kollege Bierbaum hat von 870 Millionen Euro Nettoneuverschuldung gesprochen. Es ist in der Regel mehr, weil ich die sogenannten Schattenhaushalte dazurechnen muss. Ich muss das Thema Konjunkturprogramm dazurechnen sowie die Kreditermächtigung des Landesamtes für Bau und Liegenschaften. So komme ich auf etwa eine Milliarde Kreditermächtigung. Im nächsten Jahr haben wir das ambitionierte Ziel, bei einem Gesamthaushaltsvolumen von 3,4 Milliarden Euro bei einer Verschuldung von unter einer Milliarde Euro zu bleiben.

(Abg. Schmitt (CDU) )

(Vereinzelt Lachen.)

Das ist die Ausgangsposition. Wenn ich diese beiden Jahre zusammenrechne, dann komme ich auf annähernd 100 Millionen Euro nur an zusätzlichen Zinsbelastungen in den kommenden beiden Jahren. Das ist die Ausgangssituation, vor der wir im Saarland stehen. Ich sage an dieser Stelle auch etwas, das wir doch alle wissen und das wir auch im Haushaltsausschuss im letzten Jahr sehr deutlich - einstimmig - zum Ausdruck gebracht haben. Unser großes Problem ist doch nicht darin zu sehen, dass wir überall zu viel ausgeben. Unser Problem ist vielmehr, dass wir strukturell zu wenige Einnahmen haben und bei den Ausgabenbelastungen strukturelle Probleme haben. Da muss man ansetzen.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich sehe das von dieser Seite aus. Kollege Schmitt, ich führe mir vor Augen, was wir heute Morgen beim Thema Wachstumsbeschleunigungsgesetz festgehalten haben: Wir als Saarland werden 5,2 Millionen Euro in den nächsten Jahren strukturell pro Jahr an Einnahmen verlieren - nur durch diese Hotelsubventionierung. Das macht fünf Millionen Euro strukturell weniger Einnahmen pro Jahr für das Land aus. Wenn ich das ins Verhältnis zum Palaver und Zores - um es auf saarländisch zu sagen - setze, weil wir wegen zehn Millionen struktureller Einsparungen einhundert Grundschulen zugemacht haben, dann weiß man doch, wo man steht, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich sage Ihnen, das hat nichts mit „reißerisch“ zu tun. Das ist eine nüchterne Sachstandsbeschreibung in diesem Land.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Jetzt komme ich darauf zurück. Wenn ich weiß, dass ich ein Einnahmeproblem habe, das in den kommenden Jahren nicht besser, sondern eher schlimmer wird, wenn ich mir vor Augen führe, was auf Bundesebene diskutiert wird - man hat mit der großen Einnahmeeinschneiderei erst in den kommenden Monaten zu rechnen, wenn es darum geht, das Thema Steuerreform ab 2011 auf Bundesebene zu diskutieren; da geht es um ganz andere Summen -, dann muss ich mir doch Gedanken darüber machen, wie ich dieses Land überhaupt überlebensfähig halten kann. Ich war mir bisher eigentlich auch in der Kommunalfamilie immer sehr einig mit Kolleginnen und Kollegen der CDU, was auf kommunaler Ebene gelaufen ist. Ich habe keine Angst vor einer Diskussion zum Thema Grundsteuer. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass wir sogar schon einmal eine Diskussion über die Erweiterung der Grundsteuer hin zu einer Grundsteuer C geführt haben.

(Sprechen bei der CDU.)

Sie sagen, das ist etwas ganz anderes. Aber genau das ist doch der Punkt! Wir reden hier über ein Thema, das sehr vielschichtig ist. Ich kann eben nicht schwarz-weiß malen. Ich kann nicht mit dem dicken Hammer kommen und sagen: Arbeiter, passt auf, die SPD und die LINKE wollen eure Villen im Tessin besteuern.

(Lachen und Sprechen bei der CDU.)

Das ist das Niveau! Ich sage das ganz bewusst: Das ist eine Auseinandersetzung, die dem Thema nicht gerecht wird.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Es geht hier nicht darum, eine Diskussion zu führen -

(Abg. Müller (CDU) : Das Reihenhaus in Dudweiler. - Abg. Schmitt (CDU): Das Reihenhaus in Dudweiler. Eben.)

Das ist das Reihenhaus in Dudweiler, sagt der Mann aus Eppelborn.

(Abg. Müller (CDU) : Genau darum geht es.)

Genau darum geht es nicht. Genau darum geht es nicht.

(Lachen und Heiterkeit bei der LINKEN. - Spre- chen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich mir eine solche Diskussion vor Augen führe, die auf einem solchen Niveau geführt wird, wie man vielleicht in Eppelborn diskutiert, und wenn man glaubt, man könnte die Leute mit solchen Tricks hinter die Tanne führen, dann werde ich dem Thema natürlich nicht gerecht. Aber es geht hier um ein anderes Thema. Es geht darum, dass wir - wie heute Morgen gesagt wurde - im christlichen Sinne die starken Schultern mehr belasten als die schwachen Schultern. Worin ist denn eher ein Symbol zu sehen als bei einer Vermögensbesteuerung? Ich sage, dass ich keine Angst vor einer solchen Auseinandersetzung habe.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Niemand der hier Anwesenden will der Oma ihr klein Häuschen - das Reihenhaus in Dudweiler - oder die kleine entsprechende Eigentumswohnung in Eppelborn besteuern. Es geht darum, diejenigen, die es sich tatsächlich leisten können und die starke Schultern haben, mehr zu belasten. Alles andere ist der Versuch, die Diskussion von vorneherein kaputt zu machen. Das lassen wir in dieser Frage nicht zu.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen. - Spre- chen.)

Vielleicht sollte man an dieser Stelle noch einmal sagen, wo das Saarland mittlerweile steht und wie dringend der Handlungsbedarf ist.

(Abg. Jost (SPD) )

(Abg. Schmitt (CDU) : Es geht um das Instrument. Sie schlagen uns ein konkretes Instrument vor. Und das ist nicht sinnvoll.)

Kollege Schmitt, ich sage noch einmal, wenn diese heutige Diskussion einen Sinn gehabt hätte, dann habe ich ihn jetzt schon erreicht. Er ist darin zu sehen, dass wir uns darüber im Klaren sind, an welchem Punkt dieses Land angekommen ist. Wir alle müssen Überlegungen anstellen, um dafür Sorge zu tragen, das Land, was die Einnahmeseite angeht, wieder so aufzustellen, dass wir eine Überlebensperspektive haben. Ich glaube, das alleine ist eine solche Diskussion wert. Kollege Schmitt, ich sage Ihnen, dass wir diese Diskussion in den kommenden Jahren auch deswegen bekommen werden, weil es nicht nur dem Saarland so geht. Es werden noch ganz andere Länder auf eine solche Diskussion kommen. Ich bin einmal gespannt, wie schnell dort der eine oder andere seine Hemmungen verliert, um bei einer solchen Diskussion wieder an einen Punkt zu kommen, an dem er darüber nachdenkt, ob es nicht doch gerechter wäre, eine stärkere Vermögensbesteuerung zu machen. Der Ansatz, um den es hier geht, ist letztendlich kritisch. Da gebe ich Ihnen absolut recht. Ich sage ja noch nicht einmal, dass Sie falsch aus dem Gutachten des DIW zitiert haben.

(Abg. Schmitt (CDU) : Aha.)

Jetzt sagt er Aha. Jetzt gebe ich ihm recht und er sagt Aha. - Kollege Schmitt, ich gebe Ihnen doch letztendlich recht, wenn ich sage, das ist ein Thema, das man sehr vielschichtig diskutieren kann - positiv wie negativ. Meine Bitte ist, dass wir überhaupt erst einmal in die Diskussion einsteigen. Wenn ich mir vor Augen führe, dass das Saarland zum aktuellen Stand das Land ist, das leider Gottes in den entscheidenden Parametern - beispielsweise im Finanzierungssaldo; das ist die Kennzahl zwischen bereinigten Einnahmen im Vergleich zu den bereinigten Ausgaben; im September dieses Jahres hat das Saarland im entsprechenden Bericht des BMF mit 828,8 Millionen Euro im Finanzierungsminus gestanden; wir hatten also weniger Einnahmen als Ausgaben -, im Grunde genommen hinter Bremen gefallen ist, dann muss man sich doch Gedanken darüber machen, wie wir dazu kommen, damit es sich nicht noch verschärft, insbesondere angesichts der Diskussion einer Schuldenbremse und dem, was uns ab 2011 in diesem Land erwartet.

Ich erwarte, dass wir eine Diskussion darüber führen, wie wir das, was heute Morgen vom Ministerpräsidenten selbst gesagt wurde, umsetzen können, dass starke Schultern mehr tragen als schwache. Das ist für mich beispielsweise über eine Vermögenssteuer und eine Reaktivierung der entsprechenden Mechanismen am sinnvollsten zu machen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen. - Spre- chen.)

Ich sage es noch einmal. Wenn man von einem entsprechenden zugrunde gelegten Reinvermögen von etwas mehr als sechs Billionen Euro in Deutschland ausgehen kann und wenn man davon ausgehen kann, dass davon die Verteilung zwischen Immobilienvermögen und Geldvermögen etwa zwei zu eins ist, dann bin ich mir sicher, dass es eine Lösung geben wird, die beispielsweise das Bewertungsproblem löst. Das werden und müssen wir lösen, beispielsweise aus Sicht der Schenkungs- und Erbschaftssteuer. Alleine schon deswegen.

(Abg. Schmitt (CDU) : Das ist gelöst.)

Wenn es aber doch für das Thema Schenkungsund Erbschaftssteuer gelöst ist, wie Sie, Herr Schmitt, sagen, dann stelle ich mir die Frage, warum es nicht für das Thema Vermögenssteuer anzuwenden ist, wenn es denn in dieser Frage gelöst wurde.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen. - Spre- chen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, deswegen kann ich angesichts der Tatsache, dass es hier nicht um Peanuts geht, sondern um einen Betrag, der dem Land Einnahmeverbesserungen in dreistelligen Millionenbeträgen mit sich bringen kann, nur dazu raten, dass wir uns darüber Gedanken machen, wie wir uns als Saarland in diesen Prozess positiv und konstruktiv einbringen. Es geht um die Zukunft unseres Landes, und ich sage es noch einmal: Wenn wir uns ansehen, was in den kommenden Jahren auf uns zukommt, wenn wir uns allein die Zinskosten ansehen, die uns in den kommenden Jahren zu erdrücken drohen, dann müsste für uns diese Diskussion allein deswegen von Interesse sein. Ich hoffe, dass wir sie in den kommenden Wochen und Monaten in einer entsprechenden Ruhe und Sachlichkeit führen. Ich spreche Ihnen Ihre Argumente nicht ab, Kollege Schmitt. Aber ich bitte Sie darum, nicht so zu tun, als säßen jetzt hier auf dieser Seite Leute, die tatsächlich etwas täten, das fernab von der Realität ist: eine Steuer auf Oma ihr klein Häuschen in Dudweiler oder Eppelborn einzuführen. Es geht hier um ganz andere Bereiche. Es geht um die, die viel haben und mehr abgeben können, ohne dass es ihnen wehtut. Das ist der entsprechende Ansatz. Vielen Dank.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Horst Hinschberger.

(Abg. Linsler (LINKE) : Er ist für die Einführung der Vermögenssteuer.)

(Abg. Jost (SPD) )

Nein, lieber Herr Kollege, das bin ich nicht. Ich werde Ihnen auch gleich erklären warum, damit Sie es einmal verstehen. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! SPD und LINKE wollen mit ihrem vorgelegten Antrag die vom Bundesverfassungsgericht bereits im Jahr 1995 beerdigte Vermögenssteuer exhumieren und wieder zum Leben erwecken. Indem Sie hier einen Antrag stellen, der weder in diesem Haus noch in Bundesrat und Bundestag eine Mehrheit finden wird, haben Sie den letzten Rest an finanzpolitischer Glaubwürdigkeit verloren. Es ist insgesamt schon ein sehr bemerkenswerter Vorgang, dass die SPD hier Vorschläge macht, die sie in den vielen Jahren der Regierungsbeteiligung im Bund nie in Betracht gezogen hat. Und Sie können sich auch nicht damit herausreden, dass Sie nie die Gelegenheit dazu gehabt hätten. In den letzten elf Jahren hat die SPD den Bundesfinanzminister gestellt. Keiner der Amtsinhaber ist auch nur ansatzweise auf die abstruse Idee gekommen, diese Steuer wieder einzuführen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Selbst der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Frank-Walter Steinmeier, sagte in einem „Focus“-Interview: „Dem Fanclub für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, dem Sigmar Gabriel vorsteht, bin ich nicht beigetreten.“

(Zuruf der Abgeordneten Hoffmann-Bethscheider (SPD).)

Sie missbrauchen in Ihrer Antragsbegründung die Begriffe „soziale Gerechtigkeit“ und „gerechte Lastenverteilung“ und machen sich so zum steuerpolitischen Geisterfahrer. Der vorliegende Antrag schadet jedoch nicht nur der SPD; er schadet vor allem unserem Land, indem Sie hier eine Neiddebatte eröffnen. Mit Neiddebatten können wir aber den Wohlstand in unserem Land nicht organisieren.

(Sprechen und Zurufe.)

Sie treiben einen Keil in unsere Gesellschaft, indem Sie Leistungsträger und Leistungsbezieher gegeneinander ausspielen. Wohlstand für alle im Sinne Ludwig Erhards ist auf diese Weise nicht möglich. Sie verabschieden sich damit von der sozialen Marktwirtschaft, die jedem die Chance eröffnet, sich selbst Vermögen aufzubauen.

(Zuruf.)

Wenn die Gewerkschaften etwas dazu beitragen können. Hätten sie einmal etwas dazu beigetragen! Wir dagegen wollen in unserer Gesellschaft ein partnerschaftliches Miteinander fördern, indem alle Menschen die Chance haben, sich ein Leben im Wohlstand zu erarbeiten. Nur so kommen wir überhaupt erst in die Lage, etwas zu verteilen. Sie wollen die Parteien der sozialen Gerechtigkeit sein.