Zu Punkt 8 der Tagesordnung. DIE LINKE-Landtagsfraktion hat ihren Antrag zur Schulstrukturreform zwischenzeitlich als Drucksache 14/59 - neu - eingereicht. Zu dem Thema haben die Landtagsfraktionen von CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie die SPD-Landtagsfraktion ebenfalls Anträge eingebracht, die Koalitionsfraktionen mit der Drucksache 14/61 den Antrag: „Gerechte Bildungschancen für alle - Schulstruktur nachhaltig reformieren“, und die SPD-Landtagsfraktion mit der Drucksache 14/70 den Antrag: „Zeit für eine bessere Bildung an saarländischen Schulen - Kindeswohl muss im Mittelpunkt stehen“.
Wer dafür ist, dass diese Anträge als Punkte 13 und 14 in die Tagesordnung aufgenommen werden, den bitte ich eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Dann kann ich feststellen, dass diese Anträge Drucksachen 14/61 und 14/70 als Punkte 13 und 14 in die Tagesordnung aufgenommen sind und gemeinsam mit Punkt 8 der Tagesordnung beraten werden.
Die Landtagsfraktionen von SPD und DIE LINKE haben mit Schreiben vom 18. Januar 2010 gemäß § 57 der Geschäftsordnung beantragt, eine Aktuelle Aussprache zu dem Thema:
„Kritik des Landesrechnungshofes zur Vertragsgestaltung rund um den Gondwana-Park in Landsweiler-Reden“
Zu dieser Aktuellen Stunde hat die Landesregierung gemäß Artikel 76 Abs. 2 der Verfassung des Saarlandes das Wort gewünscht. Die Verfassung gesteht der Landesregierung jederzeit das Rederecht im Parlament zu. Deshalb erteile ich vor der Aktuellen Stunde Herrn Minister Karl Rauber das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist wichtig, dass ich vor Eintritt in die Aktuelle Stunde, in die Diskussion, Ihnen einen Brief zur Kenntnis gebe, der mich gestern Abend kurz vor 23.00 Uhr erreicht hat:
Sehr geehrter Herr Minister Rauber, vorab möchten wir Ihnen und Herrn Ministerpräsidenten Peter Müller sehr für Ihren Einsatz für Gondwana - Das Praehistorium danken.
Die reflexartig aufheulende „Kreuzigt-ihn-Reaktion“ einiger öffentlicher Meinungsträger und Meinungsmacher auf den Rechnungshofbericht und bisher auf alles, was mit der finanziellen Gestaltung des Gondwana-Projektes zusammenhängt, macht es uns unmöglich, das Praehistorium wirtschaftlich vernünftig weiter zu betreiben. Wir werden zunehmend erpressbar für alle, die uns übelwollen.
In der Vergangenheit ist es zum Beispiel passiert, dass uns ein uns bis dahin unbekannter saarländischer Hersteller aufforderte, seine für uns wertlosen Produkte zu erwerben, wozu wir doch als von seinem Steuergeld Begünstigte verpflichtet seien, und uns im Ablehnungsfalle androhte, die Öffentlichkeit zu informieren, was dann auch durch einen Anruf des Staatssekretärs geschah. Ähnliches passiert uns immer wieder mit Besuchern, die für sich Vorteile beim Ticketkauf durch Androhung einer Information der Presse zu erzwingen versuchen.
Wir haben dies alles bisher hingenommen, weil wir von dem Praehistorium und seinen Potenzialen voll überzeugt sind und uns nichts davon abhalten konnte, es mit vollem Einsatz zu betreiben. Die Tatsache aber, dass uns nunmehr die oberste Prüfungsinstanz eines Bundeslandes derartig persönlich in den Schmutz zieht und uns indirekt eine bewusste Hintergehung der Landesregierung vorwirft, um ein vermeintlich wirtschaftlich sinnloses Projekt zu betreiben, trifft uns sehr.
Aufgrund dieses Berichtes ist am letzten Sonntag einer unserer Mitarbeiter auf einer Tourismusmesse in Luxemburg von einem saarländischen Besucher lauthals als Steuerverschwender angepöbelt worden. Wir werden auf Internetforen entsprechend beschimpft und bedroht, was es vor dem Hintergrund eines eingangs beschriebenen Erpressungsgefähr
Wir haben nie die Absicht verfolgt, nun ausgerechnet aus einer Investition auf einer abgelegenen Kohlengrube im Saarland persönliche Vorteile zu ziehen;
da gibt es wahrlich attraktivere Gelegenheiten. Nein, wir wollten und wollen immer noch die Evolution und das Wissen um die Abläufe der Urzeit unterhaltsam und öffentlichkeitswirksam darstellen und Menschen dadurch verzaubern. Dies so attraktiv wie möglich und trotzdem wirtschaftlich effizient zu gestalten, ist unser Ehrgeiz.
An diesem Ziel können und mögen wir unter den gegebenen Umständen nicht mehr festhalten, zumal auch die uns vertraglich zugesicherten weiteren Leistungen und Entwicklungsmaßnahmen auf dem Gelände Reden jetzt wohl erst recht nicht eingehalten werden, was für uns von erheblichem, existenzbedrohendem Nachteil ist.
Aus diesem Grunde bieten wir Ihnen hiermit offiziell sowohl für die Gondwana Invest GbR als auch für die Gondwana Betriebs GmbH an, die gesamte zwischen dem Bundesland Saarland und den beiden vorgenannten Gesellschaften bestehende Vertragskonstruktion rückabzuwickeln und gemeinsam eine sowohl den Interessen des Saarlandes als auch den Interessen des Praehistoriums dienliche Lösung zu finden. Mit freundlichen Grüßen Matthias Michael Kuhl und Dr. Klaus-Peter Hillebrand.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, nach diesem Brief wird Folgendes deutlich. Erstens. Alle Behauptungen, der Investor hätte durch sein Engagement in Zukunft große finanzielle Vorteile - ich zitiere hier die Fraktions-Vizevorsitzende Hoffmann-Bethscheider: „Der Investor jubelt und die Bürger zahlen die Zeche“ - die Bürger zahlen die Zeche wortwörtlich -, lösen sich damit in nichts auf. Zweitens. Das Ergebnis ist, dass man einen Investor aus dem Land getrieben hat. Grund ist eine unsachliche Diskussion und eine aus Sicht des Investors verleumderische Stellungnahme des Rechnungshofes.
Ich bedauere dies. Wir werden jetzt umgehend in Gespräche eintreten, um die bestehenden Vertragskonstruktionen zurückabzuwickeln oder ein Weiterführen des Betriebes zu ermöglichen. Selbstverständlich werde ich in der anschließenden Diskussion auf die Einzelheiten des Sonderberichtes des Rechnungshofes später noch eingehen. - Vielen Dank.
an einige geschäftsordnungsmäßige Voraussetzungen. Die Redezeit beträgt 5 Minuten, wobei das Verlesen von Erklärungen und Reden unzulässig ist und Anträge zur Sache im Rahmen dieser Aussprache nicht gestellt werden können. Die Dauer der Aussprache beträgt grundsätzlich 60 Minuten. Dabei bleibt die von den Mitgliedern der Regierung in Anspruch genommene Redezeit unberücksichtigt.
Bevor ich die Aussprache eröffne, darf ich darauf hinweisen, dass die Mitglieder des Erweiterten Präsidiums für die Abwicklung der Aktuellen Aussprachen bereits zu Beginn der Legislaturperiode eine Vereinbarung getroffen haben, die die Anzahl der Redebeiträge nach der Stärke der Fraktionen begrenzt.
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Parlamentarischen Geschäftsführer der LINKENLandtagsfraktion, Herrn Abgeordneten Prof. Dr. Heinz Bierbaum.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich bei Minister Rauber dafür bedanken, dass er diesen Brief vorgelesen hat, denn ich glaube: Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, wie notwendig diese Aktuelle Stunde zum Thema Gondwana-Park ist, dann ist es dieser Brief.
Ich empfinde es als einen ungeheuerlichen Vorgang, hier mittels dieses Briefes eingreifen zu wollen, um eine notwendige Debatte im Interesse der Öffentlichkeit zu verhindern.
Ich glaube, es ist notwendig, dass wir dies hier im Landtag diskutieren, weil der Bericht des Rechnungshofes in der Tat alarmierend ist. Der Rechnungshof fasst seinen Sonderbericht folgendermaßen zusammen - das ist der Grund, warum wir der Auffassung sind, dass das hier unbedingt diskutiert werden muss -: „Das Saarland ist ein erhebliches finanzielles Risiko eingegangen und hat durch die Förderung des Gondwana-Parks, durch die Beteiligung an den Kosten für Infrastrukturmaßnahmen und letztlich durch Mietzahlungen in erheblichem Umfang den Grundstein für die Belastung des Haushaltes des Saarlandes in einer Größenordnung von zirka 44 Millionen Euro gelegt. Der Rechnungshof hält ein Engagement in dieser Größenordnung nicht für vertretbar.“
Damit sind Befürchtungen bestätigt worden, die ja vielfach schon im Vorfeld der Maßnahme geäußert wurden. Ich will noch mal an die wichtigsten Kritikpunkte des Rechnungshofes erinnern. Da wird davon gesprochen, dass es eine Differenz gibt zwischen den Aufwendungen des Investors und einem
direktem Engagement der IKS, die sich auf 22,4 Millionen Euro beläuft. Das heißt, hätte die IKS es direkt gemacht, wären wir wesentlich günstiger davongekommen. Das steht in dem Bericht drin.
Im Sonderbericht des Rechnungshofes steht auch drin - und das betrifft die Frage der Bereicherung -, dass es praktisch keine Eigenbeteiligung des Investors gibt. Es wird weiter festgestellt, dass der Mietpreis von 8 Euro pro Quadratmeter deutlich überhöht ist angesichts des Gesamtgeländes, das ja unterschiedlich genutzt wird. Und es wird die Befürchtung geäußert, ausgehend von den gegenwärtigen Besucherzahlen, dass dieser Betrieb dauerhaft defizitär sein könnte. Es wird nämlich davon gesprochen, dass hochgerechnet auf die bisher vorliegenden Besucherzahlen von einer Jahresbesucherzahl von 180.000 auszugehen ist, während in der Wirtschaftlichkeitsberechnung eine Besucherzahl von 245.000 unterlegt ist. Das ist eine riesige Differenz, von der ich nicht weiß, wie man dies bewerkstelligen will. Ganz offensichtlich - das muss ich Ihnen deutlich sagen - ist hier schlampig und dilettantisch gearbeitet worden.
Auch was die hinzugezogenen Gutachter angeht, ist zwischen den Zeilen deutliche Kritik des Rechnungshofes herauszulesen; er spricht sogar zum Teil von Alibigutachten. Von daher ist auch noch mal zu überprüfen, inwieweit die entsprechenden Prüfungsgesellschaften wirklich einen ernsthaften Auftrag hatten beziehungsweise ob sie diesen ernsthaft ausgeführt haben.
Wir müssen feststellen, dass hier eine wirtschaftliche Fehlinvestition zu Lasten des Steuerzahlers droht. Wir müssen sehen, dass die Anzahl der Arbeitsplätze äußerst bescheiden ist. Wenn ich richtig informiert bin, handelt es sich zudem um eine Reihe von prekären Arbeitsverhältnissen, also etwas, was wir tunlichst vermeiden sollten, wenn öffentliche Gelder eingesetzt werden.
Auch die konzeptionelle Seite ist weiß Gott kein Meisterstück einer industriellen Ansiedlung, ist kein Meisterstück im Hinblick auf eine regionale Entwicklung. Ich sehe hier eher einen Offenbarungseid für die Ansiedlungs- und Industriepolitik dieser Regierung.
Das betrifft die letzte Regierung, Herr Ulrich, ich berichtige mich gerne. Es war die letzte Regierung, die das damals beschlossen hat, überhaupt keine Frage. Aber ich frage die jetzige Regierung, Herr Ulrich: Welche Maßnahmen sehen Sie vor, um dieses Risiko zu begrenzen? Welche Maßnahmen sehen Sie vor, damit die Sache nicht dauerhaft defizitär wird? Welche Maßnahmen sehen Sie im Zusammenhang mit einer Veränderung der Konzeption vor, um dar
aus eine richtige Industrieansiedlung mit ordentlichen Arbeitsplätzen zu machen? Das sind alles Punkte, die jetzt auf den Tisch müssen und zu denen wir von Ihnen Antworten erwarten. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich fürchte, Kollege Bierbaum, dass sich Ihre Fragen erübrigen. Ich denke, dass der Investor nicht geschrieben hat, um eine Aktuelle Stunde im Landtag zu verhindern, sondern dass er zum Ausdruck bringen wollte, dass er in einem Klima der Diffamierung und Skandalisierung schlichtweg keine Lust hat, im Saarland weiterhin als Investor tätig zu sein.
Der Rechnungshof des Saarlandes hat die Maßnahmen auf dem Gelände der ehemaligen Grube Reden in einem Sonderbericht bewertet. Die Mitglieder des Rechnungshofes werden mir den Hinweis gestatten, dass die Bewertung meines Erachtens zentrale Punkte vernachlässigt, nämlich die Historie des Standortes, die daraus folgende besondere Verantwortung des Landes für diesen Standort sowie die fehlenden strukturpolitischen Alternativen für diesen Standort. Deshalb möchte ich Folgendes festhalten. Erstens. Reden ist wie Göttelborn vom Bergbau über ein Jahrhundert geprägt. Durch die Schließung des Bergwerkes ist diese Region wie keine andere in besonderer Weise vom Strukturwandel betroffen.
Zweitens. Der Staat, Bund und Land, haben den Bergbau und die Entscheidungen für den Bergbau geprägt. Deshalb hat der Staat auch die Fürsorgepflicht dafür, dass dieser am härtesten betroffene Standort in besonderer Weise gewürdigt wird. Darüber bestand auch Einigkeit in diesem Hause. Und drittens. Da es sich bei Reden im Gegensatz zu Göttelborn um einen logistisch sehr problematischen Standort handelt, ist er folglich in den klassischen Bereichen der Ansiedlung kaum konkurrenzfähig. Ich hätte mir gewünscht, dass der Rechnungshof diese Aspekte vorangestellt hätte, bevor er Bewertungen in Bereichen vornimmt, wo er eventuell nicht gerade die größte Kompetenz hat.
Vor diesem Hintergrund war es ein Glücksfall, dass ein Investor bereit war, in ein bisher einzigartiges Projekt in Deutschland, nämlich in Reden, zu investieren. Die Leitinvestition Gondwana-Park ist mit einem Verwaltungsstandort verbunden worden. Dies war nur deshalb möglich, weil das Land bereit war, vor dem Hintergrund der eben dargestellten Zusam
menhänge seine Möglichkeiten zur Förderung des Science-Parks wie auch des Standortes insgesamt auszuschöpfen. Die Alternative dazu wäre gewesen - auch das würdigt der Rechnungshof nicht -, dass Reden bis heute brachliegen würde und denkmalgeschützte Gebäude verfallen würden. Das ist die Wahrheit.
Deshalb danke ich heute Minister Karl Rauber ausdrücklich dafür, dass er den Mut hatte, das politische und finanzielle Engagement des Landes für das Projekt Reden sicherzustellen. Gondwana - und das, Kollege Bierbaum, ist die bisherige Bilanz, wenn Sie von Offenbarungseid und wirtschaftlicher Fehlinvestition sprechen - ist bisher mit mehr als 200.000 Besuchern eine Erfolgsgeschichte. Landrat Hinsberger von der SPD, die Kommunalpolitiker von der SPD vor Ort - wie die anderen natürlich auch - sind dankbar, dass Reden wieder eine gute Perspektive hat. Auch SPD-Politiker haben deshalb in den Aufsichtsräten allen Maßnahmen zugestimmt.
Ich habe den Eindruck, dass der Sonderbericht bei seiner Bewertung Verantwortung und Chancen für diesen schwierigen Standort Reden schlichtweg ausblendet. Ich kann nicht erkennen, dass die Landesregierung sich außerhalb des rechtlich zulässigen Rahmens bewegt hat. Das ist auch an keiner Stelle des Rechnungshofberichtes zu finden. Die Kritik an den besonderen strukturpolitischen Anstrengungen der Landesregierung kann ich ebenfalls nicht nachvollziehen. Sie sind erfolgt, um Anreize für die erfolgreiche Ansiedlung zu schaffen, und zwar durch Verbindung eines freizeitorientierten Projekts mit einem Verwaltungsstandort, durch eine Gestaltung des Mietverhältnisses, das den besonderen Belastungen eines denkmalgeschützten Gebäudes Rechnung trägt und selbstverständlich durch Ausschöpfung der Förderhöchstsätze für die Investition Gondwana-Park; sonst wäre sie nicht möglich gewesen. Der bisherige positive Gang dieses Projektes belegt, dass Chancen und Risiken - so wie prognostiziert - in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen.
Ich wollte heute sagen: Es bleibt zu hoffen, dass der Hang zur Skandalisierung und Diffamierung in diesem Land nicht dazu führt, dass Investoren künftig einen großen Bogen um das Saarland machen. Leider kann ich heute nur noch sagen, dass uns die Realität dort eingeholt hat. Ich hoffe sehr, dass das Projekt doch noch zu einem guten Ende geführt werden kann. - Vielen Dank.