Protokoll der Sitzung vom 16.01.2013

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben es mit einem Thema zu tun, das heute hier sehr emotional im Parlament diskutiert wird und das auch zu Recht. Ich möchte als Allererstes meinen Respekt denjenigen Referendarinnen und Referendaren aussprechen, die heute Mittag vor dem Parlament protestiert haben und sich auch die Zeit genommen haben, hier die Debatte zu verfolgen und zu hören, was zu den Anträgen in ihrer Sache gesprochen wird. Ich kann sehr gut nachvollziehen, wie es Ihnen geht und ich kann auch sehr gut nachvollziehen, wie Sie sich fühlen.

Ich sage von dieser Stelle aus, ich war heute Mittag dabei, als die Demonstration draußen lief und der Minister Ihnen angeboten hat, persönliche Gespräche im Ministerium zu führen und sich um Ihre Sache zu kümmern. Ich möchte Ihnen nochmals das Angebot meiner Kollegin Gisela Rink erneuern, zu ihr zu kommen, damit wir Ihre persönliche Situation erörtern, uns wirklich mit Ihren Problemen auseinandersetzen und Lösungsmöglichkeiten suchen können. Trotzdem sage ich ganz klar, was auch die Kollegin Christiane Blatt hier deutlich gemacht hat - das ist meines Erachtens eine ganz wichtige Sache, die wir auch nach außen transportieren müssen -: Wir können auch in Zukunft nicht garantieren, dass wir allen Referendarinnen und Referendaren einen festen Job im Land anbieten können.

Sehr geehrter Kollege Ulrich, Sie haben gesagt, dass der Kollege Klaus Kessler, der Vorgänger, immer allen Referendaren, die ausgebildet worden sind, eine Stelle verschafft hat. Ich weiß nicht, in welch einer Regierung Sie waren. Ich weiß von sehr vielen Referendaren in den allgemeinbildenden Schulen, die nicht übernommen worden sind, die genauso wie die Referendare in den beruflichen Bereichen -

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Wir reden von der Berufsschule. - Abg. Schramm (DIE LINKE): Beruflicher Bereich!)

Sie haben aber eben hier gesagt, alle Referendare, die ausgebildet worden sind, die sich der Mühe unterzogen haben, die notwendigen Qualifizierungen zu erwerben, seien eingestellt worden. Das ist nicht

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

der Fall, das ist wie so oft eine Fehldeutung von Ihnen und das muss man hier auch deutlich sagen. Ich gebe Ihnen gerne die Möglichkeit zu einer Zwischenfrage.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) mit einer Zwischenfrage: Herr Wegner, sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass ich vom berufsbildenden Bereich gesprochen habe und nicht von allen Schulen?

(Abg. Schmitt (CDU) : Sind die weniger wert?)

Darum geht es jetzt nicht. Es geht um die falsche Darstellungsweise des Herrn Wegner, der suggeriert, ich hätte gesagt, dass dies für alle Schulbereiche gelte. Ich habe von den berufsbildenden Schulen geredet und nur von diesen. Und Sie wissen, dass dort zutrifft, was ich gesagt habe.

Noch mal. Seit Ende der Neunzigerjahre ist es uns gelungen, alle Referendarinnen und Referendare im berufsbildenden Bereich einzustellen. Das ist keine Leistung von Herrn Kessler, sage ich jetzt mal.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Das habe ich nicht behauptet!)

Damit haben wir - wie es hier am Rednerpult schon öfter beschrieben worden ist - dem hohen Stundenausfall und den ständig wachsenden Schülerzahlen in diesem Bereich Rechung getragen. Dann kam der Stufenplan der damaligen Kultusministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, fortgeführt von Herrn Kessler und jetzt eben von Herrn Commerçon. Diesen Weg sind wir gegangen. Aber hier zu behaupten, alle Referendare, die im Land ausgebildet worden sind, seien übernommen worden, trifft nicht zu. Auch in den allgemeinbildenden Schulen haben wir eine ähnliche Situation.

(Zurufe der Abgeordneten Spaniol (DIE LINKE) und Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Eines ist ganz klar. Wir sind - und ich glaube, es ist wichtig, dass das hier gesagt wird - nicht zufrieden damit, wie die Kommunikation in diesem Bereich gelaufen ist. Es wäre mir lieber gewesen, wenn Herr Kessler schon vor zwei Jahren in die Öffentlichkeit gegangen wäre und deutlich gemacht hätte, dass man auch an den beruflichen Schulen in Zukunft nicht damit rechnen kann, dass alle Referendarinnen und Referendare eingestellt werden.

Ich möchte Sie einmal an die Diskussion der letzten beiden Jahre erinnern, als wir über die Senkungsproblematik beim Eingangslohn gesprochen haben und wo hier von diesem Pult aus immer gesagt worden ist, die guten Referendarinnen und Referendare

wanderten nach Rheinland-Pfalz oder sonstwohin in die Republik ab. Ich weiß, dass wir im Saarland sehr viele Bewerbungen auf eine Vollzeitstelle auch aus anderen Bundesländern haben. In der Republik, in Rheinland-Pfalz oder Baden-Württemberg, sieht es auch nicht anders aus. Auch dort werden für berufliche Schulen ausgebildete Referendarinnen und Referendare nicht automatisch übernommen. Auch die im Saarland Ausgebildeten haben sich teilweise in mehreren Bundesländern beworben. Das hat übrigens dazu geführt, dass wir im Moment nicht mehr sieben Unversorgte haben, sondern nur noch sechs. Zwölf werden eingestellt und sechs suchen zurzeit noch eine Anstellung.

Ich glaube, dass diese Referendare und Referendarinnen eine gute Chance haben, eventuell als Vertretungslehrer den Einstieg zu finden. Sie haben eine gute Chance, sich im August zu bewerben und beim Einstellungsverfahren dabei zu sein. Von daher sollte man die Lage nicht so dramatisieren, wie Sie, Frau Spaniol, das hier getan haben.

Und wenn Sie von der Ausschusssitzung am vergangenen Donnerstag berichten, muss man den Referendarinnen und Referendaren auch sagen: Manchmal sind es nicht nur gute Freunde, auch wenn sie sich lautstark und einnehmend für einen einsetzen. Sie, Frau Spaniol, haben die Situation der Referendarinnen und Referendare dazu benutzt, einen Stein in Richtung Landesregierung zu werfen. Was mit den betroffenen Personen dabei passiert, ist Ihnen relativ egal.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Heftiger Widerspruch von der LINKEN. - Abg. Ensch-En- gel (DIE LINKE) : Das ist eine bösartige Unterstellung, Sie sollten sich schämen!)

Wenn ich die Situation in der letzten Woche noch mal Revue passieren lasse und Ihre Ausführungen, die Sie eben von diesem Pult aus gemacht haben, und wenn ich sehe, dass wir in dieser Ausschusssitzung einen Antrag von Ihnen hatten, nach dem auch in die Tiefe gehende persönliche Dinge zur Sprache gekommen wären, dann war das keine Ausschusssitzung, die man so einfach mal hätte öffentlich machen können.

(Zurufe der Abgeordneten Spaniol (DIE LINKE).)

Da ging es teilweise um persönliche Bewertungen von Studienfächern der einzelnen Betroffenen. Es sind zwar keine Namen genannt worden, aber aufgrund der Zahlen, über die wir redeten, sind durchaus Rückschlüsse auf einzelne Personen möglich gewesen. Deshalb war das keine Ausschusssitzung, die man hätte öffentlich durchführen können. Vor allen Dingen: Sie wollten eine Show abziehen und sonst nichts! Das war der Beweggrund, der Sie geleitet hat.

(Abg. Wegner (CDU) )

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Erneut heftiger Widerspruch von der LINKEN. - Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Das ist eine Unverschämtheit!)

Es war bezeichnend - der Kollege Schmitt hat es eben in einem Zwischenruf deutlich gemacht -, als Frau Dr. Backes-Miller zum Bericht über das angesetzt hat, was Sie beantragt haben, was Sie hören wollten, war nur noch eine Abgeordnete Ihrer Fraktion im Sitzungssaal. Alle anderen sind rausgestürmt und haben sich mit den Referendarinnen und Referendaren beschäftigt. Nicht, dass es falsch gewesen wäre, die Damen und Herren darüber zu informieren, dass sie an dieser Sitzung nicht teilnehmen können. Aber Sie waren nicht nur fünf Minuten draußen, Sie waren 20 Minuten draußen. Es hat Sie überhaupt nicht interessiert, was Frau Dr. BackesMiller zu sagen hatte. Es ging Ihnen nur - das hat man dann in der anschließenden Presseerklärung gesehen - um den Showeffekt und nicht um die Sache, worum es uns eigentlich gehen sollte.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Das geht mit Ihnen heim! Weiterhin heftige Zurufe von der LINKEN.)

Ich möchte nicht zu viel wiederholen, was bereits angesprochen wurde. Aber was die „Lehrerfeuerwehr“ angeht, so hat die Kollegin Christiane Blatt hier deutlich gemacht, dass dies in den beruflichen Schulen ein viel größeres Problem ist als in den allgemeinbildenden Schulen. Immer gerade das, was Sie brauchen, wenn wir über zehn oder 15 Damen und Herren „Lehrerfeuerwehr“ reden, hätten Sie nicht zu greifen. Das ist relativ uneffektiv und das wird Ihnen, Herr Ulrich, auch Herr Kessler gesagt haben, auch wenn Sie das hier nicht so deutlich zugeben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, dass wir uns auch in Zukunft davor hüten sollten, Planwirtschaft zu machen und nur so viel Referendarinnen und Referendare aufzunehmen, denen wir hundert Prozent sagen können, 20 bilden wir aus und 20 stellen wir ein. Ich glaube, dass das für die Zukunft nicht das richtige Modell ist. Ich glaube, dass wir auch eine Bestenauswahl haben müssen. Ich glaube, dass wir auch Bewerbungen von Externen haben werden. Und ich glaube, dass das der richtige Weg ist, die Qualität im Bildungssystem zu halten, wie wir uns das vorstellen.

Ich zitiere einmal den Verband der Lehrerinnen und Lehrer an den Wirtschaftsschulen, den VLW. Dort heißt es in den Prüfsteinen unter dem Punkt Recht und Besoldung - Einstiegsperspektive und Absenkung: „Für die Bildung der Jugendlichen sind die Besten gerade gut genug.“ Damals ging es um die Einstiegsbesoldung. Dem können wir zustimmen.

(Zuruf der Abgeordneten Spaniol (DIE LINKE).)

Frau Spaniol, ich sage nicht, dass wir hier schlechte Bewerber sitzen haben. Aber es geht hier auch - das hat die Kollegin eben schon deutlich gemacht - um Fächerkombinationen. Es geht nicht immer nur um das Erstfach oder das Zweitfach, sondern die Kombination muss passen. Letztlich ist dies der entscheidende Punkt dafür, ob jemand eingestellt werden kann oder nicht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, dass es gut und richtig ist, in diesem Parlament häufiger über berufliche Bildung zu diskutieren. Es wurde schon mehrmals richtig gesagt, dass die berufliche Bildung nicht immer im Fokus der bildungspolitischen Diskussion steht. Aber gerade für das, was in diesen Schulen stattfindet und was dort durch das duale Ausbildungssystem von den Lehrern geleistet wird, die zum Beispiel in Meisterprüfungsausschüssen noch zusätzlichen Dienst leisten, möchte ich an dieser Stelle ein Dankeschön sagen. Ich glaube, dass wir das öfter in diesem Parlament herausstellen müssen.

Ich glaube, dass wir uns mit den Referendaren, die hier sitzen, auseinandersetzen müssen. Wir sollten ihnen die Möglichkeit geben, ihre persönlichen Dinge dem Ministerium und denen, die ihnen die Gespräche angeboten haben, vorzutragen. Wir müssen uns bemühen, dass sie dort, wo Chancen bestehen, eingestellt werden. Aber wir haben eine klare Planstellensituation. Wenn aber der Kollege Ulrich behauptet, die Planstellen würden zurückgeführt, dann kann er keinen Haushalt lesen und die Realität nicht anerkennen.

(Vereinzelt Beifall. - Zuruf des Abgeordneten Ul- rich (B 90/GRÜNE).)

Das ist so ähnlich, wie wir das heute Nachmittag schon erlebt haben, als sich der Minister bei der Demonstration mit den Referendaren unterhalten hat und der eine oder andere nur dazwischengeplappert hat, um zu stören und einen Eindruck zu vermitteln, der leider nicht unbedingt von Vorteil für die Referendare war. Ich glaube, dass wir hier die richtigen Wege aufgezeigt haben und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Sprechen bei der LINKEN.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Wegner. - Das Wort hat nun der Minister für Bildung und Kultur, Ulrich Commerçon.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir sollten in dieser Debatte drei Dinge sauber voneinander trennen. Das Eine will ich an den Anfang

(Abg. Wegner (CDU) )

stellen. Es ist die persönliche Situation der Betroffenen. Das Zweite ist die konkrete politische Einstellungssituation derzeit und die Einstellungsplanung des Ministeriums. Damit beschäftigt sich im Wesentlichen der Antrag der Oppositionsfraktionen. Zum Dritten sind es die Perspektiven der beruflichen Bildung im Saarland insgesamt; das wird im Antrag der Koalitionsfraktionen behandelt.

Ich will mit der am heutigen Tage wichtigsten Sache beginnen. Das ist die konkrete Situation der einzelnen Betroffenen. Wir hatten eben gemeinsam die Gelegenheit - Sie sind ja auch noch da -, miteinander zu sprechen. Ich will sagen, dass vom ersten Tag an seitens des Ministeriums das Angebot zu einer individuellen Beratung bestanden hat. Ich finde, das sind wir den jungen Menschen an allererster Stelle schuldig. Dieses Angebot - das sage ich noch einmal deutlich, das habe ich eben auch draußen gesagt - gilt selbstverständlich weiterhin. Die ersten Termine sind in der Vorbereitung. Das heißt, wir sind schon dabei, die ersten Termine zu vereinbaren. Darüber freue ich mich. Wir hätten früher damit beginnen können, aber es ist ein guter Ansatz. Darum werden wir uns kümmern. Das halte ich für einen ganz wichtigen Punkt.

Es ist von 30 Betroffenen geredet worden; ich muss das nachher noch zurechtrücken. Alle Schreiben dieser angeblich 30 Betroffenen sind individuell vom Ministerium beantwortet worden. Es ist mitnichten so, dass sie irgendwie abgekanzelt worden sind. Dass die Schreiben vermutlich im Einzelfall nicht zur Zufriedenheit aller beantwortet werden konnten, liegt in der Natur der Sache. Wenn jemand eine Stelle nicht bekommt, dann wird er nicht zufrieden sein. Aber von einem unmöglichen Umgang mit den Betroffenen zu sprechen - was sie im Übrigen mir gegenüber nicht getan haben -, halte ich für unzulässig. Das ist völlig klar.

Jeder, der Verantwortung für Personal und Einstellungen hat, wird auch Absageschreiben verfassen. Er wird in die Situation kommen, dass er Leuten erklären muss, dass sie eine Stelle nicht bekommen. Die haben allerdings - das ist völlig richtig - einen Anspruch darauf, fair behandelt zu werden. Das ist in all diesen 30 Fällen, wo Briefe gekommen sind, individuell geschehen. Das wollte ich vorausschicken. Ich will damit deutlich machen und auch Ihnen sagen - wir haben das ja eben besprochen -, dass Sie selbstverständlich die Gelegenheit zum individuellen Gespräch im Ministerium bekommen, auch Ihre weiteren beruflichen Perspektiven betreffend. Das sind wir Ihnen zumindest schuldig.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich will in dem Zusammenhang auf ein Zweites eingehen. Es geht nicht, dass man in der Öffentlichkeit das eine mit dem anderen verkoppelt. Wenn Fallbei

spiele konstruiert werden, kann ich hier nicht zu einzelnen Personen irgendetwas sagen.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Das erwartet auch niemand.)

Wenn Behauptungen zu Einzelfallkonstellationen aufgestellt werden, die ich im Zweifelsfall widerlegen könnte, dann kann ich es trotzdem nicht tun, weil ich selbstverständlich zur absoluten Verschwiegenheit verpflichtet bin. Deswegen finde ich es nicht in Ordnung, wenn es in einzelnen Fällen und auch draußen so gesagt worden ist. Das gehört auch zur Redlichkeit der Debatte. Man kann in diesem Fall nicht in einem Landtagsausschusses Einzelfallberatungen machen. Das ist nicht möglich.

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Das hat auch niemand verlangt. Das ist doch Quatsch. - Sprechen bei der LINKEN.)