Protokoll der Sitzung vom 10.02.2010

Wir haben eine Mitteilung an den Landtagspräsidenten durch die Staatskanzlei mit Datum vom 24.11.2009 verschickt, dass es infolge eines erhöhten Erhebungsaufwandes zu einer Verzögerung kommen kann. Des Weiteren gab es eine verzögerte Rückmeldung, die nicht auf mein Haus zurückzuführen ist, sondern auf die Landkreise selber, bei der Frage nach den Betriebskosten der Schulen. Wenn ich mir die Datenlage anschaue, gab es die letzte Rückmeldung aus den Landkreisen erst am 25. Januar 2010, und dies bei einigen Landkreisen häufig erst nach telefonischer Rückfrage durch mein Haus. Das heißt also, es sind Verzögerungen entstanden, die wir so nicht selbst zu verantworten haben.

Ein Letztes noch. Es gab bei einer Rückmeldung aus einem Landkreis sogar die Notwendigkeit der Überarbeitung dieser Rückmeldung, weil in der Antwort, die sich nur auf die Betriebskosten der Förderschulen „Lernen“ bezog, auch die Betriebskosten der Förderschule „Geistige Entwicklung“ enthalten

waren, weil es einen Gebäudekomplex gibt, der beide Schulen umfasst. Die Anfrage bezog sich nur auf die Kostenermittlung der Betriebskosten für die Förderschulen „Lernen“. Insofern gab es auch hier wieder einen so genannten Rückkopplungseffekt, der zu Verzögerungen geführt hat.

So weit meine Erklärung für die verspätete Auskunft. Ich bitte um Nachsicht. Ich werde mich bemühen, weitere Verzögerungen in Zukunft zu vermeiden und verweise auf die weitere intensive Beratung der gesamten Angelegenheit im zuständigen Ausschuss. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Zur Geschäftsordnung hat sich Frau Abgeordnete Isolde Ries zu Wort gemeldet. Ich darf darauf hinweisen, dass Bemerkungen zur Geschäftsordnung sich nur auf die geschäftsordnungsmäßige Behandlung der zur Beratung stehenden Gegenstände oder den Geschäftsplan des Hauses beziehen und nicht länger als 5 Minuten dauern dürfen. - Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach § 58 der Geschäftsordnung des saarländischen Landtages muss die gesamte Anfrage beantwortet werden. Nachdem es drei Wochen keine Antwort gab - ich akzeptiere die Verhinderungsgründe -, sind aber genau die Fragen, die nicht mit dem Regionalverband oder den Landkreisen zu tun haben, hier nicht beantwortet worden.

Herr Kessler, da ist zum Beispiel die Frage 7: „Wie sieht der Zeitplan aus, aus dem hervorgeht, wann der Rechtsanspruch umgesetzt ist?“ Da geht es um die UN-Behindertenrechtskonvention, die seit einem Jahr in Kraft ist und zu der die Landesregierung bisher keinerlei Vorgaben vorgelegt hat, wie das umgesetzt werden soll. Die Menschen wollen wissen, wie Inklusion, wie Integration im Saarland umgesetzt wird. Herr Minister, ich bin mir sicher, dass es für Sie ein Leichtes ist, diese Frage zu beantworten, weil Sie die gleiche Frage nach dem Zeitplan auch als GEW-Vorsitzender gestellt haben.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort zur Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Thomas Schmitt.

Herr Präsident! Wir können uns künftig darauf verständigen, dass in Fällen, in denen eine solche Anfrage, weil Kommunen und Landkreise zusätzlich befragt werden müssen - die übrigens gar nicht, ins

(Präsident Ley)

besondere nicht für bestimmte Zeitpunkte, verpflichtet sind, diese Dinge zu beantworten -, diese Anfragen fristgemäß und zeitgemäß beantwortet werden, dass dann aber an manchen Stellen steht: Diese Daten konnten nicht erhoben werden. Dann haben wir eine fristgemäße Beantwortung der Fragen, die unseren Zuständigkeitsbereich betreffen. Dann ersparen wir uns künftig solche Debatten wie hier und heute. Aber ich glaube, dann ist dem Recht der Opposition auf Auskunft nicht gedient.

(Abg. Ries (SPD) : Es geht doch um Ihre Fragen!)

Es geht um eine Anfrage als Ganzes. Wir können jetzt künftig folgendermaßen verfahren. Wir beantworten nur noch die Anfragen aus unserem eigenen Bereich und die Regierung beantwortet dann die übrigen Fragen nicht mehr. Wenn das im Sinne der Opposition ist, können wir dementsprechend im Parlament künftig so verfahren. Was die Zeitpläne angeht, ist die Frage 7 ordnungsgemäß beantwortet, sofern die Zeitpläne und die Inhalte schon feststehen.

(Zuruf der Abgeordneten Willger-Lambert (B 90/GRÜNE).)

Inhaltlich hat die Regierung entsprechend geantwortet. Wenn ein Zeitplan noch nicht bis ins einzelne Detail feststeht, kann die Frage nicht beantwortet werden, muss auch nicht beantwortet werden. Deswegen steht hier eigentlich an dieser Stelle nichts mehr offen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Stefan Pauluhn (SPD).

Die SPD-Fraktion hat ein Recht, das ihr durch die Geschäftsordnung gegeben ist, heute wahrgenommen und hat nach § 58 Abs. 3 hier eine mündliche Beantwortung einer im November gestellten Anfrage verlangt. Man darf sich darüber wundern - oder auch nicht -, dass ausgerechnet diese Anfrage gestern Nachmittag um 16.37 Uhr bei uns in der Fraktion eingegangen ist, noch nicht einmal in Gänze, sondern nur der Hinweis, dass sie kommen wird.

Wenn man sie sich gestern Abend angesehen hat, musste man feststellen, dass wesentliche Teile dieser Anfrage seitens des Ministers nicht beantwortet wurden. Deshalb stellt sich an dieser Stelle die Geschäftsordnungsfrage, ob nach § 58 Abs. 3 der Minister hier nicht hätte zu den unbeantworteten Fragen Stellung nehmen müssen. Wenn er es nicht tut, stelle ich fest, dass Herr Minister Kessler der Geschäftsordnung des saarländischen Landtages an dieser Stelle nicht entsprochen hat.

(Beifall bei der SPD. - Sprechen, Unruhe.)

Das Wort hat Herr Minister Klaus Kessler.

(Zurufe von der CDU: Lies ihnen doch die Ant- wort vor! - Weiterhin Sprechen und große Unru- he.)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann diesen Vorwurf nicht auf sich beruhen lassen. Ich habe die Anfrage korrekt beantwortet.

(Abg. Pauluhn (SPD) : Was hier abläuft, ist nicht in Ordnung. Die Tagesordnung war abgehandelt und wir waren in einer Geschäftsordnungsdebatte. - Weitere heftige Zurufe von der SPD.)

Ich bin hier angegriffen und kritisiert worden in die Richtung, dass diese Anfrage nicht beantwortet worden sei. Ich stelle hiermit fest: Die Antwort liegt vor, wird aber von den Oppositionsfraktionen nicht zur Kenntnis genommen. Ich erlaube mir deshalb, die Antwort, so wie sie Ihnen schriftlich vorliegt, vorzulesen, damit auch die interessierte Öffentlichkeit weiß, dass ich in der Lage bin, Anfragen korrekt zu beantworten.

(Starker Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Zur Vorbemerkung der Fragestellerin. Eine zukunftsorientierte Weiterentwicklung eines sozial gerechten und leistungsfähigen Bildungssystems hängt heute davon ab, dass zwei - sich scheinbar widersprechende - Ziele gleichzeitig erreicht werden: die Orientierung der vorschulischen und schulischen Bildungsgänge an allgemein verbindlichen Standards und die Förderung von Individualität und Differenz. Das erste Ziel hebt die zwischen Menschen vergleichbare Leistung, das zweite Ziel die unvergleichbare Persönlichkeit hervor. Beide Ziele sind in dem Bildungsbegriff der Moderne spannungsreich miteinander verbunden. Deshalb ist ein Bildungssystem anzustreben, das den Anspruch eines jeden Menschen auf Entfaltung seiner Individualität verbürgt, indem es möglichst alle Menschen in die Lage versetzt, dem Anspruch unserer Gesellschaft auf Engagement und Leistung gerecht zu werden.

Für den Förderschwerpunkt „Lernen“ gilt nach zwei Jahrzehnten erfolgreicher Praxis in Regelschulen: Einrichtungen der Separation und der Segregation sind nicht mehr notwendig, zumal folgende Erkenntnis wissenschaftlich gesichert ist: Je länger Förderschulen besucht werden, umso geringer ist die Leistungsentwicklung im Vergleich zur integrativen Regelschule.

Zur Vorbemerkung der Landesregierung. Ein Hauptanliegen der saarländischen Landesregierung ist es, für jeden Schüler und für jede Schülerin eine seinen

(Abg. Schmitt (CDU) )

beziehungsweise ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten angemessene Beschulung an einem geeigneten Ort bereitzustellen. Die Förderschulen leisten hierzu einen dauerhaft wichtigen Beitrag. Auch an der Förderschule „Lernen“ haben viele Schüler einen Abschluss erworben, der zum Besuch des Berufsgrundbildungsjahres berechtigt. Da-rüber hinaus erreicht etwa jeder dritte Schüler der Abschlussklassen durch das freiwillige 10. Schuljahr den Hauptschulabschluss.

Jetzt komme ich zu den Fragen. Frage 1: Wie viele Förderschulen „Lernen“ (früher Lernbehinderten- schule) gibt es im Saarland? a) Wie viele Schülerinnen und Schüler besuchen diese Schulen, aufgelistet nach einzelnen Schulen? b) Wie lange ist die Verweildauer der Schüler/-innen, aufgelistet nach Jahrgängen, für die vergangenen zehn Jahre?

Die Antwort zu Frage 1. Im Schuljahr 2009/2010 werden 1.799 Schülerinnen und Schüler in den 19 Förderschulen „Lernen“ des Saarlandes unterrichtet und sonderpädagogisch gefördert. Im Einzelnen schlüsselt sich dies wie folgt auf: Saarbrücken (Zie- gelstraße) 191; Saarbrücken-Dudweiler 109; Saarbrücken-Altenkessel 184; Völklingen-Geislautern 116; Friedrichsthal-Bildstock 101; Saarlouis 151; Lebach 73; Schwalbach 59; Wadgassen-Schaffhausen 61; Merzig-Brotdorf 98; Losheim-Niederlosheim 45; Wadern-Noswendel 60; St. Wendel 53; NohfeldenMosberg 55; Neunkirchen 144; Illingen 97; Homburg 96; St. Ingbert 52; Blieskastel 54. Daten zur Verweildauer der 22.130 Schülerinnen und Schüler, die in den zurückliegenden zehn Jahren eine Förderschule „Lernen“ besucht haben, liegen nicht vor.

Zu Frage 2: Wie hoch sind die Personalkosten für jede Schule? (Bitte alle anfallenden Personalkosten auflisten, nicht nur für das Lehrpersonal).

Die Antwort zu Frage 2. Personalkosten im Haushaltsjahr 2008 der Förderschule „Lernen“: Für die Förderschule „Lernen“ Saarbrücken (Ziegelstraße) (mit SFZ) 3.173.779,00 Euro für Lehrkräfte, 58.512,98 Euro für Nicht-Lehrer, 3.232.291,98 Euro zusammen. Ich kürze jetzt ab und nenne nur noch die addierte Summe. Saarbrücken-Dudweiler 649.223,82 Euro; Saarbrücken-Altenkessel 929.476,75 Euro; Völklingen-Geislautern 913.281,66 Euro; Friedrichsthal-Bildstock 447.434,58 Euro; Saarlouis 2.090.484,96 Euro; Lebach 385.535,49 Euro; Schwalbach 398.690,10 Euro; WadgassenSchaffhausen 324.218,42 Euro; Merzig-Brotdorf 1.167.610,00 Euro; Losheim-Niederlosheim 297.627,00 Euro; Wadern-Noswendel 545.336,00 Euro; St. Wendel 945.364,51 Euro; Nohfelden-Mosberg 505.743,03 Euro; Neunkirchen 1.867.900,59 Euro; Illingen 528.213,20 Euro; Homburg 534.216,03 Euro; St. Ingbert 222.606,29 Euro; Blieskastel 1.091.801,36 Euro.

Hinweis: In den angegebenen Personalkosten jeder Förderschule sind die Kosten für Lehrkräfte, die sonderpädagogische Assistenz für Integrationsmaßnahmen leisten, enthalten. Dies gilt nicht nur für Schulen mit Sonderpädagogischem Förderzentrum (SFZ), sondern für fast alle. In den Schulen mit SFZ sind die Personalkosten drei- bis viermal so hoch, wie sie ohne externen Lehrereinsatz wären.

Zu Frage 3, das war der Grund der verzögerten Beantwortung. Wie hoch sind die Gebäudebetriebskosten für jede Schule? (Bitte die einzelnen Kosten bei den Landkreisen und dem Regionalverband Saar- brücken erfragen).

Das haben wir getan. Antwort zu Frage 3. Nach Angaben des Regionalverbandes und der Landkreise ergaben sich im Haushaltsjahr 2008 folgende Gebäudebetriebskosten bei der Förderschule „Lernen“: Saarbrücken (Ziegelstraße) 65.786,00 Euro; Saarbrücken-Dudweiler 54.573,00 Euro; Saarbrücken-Altenkessel 65.481,00 Euro; Völklingen-Geislautern 61.334,00 Euro; Friedrichsthal-Bildstock 72.216,00 Euro; Saarlouis 94.280,83 Euro; Lebach 52.630,74 Euro; Schwalbach 63.578,15 Euro; WadgassenSchaffhausen 80.115,22 Euro; Merzig-Brotdorf 134.700,00 Euro; Losheim-Niederlosheim 62.800,00 Euro; Wadern-Noswendel 107.700,00 Euro; St. Wendel 56.541,79 Euro; Nohfelden-Mosberg 25.480,26 Euro; Neunkirchen 39.328,60 Euro; Illingen 34.325,36 Euro; Homburg 190.605,72 Euro; St. Ingbert 91.296,58 Euro; Blieskastel 230.848,07 Euro.

Frage 4. Wann sollen die Förderschulen, wie dies B 90/GRÜNE in 2006 gefordert haben, auslaufen?

(Sprechen bei der SPD.)

Frage 5. - Es gibt eine zusammengefasste Antwort für die Fragen 4 bis 7.

(Erneut Sprechen bei der SPD.)

Frage 5. Wie ist diese Schulform mit der UN-Konvention für die Rechte behinderter Menschen vereinbar? Frage 6. Was will die Landesregierung zur Umsetzung der UN-Konvention für die Rechte behinderter Menschen tun? Frage 7. Wie sieht der Zeitplan aus, aus dem hervorgeht, wann der Rechtsanspruch umgesetzt ist?

Zu den Fragen 4 bis 7. Ein Gradmesser für die Humanität einer modernen Gesellschaft ist ihr Umgang mit Menschen mit Behinderung. Nach Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention durch die Bundesrepublik Deutschland will die Landesregierung zur konzeptionellen Umsetzung des Artikels 24 der Konvention - das ist der Bildungsteil - die saarländische Integrationsverordnung überarbeiten. Aus diesem Grund will sie die Potenziale von Menschen mit Behinderung schon möglichst früh in der Kindheit fördern. Ziel ist die dauerhafte Etablierung eines

(Minister Kessler)

Drei-Säulen-Konzeptes mit Verstärkung der bereits vorhandenen Integrationsmaßnahmen, der Erhalt der Förderschulen in einer guten Qualität

(Abg. Ries (SPD) : Aha)

sowie der gleichzeitig verstärkte Einsatz von Förderschullehrkräften an Regelschulen. Dazu sollen die Eltern ein echtes Wahlrecht zwischen Regelschulen und Förderschulen erhalten, wobei in Ausnahmefällen - zum Beispiel bei offensichtlicher Vernachlässigung der gebotenen Ausrichtung am Kindeswohl vom Elternwillen abgewichen werden kann. Im Einvernehmen mit den Schulträgern sollen die Rahmenbedingungen für eine bedarfsgerechte Beschulung von Kindern mit Behinderungen an Regelschulen stufenweise verbessert werden.

(Abg. Ries (SPD) : Mit welchem Zeitplan?)